Читать книгу Lingua Mathematica - Armin Schneider - Страница 7

Оглавление

Auf dem Marktplatz

Zwei Stunden früher saß Juri voll guter Laune und Erwartung am Frühstückstisch und löffelte mit Heißhunger Cornflakes in sich hinein. Dabei starrte er die ganze Zeit mit einem Auge auf sein Handy, welches neben ihm auf dem Küchentisch lag. Heute würde sein Vater für ein paar Tage nach Hause kommen! Das sagte die E-Mail, die er heute früh auf seinem Computer entdeckt hatte. Und nun müsste jeden Augenblick auch die SMS eintreffen, dass sich sein Vater auf den Weg gemacht hatte und in das Shuttle-Boot zum Festland eingestiegen war. Juris Mutter war bereits fertig mit dem Frühstück und hantierte geschäftig in der Küche herum, räumte das abgewaschene Geschirr aus dem Geschirrspüler in die Küchenschränke, das gebrauchte Frühstücksgeschirr in den Geschirrspüler, wischte die Anrichte bereits zum dritten Mal sauber und versuchte zwischendurch immer wieder, Juris noch ungekämmte Haare mit der Hand zu richten.

»Mama, ich kann so nicht essen, wenn du ständig an mir herumfummelst.«

»Du musst doch ordentlich aussehen, wenn Papa nach Hause kommt. Sonst denkt er noch, dass ich nicht richtig auf dich aufpasse.« Und damit griff sie wieder nach dem Putzlappen.

»Mama, die Herdplatte hast du jetzt aber schon mehrfach sauber gemacht.«

»Wirklich? Das habe ich gar nicht gemerkt. Nun beeil‘ dich und iss. Ich muss sehen, dass ich noch irgendwie zum Friseur komme. Wie ich wieder aussehe!« Sie versuchte, im Spiegel des Kühlschranks ihre Haare zurechtzuzupfen. »Und anzuziehen habe ich auch nichts Richtiges mehr.«

Juri blickte von seiner Schüssel auf. »Du siehst völlig in Ordnung aus, Mama. Glaub‘ mir.«

Tatsächlich war Frau Petkov wie immer adrett gekleidet. Sie trug ein leichtes, getupftes Sommerkleid und hatte ihre langen Haare zu einem makellosen Zopf geflochten. Ihr perfekter Teint wurde durch eine einfache Pflegecreme hervorgehoben, war aber nicht aufdringlich.

»Ach, ich weiß nicht, ich sehe aus wie eine Schlampe. Papa wird mich gar nicht wiedererkennen.«

»Papa wird sich riesig freuen, dich endlich wiederzusehen. Er vermisst dich bestimmt genauso, wie du ihn.... Was ist mit deinen Augen?«

»Ach, nichts.« Juris Mutter musste sich abwenden, damit Juri nicht sah, dass sie vor Freude weinte. Sie fing wieder mit geröteten Wangen mit dem energischen Wienern der Anrichte an.

Das Haustelefon klingelte.

Wie ein Reh schoss Frau Petkov aus der Küche in den Hausflur, wo das Telefon an der Wand hing. »Ich geh‘ schon«, rief sie, » Das ist bestimmt Papa!«

Juri ließ den Löffel in die Cornflakes plumpsen, lehnte sich in seinem Stuhl nach vorn, um besser hören zu können, und spitzte die Ohren, soweit es nur ging.

Er vernahm trotzdem nur Bruchstücke von dem auf Ukrainisch geführten Gespräch.

»Bist du schon unterwegs? ... Wann kommst du? ... Was? ... Juri wird ... Kann das nicht bis nächste Woche warten? ... Warum kann Karl nicht ... Nein, es ist nicht ... Ja, ich verstehe... Mach dir keine Sorgen... Tschüss ... Ich dich auch.«

Als Juris Mutter wieder in die Küche kam und sich mit dem Rücken an den Kühlschrank lehnte, war alle Farbe aus Ihrem Gesicht gewichen. Tränen kullerten ihre Wangen herunter, doch diesmal machte sie sich nicht die Mühe, sie zu verbergen.

Juri guckte sie mit großen Augen an.

