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Kapitel 6

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Andi landete am Samstag Abend in München. Bis er in Aachen ankäme, würde es sicher spät werden. Mir ging es nicht so gut, die schlaflosen Nächte und die Unterkühlung vom Vortag auf dem Hundeplatz steckten in meinen Knochen. Ich legte mich früh ins Bett, da ich wach sein wollte, wenn Andi kam.

Ping!

Andi:

Gelandet

Ich:

Yippie! Ich freu mich auf dich! Wann denkst du , dass du kommst?

Andi:

2300

Ich:

Wenn ich schlafe, weck mich bitte!

Andi:

Mach ich. Ich freu mich auch!

Als Andi vor dem Haus war, war ich schon wach, geweckt durch das klackernde Geräusch seines Rollkoffers auf der Straße und Shannons Bellen, die dieses Geräusch genauso gut kennt wie ich. Nur Easy weiß es noch nicht zu deuten. Ich hörte die Haustür. Ich war sofort munter. Mein Bauch kribbelte nicht nur, er vibrierte. Hey! Seit mehr als zehn Jahren ist Andi immer wieder wochenlang weg. Es ist reine Routine, dass er nach Hause kommt. Nein, heute nicht. Ich hatte Herzklopfen. Natürlich war ich aufgeregt, weil ich wusste, dass ich ihm etwas zu sagen hatte, aber auch, weil ich ganz furchtbar dringend mit ihm schlafen wollte. So nötig habe ich es schon lange nicht mehr gehabt.

Er grinste, als er ins Schlafzimmer kam, gab mir zuerst einen Kuss, den ich intensiv erwiderte, was schon an sich Bände spricht, jedenfalls für ihn. Ich küsste ihn schon lange nicht mehr intensiv, halt nur, wenn ich besonders erregt war, was ich aber im Normalfall, also ohne triftigen Grund, eben nicht bin. Danach begrüßte er die Hunde, damit sie Ruhe gaben und legte sich dann zu mir.

Wir unterhielten uns nur kurz, bevor ich nach einem ebenso kurzen Vorspiel sehr schnell die Initiative ergriff und mich einfach auf ihn setzte. Ich genoss seinen Körper, sein Glied und leerte meinen Kopf. Restlos. Kein wirrer Gedanke mehr. Ich fühlte nur noch. Das tat gut. Ich küsste ihn. Ohne auch nur ein einziges Mal ein richtiges Wort zu denken.

Ich weiß nicht, wie das bei anderen ist. Ich kann nur für mich sprechen. Ich denke immer. In der Regel in deutscher Sprache mit richtigen Worten, situationsabhängig kann ich auch Bilder denken und fühlen tu ich in der Regel gleichzeitig. Dieser Geschlechtsverkehr war der erste seit vielen Jahren, der nicht von Bildern oder Worten in meinem Hirn geführt oder abgelenkt war. Es gab nur Andi, mich und dieses wunderbare Gefühl, das meinen Körper leitete. Mal auf, mal ab, mal langsam, mal schnell, mal inne halten. Ich konzentrierte mich auf einer Gefühlsebene auf Andi, ohne zu denken, was ich tue. Andi genoss seinen Höhepunkt sichtlich, murmelte irgend etwas von “das tut so gut” und “unglaublich”. Ich selbst blieb zwar orgasmusfrei, wurde aber dennoch befriedigt. Das Gefühl, unbefangen und frei mit ihm geschlafen zu haben, war für mich nach meiner Dauererregung der letzten Tage tatsächlich genug. Sein Höhepunkt brachte mir Erregung und Zufriedenheit zur gleichen Zeit.

Ich schmiegte mich an ihn, fühlte wie der Samen aus mir lief und presste mich noch fester an ihn. Andi fragte mich: „Was ist los? Hast du Drogen genommen?” „Keine Drogen”, ich lachte, nun doch etwas verschämt, „aber ich habe dir etwas zu erzählen.” „Ach, ich weiß, du hast dich verliebt!”

