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Die Artuswelt: Höfische Pracht, Mythen und Esoterik

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Die Artussage wächst im Laufe ihrer Überlieferung zu einer regelrechten Artuswelt heran, die außer ihren Ursprüngen allerlei Figuren, Motive und Requisiten an sich bindet. Manches davon mag inselkeltischer Herkunft sein und sich für die Rezipienten der letzten zwei Jahrhunderte mit der vielberufenen Magie des britischen Nordens verbinden: Avalon, Merlin, Feen und Anderweltkreaturen gehören dazu, womöglich sogar die Gralsvorstellung, die aber auch zutiefst mit dem Christentum verbunden ist. Jedenfalls ist der Figur des Artus ein archaisch-mythischer Zug nicht fremd, der zu vorchristlichen Stammesgemeinschaften und ihrer Religion führt. Auf den ersten Blick bietet sich die Artuswelt jedoch in einem höfischen Umfeld dar, wie es in der Ritterkultur des hohen Mittelalters verwurzelt ist. Verantwortlich für diese Dominanz ist vor allem der Engländer Sir Thomas Malory († 1471), dessen Werk über Artus und die Ritter der Tafelrunde nicht nur den fulminanten Schlusspunkt der mittelalterlichen Artusliteratur setzt, sondern auch als umfangreichster Text dieser Literatur eine ergiebige Quelle der Artuswelt bietet. Ihm kam zugute, dass es 1485 mittels des neu erfundenen Mediums des Buchdrucks publiziert wurde – dies war der Anfang seiner heutigen Erfolgsgeschichte, bietet es doch den bis dahin arg verwickelten und zersplitterten Stoff als geschlossenes Ganzes, das zudem gut lesbar ist. Artusfilme verweisen darum gern im Abspann auf Thomas Malory als Quelle.

Zumeist folgt man ihm auch in der Darstellung Camelots als höfische Welt, die den Idealen der Ritterkultur verpflichtet ist. Sie äußern sich in einer prächtigen Szenerie voll von aristokratischem Luxus und geprägt von religiöser Inbrunst. Die Ritter der Tafelrunde feiern mit ihren edlen Damen in Festsälen bei Wein und Gesang; deren kultivierte Sitten prägen das Bild einer höfischen Festkultur. Den eigentlichen Höhepunkt bilden die Turniere, in denen die Ritter ihre Kampfstärke messen. Camelot symbolisiert diese Kultur auf höchste Weise und bezieht dabei notwendigerweise höfische Bildung und ritterliche Tugenden wie Freigebigkeit und Tapferkeit mit ein. Thomas Malorys zivilisierte Artuswelt bietet jedoch aus der modernen Perspektive alles andere als ein rationales Bild, ist sie doch von ritualisierten Obsessionen durchdrungen: Dazu gehört die Aventiure-Sucht der Ritter, die geradezu zwanghaft Camelot verlassen, um Abenteuer zu bestehen – bestenfalls mit einem Gegner von gleichem Stande (vgl. Kap. 2). Aber diese teilweise symbolisch verrätselte Artuswelt der höfischen Kultur lässt immer wieder das andere durchschimmern, das erheblich älter ist und sich auf die oben angesprochenen mythisch-magischen Wurzeln der Inselkelten zurückführen lässt. Deren Gestalten tauchen aus den dunklen Winkeln der Natur auf, aus Wäldern, Höhlen und Gewässern. Figuren wie der Zauberer Merlin und die Fee Morgane repräsentieren offensichtlich eine ganz andere Seite der Artuswelt, gewissermaßen deren Tiefe – worauf sich etwa die amerikanische Autorin Marion Zimmer Bradley (1930–1999, vgl. Kap. 3) bezieht.

Folglich haben Forscher und Interpreten Artus nicht nur als mehr oder weniger säkulare Heldengeschichte mit einem mutmaßlichen historischen Kern verstanden, sondern auch auf einer mythischen wie archetypischen Grundlage. Demnach wären der Sagenkönig und seine Ritter vielleicht auf keltische Gottheiten zurückzuführen und böten somit ebenso eine Erklärung über die Ursprünge der Welt. Tiefenpsychologisch-esoterisch (diese Verbindung mag man mir hier nachsehen) kann etwa die Gralssuche des jugendlichen Helden als eine archetypische Suchbewegung des Menschen begriffen werden. Der Artusstoff verbindet jedenfalls wirkliche oder imaginierte historische Wahrheit mit paganen und christlichen Elementen, mit höfischer Dichtung und reicher Fantasiegestaltung. Auch Märchen und Mythen lässt er sich zuordnen, bis er schließlich als reichhaltige und tiefgründige Quelle der populären Fantasy-Kultur dient.

König Artus

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