Читать книгу Reisen ist ein Kinderspiel - Axel N. Halbhuber - Страница 12

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Das Drama ist: Sogar manche von diesen sagen Schade, dass er sich nicht daran erinnern wird.

Mir ist bis heute nicht klar, warum Menschen ihr Reiseverhalten ändern, wenn sie Eltern werden. Sie tauschen Rucksack gegen Koffer und abgelegene Pfade gegen ausgetretene Adriastrände. Sie wählen ihr Quartier plötzlich nach der Nähe zum Krankenhaus, assoziieren Sonne nicht mehr mit Auf- und Untergang, sondern mit Gefahr, vor der es sich zu schützen gilt: Hutkrempen in Übergröße mit Nackenlappen, Sonnenbrillen wie Autoscheinwerfer und Sonnencremen wie Dispersionsfarbe – unfassbar, was sich die Babyschutzindustrie einfallen lässt. Die Früher-Reisende-jetzt-Urlaubseltern empfinden Entdeckungen als gefährlich und Unplanbares als russisches Roulette. Sie werden zu jenen »anderen«, die ihnen immer fremd waren. Trotzdem machen sie sich so inbrünstig über Helikoptereltern lustig, dass sie vollkommen übersehen, wie sehr sie über ihren eigenen Kindern kreisen. Zwischen »Man muss Kindern ja Freiräume geben« und »Schatzi, nicht in den Sand greifen, da haben die Krebse Lulu gemacht« passt oft nicht einmal ein Atemzug. Wo kann man Selbstreflexion eigentlich abschalten?

Schade, dass sich die Kinder daran nicht erinnern werden, wenn sie Kinder haben.

Ich kann mir dieses Verhalten nur damit erklären, dass heute zwar fast alle ein Kind wollen, aber erst »irgendwann«. »Irgendwann« sei, sagen sie auf Nachfrage, nach »Karriere/etwas aufbauen« und »noch ganz viel reisen«. Das geht sich bis »irgendwann« eh nie aus, weil die Karriere einem nie mehr als zwei Wochen am Stück freigibt. Aber doch reicht es, um die Überzeugung zu festigen, dass pränatales und postnatales Reisen sich grundsätzlich voneinander unterscheiden müssen. Peru-Rundreise mit Höhepunkt Machu Picchu davor, Jesolo-Woche mit Highlight Rieseneisbecher danach.

Das ist Unsinn. Weil Kinder nicht nur kein Problem beim Reisen sind, oder sagen wir, nicht mehr als ein eingewachsener Zehennagel: Auf den muss man bei der Planung auch Rücksicht nehmen und das große Annapurna- Trekking wird man vielleicht auf die Zeit nach der Heilung verschieben. Kinder sind sogar besser als der Zehennagel: Sie sind die besseren Reisenden. Weil sie nicht eine Liste von Sehenswürdigkeiten abarbeiten, die ohnehin aussehen wie die Bilder in unseren Köpfen. Sie denken sich in Pisa nicht »Der Turm ist ja wirklich schief« und in New York nicht »Bumm, ist die Statue klein«. Sie erwarten nichts, sie erleben es. Nehmen Gerüche auf, Klänge, das Gesicht eines Fremden, den Geschmack einer Speise. Sie reisen im Moment und für das Gefühl. Von Gefühlen kann man noch zehren, wenn Urlaubsfotos in Schubladen und auf Festplatten verrotten.

Denn ganz ehrlich: Wenn ich nach Ihrem schönsten Reisemoment frage, müssen Sie da im Album nachschauen?

Reisen ist ein Kinderspiel

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