Читать книгу Asiaten! Ein Liebesroman aus zwei Welten - Artur Hermann Landsberger - Страница 10
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ОглавлениеShima hatte den drei Mädchen die Verträge, die sie unterschreiben sollten, vorgelesen. Aus ihnen ging hervor, daß sie, mochten sie auch als Geishas gelten, dem Gesetz gegenüber Oirans waren. Sie hatten dabei so viel Allotria getrieben, daß sie kaum auf das, was Shima ihnen vorlas, hinhörten. Sie verstanden es auch gar nicht und dachten, es werde schon richtig sein.
Und wirklich war es auch nichts anderes als das übliche, vorgedruckte Formular, in das nur Daten und Zahlen aufgenommen wurden.
Shima hatte auch gar nicht die Absicht, sie zu übertölpeln oder gar Unrechtes von ihnen zu fordern. Im Gegenteil: sie setzte Bedingungen ein, die milder als üblich waren. Sie wollte den ahnungslosen Mädchen vielmehr die trübe Sachlichkeit selbstverständlicher Abmachungen ersparen. Sie sollten nicht das drückende Gefühl haben, wie Ware behandelt zu werden. Schon die Aufgabe ihrer persönlichen Freiheit, die diese Kinder ja eigentlich noch nie besessen hatten, schien ihr bitter. Ihr menschlicher und geschäftlicher Instinkt sagten ihr, daß diese als Freudebringerinnnen bestimmten Mädchen selbst frohen Herzens sein müßten, wenn sie wirkliche Wärme auf andere ausstrahlen sollten.
Der mit Hana abgeschlossene Vertrag lautete:
„Da ich mittellos und gewillt bin, mit obrigkeitlicher Genehmigung den Beruf einer Kurtisane zu ergreifen, so habe ich mir von dem Inhaber dieser Urkunde 1500 Yen geliehen, deren Zinsen nach dem üblichen vorgeschriebenen Zinsfuß berechnet werden sollen, und ich erkenne mich ferner bereit, mich den folgenden Vorschriften zu unterziehen:
1 Ich richte mich streng nach dem Reglement für Kurtisanen.
2 Ich beginne meinen Beruf am 25. 3. 24 und setze ihn bis zum 25. 3. 27 fort. Nach Ablauf dieser drei Jahre gebe ich die Lizenz der Regierung zurück. Sollte ich in der Zeit krank und in das Yoshiwara-Hospital transportiert werden müssen, so habe ich die Zeit, die ich dort verbracht habe, nachzudienen. Sollte ich ferner nach dem Ablauf des Kontraktes nicht in der Lage sein, meine Schulden zu bezahlen, so verpflichte ich mich, einen neuen Kontrakt einzugehen.
3 Ich verpflichte mich, das Darlehn aus meinen Einnahmen zu bezahlen und treu und fleißig zu arbeiten, um das Geld zusammenzubringen. Ich werde ohne zwingenden Grund meinen Beruf nicht vernachlässigen oder irgend etwas unternehmen, was dem Geschäft meines Gebieters von Nachteil sein könnte.
4 Die Steuer bezahle ich aus meiner eigenen Tasche.
5 Meine Einnahmen werden in zwei Teile geteilt. Die eine Hälfte ist für die Zimmermiete und meine Nebenausgaben bestimmt. Von der anderen Hälfte sind 15 % als Abschlagszahlung für das Darlehn und die restierenden 35 % für mich selbst bestimmt. Sollte die erste Hälfte sich als nicht ausreichend erweisen, so bin ich trotzdem nicht verpflichtet, den Ausfall aus der zweiten Hälfte zu ersetzen.
6 Zahlungen habe ich zweimal im Monat zu leisten, und ist hierüber vom Besitzer und von mir genau Buch zu führen. Am Ende des Monats werden die Bücher verglichen und von beiden Seiten quittiert. Alle meine Kleider usw. gehören dem Hausbesitzer als Sicherheit für das gewährte Darlehn.
7 Ich darf mich nicht eher aus dem Hause entfernen, als bis durch mich oder von anderer Seite meine gesamten Schulden beglichen worden sind.
8 Um Zwistigkeiten bei der monatlichen Abrechnung (6) vorzubeugen, sollen die Bücher dem Direktor der drei ständigen Professionen unterbreitet werden, der sie mit dem Amtssiegel zu versehen hat.
Als Hana, Isa und Kohana unterschrieben hatten, vermied es Shima, die nächste Stunde von dem, was nun folgen müßte, zu sprechen. Erst am nächsten Morgen begann sie, die ‚Prinzessinnen‘ ihrer persönlichen und damit menschlichen Würde zu entkleiden.
Sie machte sie zunächst darauf aufmerksam, welch großer Vorteil für sie darin läge, daß sie nicht mit ihrem Impresario von einem Haus ins andere zu wandern und dort ihre Handtücher und Sakeschalen mit ihrem Namen abzugeben brauchten. Die Schande, an diesem für ihr ganzes Leben so wichtigen Abend nicht engagiert zu werden, bliebe ihnen erspart.
