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1. WER WAR ARTUS? FACTS, FICTION, FANTASY Artus, der Jahrtausendheld

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Wer kennt sie nicht, die Geschichte des britischen Mythenkönigs Artus: mit Zauberkraft gezeugt, als unerkannter Königssohn großgezogen, als kaum beachteter Knappe derjenige, der das Schwert Excalibur aus Amboss und Stein zieht – und damit zum König und Retter Britanniens wird. Ein heldenhafter Herrscher, der an seinem glanzvollen Hof Camelot die Ritter der sagenhaften Tafelrunde versammelt, darunter Lanzelot, Galahad, Gawain und Parzival, die ihre eigene Heldengeschichte erleben. Wie auch der geheimnisvolle Zauberer Merlin, der Artus berät, dessen Träume er deutet und der seine Prophezeiungen verkündet. Aber die Herrschaft des Königs endet tragisch: Er sieht sich gezwungen, seinen verräterischen Sohn Mordred zu töten und findet dabei selbst den Tod. Seine Frau Ginevra hat ihn mit dem edelsten Ritter Lanzelot betrogen, in Camelot machen sich Zwietracht und Streit breit. Die Gemeinschaft der Tafelrunde bricht auseinander, als sich ihre Ritter auf die Suche nach dem mysteriösen Gral begeben. Und Artus? Er soll gar nicht gestorben, sondern schwer verwundet auf einem Schiff von mythischen Frauen ins ferne Avalon gebracht worden sein. In dieser Form und mit zahlreichen Varianten und Nebengeschichten erzählte man sich die Artussage in vielen europäischen Ländern vom 12. bis ins 15. Jahrhundert. Seit 200 Jahren wird der Stoff vermehrt aufgegriffen und immer wieder aufs Neue dargestellt: als literarischer Text, in den bildenden Künsten und in den Genres des Hollywoodfilms und der digitalen Medien. König Artus erweist sich als Jahrtausendheld, der immer noch und immer wieder sein Publikum findet.

Eines der jüngeren Zeugnisse dieses anhaltenden Interesses ist die Verfilmung King Arthur: Legend of the Sword, die der britische Regisseur Guy Ritchie (*1968) 2017 präsentierte. Eine actionreiche Version mit hohem Tempo, deren Szenerien wenig mit Höfisch-Ritterlichem zu tun haben und umso mehr mit archaischen Fantasy-Welten, in denen sich der Held lange als Underdog bewegt, der unwillig ist, das Legendenschwert zu ergreifen. Viele Figuren und Details erzählt die Filmstory anders und ungewohnt. Gleichwohl bekundete Guy Ritchie seine enge und fast lebenslange Vertrautheit mit dem Stoff, der zu den fest verankerten englischen Erzählungen gehört (obwohl er ursprünglich eine keltische Geschichte ist, in der die Vorfahren der Engländer das Feindbild abgeben, doch dazu in diesem Buch mehr). Am Ende des Films rückt eine Art Tafelrunde ins Blickfeld, was darauf deutet, dass weitere Artusfilme geplant sind, die sich dann zu einem »Tafelrunden-Universum« vereinigen könnten (Berliner Morgenpost, 9. Mai 2017).

Auch im Rheinland hörte man gern von den Geschichten des britischen Königs und das bereits vor 800 Jahren. Ein anschauliches Zeugnis bringt der Zisterziensermönch Caesarius (ca. 1180–1240) aus dem Kloster Heisterbach nahe Bonn in seinem Dialogus Miraculorum (»Dialog über Wunder«, um 1220). Demzufolge habe sich der Abt während einer Predigt über seine unaufmerksamen und schläfrigen Mitbrüder geärgert. Zur Abhilfe habe er sich unterbrochen und direkt an die Zuhörer gewandt: »Hört, hört, Brüder! Ich weiß euch eine schöne neue Geschichte: Es war einmal ein König, der hieß Artus […]« (Distinctio 4, cap. 36). Sofort konnte er sich einer mehr als hohen Aufmerksamkeit sicher sein. Guy Ritchie und Caesarius von Heisterbach bezeugen die Popularität der Artussage über die Jahrhunderte. Zweifelsohne wird die Geschichte stets aufs Neue erzählt und variiert werden. Zudem wird im Folgenden zu zeigen sein, dass sie weit über Caesarius zurückreicht – wahrscheinlich um 700 Jahre.

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