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3.2.1 Abgrenzung zu benachbarten Diskurstraditionen

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In enger Verbindung zur Diskurstradition EnzyklopädieartikelEnzyklopädieartikel stehen der LexikonartikelLexikonartikel, der WörterbuchartikelWörterbuchartikel und der Eintrag im enzyklopädischen Lexikonenzyklopädisches Lexikon. Während die Bezeichnung Lexikonartikel teilweise als Sammelbezeichnung für Einträge in verschiedenen Arten von Nachschlagewerken fungiert, beziehen sich die Bezeichnungen Wörterbuchartikel, Eintrag im enzyklopädischen Lexikon und Enzyklopädieartikel auf unterschiedliche Diskurstraditionen, die jedoch nicht immer klar voneinander abgrenzbar sind. In dieser Trias bilden die Diskurstraditionen WörterbuchartikelWörterbuchartikel und EnzyklopädieartikelEnzyklopädieartikel zwei Extrempole. Der Eintrag im enzyklopädischen Lexikon, der insbesondere im romanischsprachigen Raum genutzt wird, stellt eine Mischform dar. Verglichen werden hier lediglich Prototypen, wobei im Bereich des SprachwörterbuchsWörterbuch– Sprach-~ der monolinguale Definitionsartikel mit rein sprachlicher InformationInformation– sprachliche als WörterbuchartikelWörterbuchartikel angesehen wird, und im Bereich der EnzyklopädieEnzyklopädie ein von der Textur her an der Encyclopédie geschulter Artikel betrachtet wird.

Merkmal Wörterbuchartikel Enzyklopädieartikel
Semiotischer Status des Lemmas Lemma als signifiant Lemma verweist auf ein Konzept
Mediostruktur Konzentration auf wörterbuchinterne Verweise externe Verweise auf Quellen zu Beispielangaben interne und externe Verweise weiterführende externe Hinweise zur Vertiefung des Themas
Mikrostruktur standardisierte Anzahl, Art, Reihenfolge der Kommentare programmierte Abfolge von Informationen (z.B. Formkommentar, semantischer Kommentar, etc.) nicht-standardisierter Textaufbau thematische Entfaltung nach begrifflichen Aspekten (z.B. Oberbegriff/Unterbegriff, Chronologie)
Datendistribution Angaben zum Lemma Angaben zum Lemma weitere enzyklopädische Informationen zum Themenbereich
Adressierung der Angaben Adressierung an das Lemma Adressierung an andere Bezugswörter im Text möglich
Kondensation nach standardisierten Regeln kondensierte Textfragmente schwach bis nicht kondensierter Fließtext
Funktionalisierung zitierter Textpassagen Angabe zur Bedeutung und Verwendung des Wortes enzyklopädische Zusatzinformation zum Themengebiet Verifikation von Fakten
Illustration keine häufig
Inhalt sprachliche Information enzyklopädische Information

Tabelle 1: Strukturelle Unterschiede zwischen Wörterbuch- und Enzyklopädieartikeln (cf. Lara 1989; Rey-Debove 1971; Schafroth 2014; Wiegand 2003, 2002, 1989a, 1989b; Wolski 1989)

Der grundlegende Unterschied zwischen den beiden Artikeltypen liegt darin, dass der Eintrag im SprachwörterbuchWörterbuch– Sprach-~ vor allem sprachliche InformationenInformation– sprachliche bereitstellen soll, der EnzyklopädieartikelEnzyklopädieartikel jedoch Wissen über die Welt, also enzyklopädische InformationInformation– enzyklopädische. Da Enzyklopädien als Referenzwerke angesehen werden, wird erwartet, dass ein EnzyklopädieartikelEnzyklopädieartikel in neutraler, informierender Weise ein gesichertes Wissen über das im LemmaLemma angegebene Thema vermittelt (cf. d’Achille/Proietti 2011: 93). Aus diesen unterschiedlichen Funktionen ergeben sich weitere Differenzen zwischen den beiden Diskurstraditionen: So fungiert das Lemma im WörterbuchartikelWörterbuchartikel als Wortform auf der signifiant-Ebene, zu dessen sprachlichen Eigenschaften Informationen in einem standardisierten und kondensierten Programm von Angaben gegeben werden, die einen strengen Bezug zum Lemma haben. Es geht hierbei um Angaben zur Form, Bedeutung und Verwendung eines Wortes, die allenfalls an Beispielangaben illustriert werden. Im Gegensatz dazu steht beim EnzyklopädieartikelEnzyklopädieartikel die enzyklopädische Information im Vordergrund. Dementsprechend fungiert das Lemma als Etikett für einen ganzen Themenbereich und verweist auf das mit dem Ausdruck verbundene gedankliche Konzept, das im Artikel in seinen Teilaspekten sprachlich dargestellt wird. Interne Verweise strukturieren und verknüpfen die Informationen, externe Verweise dienen der Verifikation der dargebotenen Fakten und der zusätzlichen Vertiefung. Der Artikelaufbau ist insgesamt wenig standardisiert, kaum kondensiert und hochgradig themenabhängig, da die Textgliederung eher begrifflichen Aspekten wie Ober- und Unterbegriffen oder der Ereignischronologie folgt. Die Angaben können sowohl Teilthemen des Oberthemas als auch verwandte Aspekte in Textteilen ausbauen, weswegen nicht alle Aussagen auf das Lemma bezogen sind.

Wikipedia und der Wandel der Enzyklopädiesprache

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