Читать книгу Steinbruchpolka - Birgid Windisch - Страница 3
E I N S
ОглавлениеIm Zwielicht des Waldes herrschte eine seltsame Ruhe. Sogar die Vögel hatten aufgehört zu zwitschern, doch das konnte auch an der brütenden Hitze liegen, die das Land nun schon seit mindestens vier Wochen fest im Griff hatte, obwohl das für den Monat September wirklich nicht normal war.
Stöhnend stieg die ältere Dame die Treppe, aus Holz und dunkler Walderde, zum Mömlinger Steinbruch hoch. Sie liebte diesen Weg, den weichen Boden, der bei jedem Schritt nachgab und federte und den tollen Ausblick, als Belohnung für die Mühe des Aufstiegs.
Unten lag der Freizeitpark Königswald in tiefem Frieden. Momentan waren keine Besucher da, was im Herbst eher selten vorkam. Sie ließ den Blick über den Grillplatz schweifen und kniff die Augen zusammen, weil sie kurz dachte, eine verdächtige Bewegung gesehen zu haben - anscheinend doch nichts. Sie schüttelte den Kopf. Ihren Augen konnte sie auch bald nicht mehr trauen, sie sah in letzter Zeit immer schlechter. Stoßweise atmend, hielt sie sich die Seiten und stützte sich schwer auf ihre Wanderstöcke, ohne die es im Wald nicht mehr ging. Mit jedem Jahr tat sie sich schwerer, besonders wenn es bergauf ging. Sie musste einsehen, dass ihre Waldwanderungen wohl bald der Vergangenheit angehören würden.
Seufzend lief sie langsam weiter und wandte sich nach links, um den Weg über die großen Steinbrüche zu nehmen. Das kleine Tal mit der großen Übernachtungsscheune, Grillmöglichkeiten und Zeltplatz ließ sie rechts unter sich liegen und das Versorgungshäuschen lag auch bald hinter ihr.
Versonnen lächelnd, hörte sie einer Amsel zu, die nun doch begonnen hatte, ihr melodisches Lied zu singen. Extra für mich, dachte sie. Besonders schön kam es ihr heute vor. Hoffentlich kein Abschiedskonzert, schoss es ihr wehmütig durch den Kopf, als sie an die Weggabelung kam, wo der eine Weg steil nach unten führte und der andere nach rechts, bergauf. Schwer atmend blieb sie stehen und überlegte kurz, welchen Weg sie nehmen sollte.
Dann beschloss sie mutig, den steilen Abstieg noch einmal zu wagen und wandte sich nach links, während sie sich versprach, dass es diesmal aber wirklich zum letzten Mal sei.
Sie konnte nicht wissen, dass es tatsächlich kein nächstes Mal für sie geben würde und dass dies nicht mehr in ihrer Macht liegen würde.