»Das war Papa«, sagte sie. »Es gab in der Nacht ein paar merkwürdige Aufzeichnungen der Sensoren. Das ganze Team wurde beordert, die Vorkommnisse zu untersuchen.... Alle Urlaube sind gestrichen worden.«

Juri war, als ob ihm jemand plötzlich die Kehle zuschnürte. Ihn schwindelte. Er war unendlich wütend und traurig zugleich. Die Welt war so ungerecht! Er hämmerte mit der Faust auf den Tisch und verbarg das Gesicht vor Verzweiflung in den Händen.

»Juri, es tut mir so leid.« Seine Mutter kam um den Tisch herum und versuchte, ihren Sohn in die Arme zu nehmen. Doch der stieß sie energisch zur Seite, sprang vom Tisch auf, verschüttete dabei die Milch und rannte wie ein torkelnder Seemann aus dem Raum und durch den Flur nach draußen in den Morgen.

Seine Mutter rief ihm noch nach, aber Juri musste jetzt allein sein.

Sein Weg führte ihn durch unbestimmte Gassen kreuz und quer durch den Ort. Er weinte.

Wann immer er einer Menschenseele begegnete, wechselte er rasch die Straßenseite oder wandte sich ab, damit keiner sein Gesicht sehen konnte. Er war wütend auf seinen Vater, auf die Forschungsgesellschaft, auf die Physik, auf einfach alles. Einmal trat er aus lauter Frust mit voller Wucht gegen einen Stromkasten. Der darauf folgende heftige Schmerz brachte ihn ein wenig zur Besinnung, sodass er nur noch wie benebelt durch die Straßen wankte und vor sich hin schniefte. Als er zufällig an der Schule vorbeikam, vernahm er von der Seeseite her einen entfernten dumpfen Knall. Er blieb stehen und lauschte. Als es keinen weiteren Knall mehr gab, hielt er das Geräusch für den Überschall-Knall eines Flugzeugs, das den Ort in großer Höhe überflog, und stapfte tief in Gedanken weiter.

Ohne es zu merken, fand Juri sich schließlich auf dem Marktplatz von Hyvelstörp wieder. In der Mitte des mit Kopfsteinpflaster gedeckten und von Fachwerkhäusern mit Reetdächern umsäumten Platzes befand sich der große Brunnen. Das Wasserspiel plätscherte beruhigend über die Figuren von Neptun und einigen Nymphen, die auf Delphinen ritten und verschiedene Musikinstrumente spielten. Die höher steigende Sonne brach sich in den Myriaden von Tropfen und erzeugte hunderte von kleinen, kurzlebigen Regenbögen, die in den feinen Nebelwolken des spritzenden Wassers tanzten.

Juri stieg die drei kleinen Stufen zum Brunnen hoch und setzte sich im Schneidersitz auf der Schattenseite hin. Mit dem Rücken lehnte er sich an die kühle Steinumrandung.

Warum konnte er keine normale Familie haben? Die anderen Kinder sahen doch auch ihre Eltern jeden Tag, konnten mit ihnen Eis essen gehen, wurden zum Sport oder ins Kino gefahren, konnten am Wochenende im Garten Grillen oder mit ihren Eltern nach Sierksdorf zum Hansapark fahren. Er nahm sich fest vor, seine Kinder niemals allein zu lassen, wenn er einmal welche haben sollte.

Wie er so mit sich und seinem Schicksal haderte, schlenderte in der Morgensonne aus einer Nebenstraße ein kleiner Hund über den menschenleeren Marktplatz. Es war so eine struppige Promenadenmischung mit grauem drahtigen Fell, spitzen Knickohren und nur einem halben Schwanz, den er sicherlich irgendwann bei seinem rauen Straßenleben verloren hatte. Juri beobachtete den Hund, wie er sich, von seiner schnüffelnden Nase geführt, in undefinierbaren Schlangenlinien langsam aber sicher näherte. Ab und an blieb er stehen und beschnüffelte eine bestimmte Stelle auf dem Marktplatz besonders ausgiebig. Danach begab er sich in eine scheinbar zufällig gewählte Richtung weiter, aber tendenziell immer auf den Brunnen zu. Er schien Juri bei seinem geschäftigen Mäandern nicht wahrzunehmen. Jedenfalls ignorierte er den Jungen auch, als er die Stufen zum Brunnen hochhoppelte. Dort angekommen, setzte er sich in die Sonne und kratzte sich lange und umständlich mit der Hinterpfote hinterm Ohr. Dann gähnte er ausgiebig, setzte sich auf seine Hinterbeine und blickte eine Weile versonnen über den Marktplatz, wenn Hunde überhaupt versonnen blicken konnten. Den Jungen mit dem verweinten, ernsten Gesicht hatte er immer noch nicht zur Kenntnis genommen.