Kohana meinte:
„Davor hätte ich keine Furcht gehabt“, und Isa stimmte zu und sagte:
„Ich auch nicht!“
Aber Shima Mataumoto belehrte sie:
„Es kommt nicht nur auf eure Schönheit und euer Können an. Auch auf die Protektion von Freunden. Diese fehlen euch, ihr Unschuldslämmer. Ja, wenn es gerecht zuginge auf dieser Welt, dann würde man euch morgen in den kaiserlichen Palast holen. Denn es gibt in ganz Japan keine Geishas, die schöner sind als ihr.“
„Das findest du“, sagte Hana.
„Das muß jeder finden, der Geschmack hat“, erwiderte Shima. „Aber eure übertriebene Bescheidenheit ist daran schuld, wenn ihr noch immer nicht die Stellung einnehmt, die euch zukommt.“ — Die drei Mädchen machten ernste Gesichter und horchten auf. — „Worauf es ankommt,“ fuhr Shima in ihrem Anschauungsunterricht fort, „ist, daß ihr Hingabe nicht mit Unterwürfigkeit verbindet. Damit, daß alle Oirans und Geishas, ja, überhaupt alle japanischen Frauen, sich mit der Hingabe dem Manne zugleich auch unterwarfen, haben sie sich und ihren Stand erniedrigt. Die Frau in Europa gewährt. Ihre Hingabe ist ein Akt der Gnade, die sie dem Manne erweist und der ihr dafür den Fuß küßt. So wurde die Frau Herrin, während die japanische Frau Dienerin blieb. Hier liegt der Schlüssel zu eurer Befreiung. Ich will, daß ihr das erkennt und begreift und mir helft, es zu ändern. Ich kann euch den Geist einflößen, die Kraft habe ich — den Umschwung vollziehen aber kann nur die Schönheit und die Jugend. Die habt ihr! Mein Geist und mein Wille also muß sich mit eurer Jugend und Schönheit verbinden. — Ich fürchte, noch seid ihr zu jung und zu unerfahren, um zu verstehen. Aber vielleicht schon nach einem Jahr werdet ihr begreifen, was ich meine. Fürs erste genügt, daß ihr die Augen offen haltet und nicht, wie die meisten von euch, die Tage verträumt. Nicht ihr seid es, die auf die Männer warten und denen eine Ehre widerfährt, wenn ein Mann kommt, der euch begehrt. Die Männer sind es, die Tag und Nacht über an euch denken und euch herbeiwünschen. Ihr seid die Erfüllung ihrer Wünsche. Ihr gebt! Daher sind sie es, die zu danken haben. Bei aller Höflichkeit, mit der ihr ihnen begegnet, vergeßt das nie!“
In der Tat verstanden die drei Mädchen nicht viel von dem, was Shima mehr in Erinnerung an die eigene Vergangenheit als aus innerem Interesse für das Wohlergehen der Mädchen vortrug. Aber sie fühlten doch mehr oder weniger, daß eine in ihren Gefühlen beleidigte Frau zu ihnen sprach. Zu persönlich leidenschaftlich war es vorgetragen. So kam ihnen weniger zum Bewußtsein, vor eine große Aufgabe gestellt zu werden, sie hatten vielmehr das Gefühl, als seien sie ausersehen, eine Shima zugefügte Schmach zu rächen.
Nur Hana, deren Erleben auf dem Schiff sich nur in einem veränderten Gefühl gegenüber Taizo Hodsumi ausgewirkt hatte, empfand, daß hier ein Zusammenhang bestand mit dem, was ihr zugestoßen war.
Er hatte in ihr Gefühlsleben eingegriffen, eine Wand errichtet zwischen zwei ihm fremden Menschen, ihr und Tazio. Mit welchem Recht? — Und was er gestern mit ihr tat, das tat er morgen mit einer andern. Nicht die Tausende von Kilometern, die sie gereist war, hatten sie von Taizo Hodsumi getrennt. Sie hatte im Gegenteil bei Beginn der Reise mit jedem Meilenstein, an dem der Zug vorbeiraste, stärker die enge Bindung an ihn empfunden. Auf dem Meer war ihr dann das noch stärker zum Bewußtsein gekommen. Daß es Liebe war, wußte sie damals freilich nicht. — Aber dann, als sie aus der Kabine taumelte, ohne sich noch recht klar zu sein, was eigentlich geschehen war, da fühlte sie, daß Taizo ihr entrückt war. Unendlich weit. Daß zwischen ihnen ein Schatten stand, der sie schärfer voneinander trennte als Länder und Meere.
Ihr war der Gedanke gar nicht gekommen, sich gegen den Baron zu wehren. Ja, wenn sie Shima damals gekannt und mit ihr gesprochen hätte, wie sie heute sprach, dann hätte sie ihn gefragt: ‚Mit welchem Recht?‘ — Sie hätte sich gewehrt und wäre vielleicht Taizo Hodsumi heute noch so nahe, wie sie ihm damals war.
