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KAPITEL SECHS

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Jenn folgte Chief Brennan ins Gebäude hinein und hinauf in den zweiten Stock. Sie waren dicht gefolgt von Riley und Bill, als sie sich in die Richtung von Duane Scovilles Wohnung bewegten.

Jenn spitzte die Ohren, als sie aus einem Zimmer ganz in der Nähe ein Geräusch kommen hörte.

Schon wieder diese Musik.

Dieses Mal war sich sich sicher, dass sie die Musik zuvor gehört hatte, doch es war lange her gewesen und sie war sich nicht sicher, wo und wann es war. Es war ein klassisches Stück –– etwas langsames, sanftes und unglaublich trauriges.

Sie kamen zur Tür von Scovilles Wohnung und Chief Brennan klopfte an die Tür.

Eine Stimme aus dem Inneren rief: „Herein.“

Als sie eintraten war Jenn überwältigt von der Unordnung, die in der Wohnung herrschte. Ein Chaos breitete sich aus und der Boden war mit leeren Bierflaschen und Verpackungen von Essen übersäht.

Um die zehn Gitarren standen an Ständern, lagen in offenen Koffern oder hingen irgendwo in Sichtweite. Einige von diesen waren akustische, andere elektrische Instrumente. Außerdem waren Verstärker, Boxen und andere elektronische Musikausstattung über die gesamte Fläche der Wohnung verstreut.

Duane Scoville selbst saß in einem Sitzsack. Er hatte lange Haare und einen Bart, war in Jeans und ein Batik T-Shirt gekleidet und hatte auf einer langen Schnur um den Hals das Friedenszeichen baumeln. Auf seiner Nase saß eine große, runde “Oma-Brille”.

Jenn musste ein Kichern unterdrücken. Scoville war ungefähr Mitte Zwanzig, sah aber so aus, als würde er alles dafür geben wie ein Hippie aus den 60-er Jahren auszusehen. Das Zimmer war mit Perlen, billigen Wandteppichen und Vorlegern mit persischen Motiven und Kerzen dekoriert und war in einer allgemeinen Unordnung gehalten. Einige Poster an den Wänden hatten psychedelische Motive, andere stellten Rock Musiker und Schauspieler dar, die lange vor Jenns Zeit beliebt gewesen waren.

In der Luft hing ein starker Geruch von Räucherstäbchen und…

Noch etwas anderem, begriff Jenn.

Duane Scoville saß da und starrte mit glasigen Augen ins Leere, so als wären sie alle gar nicht da. Er war offensichtlich ziemlich high, obwohl Jenn keinerlei Hinweise auf Drogen in der Wohnung sehen konnte.

Chief Brennan sagte zu ihm: “Duane, das hier sind FBI Agenten Paige, Jeffreys und Roston. Wie gesagt, sie haben noch ein paar Fragen an Dich.”

Duane sagte nichts und bot seinen Besuchern auch nicht an irgendwo Platz zu nehmen.

Jenn war perplex, als sie daran dachte, wie tadellos sauber und ordentlich das kleine Häuschen des Opfers gewesen war. Sie konnte sich schwer vorstellen, dass Robin Scoville diesen Mann jemals gekannt hatte, ganz zu schweigen, dass sie einmal mit ihm verheiratet gewesen sein sollte.

Und dann war da diese Musik…

Statt den Doors oder Jefferson Airplane oder Jimi Hendrix oder sonst irgendeiner anderen Musik, die in diesen Wänden angemessener wäre, hörte Duane irgendeine leise barocke Kammermusik, die ein bewegendes Holzbläser-Solo präsentierte, dass wie ein piepsender, trauriger Vogelgesang klang.

Plötzlich erkannte Jenn das Stück und fragte Duane: “Das ist Vivaldi, oder? Der langsame Satz eines Concertos für die Piccoloflöte.”

Obwohl er Jenn oder ihre Kollegen immer noch nicht ansah, fragte Duane: “Woher wissen Sie das?”

Die Frage wühlte Jenn auf. Sie konnte sich nun genau daran erinnern, wo sie diese Musik früher einmal gehört hatte.

Es war in Tante Coras Pflegefamilie, wo sie aufgewachsen war.

Tante Cora hatte immer klassische Musik im Hintergrund laufen lassen, wenn sie den Kindern die Kunst des kriminellen Lebens beibrachte.

Jenn fuhr zusammen. Es war gruselig und beunruhigend dieses melancholische Melodie nach so vielen Jahren erneut zu hören. Es brachte merkwürdige und verstörende Erinnerungen an frühere Zeiten zurück, die Jenn mit aller Kraft versucht hatte zu verdrängen.

Doch sie wusste, dass sie sich nicht ablenken lassen durfte.

