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E. Die Rolle der Ethikkommissionen bei der Genehmigung medizinischer Forschungsvorhaben
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Ethischen Bedenken gegen die Durchführung medizinischer Forschungsvorhaben soll durch die Prüfungstätigkeit der Ethikkommissionen Rechnung getragen werden. Die Funktionen der Ethikkommissionen liegen auf verschiedenen Ebenen; zu ihren Aufgaben zählt der Schutz der Patienten und Probanden, die Beratung der Forscher, die Wahrnehmung von Verkehrssicherungspflichten und – aus einer übergeordneten Perspektive – die Gewährleistung des Vertrauens in die Integrität der medizinischen Forschung.[180]
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Vorschriften, welche die Einbeziehung von Ethikkommissionen in die Entscheidung über die Genehmigung von Forschungsvorhaben vorsehen, finden sich in zahlreichen medizinischen Spezialnormen (vgl. §§ 40 Abs. 1 S. 2, 42 Abs. 1 AMG; §§ 20 Abs. 1 S. 1, 22 MPG a.F. bzw. §§ 31 Abs. 1 Nr. 2, 33 Abs. 1 MPDG; § 15 Abs. 1 MBO-Ä; §§ 31 Abs. 4 Nr. 5, 36 StrlSchG). Zusätzlich richten Krankenhäuser und Universitäten eigene Ethikkommissionen ein, zu deren Aufgaben neben dem Schutz von Patienten und Probanden und der Beratung der Forscher auch der Schutz der Forschungseinrichtung vor möglichen negativen Folgen rechtlich und ethisch bedenklicher Forschung zählt.[181] Nachdem in den USA seit den 1960er Jahren zunehmend mit der Einrichtung sog. Institutional Review Boards auf die Aufdeckung von Missständen im Bereich der medizinischen Forschung reagiert wurde, entstanden in den 1970er Jahren auch in Deutschland erste Ethikkommissionen. Verbindlich vorgeschrieben wurde ihre Konsultation zunächst im ärztlichen Berufsrecht und sodann 1994 in der 5. Novelle zum Arzneimittelgesetz, die den Beginn eines Forschungsvorhabens erstmalig von der zustimmenden Bewertung einer Ethikkommission abhängig machte.[182] Aktuell schreibt § 40 Abs. 1 S. 2 AMG vor, dass der Sponsor mit der klinischen Prüfung eines Arzneimittels bei Menschen nur beginnen darf, wenn neben der Genehmigung der zuständigen Bundesoberbehörde auch eine zustimmende Bewertung der zuständigen Ethikkommission vorliegt.[183] Der Verstoß gegen diese Vorschrift ist gemäß § 96 Nr. 11 AMG strafbewährt. Über die Einbindung der ursprünglich als Organe der Selbstregulierung geschaffenen Ethikkommissionen in die staatliche Forschungsaufsicht wird seit langem intensiv diskutiert.[184]
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Einige Neuerungen für die Arbeit der Ethikkommissionen wird die Implementierung der VO (EU) Nr. 536/2014 über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln mit sich bringen. Nach der in Art. 2 Abs. 2 Nr. 11 der Verordnung aufgenommenen Definition handelt es sich bei einer Ethikkommission um ein in einem Mitgliedstaat eingerichtetes unabhängiges Gremium, das gemäß dem Recht dieses Mitgliedstaats eingesetzt wurde und dem die Befugnis übertragen wurde, Stellungnahmen für die Zwecke dieser Verordnung unter Berücksichtigung der Standpunkte von Laien, insbesondere Patienten oder Patientenorganisationen, abzugeben. Da nicht alle nach Landesrecht gebildeten Ethikkommissionen in Deutschland einen Patientenvertreter in ihren Reihen hatten, war es erforderlich, deren Zusammensetzung durch nationales Recht neu zu regeln.[185] Seit Ende 2016 müssen sich die Ethikkommissionen gemäß § 41a AMG registrieren;[186] Vorgaben für ihre Zusammensetzung enthält § 41a Abs. 3 Nr. 2 AMG. Gemäß § 41 AMG n.F. muss die Stellungnahme der Ethikkommission, die von der zuständigen Bundesoberbehörde gemäß § 41 Abs. 3 S. 1 AMG n.F. maßgeblich zu berücksichtigen ist, ein klares Votum zur Vertretbarkeit der Durchführung der klinischen Prüfung sowie eine entsprechende Begründung enthalten.[187] Aufgrund der verkürzten Fristen und des Prinzips der stillschweigenden Genehmigung, wird die Gefahr einer negativen Beeinflussung der Qualität der Entscheidungen gesehen.[188] Vorschriften zur Beteiligung der Ethikkommission enthält schließlich auch das Strahlenschutzgesetz (vgl. §§ 31 Abs. 4 Nr. 6, 36 StrlSchG).[189]