So stark wirkten Shima Mataumotos Worte. Anders freilich, als es deren Absicht war. Und dann: was nützte Hana eine Erkenntnis, die zu spät kam? Nicht nur in bezug auf den Baron? Auch für die Zeit, die nun kam. Denn wenn der Fall sich wiederholte und die erwachte Hana die Frage stellte: ‚Mit welchem Recht?‘ dann hielt ihr Shima Mataumoto den Vertrag vor Augen und erklärte: ‚mit diesem staatlich sanktionierten Recht.‘ —
Dazu kam es aber gar nicht. Denn das Tempo, mit dem die Mataumoto an das Geschäft ging, ließ gar keine Zeit zu solchen oder ähnlichen Gedanken. Wieder zeigte es sich, daß Theorien nur so lange Gültigkeit haben, als man sie nicht in die Praxis umsetzt. Dann gehen sie auf wie Seifenblasen.
Der Gegenstand des neuen Unternehmens aber war so klar wie möglich. Schon sein Name, der Shima Mataumotos feinen Instinkt verriet, erübrigte jeden Kommentar. Bürgerfamilien, die sich bei grünem Tee oder dem zum japanischen Nationalgetränk erhobenen Bier ein paar Stunden harmlos unterhalten wollten, stießen sich an der Aufschrift: Maneki-Nako (winkendes Kätzchen). Und die von einem begabten Künstler verfertigte Plakette, die über der Haustür prangte und einen Kater im Spiel mit einem Kätzchen zeigte, verriet, daß es in diesem Teehaus alles andere denn harmlos herging.
Aber Maneki-Nako hatte Niveau. Es war in neuem Stil erbaut, unter Fortfall der Käfige, in denen die Mädchen wie eingesperrt saßen und der Schaulust lüsterner Männer freigegeben waren. Wenn man eintrat, kam man in einen mit Teppichen belegten Vorraum, in dem ein halbes Dutzend Mägde in grauseidenen Kimonos und lila Schleifen einem aus den Schuhen halfen. Eine schwere Portiere wurde auf ein Zeichen hin von innen so weit nach beiden Seiten auseinandergezogen, daß man grade hindurchschlüpfen konnte. Man stand in einem von betäubenden Düften angefüllten Raum. Wer bisher dachte, daß die Gerüche frischer Blumen und weihrauchartiger Parfüms einander töten, der wurde hier eines besseren belehrt. Neben den alten japanischen Gefäßen, aus denen weihrauchartige Düfte aufstiegen, standen in kostbaren Vasen Päonien, Kamelien, Schwertlilien, Chrysanthemen und blühende Kirschzweige. Auf dem mit seidenen Teppichen ausgelegten Boden lagen statt der Matten hohe herrliche bestickte Zabutons. In der Mitte der Wand zwischen blühenden Kirschzweigen in Oel gemalt Hanas Bild in weißem Kimono mit schwarzem Gürtel. Unter dem Bilde stand eine tiefe Schüssel aus Porzellan mit farbiger Malerei, in der Tulpen schwammen. Rechts und links davon Vasen aus Kutani-Por-zellan mit Schwertlilien. An den Seitenwänden hingen ebenfalls in Oel die Porträts von Kohana und Isa. Audi unter diesen Gemälden standen Tischchen mit Blumen und kostbarem Seifu Yohei-Fayencen und Porzellanen. Der Raum hatte als Wände nur schwere Gobelins, durch die man gedämpft das Spiel der Samisen und die Schläge auf die kleinen Trommeln vernahm. Eine feine, alte Japanerin, die niemand anders als Matsu Shuto war, empfing hier die Gäste und fragte sehr höflich, wem die Maneki-Nako den hohen Besuch zu danken habe. Gäste, denen man nicht auf den ersten Blick ansah, daß sie vornehm und reich waren, wurde bedeutet, daß dies hier eine geschlossene Gesellschaft sei, deren Mitgliedschaft nur von Madame Shima Mataumoto persönlich erworben werden könne. Man gab diesen Besuchern eine Karte, auf der Shimas Name, Adresse und Besuchszeit stand. Neugier und die ungewöhnliche Handhabung eines Geschäftsbetriebes, dessen Eigentümlichkeit es sonst war, Gäste auf alle mögliche Weise anzulocken, nicht aber fernzuhalten und ihren Besuch an Bedingungen zu knüpfen, verschaffte der Maneki-Nako, dem winkenden Kätzchen, schnell Berühmtheit und reiche Klientel.
