Читать книгу Steinbruchpolka - Birgid Windisch - Страница 7

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Stirnrunzelnd ging Magda, im Revier ihre Kontaktliste durch – ah, da war sie ja, die Nummer des bayrischen Kollegen. Sie räusperte sich, als sie es tuten hörte.

„Polizeirevier Obernburg, Rachor,“ bellte eine tiefe Stimme. Freundlich meldete sich Magda: „Hier Magda Wild aus Mömlingen, Polizeirevier Höchst.“ „Ach, guten Tag Frau Wild,“ drang die, nun aufgeräumt klingende Stimme des Kriminalkommissars aus dem Smartphone. „Wie geht es ihrer verehrten Frau Mutter?“ „Sehr gut, danke der Nachfrage!“ Magda lächelte und hob den Arm zur Siegerpose. „Herr Rachor, wir hätten hier ein kleines Problem, das wir gerne unkonventionell lösen würden.“

„Was heißt hier unkonventionell?“ polterte der Kommissar misstrauisch los. „Soll das etwa wieder so ein Gemauschel wie beim letzten Fall werden?“ „Wieso Gemauschel? Wir mauscheln nicht,“ versuchte Magda, ihn mit unschuldig klingender Stimme, zu beruhigen. „Wir liefern erstklassige Arbeit ab!“ „Aha, deshalb waren auch einige ihrer Kollegen verletzt, oder in Lebensgefahr, beim letzten Mal,“ brummte er trocken.

„Dafür konnten wir nichts, das wissen Sie doch,“ beschwichtigte Magda ihn eilig. „Nein, es ist etwas anderes. Ich bin hier, beim Spaziergang, über eine Leiche gestolpert, und habe im ersten Schreck, automatisch meine Kollegen zu Hilfe gerufen.“ „Was?“ Der Kommissar brüllte lautstark in sein Telefon und Magda hielt sich schnell die Ohren zu. „Naja, es war sozusagen meine Leiche und ich habe mir nichts dabei gedacht. Ich handelte praktisch automatisch und meine Kollegen ebenso. Wir haben bereits die Ermittlungen aufgenommen.“ „Was?!!!“ Sie hielt sich das Telefon ein Stück vom Ohr weg und schüttelte missbilligend den Kopf. Konnte er nur noch dieses eine Wort sagen?

„Sie wissen genau, dass sie hier auf bayrischem Boden sind!“ Immer noch viel zu laut, registrierte Magda stirnrunzelnd. Dann sagte sie in schmeichelndem Ton: „Aber wir haben doch immer gut zusammengearbeitet und schließlich kann der nächste Mord schon auf hessischem Boden passieren.“ „Der nächste Mord?!“ Er brüllte schon wieder. „Einer reicht ihnen wohl nicht?“ Magda grinste. Dieser Kommissar war wirklich der Knaller. „Also dann, tschüss, Herr Oberkommissar Rachor, wir melden uns, wenn das Obduktionsergebnis vorliegt.“ Halbwegs versöhnt klingend, weil Magda seinen Titel so höflich hergebet hatte, sagte er resigniert: „Ich bitte darum und noch eins – ich werde ihnen eine Kollegin vorbeischicken, die ihre Ermittlungen genauestens überwachen und mir täglich Bericht erstatten wird. Ist – das – klar???“ „Ja, Herr Oberkommissar,“ gab Magda demütig zurück, während sie die Finger hinter ihrem Rücken überkreuzte.

„Er hat es gefressen!“ Triumphierend drehte sie sich zu ihren Kollegen um und hob die Faust. „Ja! Tschakka!“ „Tschakka!“ kam es postwendend von den Kollegen zurück. Alle lachten. „Wie du das immer machst, Magda. Ich bin stolz auf dich!“ Bewundernd sah Ben sie an und die anderen pflichteten ihm nickend bei. Anne streckte den Daumen hoch und Magda lachte übermütig. Hinter ihr erhob sich gähnend Fränzchen und sah sie missbilligend an. „Ja, ich weiß, mein Lieber, das war nicht die feine Art. Du würdest so etwas natürlich nie machen!“ Liebevoll streichelte sie ihn über sein zartes Köpfchen, alles andere an ihm war rau, wie es Rauhaardackeln zu eigen ist. Wedelnd sah er sie mit seinen treuen Augen an. „Wenn nur alle Männer so leicht zu handhaben wären wie du, mein Fränzchen." Zustimmend ließ er ein „Wuff erklingen,“ und alle brachen in lautes Gelächter aus. Beleidigt legte er sich wieder hin und drehte ihnen den Rücken zu, als wollte er damit zeigen, was er von ihnen hielt.

