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2. DIE ARTUSWELT DES THOMAS MALORY Artus als Buchdruck – Thomas Malory und William Caxton

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Wenn sich Artus-Verfilmungen auf Thomas Malory beziehen, entspricht dies nicht ganz der historischen Wahrheit. Denn ohne den ersten englischen Buchdrucker William Caxton (ca. 1420–1491) wäre Malorys Werk kaum bekannt. Erst 1934 entdeckte man die bislang einzige erhaltene Handschrift, Caxtons Druck von 1485 sorgte hingegen für große Verbreitung und begründete damit seinen bis heute anhaltenden Ruhm. Auch für den üblich gewordenen französischen Titel Le Morte Darthur (»Der Tod Arthurs«) zeichnet er verantwortlich – der Titel bezieht sich auf das Ende des Buches, wird aber seinem Umfang nicht gerecht, der letztlich die »Summe des gesamten Artuswissens« (Wolf 2009, 87) darstellt. Malory hatte für das Werk eine passende Bezeichnung vorgesehen: The hoole book of Kyng Arthur and of his noble knyghtes of the Rounde Table (im ungewohnten Schriftenglisch des 15. Jahrhunderts, »Das ganze Buch von König Arthur und seinen edlen Rittern der Tafelrunde«). Caxtons Entscheidung zugunsten einer kurzen und prägnanten Griffigkeit dürfte allerdings zum Erfolg der Artusgeschichte beigetragen haben.

In seiner Vorrede zum Buch spricht Caxton die Problematik der historischen Wahrheit an und wiederholt etwa als Argument, »es habe ein solcher Arthur niemals gelebt, und alle Bücher über ihn seien nur erdichtet und bloße Erfindungen, weil einige Chroniken nicht über ihn berichteten noch irgendetwas über ihn und seine Ritter erwähnten« (Sir Thomas Malory 1977, 10). Doch dies lässt er nicht gelten und führt Gegenbeweise an, so das erwähnte Grabmal im Kloster Glastonbury, die Runde Tafel von Winchester, Gawains Schädel in der Burg von Dover, ebenso Lanzelots Schwert und andere Dinge. Zudem hätte man von Artus Spuren in Wales gefunden, »in der Stadt Camelot, die großen Steine und wunderbare Metallarbeiten, die unter dem Erdboden liegen, und königliche Gewölbe, die mehrere jetzt Lebende gesehen haben« (ebd., 11). In der Westminsterabtei in London fände sich am Schrein des heiligen Edward der Abdruck eines Siegels in rotem Wachs, von Kristall umschlossen, das unzweifelhaft dem Herrscher Artus zuzuschreiben sei, nenne und bezeichne ihn doch die Inschrift mit »Patricius Arthurus, Britannie, Gallie, Germanie, Dacie, Imperator« (ebd., 11) und damit als Kaiser und Beherrscher eines Großteils Europas. Die Beweiskraft derartiger mittelalterlicher Befunde und Requisiten mag für uns nicht schlagkräftig sein – die Epoche gilt immerhin als Glanzzeit der Urkundenfälschung –, für Caxton stand die historische Existenz des Artus außer Zweifel; denn es »[…] kann kein Mensch vernünftigerweise leugnen, daß es einen König dieses Landes namens Arthur gegeben hat« (ebd., 11).

Bevor wir uns weiter mit Caxtons Druck beschäftigen, sei ein Blick auf dessen Vorlage und ihren Verfasser geworfen und damit auf jene Handschrift, »die Sir Thomas Malory aus gewissen französischen Büchern zusammengestellt und ins Englische übertragen hat« (ebd., 12). Von diesem belesenen englischen Adligen ist im Grunde recht wenig bekannt, zumal die Quellen des 15. Jahrhunderts sechs Männer dieses Namens überliefern. Die Forschung hat sich mittlerweile für jenen Thomas Malory als glaubwürdigsten Verfasser des Morte Darthur entschieden, der aus dem mittelenglischen Warwickshire stammte, ein Gefolgsmann des Earl of Warwick war und etwa von 1410 bis 1471 lebte. Seine Vita scheint bewegt gewesen zu sein: Als Adliger pflegte er ein höfisch-ritterliches Leben, das von der Jagd und Turnieren geprägt wurde, von dem er aber auch offensichtlich mehrere Jahre in Haft verbrachte. Nicht zuletzt in diesen Gefängnisjahren widmete er sich seinem Artusroman. Dafür griff der anscheinend passabel französisch sprechende Edelmann auf jene Werke zurück, die Caxton in seiner Vorrede erwähnt und die wir noch kennenlernen werden (vgl. Kap. 4). So entstand im Laufe der Jahre eine lose Folge von Prosatexten, die er zu acht Romanzen gliederte und wohl um 1470 kurz vor seinem Tod abschloss. Die Ereignisse um den glorreichen, aber letztlich tragisch endenden König Artus mit dem Zerfall seines Camelot-Reiches dürften ihm wie ein Spiegelbild der eigenen Zeit erschienen sein.