Shima Mataumoto wurde tagsüber in ihrem Hause überlaufen. So mußte auch hier die alte Matsu Shuto sichten. Allen, die nicht im eigenen Autocar vorfuhren oder als vornehme Ausländer Gnade vor ihren Augen fanden, wurde bedeutet, daß die festgesetzte Zahl der Mitglieder, über die man mit Rücksicht auf die Mädchen und die Besucher nicht hinausginge, erreicht sei. Diejenigen, die genügendes Vertrauen erweckten und die man daher zu Shima Mataumoto vorließ, mußten es sich gefallen lassen, einem förmlichen Verhör unterzogen zu werden. Das war für japanische Begriffe etwas Unerhörtes. Aber es gab kein Gesetz gegen Unverschämtheit. Als solche empfand man es. Polizeilichen Vorstellungen setzte Shima moralische und hygienische Bedenken entgegen. Sie habe die Verantwortung für die Damen des Hauses so gut wie deren Besucher. Es müsse in Japan wenigstens eine Stelle geben, wo das Liebesgeschäft nicht völlig wahllos betrieben werde. Ihr Betrieb sei mustergültig für die ganze Welt. Man solle ihr dankbar sein, statt auf die Stimmen Mißvergnügter zu hören, die ihr nicht appetitlich und gut genug erzogen schienen, um sie der Ehre eines Verkehrs mit ihren Töchtern würdig zu befinden. Sie vertrete den Mädchen gegenüber, die unter ihrem Schutze ständen, die Stelle einer Mutter, und so lange sie nicht gegen gesetzliche Bestimmungen verstoße, habe ihr niemand hineinzureden.
Shima Mataumoto war so geschäftstüchtig, daß sie derartige Kontroversen geradezu provozierte. Die Presse bemächtigte sich ihrer. Hohe und höchste Herrschaften trieb die Neugier zu diesem eigentümlichen Teehaus, das in der Gesellschaft sehr bald nur noch ‚das Palais der Liebe‘ hieß. Die Manager der großen europäischen Hotels setzten eine Ehre darein, ihren vornehmen Gästen den Besuch der Maneki-Nako zu vermitteln. Es war in der Vorstellung der Bewohner und Besucher von Vergnügungsstätten etwas ganz Außerordentliches. Höchster Wunsch und Ehrgeiz einer jeden Oiran, aber auch mancher Geisha, in Maneki-Nako Aufnahme zu finden. Aber Shima Mataumoto hielt außer den drei ‚Prinzessinnen‘, deren uneheliche Abstammung von Prinzen kaiserlichen Geblüts niemand in Zweifel zog, nur noch sechs Geishas: Asa, Tamako, Humi, Momo-Ko, Sada und Noyo. Shima stand mit allen Unternehmerinnen auf so gutem Fuße, daß diese gern in ihren Vorschlag einwilligten, bei dem jährlichen Oiran-Dochu, der Prozession der Kurtisanen, die Schönste von allen an die Maneki-Nako abzugeben.
Damit, daß die Gäste der Maneki-Nako nur aus reichen Japanern guter Familie und aus wohlhabenden Europäern bestanden, war wohl verbunden, daß die Mädchen in allen Dingen, die das äußere Leben und das körperliche Wohl betrafen, es gut und mehr als gut hatten. Wenn die Mataumoto nicht von der Idee besessen gewesen wäre, eine neue Frauenmoral in Japan einzuführen, so hätten die neun Mädchen im Teehaus ‚Winkendes Kätzchen‘ das glücklichste Leben von der Welt geführt. So aber, beständig darauf hingewiesen, daß sie die Pflicht hätten, sich die Männer zu unterwerfen, erwachte in diesen, sonst gedankenlosen Geschöpfen das Gefühl einer Moral, das sich durchaus nicht mit dem Leben in einem derartigen Teehaus vereinen ließ. Da die Mataumoto sie dazu anhielt, ihren Beruf nach einem System auszuführen, daß das Gedankliche zum Mindesten nicht ausschloß, so fingen sie an, zu denken. Damit hatte denn auch die übliche Apathie der Mädchen dieser Häuser ein Ende. Sie traten innerlich in eine Opposition zu den Männern, die sie begehrten — ein Gefühl, das den japanischen Frauen sonst fremd ist. Denn selbst den Mädchen aus besten Häusern wird der Mann, mit dem sie sich ehelich zusammentut, von den Eltern bestimmt. Sie sind darin also genau so unfrei wie die große Zahl der in Häusern festgehaltenen Mädchen, während in der Wahl der Liebe frei eigentlich nur die gutbezahlte Geisha eines besseren Teehauses ist. Das ‚winkende Kätzchen‘ war ein Mittelding zwischen einem chaya (Teehaus) und machiai oder Yoraya (verrufenem Haus). Dem Renommee nach konnte sich kein Teehaus mit ihm messen, praktisch aber war es trotz der Künste, die die Geishas boten, ein Haus der Freude und der freien Liebe.