Magda sah sich lächelnd unter ihren Kollegen, die längst auch ihre Freunde geworden waren, um. Anne grinste frech zurück und warf dabei ihr dunkles Haar, das ganz schön gewachsen war in letzter Zeit, über die Schulter. Ihr schmaler Körper bog sich auf dem Stuhl zurück und Magda konnte sehen, dass sie wie immer, mit ihrer Lieblingskluft, Jeans und Pulli, bekleidet war. „Wieder fast die gleiche Montur wie ich,“ freute sich Magda und sah an ihren dunkelblauen Jeans und ihrem roten T-Shirt hinab. „Ja, Chefin, ich muss doch bei dir einen guten Eindruck machen,“ gab Anne übermütig zurück und Magda nickte ihr zufrieden zu. „So gehört sich das!“

Ben schubste sie leicht. „Sag mal, wollt ihr nicht mal arbeiten, anstatt ständig über Klamotten zu reden?“ Magda seufzte. „Hast ja recht. Wir Modepüppchen wieder. Also, was haben wir?“ Anne und Magda klatschten sich ab und lächelten sich zu. Sie waren alles andere als modebewusst und scherten sich einen Dreck um Shopping.

Eddie zeigte auf das Bild der toten Anna, das er bereits an die Tafel gehängt hatte. „Wir haben eine weibliche Leiche, mit Namen Anna Mollebusch, 72 Jahre. Zu Tode gekommen, ungefähr um 9 Uhr heute Morgen, durch einen Stich ins Herz, mit einer unbekannten Waffe – einem Stock, oder Ast, oder etwas Ähnlichem."

Magda sah düster auf das Bild der alten Dame an, wobei sie sich, wie schon etliche Male zuvor, Vorwürfe machte, dass sie nicht schon eine halbe Stunde früher losgelaufen war. Dann stutzte sie, um es sich ganz nah vor die Augen zu halten und schüttelte sich unwillkürlich. Warum musste er sie noch derartig lächerlich machen, mit dem Blumenkränzchen,“ murmelte sie dabei. „Ich glaube gar nicht, dass er sie lächerlich machen wollte,“ sagte Anne mit sanfter Stimme. „Er wollte sie eher damit schmücken!“ „Das ist übergriffig,“ knurrte Magda. „Ist Mord nicht immer übergriffig,“ wandte Ben leise ein. Magda sah ihn aufgebracht an und nickte. „Bei Mord werden sämtliche Grenzen missachtet. Wir müssen ihn kriegen! Ich nehme das persönlich. Anna war eine ganz Nette und hat solch einen Tod nicht verdient! Sie hätte friedlich in ihrem Bett sterben sollen, in mindestens 10 Jahren!“ Ben legte ihr mitfühlend die Hand auf die Schulter. Magda straffte sich, Schwachheiten konnten sie sich nicht leisten. Sie mussten diesen Mörder schnappen. Sie sah ihre Kollegen an, die ihr, wie auf Kommando, aufmunternd zunickten Dann riefen sie fast gleichzeitig: „Klar kriegen wir ihn!“ Magda lächelte. Wie gut, dass sie sich auf ihre Kollegen verlassen konnte.

„Also dann, bis die angekündigte, bayrische Kollegin eintrifft, können wir ja schon mal anfangen. Wolfi?“ Sie sah sich um. „Wo ist er denn?“ Freddy sah auf. „Er ist mal wieder in Erbach gebraucht worden. Ein neues Computersuchsystem einrichten.“ „Soll sofort kommen,“ beschied Magda knapp. „Wir können es schließlich begründen,“ meinte Ben beruhigend. „Gut, dann ruf Du an, Ben. Du bist von uns der Diplomatischste und Freundlichste.“ „Ja, Magda,“ gab Ben resigniert zurück, der solcherlei Aufgaben zwar hasste, aber einsah, dass ihm am ehesten Erfolg beschieden sein würde, weil er durch seine freundliche Art einfach besser ankam, als seine oft unhöflichen Kollegen. „Gleich,“ drängte Magda. „Ja Chefin!“ Ben salutierte im Sitzen und nahm das Telefon in die Hand.

„Ja, guten Tag, hier ist Ben Lieb, aus dem Revier in Höchst.“ Er lauschte geduldig, als die laute Antwort ertönte und hielt den Hörer ein Stück weg. „Ja, der liebe Ben, von der wilden Magda,“ sagte er mit unwillig verzogenem Gesicht, weil er den alten Witz nicht mehr hören konnte. Dann räusperte er sich entschlossen.

