Читать книгу Die Emanzipation des Mannes - Bernd Hensel - Страница 8
Verliebtheit
ОглавлениеVon der Liebe zu sprechen hat schon Erich Fromm getan. Er behauptete, sie wäre eine Kunst. Ich glaube, es ist mehr als das, es ist eine Lebensphilosophie, die dahinterstehen muss. Den Kontakt mit dem anderen Geschlecht zu finden und nur davon wird es inhaltlich in dem Buch gehen, ist ein offenes Geheimnis.
Diese Zeilen sollen das Dilemma der Unerforschtheit etwas lösen. Es gibt nichts Schöneres als auch Gefährlicheres denn verliebt zu sein. Man lernt jemanden kennen und es funkt. In Italien – sprich Sizilien – wird vom Blitzschlag gesprochen.
Wenn dieser eintrifft, bin ich nicht mehr derjenige, der ich vorher war. Ich schlafe anders, ich träume anders und handele anders. Die Persönlichkeit ist nicht völlig verdreht, aber die Ausstrahlung, die Vita eine andere.
Es ist ein herrliches Gefühl, das jedoch mit dem Alter kanalisiert werden muss. Ich will den Partner gewinnen und wenn dies gelingt, erscheine ich mir als glücklichster Mensch der Welt, aber diese Projektion nach Sigmund Freud dauert maximal zwei Jahre, dann ist es Alltag und der Widerstand beginnt.
Verliebtheit ist daher ein kranker Zustand, der aber zu vielen Erfolgen im praktischen Leben führen kann. Ich bin kontaktstärker, zeige mehr Emotionen, habe im Hintergrund der Sicherheit über Maßen gemocht zu werden. Ich setze mir neue Ziele und die sind oder erscheinen leichter realisierbar.
Ich kann und will die Welt erobern, genau wie den Partner, aber wenn die Liebe früh scheitert, erscheinen auch schnelle Niederlagen im Alltag realistisch. Es kann nichts Schlimmeres geben als eine ungleiche Liebe, wenn sie enttäuscht und nicht erwidert.
Die Gefahr der Verstrickung erscheint extrem groß. Zu jedem sollte eine Alternative da sein – Plan B – das gilt nicht nur für die Liebe, sondern auch die alltägliche Realität in Beruf und Freizeit. In der Kunst auch Egoist wie Kirschner in den 70er Jahren behauptete ist der Lebenspragmatismus auch entscheidend.
Verliebtheit ist etwas Ideologisches und gehört zur sexuellen Kultur. Erfolg im Alltag zum Broterwerb, denn von Luft und Liebe lässt sich schlecht leben. Meins wäre es nicht als reiner Lebenskünstler vor dem Kaufhaus zu betteln und noch nicht am Morgen zu wissen, wo ich abends schlafe.
Aber es gibt menschliche Phänomene, die das können und vielleicht glücklicher als ich sind. Nun war ich schon oft verliebt, auch mit verpassten Chancen des Mögens oder sexuellen Fühlens. Wie oft ist Mann und Frau in Seminaren kaserniert und die Hormone springen hoch.
Man will, aber der Partner sitzt zu Hause, eine sexuelle Revolution wäre auch wieder eine gesellschaftliche. So nimmt Dir, was Du brauchst, der eine monogam, der andere polygam. Es ist alles erlaubt, so lange abgesprochen und der andere nicht in seinen menschlichen Grundrechten verletzt.
Das ist schon hier die Vorlage zum Beziehungssozialismus. Die Partner müssen sich respektieren und letztlich in Beziehung und Sexualität wohlfühlen. Das ist das Theorem, das auch gegen die neoliberale Beziehungswelt spricht:
Jeder nach seinem Erfolg strebend und alles wird gut. Nein: Es muss immer ein Pari-Pari entstehen, Geben und Nehmen muss in gegenseitigem Einklang stehen, auch in der Verliebtheit, die Rosa-Glück verspricht, sollte einer nicht die Gefühle des Anderen ausnutzen.