Juri wandte den Blick von der Promenadenmischung ab und dachte wieder an seinen Vater. Eigenartig. Ein ganzer Teil seiner Wut und Verzweiflung war vergangen. Er fasste sogar wieder ein bisschen Mut. Vielleicht konnte sein Vater ja seine Arbeit schnell erledigen und dann seinen Urlaub in Kürze nachholen. Ja, so würde es bestimmt kommen! Sein Vater war ein intelligenter Forscher und würde bald die ungeklärten Phänomene, oder was immer das war, im Griff haben und dann seine Mama und ihn besuchen können.

Der kleine Hund hatte offenbar seine anstrengenden morgendlichen Angelegenheiten erledigt. Er reckte sich genüsslich und rollte sich anschließend zu einem pelzigen Kringel zusammen und war schnell in der Sonne eingeschlafen. Juri beobachtete das rhythmische Heben und Senken des kleinen Brustkorbs. Das Gesicht des Hundes strahlte eine tiefe Ruhe und Zufriedenheit aus. »Ja, Hund müsste man sein«, dachte Juri. »Keine Verpflichtungen, keine Sorgen.«

Nach einer Weile war Juri seltsamerweise auch fast schon wieder guter Hoffnung, als erneut sein Herz in die Hose sank. Plötzlich erblickte er nämlich Klaus, Dirk und Willi auf ihren Fahrrädern, die offenbar mit ihrem Fußball zum Bolzplatz unterwegs waren. Und ihr Weg führte sie natürlich genau mitten über den Marktplatz an Juri vorbei. Es war zu spät, sich zu verstecken. Somit blieb Juri nichts anderes übrig, als still sitzen zu bleiben und zu hoffen, dass er mit dem Steinbassin des Brunnens zur Unkenntlichkeit verschmolz. Jetzt waren sie schon ganz nah und müssten ihn eigentlich schon längst entdeckt haben.

Juri begann schon zu hoffen, dass die drei Jungen vorbeifahren würden und er es überstanden hätte. Da hörte er zu seinem Entsetzen den Dicken Willi rufen, »Schaut mal, wer da oben am Brunnen sitzt!«

Die beiden anderen Kumpane hielten an, und Klaus grinste, »Wenn das mal nicht unser kleines russisches Opfer ist.«

»Oh nein!« dachte Juri. Ihm blieb nichts anderes übrig, als sich in sein Schicksal zu fügen und die nun zweifelsfrei folgenden Demütigungen zu ertragen. Er schaute stumm und starr zu, wie die drei Kerle von ihren Fahrrädern abstiegen, sie auf das Kopfsteinpflaster legten und langsam die Stufen zum Brunnen hochstiegen.

Juri wollte sich hochrappeln und seinen Peinigern wenigstens stehend begegnen, aber eigenartigerweise konnte er sich nicht rühren. Seine untergeschlagenen Beine waren wie in Zement eingegossen. Panik ergriff ihn, und er begann zu zappeln, um endlich hochzukommen. Die drei hämisch grinsenden Gesichter der Rowdys waren schon ganz nah.

Doch dann blieben sie auf einmal stehen, und die schiere Bosheit in den Augen von Klaus, Dirk und Willi verwandelte sich in Unglauben und zerschmolz dann zu bodenloser Angst. Alle vier Jungen hörten ein anschwellendes Knurren. Das Geräusch kam von der kleinen Fellkugel in der Sonne. Der Hund war erwacht, hatte den Kopf ein wenig erhoben, die Ohren steil nach vorn gereckt und die Nase kraus gezogen. Die dabei entblößten Zähne an sich waren nicht so einschüchternd, aber das Knurren, das sich seiner Kehle entrang, war bedrohlicher als das eines hellwachen Dobermanns, den man eine Woche vergessen hatte, zu füttern.

Alle Augen richteten sich auf den grauen struppigen Hund.

Es entstand eine unangenehme Pause, in der keiner ein Wort sagte und alle nur dem nachdrücklichen Knurren zuhörten.