Bleib am Ball, ermahnte sie sich streng.

Statt Duanes Frage zu beantworten, sagte sie…

“Ich hätte Sie nicht für einen Vivaldi Fan gehalten, Duane.”

Duane schaute sie endlich an und ihre Blicke trafen sich.

Er sagte in einer dumpfen Stimme: “Wieso nicht?”

Jenn antwortete nicht. Aus ihrem Studium an der Academy und ihren Erfahrungen mit Riley und Bill wusste sie, dass sie zumindest ein kleines bisschen an Boden gewonnen hatte, indem sie ihn dazu gebracht hatte, sie anzusehen. Nun hatten sie zumindest eine vorübergehende Verbindung hergestellt. Jenn beschloss abzuwarten und Duane als nächstes sprechen zu lassen.

Zuerst sagte er nichts.

Der langsame, traurige Satz kam zu einem Ende und ein funkelnder, schneller Satz erklang.

Duane betätigte einen Knopf an seinem Tonspieler und der langsame Satz begann von vorne.

Endlich sagte er: “Robin mochte dieses Stück sehr. Und dieses war ihr Lieblingssatz. Sie konnte es nicht oft genug hören.”

Dann fügte er mit einem leichten Schnauben hinzu…

“Ich hoffe sie spielen es auf ihrer Beerdigung.”

Jenn erschrak über die aussagekräftige Note der Wut und Bitterkeit in seiner Stimme. Sie fragte sich –– was verbarg sich hinter diesen düsteren Emotionen?

Sie blickte zu Riley und Bill. Sie nickten ihr leicht zu und ermunterten sie somit weiter ihren Instinkten zu folgen.

Sie machte einen Schritt auf Duane zu und fragte: “Gehen Sie zu Robins Beerdigung?”

Duane sagte: “Nein, ich weiß nicht einmal wann oder wo sie begraben wird. Drüben in Missouri, nehme ich an. Dort ist Robin aufgewachsen, ihre Familie lebt immer noch dort. St. Louis, Missouri. Ich nehme nicht an, dass ich eingeladen bin.”

Dann fügte er mit einem kaum hörbaren Kichern hinzu: “Und ich denke kaum, dass ich dort willkommen sein würde, auch wenn ich kommen würde.”

“Wieso nicht?”, wollte Jenn wissen.

Duane zuckte mit den Schultern. “Was meinen Sie? Ihre Familie kann mich nicht besonders leiden.”

“Wieso mögen sie Sie nicht?”

Duane schaltete plötzlich die Musik aus. Sein Gesicht verzog sich ein wenig in was Jenn wie Anwiderung vorkam.

Dann wandte er sich an die drei Agenten. “Schauen Sie, lassen Sie uns eins klarstellen, ok? Sie meinen, dass ich sie ermordet habe. Habe ich nicht. Ich bin das alles schon mit Chief Brennan hier durchgegangen. Es ist so, wie ich ihm gesagt habe –– ich war in Rhode Island, habe dort einen Gig mit meiner Band gespielt. Wir haben dort übernachtet.”

Er kramte in seiner Hosentasche und zog ein Stück Papier hervor, dass er Jenn entgegenhielt.

“Muss ich das noch einmal vorzeigen?”, fragte er. “Das ist unsere Motelrechnung.”

Jenn verschränkte die Arme vor der Brust und ließ ihn mit ausgestreckter Hand dasitzen.

Was auch immer dort drauf stand, sie bezweifelte, dass sie es überzeugend finden würde. Es bewies bestenfalls, dass einige der Bandmitglieder dort übernachtet hatten.

Sie sagte: “Können ihre Bandkollegen dafür bürgen, dass sie die ganze Nacht bei ihnen gewesen waren?”

Darauf antwortete er nicht. Doch sein Blick verriet, dass die Frage Unbehagen in ihm auslöste. Jenns Misstrauen stieg mit jedem Moment an.

Sie fragte ihn: “Können Sie uns sagen, wie wir ihre Kollegen kontaktieren können?”

“Das kann ich schon”, erwiderte Duane. “Aber ich würde es lieber nicht tun.”

“Wieso nicht?”

“Wir haben uns nicht in bester Freundschaft getrennt. Sie hatten mich gerade aus der Band geschmissen. Möglicherweise sind sie nicht gerade kooperativ.”

Jenn begann nun auf und ab zu laufen.

“Es wäre vielleicht eine gute Idee, wenn Sie kooperieren”, sagte sie.

Duane sagte: “Ach ja? Ist das, was ein Anwalt mir sagen würde? Brauche ich einen Anwalt?”

Jenn antwortete ihm nicht sofort. Doch als sie an einem Wohnzimmerschrank, dessen Türen verschlossen waren, vorbeilief, bemerkte sie, dass Duane sich leicht anspannte. Sie schaute die Tür an und schritt näher heran, drehte sich zu ihm und bemerkte, dass seine Nervosität nur zu wachsen schien.

