Читать книгу EndstationHotel Ali Pascha - Birgit Vobinger - Страница 7

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Ahalan we sahalan“ (herzlich willkommen), begrüßte der freundliche Mann an der Hotelrezeption, die von der langen Reise erschöpfte, Familie. Während sie in der Lounge Platz nahmen, um die notwendigen Anmeldepapiere auszufüllen, servierte ein Kellner den Gästen alkoholfreie Cocktails.

Während Martin damit beschäftigt war die Passnummern einzutragen, sah sich Hannah staunend um. Sie waren angekommen. Jeder neue Eindruck vertrieb einen Teil der hektischen Anreise. Die große, in Marmor gehaltene Halle mit ihren Säulen. Kein Gedanke mehr an die Enge im Flugzeug. Der mit kleinen Palmen umsäumte Springbrunnen im Zentrum der Lounge. Vergessen, das Warten auf den Anschlussflug von Karthum nach Port Sudan. Der mit Schirmchen verzierte Cocktail, den der lächelnde Kellner ihr reichte. Wer denkt schon noch ans Kofferband? Das verliebte Pärchen, das an der Theke saß und lachte. Selbst die Müdigkeit schien zu verfliegen.

Nachdem die Eltern Julia zunächst zu ihrem Einzelzimmer begleitet hatten, waren sie nun allein. Martin holte eine kleine Flasche Sekt aus der Minibar und ging zu Hannah auf die Terrasse. Es war bereits zwei Uhr morgens. Hellblau strahlte das Wasser des beleuchteten Pools, in dessen Mitte sich ein Wasserfall befand. Im Beet versteckte Strahler hüllten die Palmen in gelbgrünes Licht. Schweigend hielt sich das Paar in den Armen und genoss noch einen Moment den Ausblick, bevor auch sie sich schlafen legten.

*

Lässig schwang sich Martin, nach dem Duschen, ein Handtuch um seine Hüften und ging, vorbei am Bett und der großzügigen Sitzecke, zum Balkon, um die Vorhänge einen kleinen Spalt zu öffnen. Der Schein der Sonne traf genau das Bett. Hannahs makelloser Körper wurde nur an wenigen Stellen von dem weißen Laken bedeckt. Martin bot sich ein Bild, für das die Herausgeber von Erotikmagazinen jeden Preis zahlen würden. Leise trat er an ihr Bett und schüttelte sein nasses Haar über ihrem Rücken aus. Erschrocken fuhr sie herum und sah ihn an. Wassertropfen liefen an seinem muskulösen Körper herunter. Mit einem verschmitzten Lächeln zog sie ihr Betttuch zur Seite und lud ihn mit einer verführerischen Geste zu sich ein. Mit seinem Zeigefinger strich er ihr vom Hals abwärts, zwischen ihren Brüsten über dem Bauch bis zu ihrem Nabel und stupste sie.

„Nettes Angebot aber es ist neun Uhr. Du solltest lieber aufstehen. Es gibt nur bis 10 Uhr Frühstück“, lachte Martin.

„Wie wär's, wenn Du erst naschst und dann etwas isst?“

„Kommt gar nicht infrage. Julia sagen wir auch immer, dass vor dem Essen nicht genascht wird.“

„Du weißt nicht, was Du verpasst.“

„Doch, frische Croissants und einen starken Kaffee, wenn Du Dich nicht beeilst. Ich rufe schon mal bei Julia auf dem Zimmer an, die wird wohl auch noch in den Federn liegen.“

Hannah nahm ihr Kopfkissen und schleuderte es Martin entgegen, stand aber schließlich auf und sprang unter die Dusche.

Der Duft von frischen Croissants, Kaffee und gebackenen Pfannkuchen, erfüllte den Speisesaal.

Hannah legte die Serviette an die Seite und rieb sich, mit beiden Händen, über den Bauch.

„Ich werde hier bestimmt aufgehen wie ein Hefekuchen. Bei dem leckeren Essen kann man ja gar nicht widerstehen.“

„Du wirst es alles wieder abtrainieren.“

Ihr lustvolles Lächeln verriet ihre Gedanken.

„Werde ich?“

„Ja. Du gehst doch bestimmt gleich zu diesem Hampelkurs oder nicht? Um 11 Uhr findet Aquagymnastik statt.“

Julia, die hungrig einen Teller voll Pfannkuchen in sich schaufelte, schaute ihre Mutter mit entsetztem Gesicht an.