Klaus fasste sich als Erster: »Wir, äh, sind schon ziemlich spät dran. Lasst uns gehen, Jungs.«

»Ja klar«, pflichtete Dirk ihm bei, machte auf dem Absatz kehrt und folgte dem Chef der Bande die Treppen hinunter zu den Fahrrädern.

Nur der Dicke Willi stand noch unentschlossen am Brunnen und wusste nicht recht, was er tun sollte. Das Knurren des kleinen Hundes hielt noch immer an, wenn auch vielleicht nicht mehr ganz so gefährlich klingend. Juri konnte genau sehen, dass Willis Nase von der Begegnung mit Marias Mathematikbuch grün und blau verfärbt und geschwollen war. Sein Blick traf den von Willi, und für einen kleinen Moment konnte Juri durch die äußere Fassade des sonst so gemeinen Kerls hindurchblicken und sah einen schüchternen, falsch verstandenen Jungen mit einem sehr schlechten Selbstbild, der immer irgendwo nach Beachtung und Anerkennung schrie.

»Nun komm‘ schon, Alter!« drängelte Klaus. »Sonst müssen wir wieder irgendwelche Grundschüler vom Platz vertreiben.«

Willis Augen blinkerten mehrmals. Dann schüttelte er sich. »Ja, ja, ich komme gleich!« rief Willi über seine Schulter. Und leise, sodass Klaus es nicht hören konnte, wohl aber Juri, fügte er hinzu: »Redet ihr nur. Immer schnell, schnell. Auf mich nimmt nie einer Rücksicht. Ich muss sowieso immer das doppelte Gewicht von Euch beiden herumtragen. Und dass meine Nase weh tut, interessiert auch keinen. Und Hunger habe ich auch schon wieder.«

Dann polterte Willi ungelenk die Stufen hinunter und ergriff sein Fahrrad. Klaus und Dirk traten an, und Juri musste unwillkürlich grinsen, als er sah, wie Willi versuchte, den beiden schnell zu folgen. Willi rannte erst eine Weile wie ein donnernder Wackelpudding neben seinem Fahrrad her, bis er genug Schwung hatte. Dann hatte er endlich den einen Fuß auf der Pedale und versuchte, das zweite Bein über den Sattel zu schwingen. Das gelang ihm wegen seiner Masse erst beim vierten oder fünften Versuch, derweil Willi auf einem Bein neben dem Fahrrad her hopste. Juri konnte sein Keuchen und Fluchen ganz deutlich hören. Dann endlich saß Willi auf dem Sattel. Seine Hose war von dem ganzen Manöver ein Stück heruntergerutscht, sodass der Ansatz seines Pos in der Sonne leuchtete.

»Hey, Leute, wartet auf mich!« rief er den anderen beiden hinterher und strampelte so stark los, dass seine fetten Beine wie die Kolben einer Dampflok aussahen.

Dann wurde das Klappern seines Fahrrads über die Pflastersteine immer leiser und erstarb schließlich ganz. Stille breitete sich erneut über dem Marktplatz aus. Juri saß noch eine ganze Weile grübelnd am Brunnen.

»Was war das denn jetzt gewesen?« dachte er bei sich und betrachtete den neben ihm liegenden Hund mit neuerlichem Interesse.

Dieser erhob sich langsam wie nach getaner Arbeit, streckte erst seine Vorderbeine, indem er den Po hob und den Kopf senkte, dann jedes einzelne Hinterbein, das er waagerecht nach hinten wegstreckte und dabei sogar die Zehen bis zum Äußersten spreizte. Ohne Juri weiter zu beachten, sprang er die Treppen hinunter, hob die Nase schnüffelnd in die milde Brise und trottete in eine unbestimmte Richtung davon.

Nun war Juri wieder ganz allein. Er versuchte, an nichts Bestimmtes zu denken, und beobachtete die kürzer werdenden Schatten der umstehenden Gebäude, während die Sonne ihren Weg zum mittäglichen Höchststand fortsetzte. Es war ein langsamer Vormittag, und nur ab und an lief einer der Einwohner von Hyvelstörp über den Marktplatz.

Nach etwa einer halben Stunde kam Maria auf ihrem Fahrrad angerast. Ihr Gesicht war gerötet, ihr langes blondes Haar wehte zerzaust im Fahrtwind. Mit quietschenden Reifen kam sie vor dem Brunnen zum Stehen.

