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2.7 Resümee

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Insgesamt lässt sich sagen, dass die Bezeichnung enzyklopaedia eine Schöpfung der Humanisten ist (um 1490) und von diesen in der Bedeutung ʻumfassendes pädagogisches Programm, das den Zusammenhang des Wissens betontʼ verwendet wird. Erst mit AlstedAlsted, Johann Heinrich wird der Ausdruck zur Bezeichnung von Nachschlagewerken benutzt und es entsteht ein Enzyklopädiebegriff, in dessen Folge im 19. Jahrhundert die Geschichte der Gattung Enzyklopädie geschrieben werden kann.

In der Antike vermittelten enzyklopädische Werke vor allem Wissen zu den Sieben Freien Künsten, denen einzelne thematische Bücher gewidmet wurden (CatoCato, Marcus Porcius, VarroVarro, Marcus Terentius, PliniusPlinius der Ältere). Im Mittelalter wurde enzyklopädisches Wissen aus einer christlichen Sicht präsentiert und diente der Bildung von Geistlichen (CassiodorCassiodor, Isidor von SevillaIsidor von Sevilla, Vinzenz von BeauvaisVinzenz von Beauvais). Die Werke der Antike und des Mittelalters sind auf Latein abgefasst. Mit LatinisLatini, Brunetto Livres dou trésor begann die volkssprachlichevolkssprachlich Enzyklopädik und in der Renaissance wurde die zunehmende Fokussierung auf wissenschaftliche Inhalte durch Abhandlungen in der VolksspracheVolkssprache begünstigt. Im 17. Jahrhundert begann sich die Form des alphabetischen LexikonsLexikon– alphabetisches durchzusetzen. Als direkte Vorläufer der Enzyklopädien der Aufklärung gelten die Werke von MorériMoréri, Louis, FuretièreFuretière, Antoine und insbesondere das kritische Lexikon von BayleBayle, Pierre. Auf dieses bezog sich auch Vincenzo CoronelliCoronelli, Vincenzo.

Mit ChambersChambers, Ephraim Cyclopaedia setzte die Tradition der aufklärerischen Enzyklopädien ein. Diese systematisierten die Wissensgebiete nach erkenntnistheoretischen Prinzipien und stellten dem Werk häufig einen Baum des Wissens voran. Die bekannteste unter diesen ist die Grande Encyclopédie ou Dictionnaire raisonnée des arts, des sciences et des métiers von DiderotDiderot, Denis und d’Alembertd’Alembert, Jean le Rond, die aufgrund ihrer polemischen Artikel auch häufig als „Bollwerk der Aufklärung“ gilt. In etwa zeitgleich entstand das Dizionario PivatisPivati, Gianfrancesco, das den Verhältnissen in Italien Rechnung trägt und den Primat der katholischen Religion mit aufklärerischen Ideen zu vereinbaren sucht.

Die nachfolgenden Werke im 19. Jahrhundert bezogen sich zwar auf die Grande Encyclopédie, lehnten aber die kritische Vorgehensweise weitestgehend ab. Modellbildend wurden das KonversationslexikonKonversationslexikon, das breiten sozialen Schichten ein gesichertes Wissen vermitteln wollte, und das enzyklopädische Wörterbuchenzyklopädisches Wörterbuch von Larousse. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstanden Enzyklopädien als nationale Projekte. Als Modell wirkte die Encyclopædia Britannica. Die bekannteste Enzyklopädie dieses Zeitalters ist jedoch die Enciclopedia Italiana di scienze, lettere ed arti, die dem italienischen Faschismus verpflichtet ist. In der Folge weitete sich der Fokus und es existieren eine Vielzahl von Formaten nebeneinander.

Mit dem Siegeszug digitaler Technologien findet ein MedienwechselMedienwechsel statt. Die etablierten Verlage gehen zunehmend dazu über, Enzyklopädien zunächst auf CD-ROM, später Onlineversionen, kostenpflichtig anzubieten. Eine Zäsur stellte die Entstehung der WikipediaWikipedia im Jahre 2001 dar, die Standards für digitale Enzyklopädien setzt und aufgrund ihrer Kostenlosigkeit und schnellen Erreichbarkeit zum Verschwinden der Printenzyklopädien führt.

Die durch Wikipedia ausgelöste Zäsur wird insbesondere vor dem Hintergrund der Geschichte der Enzyklopädie sichtbar. Lässt sich durch die Geschichte hindurch eine Anpassung der Enzyklopädien an ein verändertes Zielpublikum erkennen, so bleibt doch der Produktionsprozess konstant. In Wikipedia folgt der Produktionsprozess durch CrowdsourcingCrowdsourcing und KollaborationKollaboration hingegen der Logik digitaler Plattform-Industrien.

Wikipedia und der Wandel der Enzyklopädiesprache

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