Ich wusste genau, dass Andi wissen wird, was mit mir los war, wenn wir solchen Geschlechtsverkehr hatten. Er kennt mich, seit mehr als dreißig Jahren.

Ich musste herzlich lachen, stammelte aber trotzdem: „Ja, ...nein, ...ich weiß nicht genau, ...ja doch!” Und dann erzählte ich ihm die ganze Geschichte bis hier. Vom Texten mit Philipp, angefangen mit harmlosen Hundegeschichten bis hin zu intensiven Gesprächen, die unter die Haut gehen. Ich versicherte ihm, dass ich ihn nicht noch einmal so verletzen wolle, wie damals, dass ich ihn nicht betrügen werde und vor allem niemals anlügen. „Du kannst mir vertrauen, immer!” Ich liebe ihn, nur ihn, aber das Prickeln wollte ich genießen.

„Barbara, ich bin glücklich, wenn du glücklich bist. Als du mich damals mit Matthias betrogen hast, war ich verletzt, habe dir aber das Glück gegönnt und dein Strahlen genossen. Ich will nicht sagen, dass ich jetzt froh bin, dass du dich verliebt hast, aber ich bin froh, dass es dir scheinbar gut geht. Du strahlst wieder. Mich macht nur traurig, dass ich nicht weiß, wie ich solche Reaktionen in dir auslösen kann.”

So wie ich wusste, dass Andi wissen würde, was mit mir los war, wusste ich auch, wie er reagieren würde. Nämlich genau so!

Ich liebe ihn!

Ich versicherte ihm, dass zwar die Gespräche mit Philipp und das Verliebtsein meinen Zustand ausgelöst hatten, aber das Gefühl ihm gegenüber, als ich gerade mit ihm schlief, nichts mit Philipp zu tun hatte. Ich habe nur mit Andi geschlafen, ohne irgendwas anderes im Kopf zu haben.

Wir unterhielten uns eine Weile. Als er aufs Klo ging, guckte ich kurz ins Handy. Philipp hatte Bilder von dem Hund eines Freundes geschickt und dass er an mich denkt. Er wollte wissen, wie es geht, und ob ich es ihm schon gesagt hätte. Ich antwortete nicht. Nachdem Andi aus dem Bad kam, schlief ich ein weiteres Mal mit ihm. Danach schlummerte er selig ein. Er war todmüde, war ja schon ewig auf den Beinen. Ich war putzmunter. Es war inzwischen viertel nach eins.

Ich nahm mein Handy und tippte.

Ich:

Hier ist alles bestens. Andi hat mich gefragt , ob ich Drogen genommen hätte. Gri ns! Dann hab ich ihm alles er zählt. Er ist erstaunlich. Aber das wus ste ich ja vorher. Urvertrauen! Ich fühl mich richtig gu t jetzt, er schläft! Verdient! Selbst wenn es nicht nur Worte gewesen wären, die wir ausge tauscht hätten.

Bin jetzt total wach, kein Wunder, hab ja zweimal tags geschlafen und bin total aufgekratzt jetzt. Kopfschmerzen sind noch da, aber di e stören mich jetzt gar nicht. Wie war euer Abend? Oder ist noch?

Als du vorhin getippt hast, dass du an mich denkst, hab ich mich gefreut. Komischer Film, in dem wir hier sind. Und irgendwi e kommt mir alles richtig vor.

Gute Nacht!

Komischer Film. Es war kein Film. Es war eine Geschichte und ich schrieb sie, dadurch, dass ich sie lebte und in ihr die Entscheidungen fällte. Nicht nur ich! Das ist klar. Die Entscheidungen der anderen konnte ich nicht beeinflussen, sie schrieben meine Geschichte aber genauso mit.

Ich schlief nicht. Ich dachte! In dieser Nacht entstand Variation 6 der Buchstabenaffäre und damit der Wunsch, dem Prickeln einfach nachzugeben. Ich verlor die Kontrolle, indem durch bloße Gedanken in meinem Kopf sich alles irgendwie komplett verselbständigte.

Variationen einer Buchstabenaffäre

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