Читать книгу Asiaten! Ein Liebesroman aus zwei Welten - Artur Hermann Landsberger - Страница 11
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ОглавлениеHana, Isa und Kohana verstanden nur zum Teil, was die noch immer schwerleidende Shima Mataumoto ihnen erzählte. Ihnen war es in der Güte ihres Herzens auch mehr darum zu tun, Shima zu trösten, als zu erfahren, was aus ihnen wurde. Sie wiederholten immer wieder, daß sie sich ihretwegen nicht zu sorgen brauche. Sie verstanden auch gar nicht ihren Kummer, da sie doch beieinander blieben und der ganze Unterschied gegen früher doch nur eine andere Form der Verrechnung sei.
Shima trug Hana auf, sich für sieben Uhr bereit zu halten und dem neuen Herrn mit der Hochachtung zu begegnen, die ihm gebühre. Hana war das Gehorchen gewöhnt und empfand, was Shima sagte, als etwas Selbstverständliches. Sie schmückte sich und ihre Räume mit ganz besonderer Sorgfalt und erwartete auf ihrer Matte sitzend ohne jede innere Regung, fast interesselos, den Amerikaner.
Punkt sieben meldete der Gong der Dienerin seine Ankunft. Er trat, ohne den Ausdruck seines Gesichts zu verändern, mit einer Sachlichkeit ein, die Hana fühlte, aber nicht verstand.
„Irassai! irassai! (Erhabener Eingang),“ sagte Hana, die aufgestanden war und sich tief verbeugte. Er erwiderte kurz:
„Komban wa! (Guten Abend),“ und setzte sich, als gehörte er in diesen Raum und als gehörte der Raum ihm, auf einen breiten Schemel, den Hana neben sich gestellt und mit den feinsten Seidenkissen belegt hatte.
„Weshalb sprichst du nicht englisch?“ fragte er.
„Weil der erhabene Herr japanisch sprechen kann und hier Japan ist.“
„War,“ erwiderte er. „Von heute ab gehörst du mir, und ich bitte dich, englisch mit mir zu reden.“
„Wie der Herr es befehlen.“
„Ihr habt hier eine sehr gute Mutter.“
„O ja! Shima Mataumoto ist vortrefflich, und ich liebe sie sehr.“
„Leider ist sie keine Geschäftsfrau!“
„Sind der Herr unzufrieden?“
„Ich will hier nicht den Tyrannen spielen. Auch dir gegenüber nicht. Ihr empfindet anders. Das hier ist doch ein Geschäft, nicht wahr?“
„Was meint der Herr?“
„Dies Teehaus Maneki-Nako.“
„Ich weiß es nicht.“
„Da haben wir’s. Du und die andern, ihr redet euch ein, ihr seid zum Vergnügen hier? Nicht wahr?“
„Darüber habe ich noch nicht nachgedacht.“
„Ihr denkt eben nur an euren Putz. — Na ja, das sollt ihr auch. Denn ihr müßt gut aussehen, um zu gefallen Damit das Geschäft geht. Nicht, damit ihr euch amüsiert. Verstehst du das?“
„Ich glaube, ja!“
„Die Preise hier sind natürlich viel zu niedrig.“
„Davon weiß ich nichts.“
„Aber nebenbei, da verdienst du doch?“
„Ich mache mir nichts aus Geld.“
John Adamson lachte laut und fragte:
„Ja, woraus denn, etwa aus der Liebe?“
„Ja — ich glaube.“
„Das eben dürft ihr nicht. Das verbraucht euch. An eine Sache, die man als Geschäft betreibt, darf man sein Herz nicht hängen. Verstehst du das?“
„Geschäft? — Herz? — Ja, das ist doch ganz etwas anderes.“
„In diesem Falle hier ist es doch allemal ein Geschäft.“
„Das weiß ich nicht. Und ich spreche auch nicht von hier.“
„Wovon denn?“
„Von einem, der in Schikotsu ist und an mich denkt.“
„Das ist etwas anderes. Aber hier kommt es darauf an, daß man klug ist und Geld verdient.“
„Das mag schon sein. — Für den, der viel haben will.“
„Das will jeder.“
„Ich nicht!“
„Du mußt an den denken, für den du hier bist.“
„An Shima? — Die ist wie ich.“
„Da haben wir’s! Was kann man von euch Einsicht verlangen, wenn die Besitzerin euch auf Liebe trainiert, statt auf Geld.“
„Alles das verstehe ich nicht.“
„Ein Geschäft kann natürlich nur gehen, wenn alle Arbeitskräfte bis an die Grenze der Leistungsfähigkeit ausgenutzt werden. Verstehst du das?“
„Bei einer Fabrik — aber doch nicht hier.“
„Das eben ist der grundlegende Irrtum. Geschäft ist Geschäft! Ob die Ware in Autos, in Erz oder wie hier in Liebe besteht, bleibt sich völlig gleich.“
