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3.1.3 Zwischenresümee

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Um die Transformation von EnzyklopädieartikelnEnzyklopädieartikel in WikipediaWikipedia zu untersuchen, wird das Konzept „DiskurstraditionDiskurstradition“ fruchtbar gemacht, das herausstellt, dass Diskurse nicht nur spontane Realisierungen von Sprache sind, sondern auch Konventionen folgen. Je nach Komplexitätsgrad können Diskurstraditionen von einfachen FormelnFormel über Text-/DiskurstraditionenDiskurstradition bis hin zu Diskurs­universenDiskursuniversum reichen. Die Konventionen, die die Ausprägung diskursiver MusterDiskursmuster steuern, sind gänzlich anderer Natur als die Regeln einer Einzelsprache. Im Gegensatz zu SprachregelnSprachregel sind DiskursregelnDiskursregel stets auf konkrete KommunikationssituationenKommunikationssituation bezogen, erlauben aber auch große Freiheitsgrade bei der Realisierung eines Musters. Sie sind zudem häufig sprachübergreifend wirksam. An diesen Eigenschaften zeigt sich bereits, dass Diskurstraditionen in Verbindung mit universellen Parametern der Kommunikation einerseits und mit gesellschaftlich-kulturellen Normengesellschaftlich-kulturelle Norm andererseits stehen. Eine DiskurstraditionDiskurstradition lässt sich somit nicht ausschließlich aus der Mischung der kommunikativen ParameterwerteParameterwert erklären, sondern diese erfahren in der Regel eine mehr oder weniger starke kulturelle Anpassung. Die DiskursregelnDiskursregel ergeben sich folglich aus einem Zusammenspiel der kommunikativen Parameterwerte mit kulturellen Normen und selegieren ihrerseits die jeweils angemessenen sprachlichen und nichtsprachlichen Gestaltungsmittel. Rekurrente Anforderungen führen zur wiederholten Auswahl derselben Mittel, wodurch sich Muster verfestigen.

Wandeln sich jedoch die kommunikativen oder die kulturellen Bedingungen, so kann sich die Auswahl der Gestaltungselemente verändern. Als Spezialfall einer kulturellen Tradition reagieren auch Diskurstraditionen auf historische Umbrüche, die häufig neue kommunikative Erfordernisse mit sich bringen. Insbesondere mediale Umbrüche machen eine Veränderung der kommunikativen Praktiken erforderlich, was sich auch daran zeigt, dass die Entstehung des Internets und insbesondere der Web 2.0Web 2.0-Technologie eine Reihe neuer Diskurstraditionen hervorbringt. Allerdings sind nicht alle digitalen DiskurstraditionenDiskurstradition– digitale völlig neu entstanden, sondern sie haben sich häufig aus analogen Vorgängern durch sukzessive Anpassungen an das neue TrägermediumTrägermedium entwickelt. Bei der Entscheidung, ob es sich um eine neue Diskurstradition handelt, ist folglich der Abstand zur analogen DiskurstraditionDiskurstradition– analoge entscheidend. Dabei ist abzuwägen, ob es sich um eine Variante derselben Diskurstradition in einem neuen Medium handelt, oder ob die Verschiebungen in der KonzeptionKonzeption der Diskurstradition so gravierend sind, dass eine neue Diskurstradition vorliegt. Die Konzeption einer Diskurstradition betrifft sowohl Veränderungen in der Mischung der kommunikativen Parameterwerte als auch eine veränderte Auswahl sprachlicher Mittel, die an der Textoberfläche sichtbar wird. Dass es dennoch nicht ganz einfach ist, zu entscheiden, ob eine neue Diskurstradition vorliegt oder nicht, zeigen die Befunde in Herring (2013: 15) zu Wikipedia. Die kollaborativekollaborativ Erstellung von EnzyklopädieartikelnEnzyklopädieartikel in einem WikiWiki schätzt sie als völlig neue kommunikative Praktik ein, die jedoch in diametralem Gegensatz zu ihrem Befund steht, dass sich das Produkt dieses Prozesses, die WikipediaartikelWikipediaartikel, kaum von gedruckten EnzyklopädieartikelnEnzyklopädieartikel– gedruckter unterscheiden.

Wikipedia und der Wandel der Enzyklopädiesprache

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