„Mama, Du wirst doch wohl nicht mit den anderen Weibern im Pool herumhopsen. Weißt du eigentlich, wie peinlich das ist?“

„Das ist nicht peinlich. Es ist sehr anstrengend und bei dem guten Essen hier unbedingt erforderlich, wenn man nicht anschließend fünf Kilo mehr haben will.“

„Deine Mutter hat Angst, dass die Waage, ihr beim nächsten Mal sagt, dass man sich nicht in Gruppen wiegen soll.“

„Martin! Du bist unmöglich.“

Nach dem ausgiebigen Frühstück nahmen sich die Drei ihre Pool Taschen, die auf den Zimmern bereitstanden und genossen die Sonne Afrikas. Julia ging zum Strand, ihre Eltern blieben am Pool.

Kurz vor 11 Uhr wurde die Musik, als Zeichen das die Aquagymnastik gleich beginnen würde, lauter. Die Frauen wurden, wie die Eloy in dem Film die Zeitmaschine, bei Ertönen der Sirene der Morlocks, magisch von der Musik in Richtung Pool geführt. Auch Hannah legte ihre Zeitschrift beiseite, zupfte ihren knappen, roten Bikini zurecht und ging ins Wasser. Etwa zwanzig Frauen und ein Mann tummelten sich im Wasser. Am Beckenrand stand ein braun gebrannter Sonnyboy und turnte vor. Wie ein Marionettenspieler, der an unsichtbaren Fäden zog, folgten die Frauen jeder Bewegung, die er ihnen abverlangte.

„Puh ist das anstrengend“, meinte eine der Turnerinnen zu Hannah.

„Ich, puh, ich breche auch gleich zusammen. Wollen wir aufhören und erst einmal an der Bar einen alkoholfreien Cocktail trinken?“

„Gute Idee. Wir haben uns für heute schon genug abgestrampelt.“

Die Frauen hüpften aus dem Becken, warfen sich ein Handtuch um und setzten sich an die Poolbar.

„Ich bin übrigens Hannah.“

„Kerstin. Freut mich. Ihr seid gestern Abend angekommen?“

„Ja, das war eine Anreise. Erst nach Khartum, dann noch warten, bis der Flieger nach Port Sudan geht. War schon ganz schön anstrengend.“

„Das glaube ich. Wir hatten Glück. Wir hatten einen Direktflug.“

„Seit wann seid ihr denn da?“

Der Barkeeper erkundigte sich nach den Wünschen. Kerstin schlug vor, einen alkoholfreien Shirley Temple zu trinken. Ihr Freund Peter und sie waren vor drei Tagen angekommen und genossen die Vorzüge des Hotels bereits in vollen Zügen. Kerstin erzählte von dem perfekten Wellnessangebot und empfahl ihr unbedingt die Aromamassage auszuprobieren. Der Barkeeper stellte die dekorierten Gläser auf die Theke. Die beiden prosteten sich zu und genossen den erfrischenden Drink aus Gingerale und Grenadine, der damals für die kleine Shirley Temple erfunden wurde.

„Das nennt ihr also Sport. An der Bar sitzen und sabbeln“, scherzte der 58 jährige Mann mit den braunen Haaren, legte Kerstin den Arm um die Schulter und lachte. Kerstin stellte ihren Freund vor.

„Hey, hey, wir haben auch schon fleißig trainiert. Aber kaum setzt man sich, wird man erwischt“, konterte sie.

„Ja natürlich, gerade erst. Wer's glaubt. Ich habe uns heute zum ersten Tauchgang angemeldet. Um 16 Uhr fahren wir ab.“

„Wo geht’s denn hin? Ich tauche nämlich auch gerne“, fragte Hannah.

„Wir fahren mit dem Boot zur Sanganeb Reef. Es soll herrliche große Fischschwärme geben. Barrakudas und Haie. Ist aber nichts für Anfänger.“

„Ich bin vielleicht eingerostet, habe aber seit Jahren einen Tauchschein. Sind noch Plätze frei? Vielleicht hat mein Mann ja auch Lust.“

„Ja, los, kommt doch mit, das wird toll“, freute sich Kerstin.

