Читать книгу Parlamentarische Demokratie und Soziale Marktwirtschaft im 21. Jahrhundert - Bernhard W. Trinczek - Страница 13
Die Statistik-Falle.
ОглавлениеDie Grundlage nahezu aller wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Entscheidungen sind Zahlen, sprich statistische Analysen und Prognosen (Vorhersagen). Die Tatsache zum Beispiel, dass aus dem 4. Armuts- und Reichtums-Bericht unserer Bundesregierung vom März 2013 unterschiedliche Schlussfolgerungen und Bewertungen erfolgten, zeigt zweierlei: „Zahlen lügen doch?“ und „Mit Statistiken wird Politik gemacht!“ Statistik ist lediglich ein Werkzeug, und zwar ein mathematisches. Sie lässt keine Januskopf-gleichen Schlussfolgerungen zu. Sie ist kein Orakel von Berlin (Originalort des Orakels ist eigentlich Delphi, Griechenland). Bei einer umfassenden Statistik gibt es keinen Spielraum für unterschiedliche Deutungen. Alles andere wäre Kaffeesatzlesen oder Betrug. Auf der anderen Seite können die nackten Zahlen stimmen. Aber der Hund der Fragwürdigkeit liegt im Fehlen wichtiger Datensätze begraben. Ein anderes Beispiel dafür bildet eine Studie der europäischen Zentralbank (EZB) von 2013. Ist der deutsche Sparer (m/w) nun reicher oder ärmer als seine europäischen Kollegen? Dies kann man aus der Statistik nicht eindeutig beantworten, da es unterschiedliche Auffassungen davon gibt, was denn zum „Ersparten“ gezählt werden soll und was nicht. Das bedeutet, Statistiken müssen umfassend sein. Sie müssen alle wichtigen Gesichtspunkte der Thematik einbeziehen und nichts weglassen!
Weil Statistiken einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Willensbildung und politischen Entscheidungen haben, legt die ST viel Wert darauf, politisch unabhängige, transparente Statistiken zu unseren Themen zu veröffentlichen. Dazu stellt die ST für Sie ein Bürgerforum und eine Datenbank „Statistiken“ zur Verfügung. Sie werden auch über unsere Weblinks auf seriöse und informative Statistiken stoßen. Eine sinnvolle statistische Analyse wäre, zum Beispiel, der Vergleich von Ganztagsschulen mit anderen Schulformen. Folgendes könnte statistisch erfasst und verglichen werden: (1) Bildungsniveau der Schüler, (2) Zufriedenheit der Schüler und der Eltern, (3) Ausgaben der Eltern für die Schule, (4) Zeitaufwand für die Eltern, (5) Bedürfnisse und Kritik, (6) Fernsehverhalten und (7) die Anzahl der Kinder, die von sich aus „Guten Morgen“ sagen, wenn sie nach dem Frühstück einen Raum mit ein paar Menschen betreten (usw.). Eine solche Statistik würde zeigen, welche Organisation oder Form der Schule besser in das 21. Jahrhundert passt.
Weitere Werkzeuge zur Analyse sozialer Verhältnisse wären Computer-Simulationen oder –Modelle. Hier werden sehr große Datenmengen netzwerkartig und kybernetisch verknüpft, um die kurz- und langfristigen Effekte und Einflüsse einzelner Faktoren (Einflussgrößen) bewerten zu können. Kybernetik bedeutet Wissenschaft der Steuerung und Regelung von Maschinen, lebenden Organismen und sozialen Organisationen. Ein sehr bekanntes Beispiel sind die Klima-Simulationen. Dort werden Daten vieler und sehr unterschiedlicher Faktoren wie Luft- und Meerestemperatur, Meeresströmungen, Salzgehalt der Ozeane, Luftströmungen, Zusammensetzung der Luft, vulkanische Aktivitäten, Sonneneinstrahlung (usw.) zueinander in Beziehung gebracht. Das Ziel solcher Simulationen ist es, ungefähr voraussagen zu können, was sich im Gesamtsystem tut, wenn ein einzelner Faktor verändert wird.
Die ST möchte Sie motivieren, interdisziplinäre (bedeutet Fach-übergreifende) Arbeitsgruppen zu bilden, um umfangreiche, solide und verlässliche Computersimulationen zu entwickeln. Sie sollen Finanz-, Steuer-, Börsen- und Wirtschaftsdaten, Geldströme, Finanzspekulationen, Investitionen und vieles mehr realistisch zueinander in Beziehung setzen. Dazu hat die ST ein Bürgerforum „Simulationen Kapitalflüsse und Effekte“ für Sie eingerichtet. Wirtschaftsdaten hat die Geschichte schon in großen Mengen ausgespuckt, inklusive der resultierenden Ereignisse. An Hand dieser wohl dokumentierten Datensammlungen, können die Computerexperimente auf Realitätsnähe und Anwendbarkeit gewertet werden. Ein robustes Simulations- oder ein Computermodell „Kapitalströme und -Effekte“ könnte sich als ein wichtiges Erkenntnis-Werkzeug herausstellen. Nehmen Sie Kontakt zu den „Wetterfröschen“ auf, lassen Sie sich Anregungen geben oder (besser) gehen Sie eine Zusammenarbeit ein. Sie wollen doch nicht etwa das Rad neu erfinden, oder? Denn das generelle Aufbau-Prinzip einer solchen Computer-Simulation wird einem Klima-Modell weitestgehend ähneln. Möglicherweise sind solche Projekte ja schon in der Planung oder am Laufen. In diesem Fall ist die Empfehlung der ST: Bauen Sie Ihr Netzwerk der Zusammenarbeit weiter aus. Dann geht alles viel schneller! Hat man erst einmal ein funktionstüchtiges Programm, könnte man, zum Beispiel, leichter richtige finanzpolitische Entscheidungen treffen und besser begründen. Ein gut funktionierendes Simulationsmodell „Kapitalströme und -Effekte“ würde einen Nobelpreis für Wirtschaft oder sogar einen Nobelpreis für Frieden durchaus verdient haben.