„Wir bräuchten dann mal unseren Wolfi zurück!“ Ein lautes Bellen drang aus dem Hörer. Widerwillig sprach Ben weiter. „Ja, es ist dringend, wir haben hier einen Mord!“ Er schüttelte den Kopf. „Wir können nichts dafür, wenn wir eine Leiche haben. Es soll manchmal vorkommen, dass man unverhofft auf eine stößt. Wie?“ Er lauschte. „Nein, ich bin nicht sarkastisch, wie einige meiner Kollegen.“ Er sah bedeutungsvoll zu Anne, die unschuldig an die Decke sah. „Auch nicht laut, wie Magda, oder ungeduldig wie Eddie, oder unhöflich wie Freddy. Ich habe nur einfach nicht so viel Zeit wie du zum Plaudern, weil ich mithelfen muss, einen Mord aufzuklären!“

Fasziniert beobachteten seine Kollegen, wie ihm die Röte den Hals hinaufstieg, sein Gesicht verfärbte und wie er schließlich an seinem Kragen zog, der ihm anscheinend zu eng wurde. „Genug!“ Magda riss ihm das Telefon aus der Hand. „Wir brauchen Wolfi und zwar schnell, sozusagen gleich! Hast du das kapiert Hannes?“ Sie lauschte kurz, schnitt ihrem Telefonpartner dann das Wort ab, bellte kurz: „Sofort, hab ich gesagt, und tschüss!“ Sie knallte den Hörer auf die Gabel und die anderen bemühten sich, sie nicht beeindruckt anzuschauen. „Wann kommt er?“ wollte Anne wissen. „Er fährt sofort los, denke ich,“ gab Magda zurück. „Wenn nicht, möchte ich nicht in der Haut von Hannes stecken,“ feixte Eddie. „Er hat die Wahl,“ meinte Magda trocken.

„Also gut, wir können nicht warten, bis er da ist und so lange nichts tun. Anne, du kümmerst dich um die genaue Todesursache und fährst bitte zu Susi. Vielleicht hat sie bereits etwas Neues für uns.“ Anne nickte zustimmend. „Wie ich Susi kenne, hat sie bestimmt schon etwas herausgefunden!“ „Freddy, du begleitest Anne. Fragt nach der DNA. Vielleicht ist es doch ein Bekannter von uns gewesen.“ „Kann ich mir nicht vorstellen, aber ich kümmere mich darum.“ „Gut,“ stöhnte Magda. „Und ich?“ wollte Eddie wissen. „Du versuchst eine Waffe zu finden, die solche großen Löcher macht.“ Eddie nickte mit wachen Augen und drehte sich gleich zu seinem PC. „Und was soll Wolfi machen?“ Anne wollte immer alles ganz genau wissen. „Wolfi wird recherchieren, ob es ähnliche Morde irgendwo gegeben hat. In vergleichbaren Umgebungen, mit gleichartigen Verletzungen, usw.“ Sie sah ihre Kollegen an. „Ich weiß, ihr könnt das auch, aber machen wir uns doch nichts vor – er kann es besser. Wir sind die Praktiker und er der Bürohengst - unser Computerspezialist sozusagen!“ Sie klopfte nervös mit ihrem Stift auf den Tisch. „Ich habe ein ganz komisches Gefühl bei der Sache. Als ob es nur der Anfang von etwas Größerem wäre. Ich hoffe wirklich, dass ich mich täusche, aber ihr wisst ja, leider täusche ich mich selten. Dieser Mord weist einfach zu viele Seltsamkeiten auf.“ Sie räusperte sich betreten. „Wir müssen gewappnet sein für alle Fälle und deshalb brauche ich Wolfi!“ Ben sah alarmiert auf. „Beim letzten Fall hätten wir auch nicht gedacht, dass er solche Dimensionen annimmt.“ „Genau,“ meinte sie kurz. „So etwas brauchen wir nicht mehr, das hat mir gereicht.“

„Dein Wort in Gottes Ohr,“ gab Anne düster zurück. „Meinst du, der Mörder richtet sich nach deinen Wünschen?“ Magda schüttelte wütend den Kopf. „Natürlich nicht, er soll nur aufhören zu morden, das würde mir schon reichen. Ich wage gar nicht, daran zu denken, dass es der Auftakt zu weiteren Tötungsdelikten sein könnte.“ „Ich weiß nicht, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es mit einem Mord getan ist. Dafür ist es zu abstrus, mit diesen Kränzchen und dem spektakulären Schauplatz.“ Eddie seufzte laut. „Ich wünsche es mir wirklich nicht, aber, wie gesagt, ich kann mir nicht vorstellen, dass es der erste und letzte Mord dieses Wahnsinnigen ist.“ Magda nickte betreten. Sie konnte es sich auch nicht vorstellen.

Hinter ihr gähnte ihr Fränzchen vernehmlich. Er stand auf, drehte sich einmal um sich selbst und legte sich seufzend wieder nieder. „Hund müsste man sein,“ sprach Anne, Magdas Gedanken laut aus und alle grinsten zustimmend.



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