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[9] 1 Einleitung

1.1 Was will dieses Buch, und was kann es?

Dieses Buch zu lesen ist besonders dann eine gute Idee, wenn Sie als Wissenschaftler oder Wissenschaftlerin bislang noch nicht veröffentlicht haben. Durch das Aufgreifen der Verlagsperspektive werden Sie aber auch auf Neues stoßen können, wenn Sie bereits ein „alter Autoren-Hase“ sind.

Die Hochschulausbildung setzt zunehmend auf die Vermittlung von Schlüsselkompetenzen, sodass es Fortbildungsangebote in den Bereichen von wissenschaftlichem Arbeiten, von Rhetorik, Präsentation und so weiter gibt. Auch Veranstaltungen und Schulungen im Bereich des wissenschaftlichen Publizierens mehren sich. Und das aus gutem Grund.

Sie fragen sich vielleicht: „Muss ich als Wissenschaftlerin oder Wissenschaftler etwa über das Urheberrechtsgesetz oder das Ladenpreisbindungsgesetz Bescheid wissen? Und was soll ich mit den Korrekturzeichen? Ich will ohnehin bloß in englischsprachigen Zeitschriften publizieren – was schert mich da die Verlagsperspektive auf Bücher, noch dazu gedruckte Bücher? Die gibt es doch ohnehin bald nicht mehr! Was also kann in diesem Büchlein stehen, was ich nicht schon weiß oder gar nicht wissen will? Kalkulationen, Lizenzverträge, Open Access, Bibliothekspakete, Verramschen, Makulatur, PR-Aktionen – das hat doch alles nichts mit mir zu tun. Ich will doch nur mein Buch publiziert wissen. Und der Verlag oder die Redaktion sollen alles tun, was es dazu braucht.“

Doch wie genau ist die Aufgabenverteilung zwischen Autor*innen und Verlag bzw. Redaktionen geregelt? Und woher sollten Sie als Wissenschaftler*in wissen, welche Texte, Grafiken, Abbildungen Sie ohne Probleme nochmals als Zeitschriftenaufsatz veröffentlichen können, wenn das Ganze bereits als Buch publiziert worden ist? Oder gibt es Umstände, die eine Veröffentlichung als Zeitschriftenaufsatz sinnvoller erscheinen lassen? Was darf auf eine Internetseite? Und wie finden Sie überhaupt einen geeigneten Verlag? Gibt es da Unterschiede? Nach welchen Kriterien [10] beurteilt man dort Ihr Manuskript? Wie funktionieren Open-Access-Publikationen?

Diese Fragen machen den Raum auf, in dem dieses Buch sich bewegt. Das Buch erzählt vom wissenschaftlichen Publizieren aus Verlagsperspektive. Sie als Autorin oder Autor werden eingeladen, das Büchermachen aus Sicht der Büchermacher zu betrachten; Publikationen in Zeitschriften nehmen wir auf dieser Reise ebenfalls mit. Wenn Sie Ihr erstes Buch oder Ihren ersten Zeitschriftenaufsatz veröffentlichen wollen, können Sie froh sein, Leute mit Expertise, Erfahrung und Engagement an Ihrer Seite zu wissen, denn es gibt in diesem Bereich so viel, von dem Sie nicht einmal wissen, dass Sie danach fragen könnten, wenn Sie nicht bereits davon gehört haben – wie z. B. der Abschluss eines Wahrnehmungsvertrags mit der VG Wort.

Leider sind auch die Betreuer*innen an den Hochschulen nicht immer ausreichend über alles informiert. Manche pflegen eigene Buchreihen in einschlägigen Verlagen und möchten ihren Nachwuchs dort hinschicken. Das ist häufig sinnvoll, manchmal nicht. Manche Betreuer*innen empfehlen in ihren Gutachten dringend die Publikation von Arbeiten, vor denen ein Verlag dann möglicherweise ratlos steht, da er sie aus Gründen der Programmpflege oder der betriebswirtschaftlichen Kalkulation nicht publizieren kann. Und häufig sind Professor*innen in den Post-Bologna-Zeiten in der Hauptsache neben der Lehre mit der Verwaltung der Hochschulen und dem Ausstellen von Beurteilungen derart beschäftigt, dass eine Betreuung von Nachwuchswissenschaftler*innen auf dem Weg zur Autorenschaft schwer zu gewährleisten ist. Zudem ist das zahlenmäßige Verhältnis von Lehrenden zu Studierenden vielerorts deprimierend.

