Читать книгу Wir Sklaven von Suriname - Anton de Kom - Страница 19

DIE SKLAVIN

Оглавление

»Mütterlein, fern von diesem kalten Land, in dem ich nun sitze und schreibe, Mütterlein in Suriname, mit deinen grauen Haaren, mit der vor der Zeit gebeugten Gestalt, du hast gearbeitet und dich geschunden, von früh bis spät, damit ich lernen konnte, dir widme ich dieses dunkelste Kapitel unserer Geschichte.«

Wenn die männlichen Sklaven, unsere Väter, nach verrichtetem Tagewerk bei Sonnenuntergang von den Feldern zurückkehrten, konnten sie sich bis in die frühen Morgenstunden von ihrer Erschöpfung erholen, konnten sie in ihren elenden Hütten die schmerzenden Glieder auf ihren Lumpenlagern strecken und ruhen, bis der Aufseher sie wieder zur Arbeit rief.

Wenn allerdings die letzten Frauen durch die Felder nach Hause gingen und schwere, mit Baumwolle gefüllte Körbe auf den Köpfen trugen, konnte es passieren, dass der Herr (oder zu späteren Zeiten auch der Verwalter) seinen Blick auf eine der jungen Negerinnen warf und bedeutete, den Korb abzusetzen. Dann begann für sie, in der Nacht, die zweite Aufgabe, die Erfüllung der Gelüste ihres Herrn. Es gab kein Entkommen vor dieser Verpflichtung. Da die Negersklaven ja keine Menschen waren, galten für sie weder die Sakramente der Kirche noch die bürgerlichen Gesetze. Ein Petata (Weißer) konnte sich einfach nicht vorstellen, dass es zwischen zwei Schwarzen so etwas wie ein Eheband geben könnte, also mussten sich auch die Frauen von Sklaven immer wieder von ihrem ehelichen Lager zum Haus ihres Herrn begeben.

Wir müssen zugeben, es ist vorgekommen, dass ein weißer Herr seine schwarze Geliebte mit allerlei Gunstbezeugungen überhäufte, mit Seidenkleidern und sogar mit Juwelen – sei es aus einer Laune heraus oder um seine Bekannten von anderen Plantagen mit ihrer Schönheit zu ärgern. Umso elender war jedoch meist das Los der Mätressen, wenn sie nach kurzer Zeit ihrem Herrn nicht mehr behagten. Dann kehrten sie in ihre Baracken im Sklavenquartier zurück, empfingen Hass statt Liebe und Misshandlung statt Gunst, wobei oft die betrogene weiße Herrin es nicht versäumte, ihre Wut an dem nun wehrlosen Opfer auszulassen.

Die Kinder, die aus solchen Verbindungen hervorgingen, wurden einfach als eine Aufstockung des menschlichen Viehbestands betrachtet, und die Peitschenhiebe ihrer Väter oder ihrer weißen Halbbrüder knallten mit völliger Unparteilichkeit genauso auf ihre Rücken wie auf die der Vollblutschwarzen. Man braucht sich nur die Zahl der Mulatten in Suriname anzusehen, um zu erkennen, dass die vorgebliche Abscheu der weißen Rasse den Schwarzen gegenüber nie ein Hindernis beim Geschlechtsverkehr mit unseren Frauen gewesen ist!

Auch hierfür möchten wir an erster Stelle einige Fakten als Beispiele anführen:

Herr Pichot, ein Neffe des gleichnamigen Ratsherren, Direktor der Plantage »Vlucht en Trouw«, alarmierte am 6. September 1750 die gesamte weiße Bevölkerung in seiner Umgebung mit der Nachricht, dass die Neger gegen ihn aufbegehrt hätten. Es stellte sich heraus, dass Herr Pichot eine Sklavin bei sich haben wollte, diese Frau sich jedoch standhaft geweigert hatte, sich den niederen Trieben dieses Herrn hinzugeben. Die arme Sklavin wurde von Pichot wegen ihrer Ehrbarkeit zu Tode geprügelt. Einen alten Sklaven, der dagegen einschreiten wollte, hatte er »mit Bleikugeln in den Bauch geschossen«.21

Ein anderer Fall betrifft den reichen Plantagenbesitzer von »Arendsrust«. Ihm war zu Ohren gekommen, dass sich einer seiner Sklaven in die Sklavin Betje (die Geliebte des Besitzers) verliebt hatte. Er ließ diesen Sklaven auspeitschen, seinen ganzen Körper brandmarken und nagelte ihn anschließend an einen Holzpflock. Nachdem der arme Geknechtete gestorben war, wurde er in ein Loch mit ungelöschtem Kalk geworfen. Betje, die dem Sklaven nicht abgeneigt gewesen war, wurde ebenfalls gefesselt, bis aufs Blut gemartert und auf schändliche und abscheuliche Weise gebrandmarkt.22

Von der Erfüllung eines häuslichen Glücks für Sklaven konnte unter diesen Umständen nicht die Rede sein, da der weiße Herr immer wie ein drohender Schatten zwischen den beiden Eheleuten stand.

Die von ihren Männern vernachlässigten europäischen Frauen suchten Trost im Hass, den sie ihrer schönen Rivalin gegenüber oftmals mit unmenschlicher Grausamkeit auslebten. Oder sie versuchten, ihre weißen Ehemänner zu bestrafen, indem sie eine Liebschaft mit einem gerade aus Europa eingetroffenen Weißen begannen. Anstößig war die Gepflogenheit, »schöne Sklavinnen zu einer wöchentlichen Abgabe zu verpflichten, die sie dem Herrn oder seiner Frau zahlen mussten, ohne dass diese wussten oder wissen wollten, womit dieses Geld gewonnen oder verdient worden war«.23

Im Allgemeinen setzte man für diese erzwungene Prostitution auf hübsche Negerinnen, Mulattinnen, Mestizinnen, Quarteronen und Kabugrus. Steckten sich diese Frauen mit der aus Europa importierten Venuskrankheit an, strich man sie mit roter Farbe an und führte sie so durch die Straßen der Hauptstadt. Danach überließ man sie ihrem Schicksal, elendig dahinzusiechen.

Wir Sklaven von Suriname

Подняться наверх