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AN DER PASSHÖHE – Wie eh und je treffen hier auf dem Kniebis wichtige Verbindungsstrecken über die Schwarzwaldhöhe aufeinander, schon seit dem Mittelalter oder womöglich sogar noch seit früheren Tagen wurde der Pass genutzt, knapp unter 1000 Meter (exakt: 970,80) liefen und laufen hier Wege aus Richtung Freudenstadt, Oppenau, Straßburg und Baiersbronn zusammen. Auch Grenzgebiet war die Höhe schon immer, der Dreiherrenstein erinnert an die früheren Territorien der Straßburger Fürstbischöfe, der Fürsten zu Fürstenberg und der württembergischen Herzöge, die hier unmittelbar benachbart waren. All das machte den Pass aber auch zu einem militärisch wichtigen Ort, der geschützt werden musste. Es war im Zuge des nach und nach auf dem Schwarzwald etablierten Linienbaus, der sich gegen Frankreich richtete, dass auch auf dem Kniebis mehrere Schanzenanlagen errichtet wurden, die sich am Bau barocker Festungsanlagen orientierten, aber das vor Ort vorhandene Material nutzen mussten, Steine waren rar, Holz und Erde dagegen in Massen vorhanden (ausführlicher dazu in Kapitel 33). Vorgänger der Alexanderschanze entstanden somit wohl bereits in den 1620/30er-Jahren, aufgefrischt wurde die Anlage 1674/1675 im Holländischen Krieg (siehe Kapitel 7), allerdings nur als gerade Bewehrung, um die Straße zu sperren. 1734 unter ihrem Namensgeber Karl Alexander von Württemberg folgte schließlich der aufwendigere Ausbau zur größeren Festungsanlage, die beiderseits der Straße aus drei sogenannten Redouten (quadratische Schanzen) und vorgelagerten Verteidigungswerken bestand, die alle in Richtung Westen ausgerichtet waren – im Rücken, wo Karl Alexanders Stammland Württemberg lag, war die Alexanderschanze offen. Als die Revolutionskriege ausbrachen, wurden die Anlagen erneut aufgerüstet, aber sie erwiesen sich als wenig tauglich, auf jeder Redoute stand nur ein Geschütz, die Mannschaften, obwohl einige Hundert Mann, waren schnell zusammengewürfelte Landmänner ohne große Erfahrung. Für die heranrückenden Franzosen stellten die Befestigungen auf dem Kniebis 1796 kein großes Hindernis dar. Nach der Eroberung nutzten sie die Alexanderschanze einige Zeit selbst und fügten nun auch im Osten Wälle hinzu, anschließend jedoch verfielen die Erdwerke und Gräben; sie sind aber noch immer sehr gut in der Landschaft um die Straßen und das Hotel zu erkennen.


Einsame Lagen machen Schutzvorkehrungen notwendig.

GASTFREUNDSCHAFT STATT FEINDSCHAFT – Auf der Passhöhe entstand nun erst mal statt des Fort Alexander ein Forsthaus. Der dortige Forstmeister nutzte die günstige Lage – die Schanzen versanken, aber die Straßen waren ja noch immer da –, um vorbeiziehende Fuhrleute zu bewirten sowie erste Wanderer und Sommerfrischler, die den Schwarzwald für sich entdeckten; seit 1866 bestand die Möglichkeit zur Einkehr. 1911 brannte die Gastwirtschaft ab, doch erfolgte 1915 ein Neubau, der weitaus mehr Glanz ausstrahlte und sich nun direkt an ein gut situiertes Publikum wandte, das den herben Charakter der Gegend liebte, aber nicht auf Komfort verzichten wollte. Schon der Name Kurhaus Alexanderschanze suggerierte Erholung, das frühe Vorhandensein von elektrischem Strom und fließendem Wasser – in der einsamen Berggegend alles andere als eine Selbstverständlichkeit – versprach einen entspannten Aufenthalt. Natürlich zahlte sich auch die Lage am Straßenknotenpunkt aus. Als gehobenes Haus mit 28 Fremdenzimmern existierte die Alexanderschanze bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs. Einquartierungen von Soldaten und später die Unterbringung ausgebombter Städter veränderten zunehmend den Charakter des einstigen Renommierhotels. In der unmittelbaren Nachkriegszeit etablierte sich zwar der Schwarzwaldtourismus neu, die großen Zeiten prominenter Besucher auf der Alexanderschanze waren allerdings vorbei.


Ausschank heute geschlossen. Und morgen und übermorgen auch …

LETZTE GÄSTE – Für den modernen Massentourismus, der nach Erlebnis und Unterhaltung lechzt, war das Kurhaus zu abgelegen, Naturliebhaberinnen und Wanderer waren die Gäste, die noch vorbeikamen, allerdings blieb das Hotel irgendwann sozusagen in der Zeit stehen, der Komfort wurde nun immer mehr etwas für rustikalere Gemüter, die solch einen überkommenen Charme bevorzugten. Noch immer betrieb die Familie des einstigen Forstmeisters das Haus, doch neigte sich seine Idee der Beherbergung vorbeikommender Passpassanten sichtbar dem Ende zu. 2015 war Schluss, die Alexanderschanze schloss. Das Land kaufte das Anwesen, große Pläne wurden für die Gebäude in den Raum geworfen, wieder war es die Lage, die für eine gesicherte Zukunft sprach: Hier am Rande des Nationalparks sollten Ranger einziehen, ein Wildpark war angedacht, ein Aussichtsturm und einiges mehr. Geschehen ist seitdem: nichts. Die Autofahrer, die direkt vor dem Gebäude vorbeisausen oder zum Einbiegen anhalten müssen, sehen ebenso wie die Wanderer, die hier noch immer zahlreich vorüberziehen, ein markantes Gebäude aus der Frühzeit des 20. Jahrhunderts, das mitsamt seinen Nebenbauten in einen Zustand des erkennbaren Verfalls überwechselt. Wieder einmal ist es die Lage, die der Alexanderschanze ihr Schicksal vorgibt: Das raue Klima der Schwarzwaldhöhe sorgt dafür, dass der architektonisch schöne Bau des einst geschätzten Kurhauses rapide an Glanz verliert.


Blieb in der Zeit stehen und steht noch immer, die Alexanderschanze.

Das besondere Erlebnis


Fast ähnlich häufig wie moderne Hotelfinden sich im Schwarzwald historische Klosterruinen – siehe unsere Kapitel 14, 19 und 31. Am wenigsten Überreste kann Kniebis aufweisen, einst als Kapelle an der Passstraße gegründet, entwickelte sich um 1270 in der dünn besiedelten Gegend erst ein kleines Franziskanerkloster, das später von Benediktinern übernommen wurde. 1513 brannte es ab, wurde aber wieder aufgebaut, nur um wenige Jahre später im Zuge der Reformation aufgelöst zu werden. Kloster und Kirche zerfielen, letztere wurde schließlich 1799 durch französische Soldaten endgültig zerstört. Geblieben sind nur ein paar gotische Mäuerchen inmitten von Kniebis-Dorf.

Lost & Dark Places Schwarzwald

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