»Mensch, Juri, da bist du ja! Gut, dass ich dich endlich gefunden habe!« rief sie, ließ ihr Fahrrad auf den Boden fallen und stand gleich darauf neben dem am Brunnen hockenden Juri. »Ich war eben bei dir zu Hause, aber deine Mama hat gesagt, dass du losgezogen seist, und sie wusste nicht wohin. Ich habe schon den halben Ort nach dir abgesucht. Das mit deinem Vater tut mir echt leid.«

»Schon gut«, sagte Juri und erhob sich steif. »Sicher hat er seine Arbeit bald beendet und kommt danach nach Hause.«

»Ja, sicherlich wird er das.« Maria versuchte, eine taktvolle Pause einzulegen, aber sie war viel zu aufgeregt. »Juri, ich war eben bei der Grotte am Leuchtturm, und da passieren merkwürdige Dinge.«

Und mit aufgeweckten Worten und lebhaften Gesten erzählte sie Juri genau, was sie diesen Morgen am Strand unterhalb des Leuchtturms erlebt und gesehen hatte. Sie beschrieb in allen Einzelheiten, das elektrische Gefühl und wie Ihre Panik erwacht war, erzählte von den rauen Stimmen, der plötzlichen Druckwelle der Explosion und von dem hässlichen kleinen Mann mit der großen Nase und der dicken Windel als Hose.

Als sie geendet hatte, sah Juri sie lange und mit offenem Mund an.

»Das hast du dir doch nicht ausgedacht, oder?« Seine eigene, gerade erlebte Geschichte am Brunnen schob er einstweilig in den Hintergrund.

»Nein, bestimmt nicht. Schau, meine Hose ist noch ganz sandig, als es mich auf den Strand gehauen hat.«

»Hm. Ich habe vorhin auch einen Knall aus der Richtung des Leuchtturms gehört, dachte aber, es wäre ein Düsenjet gewesen. Wenn da wirklich Fremde ihr Unwesen in unserer Grotte treiben, müssen wir irgendjemandem Bescheid sagen. Vielleicht Herrn Hagen?«

»Oh Juri, ich grusele mich total davor, zum Leuchtturm zurückzugehen, aber ich bin auf der anderen Seite auch viel zu neugierig. Was sollen wir denn jetzt nur tun?«

Juri dachte einen Moment nach. Dann sagte er: »Wir holen mein Teleskop und eine starke Taschenlampe, postieren uns in den Klippen und beobachten die Grotte. Wenn die Luft rein ist, schleichen wir uns zum Eingang und schauen mit der Taschenlampe nach, was da vor sich geht. Die Taschenlampe ist so hell, dass sie jeden blendet, der in sie hineinschaut. Wenn es also Ärger geben sollte, verschafft uns die Lampe die Zeit abzuhauen. Außerdem sind wir offiziell ja nur ein paar harmlose Kinder, die am Strand spielen. Meiner Mama sagen wir Bescheid, wo wir hingehen. Wenn es Probleme geben sollte, weiß wenigstens jemand, wo wir sind.«

»Und wenn es wirklich Schmuggler sind? Die verstehen doch keinen Spaß, wenn jemand ihr Versteck entdeckt.«

»Maria, nun denk‘ doch mal nach. Würden Schmuggler sich am helllichten Tag in einer Höhle unterhalb eines Städtchens ein Versteck suchen? Würden sie nicht zu irgendeiner abgelegeneren Stelle und dann auch noch mitten in der Nacht fahren?«

»Sicher hast du recht«, gab Maria nachdenklich zu, aber ihr Gesicht verriet, dass sie nicht hundertprozentig überzeugt war. »Na gut«, sagte sie nach einer kleinen Pause, »Aber wenn uns irgendetwas faul erscheint oder nicht planmäßig verläuft, hauen wir sofort ab, ja? Wir spielen nicht die Helden.«

»Keine Sorge«, erwiderte Juri, »Ich habe vor, das Wochenende heil zu überstehen.« Dann gluckste er vergnügt: »Wer hätte gedacht, dass in diesem kleinen Ort doch mal etwas Aufregendes passiert?« Die Abenteuerlust hatte seinen Kummer und seinen Ärger überwunden. Seine Augen funkelten vor Tatendrang.

Lingua Mathematica

Подняться наверх