So versteht sich dieses Büchlein als Handreichung, um rasch und übersichtlich in eine Welt einzuführen, die Autor*innen häufig als eine Mischung aus Behörde, Bank und Freundeskreis, als Black Box und Familie zugleich wahrnehmen.

Viele Bereiche sind ausgespart, viele nur eben gestreift. Es gibt bereits Einführungen ins Verlagswesen (Schönstedt 2010; von Lucius 2014), Überblicke und Einführungen ins Vertragsrecht und Urheberrecht (Schulze 2009) etc.pp. Auch gibt es zuhauf Einführungen ins wissenschaftliche Arbeiten (Boeglin 2012) bzw. Schreiben (Scherübl/Günther 2015; Scheuermann 2016; Dreyfürst u. a. 2014; Esselborn-Krumbiegel 2014) sowie Handreichungen für die Bereiche Lektorat (Fetzer 2015; [11] Schickerling u. a. 2012) und Typografie (Willberg/Forssman 1999 und 2010). Und wenn das eine oder andere Sie besonders interessiert, sollten Sie vertiefende Literatur konsultieren. Die Liste am Ende dieses Buches ist sehr kurz. Sollten Sie weitere Literaturtipps wünschen, fragen Sie mich:

barbara.budrich@budrich.de.

Insgesamt ergibt sich ein kleiner Ritt durch die Welt der Wissenschaftsverlage, nicht allumfassend, jedoch als Einladung, diesen Perspektivwechsel für die eigene Sache zu nutzen. Die Transparenz, die hier angestrebt wird, möge dazu führen, dass die Kommunikation zwischen Verlag und Autor*innen eine breitere und sicherere Vertrauensbasis erhält. Wenn Sie etwas nicht wissen, wenn Ihnen etwas merkwürdig vorkommt – fragen Sie! Das ist hoffentlich eine Konsequenz, die sich für Sie aus der Lektüre dieses Büchleins ergibt.

Einige Dinge, mit denen „alte Autoren-Hasen“ sich bereits abgefunden haben, können Ihnen hier unter anderen Vorzeichen begegnen, und das „Aha“, das sich beim Lesen einstellt, führt möglicherweise zu neuen Fragen, die neue Projekte oder andere Verwertungsmöglichkeiten ergeben. Oder Sie nehmen ganz erschrocken die PDF-Datei Ihres Buches von Ihrem Server, weil der Verlag der kostenlosen digitalen Veröffentlichung des Projekts nicht zustimmen kann. Oder Sie organisieren eine neue Printing-on-Demand-Möglichkeit für Ihr längst vergriffenes Erstlingswerk.

Fachverlage sehen sich im digitalen Zeitalter mit einem rasanten Wandel konfrontiert. Daher ist dieses Buch im Augenblick des Erscheinens möglicherweise bereits veraltet, z. B. was die Gesetzeslage im Hinblick auf die digitale Zweitverwertung von Büchern angeht. Wer weiß, welche Nutzungsarten in den nächsten Jahren entwickelt werden? Und wie der Gesetzgeber sich in Sachen Urheberrecht weiter verhält? Und wie sich Verkaufs- und Absatzzahlen von gedruckten Büchern weiter entwickeln, wenn die meisten Wissenschaftler*innen in Zeitschriften veröffentlichen? Oder was passiert, wenn die Karawane sich von den Zeitschriften verabschiedet und wiederum weiterzieht?

Das Buch geht von den Gepflogenheiten der Fachbereiche der Sozial-, Erziehungs- und Geisteswissenschaften aus. In den Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, aber vor allem in den Naturwissenschaften gelten z.T. andere Regeln, sind andere Dinge wichtig. Zum Publizieren in [12] den Naturwissenschaften, das sich sehr stark auf englischsprachige Zeitschriften und Server konzentriert, gibt es eine Reihe von Publikationen, die im Internet rasch zu finden sind (z. B. Ebel/Bliefert/Greulich 2006).