Der Zweck kann schon einmal die Mittel heiligen, aber nicht in der Partnerschaft, wo der Mann sich ausziehen muss, sich intimisieren und letztlich vielleicht gemeinsamen Kinder zeugen, die als Menschen und nicht Kapitalisten-Raubtiere erzogen werden sollen.
Erich Fromm hat auch von den Wegen aus einer kranken Gesellschaft gesprochen. Heute sind in Deutschland 30% der Bevölkerung psychisch krank und leben in prekären materiellen Verhältnissen.
Das kann oft nicht durch Liebe kompensiert werden, denn gleichzeitig haben wir in Großstädten 50% Single-Haushalte, die zwar oft mit Partner, aber sozialistisch alleine wohnen. Auch wenn Liebe und Kinder, es wird seltener geheiratet.
Das Theorem der marxistischen Theorie nach Friedrich Engels hat sich in der Gesellschaft manifestiert, so dass wir in die Ur-Gesellschaft des Matriarchats zurückschlumpfen. Dazu muss der Mann als das schwächere Glied in der Beziehung sich wieder entwickeln.
Vollkommen unlogisch zur bürgerlichen Emanzipationsbewegung nach Alice Schwarzer, aber korrekt, ist die männliche Potenz wieder gefordert, denn die Frauen bestimmen nicht nur in ihrer Höhle – der Wohnung – sondern auch im Bett und der Mann soll danach noch den Abwasch spülen.
Es ist in Deutschland eine Entwicklung am Siedepunkt, wo die Beziehungen sich wieder nivellieren müssen, wenn sie es je taten. Wann waren Mann und Frau schon gleichberechtigt, eigentlich nur dann und gerade in der Verliebtheit, wenn sie beide krank vor Lust miteinander wollen, etwas Neues beginnen.
Erst dann ist mit der körperlichen Vereinigung auch die Materielle und das Gemeinsame – aber nicht mit dem Theorem unter Gottes Geleit – entscheidend. Vielleicht haben wir zwei Jahre Gleichberechtigung, wo keiner dem anderen weh tun will und Harmonie herrscht.
Aber dann kommt das Erwachen. Die Zahnpastatube ist wie der Klodeckel nicht richtig zu, der Sack Zwiebel falsch eingeräumt, aus der Verliebtheit entstand Liebe und wieder Widerstand, wo die kapitalistisch erlernten eigenen Erfolgswege auf Kosten des Partners sich wieder prämissieren.
Jeder, der mehrere erwähnenswerte längere Beziehungen hatte, kann davon ein Lied singen. Lasst uns die Liebe neu sozialistisch langfristig erfinden und nicht wie ein altes Ehepaar nur noch neun Minuten am Tag miteinander reden.
Aber wie soll das gehen? Dazu müssen wir noch mehr im Detail schauen, wie Liebesrealität im bürgerlichen Spektrum tatsächlich aussieht und welche relevanten Theorien und Hypothesen ableitbar, um eine Gleichheit im freien Raum zu entwickeln.
Aber sind wir frei in unserem privaten Handeln, wenn bürgerliche Normen und neue Regeln mich überquellen und das alte Bewährte auf einmal mich in die Ecke drängt, wo der Eigennutz nur noch im Vordergrund steht?
Verliebtheit ist krank. Beziehungssozialismus, der daraus entstehen kann, ist gesund. Und so brauchen wir eine neue Definition von gesellschaftlicher Liebe, die nicht nur auf Zwei, sondern auch Sekundärgruppen gerichtet ist.
Denn kein Mensch ist frei vom beruflichen oder privaten Umfeld und wie die Psychologen sagen seiner Kindheitssozialisation. Wir spüren Abhängigkeiten, wo unser eigener Wille durch das Unbewusste gesteuert.