Denn mit dem Ende des Hundertjährigen Krieges mit Frankreich (1337–1453) verlor England fast sämtliche Besitzungen auf dem Kontinent. Der praktisch regierungsunfähige König Heinrich VI. (reg. 1422–1461, 1470/71) konnte den politischen Zerfall nicht aufhalten, weswegen der lokale Adel an Macht gewann. Daraus entwickelten sich die über drei Jahrzehnte währenden »Rosenkriege« (Wars of the Roses, 1455–1485) zwischen den beiden den Thron beanspruchenden Häusern Lancaster (mit dem Feldzeichen einer roten Rose) und York (Feldzeichen einer weißen Rose). Der englische Adel griff abwechselnd zwischen beiden Kriegsparteien in die Kämpfe ein, die von äußerster Härte geprägt wurden und in denen Massaker, Hinrichtungen und Morde üblich waren. Am Ende war ein Großteil des Adels vernichtet – einen sinnfälligen Ausdruck fanden die blutigen Auseinandersetzungen in der Schlacht von Bosworth, in der König Richard III. (reg. 1483–1485) den Tod fand (seit William Shakespeares Drama The Tragedy of King Richard the Third (1597) ist er als angebliches Scheusal bekannt) und das Haus Tudor mit Heinrich VII. (reg. 1485–1509) die neue Dynastie stellte.

Fast zeitgleich erschien Caxtons Artusbuch, das demzufolge das Publikum nicht nur historisch und sagenhaft, sondern in der Grundstimmung sogar aktuell gelesen haben dürfte. Der mittlerweile verstorbene Thomas Malory hatte die Entwicklung der Geschichte mit dem Verfall der ritterlichen Tugenden und der Auflösung der Tafelrunde verbunden und damit eine Stimmung des Zweifels und schließlich der Hoffnungslosigkeit erzeugt. Misstrauen und Verrat riefen die Kämpfe unter den Artusrittern hervor und schufen ein Abbild der zeitgenössischen Rosenkriege. Andererseits bot Malory eine flüssig geschriebene und gut lesbare Prosa, die aus zahlreichen Abenteuergeschichten in einer sowohl höfischen wie auch geheimnisvollen und geradezu magischen Mythenwelt bestand. Aus diesen Bestandteilen setzen sich noch heute Bestsellerromane und filmische Blockbuster zusammen.

Diese Qualitäten der Malory-Handschrift erkannte William Caxton, der als Händler während etlicher Jahre in Flandern und Köln den Buchdruck kennengelernt hatte. Nach London zurückgekehrt, war er unter anderem als Buchverleger tätig, der die Druckerpresse in England einführte. Malorys Werk gliederte er in 21 Bücher mit 507 Kapiteln sowie einem Prolog und einem Epilog. Zwecks besserer Übersicht legte er zudem ein Verzeichnis mit Inhaltsangaben der einzelnen Kapitel an. Dem letzten Teil mit Artus’ Ende entnahm er bekanntlich den Buchtitel, dessen elegischer Ton die vorherrschende Stimmung in England treffen mochte. Aber Caxtons Druckwerk bot viel mehr, nämlich »edles Rittertum, Höflichkeit, Menschlichkeit, Freundlichkeit, Kühnheit, Liebe, Freundschaft, Feigheit, Mord, Haß, Tugend und Sünde« (Sir Thomas Malory 1977, 12) und somit zahlreiche Aspekte der menschlichen Natur. Dies alles ruft jene Faszination hervor, die von Artus und den Rittern seiner Tafelrunde bis heute ausgeht.

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