1.2 Der Ordnung halber

Das Buch ist in vier Teile gegliedert. Der erste Teil widmet sich der Verlagsperspektive. Hier werden Anliegen und Kriterien des Verlages so dargestellt, dass sie verständlich und nachvollziehbar werden. Dabei werden nach einem kurzen Blick auf Thema und den „Nasenfaktor“ zunächst Bücher aus betriebswirtschaftlicher Sicht kategorisiert und ihre Verkäuflichkeit in den Vordergrund gerückt.

Da auch in unseren Wissenschaften das Publizieren in Zeitschriften wichtiger geworden ist, diskutieren wir diesen Aspekt ebenso wie die Besonderheiten von Dissertationspublikationen.

Welche Möglichkeiten Autor*innen haben, Druckkostenzuschüsse einzuwerben, wird mit der Frage verknüpft, wann und warum solche Subventionen überhaupt ihre Berechtigung haben. Open Access, aber auch dem internationalen Publizieren und Übersetzungen sind eigene Kapitel gewidmet.

Teil II beschäftigt sich mit redaktionellen und typografischen Fragestellungen. Immer wieder geht es im Bereich der redaktionellen Arbeit um Vereinheitlichung und Struktur als oberste Kategorien; Verständlichkeit und Vermittlung sind die Hauptanliegen. Dies spiegelt sich auch in den Anforderungen und Erläuterungen zu Gestaltungs-, also typografischen Fragen.

Der dritte Teil befasst sich mit der Kommunikation und Interaktion zwischen Autor*innen und Verlag – wie schätze ich meine Zielgruppe realistisch ein, wie präsentiere ich mein Manuskript, welche Verhandlungsspielräume sind bei der Gestaltung von Verträgen wichtig, und wie läuft die Kooperation mit dem Lektorat.

Der vierte Teil nimmt die losen Fäden der vorangegangenen Kapitel auf und verbindet sie zu einem Ganzen – dabei steht immer wieder die Kommunikation zwischen Autor*innen und Verlag im Zentrum.

Knapp und unterhaltsam leistet dieser Band so einen Beitrag zu einem besseren und transparenteren Miteinander.

1.3 Was nicht geht

[13] In diesem Buch sind Jahrzehnte Berufserfahrung geronnen, überzogen mit einer feinen Glasur aus vielen Workshops und Vorträgen zum Thema „Wissenschaftliches Publizieren“ – für Graduiertenkollegs, auf Konferenzen und Kongressen sowie bei weiteren mehr oder weniger unterhaltsamen Gelegenheiten im deutschsprachigen Raum, in Europa und darüber hinaus wie z. B. in Südafrika und Chile, allein oder mit Kolleg*innen aus Deutschland und der Welt.

Meine Erfahrungen zeigen vor allem eins: Fehler gehören zum Geschäft. Machen Sie uns auf Dissonanzen, falsche Konkordanzen, schlichte Rechtschreibfehler und grobe Lücken aufmerksam. Wir möchten gern (noch) besser werden.

Jede Publikation ist anders, jedes Projekt ist einzigartig. Wenn Sie Ihre ureigene Fragestellung hier nicht angesprochen finden, wenn Sie Fragen haben, die tiefer in die Materie einzudringen notwendig machen: Wenden Sie sich gern an uns! (Auch wenn Sie vorhaben, in einem anderen Verlag zu publizieren, oder unsicher sind, ob Sie überhaupt veröffentlichen möchten.)

Nicht alle Fragen können hier erschöpfend beantwortet werden, und viel Material habe ich mit Absicht nicht in dieses Büchlein aufgenommen. So gibt es im Internet Weiteres unter blog.budrich.de/erfolgreichpublizieren/ und die Möglichkeit, sich zu äußern und Fragen zu stellen. Vielleicht hat die 4. Auflage dieses Buches als Folge aus Ihren Fragen noch hundert Seiten mehr … Kontaktieren Sie mich gern per E-Mail unter

barbara.budrich@budrich.de.

Erfolgreich Publizieren

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