Hannah und Martin meldeten sich ebenfalls für den Ausflug an. Da die beiden länger als 6 Monate nicht mehr getaucht hatten, mussten sie erst einen Checkdive am Hotelriff absolvieren, dann konnten sie mit. Julia war froh, ein paar Stunden ohne ihre Eltern zu sein.

Nachdem die Ausrüstung ausgeliehen, und die passenden Neoprenanzüge gefunden waren, wurde das kleine Tauchboot beladen. Mit ihnen fuhren vier weitere Taucher und der Divemaster. Das Boot schnellte über das kristallklare Wasser bis zum Riff. Die Gruppe machte sich für ihren ersten Tauchgang bereit. Die Ventile der Pressluftflaschen wurden aufgedreht, der Lungenautomat getestet. Als die Jacketts angelegt waren, machten sie einen großen Schritt vorwärts und geleiteten ins kristallklare Wasser. Umringt von Sauerstoffblasen verschwanden sie unter der Wasseroberfläche. Als die Gruppe etwa 10m tief war, nahm der Divemaster eine Tüte mit gekochtem Reis aus dem Jacket. Sofort waren sie von einem großen Schwarm bunter Korallenfische umgeben. Peter hatte eine Unterwasserkamera mit und hielt den Moment sofort fest. Abgelenkt von dem fantastischen Riff, hatte Martin nicht bemerkt, dass sich ein Hai genähert hatte. Erst als der Fisch direkt neben ihm war, durchfuhr es ihn wie ein elektrischer Schlag. Er verharrte regungslos mit weit aufgerissenen Augen. Onur, der Divemaster, machte mit seiner Hand eine Geste, die Martin sagte, er solle ruhig bleiben, es bestünde keine Gefahr. Er war aber froh, als er wenig später an Bord des Bootes war.

„Hattest ganz schön Schiss, als der Hai aufgetaucht ist, was?“, foppte ihn Hannah.

„Ja allerdings. Ich habe keine Lust hier als Abendbrot zu dienen.“

„Wenn ein Hai kommt, einfach ruhig bleiben. Passiert nichts. War doch ein Hammerhai. Der kann besser sehen als andere. Er unterscheiden, zwischen Beute und Mensch. Deshalb keine Angst vor Hammerhai. Wenn du siehst grauen Riffhai, der hat gesenkt seine Flosse, dann du musst aufpassen. Das heißt dann Warnung, sonst greife ich an“, erklärte Onur.

Martin zog seine Mundwinkel zur Seite. „Ich hoffe, dass die das auch wissen.“

Nach einer kleinen Stärkung machten sich alle, außer Martin, startklar für den zweiten Tauchgang. Es störte ihn auch nicht sonderlich, dass im Anschluss alle behaupteten, dass er den schönsten Tauchgang verpasst hätte.

Um 19 Uhr legte das Boot wieder am Hotel an. Die beiden Paare trafen sich nach dem Abendessen in der Bar.

„Wart Ihr schon mal in Sudan?, wollte Martin wissen.

„Ich habe hier 5 Jahre gearbeitet. Ich war aber schon bestimmt 20 Jahre nicht mehr hier. Jetzt wollte ich einfach mal sehen, was sich so getan hat. Vielleicht treffe ich ja auch den ein oder anderen Bekannten von früher. Das wäre wirklich spannend“, erklärte Peter.

„In Sudan gearbeitet? Hier im Hotel?“, fragte Hannah.

Peter lächelte. „Nein, meine Unterkünfte waren nicht so komfortabel. Ich habe für Ärzte ohne Grenzen gearbeitet. Nach meinem Medizinstudium und anschließendem Studium zum Facharzt für Pathologie wollte ich einfach noch was Gutes tun. Eigentlich hatte ich ein Jahr eingeplant, dann bin ich hier hängen geblieben.“

Martin war begeistert. „Finde ich toll. Du hattest die Möglichkeit das große Geld zu verdienen und gehst in ein kulturell so weit von uns entferntes Land. Sprichst du arabisch?“

„Ja“, lachte Peter, „und ich kann diese Hieroglyphen sogar lesen.“

Peter versuchte, das Thema zu wechseln. Er fühlte sich unwohl, wenn er im Mittelpunkt des Geschehens stand. So erwähnte er noch einmal den Nachmittag und die beiden Paare verabredeten sich zu weiteren Tauchausflügen. Sogar Martin stimmte, gestärkt durch den Mut einiger Cocktails dem Vorhaben zu.

EndstationHotel Ali Pascha

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