Hana schüttelte den Kopf und sagte:
„Nein! das ist nicht richtig!“
„Wieso nicht?“
„Ich kann es nicht begründen — aber es ist bestimmt nicht richtig.“
„Du mußt doch einen Anhalt dafür haben, wenn du das mit solcher Bestimmtheit behauptest?“
„Mein Gefühl sagt mir das.“
„Da haben wir’s! Gefühl! — Und mit Gefühlen willst du ein Geschäft machen?“
„Ich? — Nein! Ich will keine Geschäfte machen.“
„Du persönlich sollst es ja auch nicht.“
„Dann bin ich schon froh.“
„Aber die anderen! Und du sollst sie dazu anhalten.“
„Wieso denn ich?“
„Weil sie auf dich am ehesten hören werden. Dazu aber mußt du genau so denken wie ich. Dann kannst du viel, sehr viel Geld verdienen.“
„Wenn mir an dem vielen Gelde aber doch nichts liegt?“
„Ist dein Freund in Schikotsu denn ein reicher Mann?“
„Nein. — Der ist arm.“
„Aha! — was tut er denn?“
„Gold- und Silberschmied ist er. Ein sehr geschickter sogar.“
„Siehst du, wäre es da nicht schön, wenn du ihm ein großes Atelier einrichten könntest, in dem er in aller Ruhe seiner künstlerischen Arbeit leben könnte, ohne sich um Gelderwerb kümmern zu müssen?“
„Das wäre schon gut.“
„Was meinst du, was er da schaffen könnte.“
„Wenn das ginge! — der hat schon Ideen. Aber in der Fabrik, da muß er machen, was verlangt wird.“
„Siehst du. — Und bei dem Atelier ein kleines Haus, am Wasser — das liebt ihr ja! — und du darin als seine Frau, mit Mägden — und später natürlich auch mit Kindern.“
Hanas Augen wurden ganz groß. Sie sah das alles vor sich und sagte:
„So ein Glück, das gibt es ja gar nicht.“
„Ich schaff’ es dir. Ganz schnell. Wenn du mir hilfst.“
„Ist das wahr?“
„Du mußt mir nur versprechen, alles zu tun, was ich von dir verlange.“
„Aber ja! Ich verspreche es. — Es kann ja doch nichts geben, was ich dafür nicht täte.“
Sie hielt ihm die Hand hin. John Adamson schlug auch ein. Und sagte:
„Damit du nicht denkst, ich mache dir da ein Versprechen, das ich nicht halten kann, so werde ich es dir sogar schriftlich geben.“
„Aber das ist ja nicht nötig.“
„Doch! doch! Ihr Japaner traut uns Amerikanern nicht.“
Er hatte Füllfederhalter und Papier herausgezogen und schrieb:
‚Dafür, daß Hana Tatsumi sich verpflichtet, sechs Monate alle Wünsche John Adamsons zu erfüllen, erklärt sich dieser bereit, ihr nach Ablauf dieser sechs Monate in Schikotsu ein mit allen modernen Hilfsmitteln ausgestattetes Atelier für Gold- und Silberschmied-Arbeiten nebst einem geräumigen Wohnhaus mit Inventar und Garten kostenlos zu errichten. Mit jedem Fall der Nichterfüllung seitens Hana Tatsumis beginnt die Frist von sechs Monaten von neuem zu laufen, während John Adamson im Falle der Nichterfüllung nach sechs Monaten an Hana Tatsumi die Summe von zweihundertfünfzigtausend Yen zu zahlen sich verpflichtet.‘
„So, da setzen wir nun beide unsere Namen herunter“ — er schrieb seinen Namen und reichte Hana die Feder.
„Danke schön“, sagte sie. „Aber das war wirklich nicht nötig, daß wir es schriftlich machen.“ — Und sie unterschrieb und gab ihm das Papier zurück.
In ihrer Glückseligkeit empfand sie es gar nicht, als der große und starke breitschultrige John Adamson sie jetzt hochhob und in den Schlafraum trug. Die Augen halb geöffnet, sah sie vor sich jetzt deutlich das Haus mit dem kleinen Garten, der zum Fluß führte. Sie stand am Fenster und sah durch die Kirschbäume hindurch, die eben zu blühen begannen, zum Atelier hinüber. Deutlich hörte sie das Geräusch der Maschine. Und von den matten Scheiben hob sich der Schatten eines Mannes ab, der niemand anders als Taizo war.
Sie schloß die Augen ganz und träumte. Ein Glüeksgefühl durchströmte ihren Körper. Sie wußte nicht, daß sie den Mund ihm näher führte, die Lippen öffnete und die schlanken Arme um den Hals des fremden Mannes legte.
„Du!“ stammelte sie. „Du mein Taizo!“