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Die außerordentliche Risikofreude der Banken vor der Krise

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Die beschriebenen Risiken sind charakteristisch für das spezielle Geschäft von Banken und deshalb zu einem gewissen Grad unvermeidlich. Beeinflussbar ist aber das Ausmaß, das diese Risiken im Verhältnis zum Nutzen für die Allgemeinheit annehmen. Hier war vor der Krise ein eindeutiger Trend feststellbar: Die Risiken im globalen Bankensystem wurden in den letzten Jahrzehnten permanent ausgebaut und erreichten vor der Krise ein aus heutiger Sicht inakzeptables Niveau. Dies betraf im Wesentlichen alle relevanten Risiken, die wir oben angesprochen haben.

Am deutlichsten erkennbar war die gestiegene Risikofreude an der massiven Ausdehnung des leverage, also der Verschuldung der Banken. Wir können dies am Beispiel der beiden Schweizer Großbanken (UBS und Credit Suisse Group) in Abbildung 5 erkennen. Gezeigt wird hier – als Durchschnitt der beiden Banken – die Entwicklung des Eigenkapitals im Verhältnis zur gesamten Bilanz. Je tiefer dieser Anteil ist, desto stärker ist die Bank verschuldet. In den Nachkriegsjahren sank diese Kennzahl rasch von 10 auf gegen 5 Prozent; auf diesem Niveau verharrte sie dann während mehrerer Jahrzehnte bis Mitte der 1990er-Jahre. In der Boomphase vor der Krise wurde der Verschuldungsgrad dann aber noch einmal deutlich erhöht, sodass das Eigenkapital gerade noch etwa 2 Prozent der Bilanzsumme ausmachte. Das bedeutete, dass 98 Prozent der Aktiven der Banken mit Fremdkapital finanziert waren – eine wahrlich riskante Situation.

Für die Aktionäre der Banken war diese Ausdehnung der Verschuldung sehr attraktiv, da mit dem steigenden leverage die erzielbare Eigenkapitalrendite steigt. Die folgende Box erläutert diesen wichtigen Zusammenhang. Im Vorfeld der Krise konnten Banken nicht zuletzt auch wegen der Deregulierung der Finanzmärkte in vielen Ländern die Verschuldung noch einmal stark ausdehnen.5 Entsprechend hoch waren folglich auch die Renditen der Bankaktien in den Jahren vor der Krise. Und entsprechend explosiv waren auch die Risiken.

Die Ausdehnung der Verschuldung ist aber nur ein Aspekt der gestiegenen Risiken. Wichtig war auch, dass die Expansion vor der Krise sehr stark durch kurzfristige Kredite bei anderen Banken finanziert wurde. Dies bedeutete einerseits, dass diese Kredite laufend wieder erneuert werden mussten, und andererseits, dass die Risiken der Banken sehr stark miteinander verknüpft waren. Die Schieflage bei einer Bank führte zugleich auch zu einem hohen Verlustrisiko bei den anderen Banken, welche Schuldpapiere der angeschlagenen Bank als Aktivposten in ihren Bilanzen hatten. Und als wäre dies nicht schon genug, gingen die Banken gleichzeitig ein hohes Liquiditätsrisiko ein, indem die liquiden Mittel auf Kosten von Investitionen in Wertpapieren reduziert wurden, um vor allem mit dem Eigenhandel die Rendite weiter zu steigern.

Angesichts dieser Situation ist es kaum erstaunlich, dass Banking in den Jahren vor der Krise eine Goldgrube war. Kaum je waren die Wachstumsraten und die Renditen so hoch, und die great moderation ließ die eingegangenen Risiken als gar nicht so bedrohlich erscheinen. Tatsächlich glich aber das Bankensystem im Vorfeld der Krise einem Pulverfass.

Abbildung 5


Quelle: Schweizerische Nationalbank (SNB)

Wirtschaftskrise ohne Ende?

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