Hana bewohnte drei Räume, hatte ihr eigenes Bad und zwei Mädchen zu ihrer ausschließlichen Bedienung. Ihre Zimmer waren ein ewig blühender Garten. Sie schlief bis in den Mittag und verwandte den halben Tag unter Shimas Aufsicht auf die Pflege ihres Körpers. Des Abends kam an drei Tagen der Woche ein Prinz des kaiserlichen Hauses, der bis zum Morgen bei ihr blieb. Sie mochte ihn, weil er sanft und voller Rücksicht war und ihr viel Liebes sagte. Vor allem aber, weil er Taizo Hodsumi ähnlich sah und dessen Sprache mit ihr redete. Zweimal in der Woche kam ein Amerikaner, der keine Zeremonien liebte. Er verzichtete auf den Gesang und Tanz und sagte immer dasselbe. Obschon Hana gut englisch verstand und sprach, da sie seit langer Zeit bei einer Miß Loustalot Stunden nahm und ausgezeichnet lernte. Der Amerikaner John Adamson war der Chefsohn einer der größten Exportfirmen in Tokio und hatte von seinem Vater schon in jungen Jahren gelernt, daß sich der Sinn des Lebens in Gelderwerb erschöpfte. Er verdankte seine Bekanntschaft mit Hana einer Wette. In jedem europäischen und amerikanischen Klub wurde seit Wochen von nichts anderem als von Maneki-Nako gesprochen. Nach erfolgter Einführung war es lediglich eine Frage der Reihenfolge und der Bezahlung, die sehr hoch war, sich des Besitzes einer der sehr schönen Geishas zu erfreuen. Denen war von Shima Mataumoto streng untersagt, feste Liebschaften anzuknüpfen. Sie waren, wie Shima Mataumoto sich ausdrückte, das laufende Geschäft. — Und indem sie für die Zukunft der Mädchen sparte, glaubte sie der Moral zu genügen. Auch beruhigte sie ihr Gewissen damit, daß es in sämtlichen anderen Häusern genau so zuging.
Wenn die Besucher in dem prächtigen Vorraum als ‚genügend legitimiert‘ befunden waren — so nannte es Shima Mataumoto und war stolz auf diese ‚gesellschaftliche Nuance‘ ihres Hauses — so legte man ihnen, sofern sie nicht von früher her einen bestimmten Wunsch äußerten, die sechs Alben mit den Photographien der sechs Geishas vor. Sie entschieden sich dann, mit welcher der sechs sie sich nach dem Tee und den Tanzvorführungen zurückzuziehen wünschten. Denn Maneki-Nako war beileibe keine Anstalt zur Befriedigung der ‚libido‘. — Madame Shima Mataumoto betonte das bei jeder Gelegenheit. ‚Maneki-Nako‘, sagte sie an jedem Tage ein paar Dutzend Male, ist ein Institut zur Pflege der Kunst, wie es in seiner Art ein zweites im ganzen Osten nicht gibt. Es öffnete nachmittags um fünf Uhr seine Pforten. Es wurde Tee gereicht, der vor den Augen der Gäste zubereitet wurde. Und eine entzückende Geisha — Momo-Ko und Humi lösten sich damit ab — erläuterte die Zubereitung, da sich fast regelmäßig unter den Gästen ein paar Fremde befanden.
Nach dem Tee folgten um sechs Uhr die Tanzvorführungen, an denen sich außer den sechs abwechselnd Isa und Kohana beteiligten. Völlig unauffällig zogen sich nach etwa einer Stunde die Paare, die vorher für einander bestimmt waren, durch verschiedene Ausgänge zurück, während eine ausgezeichnete Kapelle bis nach halb sieben konzertierte. Gegen sieben schloß Maneki-Nako seine Pforten auf zwei Stunden, während denen die Mädchen badeten und ruhten und die Räume gereinigt wurden. Um neun Uhr abends wiederholte sich das Spiel. Mit dem Unterschied, daß die Besuche nicht auf eine persönliche bestimmte, kurze Zeit beschränkt waren. Der Betrieb im Hause dauerte die ganze Nacht. Aber nie wurde einer Geisha mehr als je ein Besucher am Nachmittag und ein Besucher am Abend zugemutet. — Auch darin unterschied sich der Betrieb in Maneki-Nako von allen anderen Betrieben ähnlicher Art. Es war ein Musterhaus, von dessen Insassen jeder Einzelnen bei der nächsten Oiran-Dochu der Preis zufallen mußte.
