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Der letzte Spross (4) – Die Suche

Erwähnte ich schon, dass meine Mutter von Sternzeichen Widder war? Immer mit dem Kopf durch die Wand, bockig bis zum geht nicht mehr! Man könnte sie auch als konsequent und sich selbst treu bezeichnen, wenn man es positiv ausdrücken wollte. Als Kind und Jugendliche hatte ich oft schwer unter ihren unumstößlichen Prinzipien zu leiden.

Seltsam, dass man als Erwachsener den Freiheitsdrang der Jugend so völlig aus dem Blick verliert. Dabei hat sie selbst damals – vom Gängelband ihrer vermeintlichen Mutter losgerissen – die Sommerwochen im Cottage als ihre aufregendsten und schönsten bezeichnet. Trotz des bitteren Endes.

Als ich vierzehn wurde, enthüllte sie mir endlich, wo ich gezeugt worden war und überreichte mir dazu feierlich ihre Reisenotizen. Sie fand wohl, dass ich nunmehr ein Alter erreicht hatte, in dem man über „solche Sachen“ sprechen konnte. Nicht, dass meine Mutter in dieser Hinsicht verklemmt gewesen wäre, keineswegs. Sie lief oft halb nackt durch die Wohnung, betrachtete im Spiegel eingehend ihre Brüste und stellte sich dann seitlich davor, um ihren eingezogenen Bauch zu begutachten. Als in den 70ern die sogenannten Flitzer unterwegs waren, erfreute sie sich an dem schwingenden und wippenden „Gehänge“ beiderlei Geschlechts. Sie trug außerhalb des Büros Mini-Röcke und es gefiel ihr, wenn die Männer hinter ihr her pfiffen – zu Recht, denn ihre langen schlanken Beine machten selbst Barbie Konkurrenz. Trotzdem ließ sie nie einen an sich heran. Als Mutter eines unehelichen Kindes – damit war ich gemeint – habe sie Rücksicht auf dieses zu nehmen. Sie wolle beweisen, dass man auch außerhalb der Institution Ehe ein anständiges Leben mit Kind führen könne. Dazu bedürfe es keines Kerls an ihrer Seite. Punkt!

Sie verstand nicht, warum ich plötzlich meinen Vater kennenlernen wollte.

Wieso plötzlich? Gefragt hatte ich immer schon nach ihm – er lebe doch noch?

Oh ja, und ob!

Das kam regelmäßig mit einem solch verächtlichen Schnauben, dass ich mir ihn immer als Hallodri vorstellte, der jede Woche eine Neue durchs Bett zog.

Was denn dann dagegenspräche?

Wir kommen ohne Männer aus. Punkt!

Der Wunsch, meinen Vater kennenzulernen, wurde in den folgenden Jahren immer größer – nun, da ich durch die Reisenotizen meiner Mutter eine genauere Vorstellung von ihm bekommen hatte. Natürlich begann ich ihn zu idealisieren. Meine Mutter schimpfte mich „vaterverrückt“ und spielte die Beleidigte. Sie habe sich aufgeopfert für mich und das sei nun der Dank.

Ich hätte sie nicht darum gebeten. Nur weil sie ohne Vater aufgewachsen sei, müsse ich es doch noch lange nicht …

Den Punkt setzte sie diesmal in Form einer Ohrfeige. Wütend knallte ich die Zimmertür hinter mir zu.

In jenem Jahr – ich war gerade sechzehn geworden – beschloss ich, in den Sommerferien nach England zu reisen, ob es ihr nun passte oder nicht Ich würde meinen Vater dort schon ausfindig machen. So viele Palace Hotels in der Nähe von Folkestone konnte es nicht geben.

Gab es auch nicht. Es gab nämlich kein einziges!

Ich war, abgesehen von der Fähre, per Anhalter gefahren. Meine Mutter kam um vor Angst, dass ich einem Vergewaltiger in die Hände geriete, ließ alles stehen und liegen und reiste mir hinterher.

Sie fand mich unten am Strand. Wie, wird mir auf immer ein Rätsel bleiben. Sie hockte sich schweigend zu mir auf den Stein, auf dem ich saß, und schlang sich ihr Halstuch um den Kopf. Gemeinsam sahen wir den Wellen zu, die am Felsen zerschlugen.

Als das Tageslicht zu schwinden begann, erhob sie sich und deutete auf eine Stelle unterhalb der Klippen. „Dort“, war alles, was sie sagte.

Ich verstand sofort. Der romantische Ort rührte mich.

Warum sie mir dies nicht schon viel früher erzählt habe? Was sei denn dabei?

Da bekam ihr Gesicht einen gehetzten Ausdruck.

Mein Herz zog sich vor Schreck zusammen. O Gott, war sie etwa vergewaltigt worden? Das würde zumindest erklären, dass sie sich so rigoros weigerte, über meinen Vater zu sprechen.

Dass er Percy heißt, schlussfolgere ich nur aus ihren Reisenotizen; mir gegenüber hatte sie den Namen nie erwähnt. Was mag er ihr bloß angetan haben, dass ihre amouröse Begegnung darin unerwähnt blieb?

Entschuldige, Mama, flüsterte ich und senkte beschämt mein Gesicht. Ich wolle keine alten Wunden aufreißen. Es sei egoistisch von mir, darauf zu bestehen …

Nun seien wir schon einmal hier, und ich würde ja ohnehin sonst keine Ruhe geben, seufzte sie und stieg den Klippenweg wieder empor. Ich hätte ja recht, gab sie keuchend zu, als wir oben ankamen, es sei nicht fair, mir den Vater vorzuenthalten, sie habe es nur zu meinem Schutze getan …

Was sie nicht ahnen konnte, war, dass genau dieser Satz meine Neugierde erst recht anstachelte. Ich musste wissen. Punkt!

Nicolae: An der Quelle - Band 7

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