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DER SKLAVENHANDEL
ОглавлениеAuf dem endlosen tiefblauen Ozean fährt eine Fregatte, herrlich die edle Pracht ihrer Masten und Stangen, das wölbende Weiß ihrer vom Wind geblähten Segel. Keine stampfenden Maschinen treiben sie an, keine schwarzen Rauchwolken beschmutzen das blaue Himmelsgewölbe. Vom Ausguck aus gesehen liegt das Schiff unter uns wie ein weißer Fisch, die Gischt peitscht gegen das Bugspriet, zwei Matrosen an der Ruderpinne singen ein altes, altes Seemannslied.
Kein Schauspiel gleicht dem eines Dreimasters unter Takelage, es ist schöner als Heinrich Hausers Letzte Segelschiffe*, schöner als die Fregatte Johanna Maria*, es ist der Traum jener, die mitten im Getöse der großen Stadt, zwischen den Schreib- und Rechenmaschinen, vom goldenen Füllhorn vergangener Zeiten träumen.
Wir gönnen euch diese Theaterloge im Ausguck dieser alten Schiffe, wir gönnen euch den Seewind in den Haaren und unter euch das Lied der Matrosen, die auf dem Mast das Bramsegel reffen.
Und doch möchten wir euch warnen. Seid nicht so kühn, von eurem hohen Logenplatz in die Wanten zu klettern, oder wenn euch das zu gefährlich erscheint, durch das Mannloch nach unten. Setzt keinen Fuß auf die Strickleitern, die zum Achterdeck führen, wie blitzblank gescheuert es von oben auch aussehen mag.
Oben atmest du die vom Teergeruch stechende Luft und den salzigen Seewind.
Unten stinkt es schon eine Meile leewärts nach Schweiß und den Ausscheidungen von tausend in einen Raum gepferchten Sklaven.
Hier oben hörst du den Schrei der Albatrosse, die singenden Matrosen und das Meeresrauschen.
Unten aber das Wimmern der Sklaven, die Schreie einer Frau, die in den Wehen liegt, und die Peitsche, die auf die Rücken der Schwarzen niedersaust.
Die Räume unter Deck werden dir nicht gefallen, diese dreckigen Brutstätten von Unrat und Ungeziefer, in denen Männer von Frauen getrennt sind, alle in Ketten liegen und, um Platz zu gewinnen, zusammengezwängt sind und in ihrer Verzweiflung jammern. Auch du wirst etwas vom Kummer und der Verzweiflung der Schwarzen spüren, verschleppt von Zuhause, weit weg von ihren Verwandten, krank vom Schaukeln der Wellen und der schlechten Verpflegung, voller Angst vor der ihnen unbekannten Zukunft.
Und obendrein ist es nicht gänzlich ungefährlich, sich nach unten zu begeben. Es kann passieren, dass ein Sklave in Raserei über den Aufpasser herfällt, in der Hoffnung, niedergeschlagen zu werden. Es ist sogar vorgekommen, dass auf einem Schiff alle Sklaven einen Aufstand gewagt haben. Wir wissen, dass es so war, 1751 auf der »Middelburgs Welvaren«.
Zwei oder drei Tage, nachdem das Schiff die afrikanische Küste mit dem Ziel Guyana verlassen hatte, lehnten sich die Sklaven gegen die bestialische Behandlung durch die Weißen auf. Ohne Waffen versuchten sie, gegen die schwer bewaffnete Schiffsmannschaft zu rebellieren. Wir wissen, dass von 62 Sklaven nur 30 am Leben geblieben sind, während von der weißen Besatzung »zum Glück kein einziger Mann verloren ging«.9
*Heinrich Hauser: Die letzten Segelschiffe (1930)
*Arthur van Schendel: Die Fregatte Johanna Maria (1930; dt. 1933)