Als beim Souper in einem der führenden Klubs Tokios wieder einmal von Maneki-Nako, dem ‚winkenden Kätzchen, die Rede war, stellten mit bewundernswerter Offenheit alle achtzehn Klubmitglieder fest, daß sie zwar sämtlich mindestens eine der sechs entzückenden Geishas — dafür galten sie allgemein — in den Armen gehalten hatten, daß vier sogar einmal bis Isa, zwei bis Kohana vorgedrungen seien, daß aber niemand es bisher fertiggebracht hatte, bis zu Hana Tatsumi zu gelangen. Der Klub setzte einen Preis von 10 000 Yen aus für das Mitglied, das als erstes bei Hana zum Ziele kam. Die Folge war, daß sofort jeder beschloß, Shima Mataumoto zehntausend Yen zu bieten. Der eine war bereit, hundert, ein anderer zweihundert, ein dritter und vierter sogar vier- und fünfhundert Yen draufzulegen. Keiner von ihnen wußte, daß Shima mit den Hausmeistern, Dienern und Portiers sämtlicher führenden Hotels und Klubs ständig in Fühlung war. Sie unterhielt außer dem ‚winkenden Kätzchen‘ noch zwei andere, ebenfalls gut geführte Häuser, die nur als Pacemacher für Maneki-Nako dienten. Beide hatten eine feste Klientel, die nichts bezahlte. Das eine war für die Direktoren der großen Hotels und Klubs, die Offiziere der Transozean-Dampfer, Regierungs- und Polizeibeamten in führender Stellung, das zweite für die diesen Herren untergeordneten Stellen bestimmt. So war es nur natürlich, daß Madame Shima Mataumoto — von den eingeweihten Europäern und Amerikanern auch im Gespräch untereinander bald nur noch ‚Madame‘ genannt — schon am folgenden Morgen von dem Abschluß der Wette orientiert war. Sie rechnete also damit, daß sämtliche achtzehn Klubmitglieder sie in den nächsten Tagen mit ihrem Besuch beehren würden. Sie kannte sie alle mit Namen. Viele auch ihrem Vermögen und dem Charakter nach. Sie wußte längst vor Abschluß dieser Wette, daß John Adamson, der Sohn seines Vaters, als der reichste und berechnendste galt. Sein Erwerbssinn war sprichwörtlich. Für ihn gab es nur Zahlen. Wo er ein Verdienst sah, ruhte er nicht, bis er das Geschäft an sich gerissen hatte. Shima Mataumoto wußte also, daß die verführerischsten Photos, die sie verschiedenen Klubmitgliedern vorzulegen gedachte, auf John Adamson genau so wenig Wirkung ausüben würden, wie die kostbarsten Kimonos und die erlesensten Wohlgerüche. Ihm mußte sie Zahlen bieten. Es war also kein Zufall, daß sie über ihren Büchern saß und rechnete, als John Adamson ihr seine Aufwartung machte. Sie ließ ihn ein paar Augenblicke im Nebenraum warten, in dem, wie zufällig, ein Briefordner aufgeschlagen lag. Obenauf lag die Kopie folgenden Briefes in englischer Sprache:
Sehr geehrte Herren!
Damit Sie den weiten Weg von Paris nach Tokio nicht unnütz machen, wiederhole ich nochmals, daß ich unter gar keinen Umständen auch nur um einen Yen von der Ihnen genannten Summe abgehe. Sie stellt ein Minimum dar, bleibt beinahe um die Hälfte hinter dem eigentlichen Werte zurück und deckt sich mit den Zahlen, die Ihre eigenen Sachverständigen aus meinen Büchern errechnet und als ‚äußerst preiswert‘ bezeichnet haben. Ich wiederhole Ihnen also, daß ich bereit bin, Maneki-Nako und die damit verbundenen Häuser für 750 000 Yen (zahlbar in japanischer, amerikanischer oder englischer Währung oder gleichwertigen Staatspapieren eines dieser Länder) abzugeben. Ich halte mich an mein Angebot drei Tage lang gebunden, gerechnet vom Eingang dieses Schreibens an, den Sie mir telegraphisch bestätigen wollen.
Hochachtungsvoll
Shima Mataumoto hatte sich nicht verrechnet. Der junge Amerikaner verwendete auf die seltenen Stiche und kostbaren Porzellane, die im Vorzimmer standen, keinen Blick. Er stürzte sich auf den Briefordner und verschlang den Brief — las ihn ein zweites Mal in Ruhe, überlegte, rechnete, suchte den Namen des Adressaten, blätterte laut und ungeniert und wandte sich erst um, als die alte Matsu Shuto dicht hinter ihm stand und in schlechtestem Englisch sagte:
„Meine Herrin läßt den hochverehrten Herrn bitten!“
Während Shima sich mehrmals tief verbeugte, bewegte der Amerikaner kaum den Kopf. Er setzte sich unaufgefordert und redete, ohne auch nur abzuwarten, daß Shima ein paar der üblichen Einführungsformeln hervorbrachte, was für sie und wohl für alle Japaner mehr als bloße Form war, einfach drauf los.
