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Ein paar Worte vorab

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23 Jahre im falschen Körper. 17 Operationen, um das zu ändern. Ein verflucht langer Weg. Aber ich bin ihn gegangen und angekommen. Nur das zählt!

Manchmal ist es gut, nicht zu wissen, was einem dabei alles passieren wird, denn sonst würde man sich gar nicht erst auf den Weg machen. An unexpected journey heißt der erste Teil der Herr-der-Ringe-Trilogie. Ich bin ein großer HdR-Fan, und dieser Titel könnte auch der Titel meiner eigenen Reise sein, die ich ohne Wenn und Aber angetreten habe. Frodo und seine Hobbit-Freunde müssen auf ihrer unverhofften Expedition größte Gefahren und böse Überraschungen meistern, sehen ihren ärgsten Feinden ins Gesicht und kämpfen um ihr Leben. Gleichzeitig erfahren sie, was Heimat, Freundschaft und Liebe bedeuten. Das ist meine Geschichte. Ich brauchte allerdings mehr als zwei Jahrzehnte, um mich überhaupt auf den Weg zu machen und zu meinen Wurzeln zu finden. Dabei wusste ich bereits als kleines Kind, dass ich im falschen Körper geboren war. Ich kam als Mädchen auf die Welt, fühlte mich aber immer als Junge. Für das, was ich war, hatte ich jedoch keinen Namen. Bis ich in einer TV-Sendung Chaz Bono, den Sohn der US-Sängerin Cher, sah. Ein Transmann. Als Mädchen geboren, zum Mann geworden. Da wusste ich endlich, was ich war. Endlich machten meine Zweifel, meine Einsamkeit, mein Zwiespalt einen Sinn. Wenn auch einen bitteren. »Als hätte der liebe Gott einen Sekundenschlaf gehabt, als bei dir das Geschlecht verteilt wurde«, sagt meine Mutter dazu.

Diesen Sekundenschlaf werde ich mein Leben lang ausbaden müssen. Aber das ist mir scheißegal. Heute bin ich frei und kann der sein, der ich bin. Ich arbeite als Model, Fitness-Coach, Unternehmer und Influencer und habe es als erstes Transgender-Model auf ein Men’s-Health-Cover geschafft. Klar macht mich das stolz. Es ist mein Zeichen an die Welt für mehr Toleranz.

Doch meine Offenheit hat mich auch angreifbar gemacht. Auf eine Art bleibt man eben immer verkehrt. Es heißt, wer im Rampenlicht steht, sollte sich in Acht nehmen. Wie bitte? Ich bin doch nicht diesen schweren Weg gegangen, um mich wieder zu verstecken oder zu verbiegen. No way! Ich erzähle meine Geschichte offen. Auch was sich hinter der großen Narbe am Arm verbirgt. In der Community ein No-Go. Dafür habe ich einen Shitstorm geerntet, galt als Verräter. Es gibt viele Transgender, die aus ihrer Biografie ein Geheimnis machen. Dürfen sie auch. Die meisten haben Angst, ihren Job und ihre Freunde zu verlieren, Angst vor Ausgrenzung. Das verstehe ich. Aber wenn wir nicht darüber reden, wird sich niemals etwas ändern. Schließlich ist es mein Körper. Da muss ich auf niemanden Rücksicht nehmen. Und mein zutiefst empfundenes Glück ist es, endlich als Mann leben zu können. Deshalb gab es für mich keine Alternative. Ich musste diese beschwerliche Reise unternehmen.

Wie Frodo habe ich dabei treue Gefährten an meiner Seite. Vor allem aber Gefährtinnen. Die Frauen in meinem Leben – meine Mutter, meine Tante, meine Omma, meine Ex-Trainerin und meine Freundinnen – haben mich unterstützt und mir immer wieder Mut gemacht. Ohne sie wäre ich noch einsamer gewesen …

Dieses Buch ist kein Ratgeber. Ich erzähle einfach meine Geschichte, weil ich mir damals genau so ein Buch gewünscht hätte. Es hätte mir die Augen geöffnet, viele meiner Fragen beantwortet. Natürlich muss jeder Mensch seinen eigenen Weg finden. Es gibt ja nicht nur die eine Wahrheit. Aber wenn du betroffen bist, dein Kind oder ein Freund, dann tretet die Reise an, findet Gefährten, seid mutige Begleiter.

Euer Ben

Endlich Ben

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