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Tel
ОглавлениеTel ist der archäologische Begriff für einen antiken Ansiedlungshügel. Das Wort bedeutet auf Hebräisch und Arabisch so etwas wie »Ruinenhügel«. Normalerweise besteht ein Tel aus mehreren Schichten, wobei die oberen neueren Datums sind als die unteren. Diese Siedlungsform entstand dadurch, dass Menschen Städte nach ihrer Zerstörung auf den Trümmern wiederaufbauten. Bis zum 4. Jh. v. Chr. war das die typische Stadtform. Rund 200 Tels gibt es in Israel heute.
Hier stand früher wohl ein bekannter, heiliger Baum direkt an der Stadt. Heilige Bäume gibt es in der einheimisch-arabischen Kultur auch heute noch, fast immer sind es Eichen oder Terebinthen. An diesem Baum informiert Gott Abraham, dass er am Ziel angekommen ist (Genesis 12,7). Hier baut Abraham seinen ersten Altar im verheißenen Land. 45 km südlich an der Bergstraße schlägt er sein Zelt zwischen Bethel und Ai auf (Genesis 12,8). Man geht davon aus, dass Bethel in dem heutigen palästinensischen Dorf Beitin und Ai am Dorfrand von Deir Dibwan liegt.
Auf der 2 km langen Strecke zwischen den Orten liegt ein Hügel, 860 m ü. NN, oben felsig, unten mit Oliven bepflanzt. Hier weht meistens der Wind und selbst im Hochsommer braucht man hier abends manchmal eine Strickjacke und Socken. Im Winter kann hier Schnee fallen und es ist nie besonders gemütlich. Aber man kann weite Teile des Landes sehen: im Westen das Mittelmeer, im Osten den Jordangraben und das Gebirge Moab, im Norden die Hügel Samariens und mit Glück den Hermon, im Süden die Höhen Judäas. Abraham hat sich einen Hügel am Nabel des Landes als Zeltplatz ausgesucht, baut einen Altar und ruft den Namen Gottes aus. Er verkündet Gott an dieser Stelle, wo er viel vom Land sieht und wo ihn viele Bewohner des Landes sehen können.
Anschließend geht es auf der Bergstraße weiter Richtung Süden. Die Landschaft bleibt ähnlich – Olivenhaine und Weinberge in Terrassen, undurchdringliche mediterrane Buschwälder mit immergrünen Eichen. Nach 20 km kommt er an Jerusalem vorbei. Der Bibeltext geht nicht darauf ein, aber wir wissen, dass die Stadt schon existierte. Abraham ahnt noch nicht, dass er unweit von hier seinen künftigen Sohn wird opfern wollen. Noch 8 km und er kommt an Bethlehem vorbei, ohne sich vorstellen zu können, dass dort 730 Jahre später der wichtigste König des Volkes, das aus seinem Samen entstehen wird, geboren werden wird. Aus den Hochlagen kann er das Tote Meer in der Wüste unten sehen. 25 km weiter südlich kommt er in Hebron an. Hebrons zweiter Name erzählt etwas über die Landschaft, Alonei Mamre, dt. »Mamre-Eichen«. Heute umgeben viele Weinberge die Stadt, ursprünglich gab es hier einen Taboreichenwald mit großen Abständen zwischen den Bäumen. Taboreichen sind den Korkeichen, die du vielleicht eher aus Südeuropa kennst, sehr ähnlich.
Südlich von Hebron verändert sich die Landschaft. Es gibt immer weniger Bäume und immer mehr Felsen. Die Landschaft wird gelblich und trocken. Quellen gibt es praktisch keine mehr, dafür mehr Zisternen, die das Leben hier ermöglichen. Statt in Dörfern leben hier viele als Nomaden. Bis heute leben in diesem Gebiet Menschen in Höhlenwohnungen mit kleinen, steinigen Äckern davor. 25 km hinter Hebron fällt das Gelände steil ab. Es öffnet sich ein weiter Blick auf die Beerscheba-Ebene in der Wüste. Vor dem Abstieg bleiben Abraham und Sara bestimmt kurz stehen und müssen die Augen mit der Hand abschirmen, um von der Sonne im Süden nicht geblendet zu werden. Am Nachmittag weht der Westwind und bringt Haare und Kopfbedeckungen in Bewegung. 17 km vor ihnen liegt Beerscheba, das zu einer ihrer zentralen Wohnstätten werden wird. Von dort führt der Weg weiter nach Ägypten. Wegen einer Hungersnot werden sie bald selbst auf diesem Weg reisen.
Die Durchquerung des Negev und des Sinai auf dem Weg zum Nil ist logistisch eine echte Herausforderung. Heiß, kaum Bäume, kaum Menschen und das Schlimmste – kaum Wasser. Man ist auf Hilfe angewiesen. Von Beerscheba bis zum Nil sind es 420 km, für die man ohne Pausentage gute zwei Wochen braucht. Aber wenn die Alternative das Verhungern ist, lohnt sich der Aufwand.
Für Abraham und Sara hat es sich mehr als gelohnt. Vor Ägypten waren sie reich, nach Ägypten sehr reich (Genesis 13,2). Und gleich beginnen die Wohlstandsprobleme. Abraham und sein Neffe Lot entscheiden sich für eine Trennung. Die Entscheidung fällen sie auf dem Hügel zwischen Bethel und Ai, wo sie schon einmal lagerten und einen Überblick über Kanaan hatten. 30 km südöstlich und 1 250 m tiefer sieht Lot den Jordankreis mit den Städten Jericho und Sodom.
Dort will Lot hin. Warum? In der Senke tritt Grundwasser durch geologische Risse auf und sorgt für ganzjährig sprudelnde Quellen. Diese Quellen schaffen Oasen, eine von ihnen ist Jericho. Bis heute nutzen hier Menschen das Wasser und bauen Datteln, Bananen, Papayas, Zitrusfrüchte, Melonen und Auberginen an. Wärme und Wasser zusammen schaffen paradiesische Zustände.