„Sie haben da so eine Geisha, von der man viel spricht. Ich biete Ihnen tausend Yen!“
„Es ist völlig ausgeschlossen, mein Herr. So gern ich Ihnen dienlich wäre.“
„Wozu halten Sie das Mädchen?“
„Miß Hana ist kein Mädchen wie alle anderen.“
„Ich muß sie haben!“
„Das zeugt nur von einem ausgezeichneten Geschmack.“
„Machen Sie keine Redensarten. Fordern Sie!“
„Sie ist für Geld nicht zu haben. Sie verlangt Sicherstellung, und zwar lebenslänglich.“
„Das ist unverschämt!“
„Viele haben es ihr schon geboten. Sie hat sie abgelehnt.“
„Wer hat die Verfügung über sie?“
„Ich. — Aber ich würde nie eine meiner Geishas zu etwas zwingen, was sie nicht gern tun.“
„Wie kommen Sie dabei auf Ihre Kosten?“
„Grade dadurch mache ich mein Geschäft! Jeder Klient, der sich bei mir unterhält, hat die Gewißheit, daß er geliebt wird.“
„Was hat er davon?“
„Die meisten legen Wert darauf.“
„Ich nicht! Ich bin Geschäftsmann!“
„Dann fürchte ich, mein Herr, daß Sie am falschen Orte sind.“
„Sie heucheln. — Ich habe draußen einen Brief gelesen.“
Shima Mataumoto tat erschrocken, sprang auf, trippelte ins Nebenzimmer, kam mit dem Briefordner zurück und schalt laut:
„Wie kann das da herumliegen, daß jeder einem in seine Bücher guckt! Ich hoffe, Sie haben nicht ...“
„Allerdings habe ich — und ich möchte Ihnen vorschlagen, das Geschäft mit mir zu machen.“
„Unmöglich. Ich bin gebunden.“
„Sie haben demnach Bescheid aus Paris?“
„Allerdings, und zwar positiven.“
„Sie werden ablehnen. Das Geschäft machen wir zusammen!“
„Das brauchte niemand zu erfahren. — Im übrigen: es ist ein Geschäft wie jedes andere, man deckt ihm ein Mäntelchen über.“
„Ein amerikanisches, nicht wahr?“
„Was wollen Sie damit sagen?“
„Ich vermute, daß Sie es so hinstellen wollen, als ob Sie mit dem Kauf eine moralische Absicht verbänden.“
„Wenn Sie mir nachweisen — aber zahlenmäßig, und ich prüfe es nach — daß mit Moral — ich meine natürlich angewandter Moral, nicht die, die man im Munde führt — Geld zu verdienen ist, dann will ich es auch praktisch betätigen.“
„Aus diesem Hause hier lassen sich Millionen herauswirtschaften.“
„Mir liegt nichts daran, die reichste Frau Japans zu werden.“
„Ihnen muß daran liegen! Denn es ist ein Verbrechen, ein Instrument wie dieses in der Hand zu haben, ohne es zu nutzen.“
„Mir genügt es, für mein Alter versorgt zu sein.“
„Ich gebe Ihnen einen Scheck, und Sie können bis an Ihr Lebensende wie eine Prinzessin leben.“
„Ich weiß, daß ich das jeden Augenblick haben kann. Ich täte es auch, wenn ich die Mädchen nicht kennen würde.“
„Das versteh’ ich nicht.“
„Das können Sie als Amerikaner nicht verstehen.“
„Ach so! Sie meinen Gefühle, die Sie mit den Mädchen verbinden.“
„Ich bewundere, daß Sie überhaupt verstehen, was ich meine.“
„Oh! wir Amerikaner verstehen schon jede Dummheit. Wenn wir sie auch nicht mitmachen. Sentimentalität ist ein Luxus. Wir lesen daher gern sentimentale Bücher und sehen gern sentimentale Films — und finden alles, was darin vorgeht, durchaus richtig — aber im Leben, da ist Sentimentalität Dummheit — wenigstens für den Kaufmann.“
„Gibt es denn Amerikaner, die etwas anderes sind?“
„Nein, die gibt es nicht. Und wenn wir erst fünfzig Jahre weiter sind, dann wird es auf der ganzen Welt keinen Menschen mehr geben, der etwas anderes ist.“
„Bis auf Japan!“
„Das kommt zuletzt dran. Aber es kommt.“
„Ich möchte es nicht erleben.“
„Schrecklich“, sagte John Adamson und sah nach der Uhr. „In diesen Häusern fliegt einem die Schwatzhaftigkeit an wie in China die Flöhe. Jetzt habe ich zur Abwicklung unseres Geschäftes grade noch zwölf Minuten Zeit.“
„Vielleicht kommen Sie lieber am Abend wieder.“
„Gewiß! Aber als Eigentümer!“
„Ich müßte mich zunächst von Paris frei machen. ‚Das dauert selbst auf telegraphischem Wege ...“
„Eine Minute“, fiel ihr Adamson ins Wort, zog ein Telegrammformular und einen Füllfederhalter aus der Tasche und schrieb: „Anderweitig abgeschlossen.“ — „So,“ — er reichte ihr das Formular — „die Adresse machen Sie.“ Dann holte er das Scheckbuch heraus und stellte drei Schecks aus über je 250 000 Yen. — „Achten Sie genau auf die Daten!“
„Was soll ich denn nur damit? Wo ich doch so an den Mädchen hänge!“
„Sie bleiben natürlich die ersten Jahre. Und niemand erfährt etwas davon. Das ist Bedingung. Wir machen einen Vertrag. Nach Außen gehören die Betriebe Ihnen.“
Er schrieb, während Shima Mataumoto der Kopf brummte, als hätte sie ein halbes Dutzend Kännchen Sake heruntergegossen.