Sie sagte: “Ich weiß nicht, Duane. Brauchen Sie einen Anwalt?”

Duane sank wieder in seinen Sitzsack und versuchte eine entspannte Miene zu machen.

Er sagte: “Schauen Sie, ich möchte jetzt wirklich dass Sie gehen. Es ist eine ziemlich schlimme Zeit für mich, verstehen Sie? Und Sie machen es nicht einfacher. Und ich habe Rechte. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich Ihre Fragen nicht beantworten muss.”

Jenn stand nur da und schaute auf Duane, dann auf den Schrank und wieder auf Duane. Sie konnte spüren, dass sie richtig nah dran war, das herauszufinden, was Duane vor ihr verbergen wollte.

Sie griff nach dem Griff der Schranktür, da fuhr Duane abruft zusammen.

Jenn konnte sehen, wie Riley bestimmt den Kopf schüttelte um sie zu warnen, den Schrank auf gar keinen Fall zu öffnen.

Natürlich brauchte Jenn keine Warnung. Sie wusste genau, dass sie ohne Durchsuchungsbefehl den Schrank nicht öffnen durfte. Diese Bewegung war nichts als ein Bluff gewesen –– der Versuch eine weitreichendere Reaktion aus dem Mann, der hier lebte, herauszuholen, als es ihr bisher gelungen war.

Und sie hatte auf jeden Fall Erfolg.

Duane streckte eine Hand in Richtung Schrank aus und sagte mit zitternder Stimme…

“Das dürfen Sie nicht machen. Ich habe Rechte.”

Jenn lächelte ihn an, nahm ihre Hand jedoch nicht vom Türgriff.

Sie wollte den retrograden Musiker gerade dazu auffordern mit ihnen aufs Polizeirevier zu kommen und dort weitere Fragen zu beantworten, da sagte Riley plötzlich: “Danke für Ihre Zeit, Mr. Scoville. Wir werden nun gehen.”

Jenns Lächeln wich aus ihrem Gesicht.

Sie war sprachlos. Doch sie sah, dass Riley, Bill und der Polizeichef alle zur Tür gingen.

Gefügig folgte Jenn ihnen aus dem Zimmer hinaus.

Als sie den Hausflur entlang und die Treppe hinuntergingen sagte Riley zu Jenn…

“Was war das eben dort drinnen? Du kannst nicht ohne Durchsuchungsbefehl da rumschnüffeln.”

Jenn sagte: “Das weiß ich, Riley. Ich wollte den Schrank nicht öffnen.”

Riley erwiderte: “Naja, es freut mich das zu hören.”

“Nehmen wir ihn nicht zur weiteren Befragung mit?”, wollte Jenn wissen.

“Nein”, sagte Riley.

“Wieso nicht?”

“Riley seufzte und sagte: “Ich habe Hunger. Lasst uns irgendwo etwas essen gehen. Wir können dort über alles reden.”

Sie legten die Diskussion auf Eis während Chief Brennan sie zu einem Imbiss in der Nähe fuhr. Jenn und ihre Kollegen bestellten ihre üblichen Burger und setzten sich an einen Tisch.

Dann wandte sich Riley an Jenn: “Jetzt erzähl mir, was Du von Duane Scoville hälst.”

Jenn ahnte, dass Riley ihr eine kleine Frage-und-Antwort Lektion in Polizeiarbeit erteilen wollte.

Fang jetzt bloß nicht an dich zu verteidigen, sagte sich Jenn streng. Schließlich würde sie wahrscheinlich tatsächlich etwas lernen, ob es ihr gefiel, oder nicht.

Sie dachte über Rileys Frage nach.

Was halte ich von Duane Scoville?

Sie dachte an ihr Gespräch zurück und führte sich bestimmte Teile davon besonders vor Augen.

Sie erinnerte sich an das Schnauben, als er erwähnte, dass das Vivaldi Stück Robins Lieblingsstück gewesen war…

“Ich hoffe sie spielen es auf ihrer Beerdigung.”

Wieso würde ein Rocker wie er überhaupt Vivaldi hören, erst recht denselben Satz immer und immer wieder?

Außer vielleicht aus Schadenfreude.

Dann erinnerte sie sich an den angewiderten Gesichtsausdruck, als er die Musik ausmachte.

Das war gegen ihn selbst gerichtet.

Jenn konnte sich einen guten Grund vorstellen, aus dem er sich so fühlen könnte.

“Ich glaube, dass er schuldig ist”, sagte Jenn.

Riley lächelte leicht und sagte: “Das glaube ich auch.”

Gemieden

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