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Die zaghafte Aufnahme der Diskussion in Österreich

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Zurück nach Österreich unter Bruno Kreisky und Kardinal Franz König. Ihnen gelang es, Sozialdemokratie und Kirche auszusöhnen, nachdem sie über Jahrzehnte mehr als distanziert waren. 1976, als die Pkws aufgrund des Erdölschocks ein Pickerl mit dem fahrtenfreien Tag vorweisen mussten, die Hochkonjunktur einbrach und die alleinregierende SPÖ alles daransetzte, die sozialen Errungenschaften zu bewahren (bspw. Heiratsgeld), sprach der Kanzler in der Frage des Religionsunterrichts ein Machtwort, nachdem Jungsozialisten mehrfach dessen Abschaffung gefordert hatten. Am 12. Oktober 1976 stellte er sich mit der Parteispitze hinter die Konkordatsverträge mit der Kirche und damit auch hinter das Bundesgesetz zum Religionsunterricht. Kardinal König erfüllte dies mit „Genugtuung“. Bei der nächsten Nationalratswahl, am 6. Mai 1979, erzielte die SPÖ mit 51 Prozent ihr bestes Ergebnis, sicherlich auch, weil sie viele Stimmen von Kirchennahen erhalten hatte.

In der Folge wurde es um den Religionsunterricht ruhiger. Seine didaktische und methodische Qualität stieg an, die Unterrichtsbücher wurden bunter, die Inhalte lebensnaher, die Lektionen sinnlicher (Gitarre, African-American Spirituals, Farbstifte, Dias). Eine 1995 durchgeführte Befragung von 2700 SchülerInnen wies ihn als drittliebstes Fach aus.27 Die Abmeldungszahlen blieben, vor allem an den Pflichtschulen, im einstelligen Prozentbereich. Weiterhin wurden, zumal an ländlichen Schulen, vor Ostern Schulklassen geschlossen zum Beichtstuhl geführt, obschon Otto Glöckel mit seinem Erlass vom 10. April 1919 die Pflicht zur Teilnahme an religiösen Übungen aufgehoben hatte. Dennoch setzte sich die Säkularisierung fort und musste die Kirche Niederlagen einstecken, die bitterste im Jahre 1975, als die Fristenlösung in Kraft trat. Auch begann die Quote der KatholikInnen kontinuierlich zu sinken, auf mittlerweile 63 Prozent.28 Die sozioreligiöse Landschaft ändert sich aufgrund von Migrationsbewegungen und Kirchenaustritten weiterhin: deutlich steigende Quoten von Muslimen und Konfessionsfreien.

Kontrovers wurde Ethikunterricht wieder zu Beginn der Neunzigerjahre. Ulrich Hemel, Religionspädagoge in Regensburg, schlug in der führenden österreichischen religionspädagogischen Zeitschrift „Christlich-Pädagogische Blätter“ auch für die Alpenrepublik vor, Ethikunterricht einzuführen.29 In der Bundesrepublik habe sich dieser bewährt, den Religionsunterricht nicht gefährdet und er trage dazu bei, dass sich alle Schüler grundlegende Werte aneignen können. Darauf antwortete – „nüchtern beruhigend“ – die Wiener Religionspädagogin Christine Mann: In Österreich würden die Uhren anders laufen, bei so hohen Teilnahmequoten sei Bedarf nicht gegeben, auch hätten die deutschen (!) Bischöfe gegenüber dem Ethikunterricht Zurückhaltung signalisiert.30

Aber an der Basis intensivierten sich die Anstrengungen für Ethikunterricht. Der Wiener Religionslehrer Alfred Racek stellte im Namen des Wiener Katholischen Familienverbandes die Forderung: „Ethikunterricht statt Orientierungslosigkeit“31, insbesondere aufgrund der hohen Abmeldungsraten an höheren Schulen. Pater Albert Gabriel erarbeitete ein Konzept für einen solchen Unterricht, das an den Menschenrechten orientiert war – und wurde dafür von der kirchlichen Obrigkeit gerügt.32

Der Ethikunterricht in Österreich

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