„Ich weiß schon gar nicht mehr, wo mir der Kopf steht.“
Der Amerikaner legte ihr einen Zettel vor, auf dem auf japanisch stand: „Hiermit übertrage ich das unbeschränkte Eigentum an dem Teehaus Maneki-Nako, sowie an sämtlichen anderen, mir gehörigen Teehäusern mit allen Rechten an Mr. John Adamson, der mir den Kaufpreis in Höhe von siebenhundertfünfzigtausend Yen bezahlt hat. Ich verpflichte mich, gegen ein Gehalt von jährlich zwanzigtausend Yen drei Jahre lang in dem Betriebe tätig zu sein und allen Weisungen Mr. Adamsons zu folgen. Die Unterzeichneten verpflichten sich für jeden Fall, in dem sie gegen eine dieser Abmachungen verstoßen, zur Zahlung einer Konventionalstrafe in Höhe von zehntausend Yen. Gerichtsstand zur Austragung von Streitigkeiten ist Newyork. Tokio, den 11. April 1924.
„So,“ sagte John Adamson, einer der ganz wenigen Amerikaner, der japanisch sprach, „jetzt setze ich das noch einmal in englischer Sprache auf, und Sie unterschreiben beides.“
Sofort sah Shima von dem japanischen Zettel auf und sagte:
„Halt! — Wie kann ich unterschreiben, was ich nicht verstehe?“
„Sie sprechen doch englisch?“
„Aber nicht genug, um ein so wichtiges Schriftstück zu unterzeichnen. Man kann es später vielleicht anders auslegen.“
„Sie haben einen Amerikaner vor sich,“ trumpfte Adamson auf.
„Ich würde bei einem Europäer genau so verfahren.“
„Und bei einem Japaner?“ fragte Adamson gereizt.
Shima Mataumoto lächelte und sagte:
„Da hätte ich es freilich nicht nötig.“
Als John Adamson sich entrüstete — oder doch so tat, als entrüste er sich — fuhr sie in gleicher Ruhe, lächelnd fort: „Denn die japanische Sprache beherrsche ich ja.“
Adamson hatte inzwischen auch den englischen Text verfaßt und legte ihn auf den japanischen.
„Ich kann darin nichts anderes als einen Mangel an Vertrauen sehen,“ sagte er.
Shima Mataumoto schob den englischen Text beiseite und unterzeichnete das japanische Schriftstück. — Sie sah nicht, wie der Amerikaner hämisch den Mund verzog. Sein Manöver war geglückt. Ihm war es nur darum zu tun gewesen, Shima von der Prüfung des Textes abzuhalten und ihre Gedanken auf etwas anderes zu lenken. Es war gelungen. An der Unterzeichnung des englischen Textes lag ihm gar nichts.
„So, da haben Sie meine Unterschrift,“ sagte Shima, schob ihm das Blatt hin und nahm die Schecks an sich. „Ich bitte nun noch um ein Duplikat für mich.“
„Vom Bureau aus,“ erwiderte Adamson und erhob sich.
Die kleine Shima stand mit gesenktem Kopfe neben ihm. Sie reichte ihm gerade bis zum Ellenbogen.
„So viel Mühe,“ fuhr Adamson fort, „habe ich selten auf ein Geschäft verwandt.“
„Und mir ist selten etwas so schwer geworden.“
„Um sieben Uhr bin ich wieder da. Sorgen Sie dafür, daß Hana Tatsumi dann bereit ist.“
Shima verbeugte sich. John Adamson bewegte kaum den Kopf und ging.
Als er draußen war, klatschte Shima in die Hände und trug der Magd auf, Hana, Isa und Kohana zu rufen. — Als die drei fröhlich und ahnungslos hereingetrippelt kamen, fanden sie Shima Mataumoto in Tränen aufgelöst. Mit aller Herzlichkeit mühten sie sich um sie und versicherten sie ihrer Anhänglichkeit und Liebe. Sie wagten nicht, nach dem Grund ihres Kummers zu fragen.
„Nur, daß wir nicht schuld an deinen Tränen sind, sag uns,“ bat Hana und kniete vor ihr nieder. Und Isa und Kohana baten ebenfalls.
„Ihr seid nicht schuld,“ erwiderte Shima, „und dennnoch weine ich euretwegen.“
„Was ist mit uns?“ erwiderte Hana, und eine böse Ahnung stieg in ihr auf.
Shima Mataumoto richtete sich auf, sah sie der Reihe nach an, sagte mit tränenerstickter Stimme:
„Ich habe euch verkauft!“ schrie laut auf und schlug hin.
Die drei Mädchen nahmen sich nicht die Zeit, über ihr eigenes Schicksal nachzudenken, sie beugten sich über Shima, hoben sie auf, legten sie auf eine Matte und mühten sich um sie.