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KAPITEL ACHT

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Die Szene im Keller war mehr als nur verstörend – Riley fand sie sogar grotesk. Zwei schwere, elegante Holzstühle standen einander gegenüber, nur wenige Meter voneinander entfernt. Eine geöffnete Weinflasche stand auf einem dekorativen Tisch in der Nähe des einen Stuhls. Auf dem anderen Stuhl befanden sich noch die zerfetzten Reste des Klebebandes, mit dem das Opfer festgeschnallt worden war. Vor diesem Stuhl lag ein elegantes Silbertablett auf dem Boden.

Hier muss es sich um mehr als einen schnellen und einfachen Mord gehandelt haben. Irgendeine Art von Schauspiel hatte sich abgespielt, aber Riley hatte keine Ahnung, was geschehen sein könnte. Zumindest noch nicht.

Sie war überrascht, dass die Leiche des Opfers entfernt worden war. Sie nahm an, dass der Gerichtsmediziner des Bezirks sie so schnell wie möglich für eine Autopsie mitnehmen hatte wollen. Aber sie bezweifelte, dass Crivaro dem zugestimmt hätte. So grässlich der Anblick der durch Stromschlag getöteten Leiche auch gewesen wäre – die Leiche hätte den Agenten ein besseres Gefühl dafür vermittelt, was genau hier geschehen war.

„Gibt es Fotos?“, fragte sie Dawes.

„Hier“, meinte Dawes und öffnete einen Ordner mit Schwarz-Weiß-Bildern. „Die wurden heute Morgen aufgenommen.“

Riley und Johnson reichten sich die Bilder gegenseitig weiter. Sie zeigten den frischen Tatort, kurz nachdem die Polizei eingetroffen war. Der Leichnam war immer noch an den Stuhl geschnallt; sein Kopf nach vorne geneigt, als wäre das Opfer eingeschlafen.

Als Riley näher an die Stühle herantrat, deutete Sheriff Dawes auf das silberne Tablett und erklärte: „Die Fußsohlen des Opfers wurden hier im Wasser an Ort und Stelle gehalten.“ Auf den Fotos konnte Riley die nackten Füße im flachen Wasser sehen. Im Tablett selbst befand sich nur wenig Wasser. Dann deutete der Sheriff auf ein schweres Isolierkabel auf dem Boden in der Nähe des Tabletts. Das Ende war abgeschnitten worden, so dass die inneren Drähte frei lagen.

„Der Täter hat das Kabel aus dem Sicherungskasten gerissen und dann das offene Ende ins Wasser geworfen. Das hat den Kreislauf geschlossen. Das Opfer war sofort tot“, erklärte Dawes.

Das Wort ‚sofort‘ kam Riley irgendwie falsch vor. Das Opfer war zwar eventuell an einem schnellen Tod gestorben, aber es steckte mehr dahinter. Es hatte eindeutig eine Art Interaktion zwischen dem Mörder und seinem Opfer gegeben, und der Mord war nicht ‚sofort‘ geschehen.

Welche Art von Austausch stattgefunden hatte, war ein Rätsel, das Riley auflösen wollte.

„Ich verstehe schon“, sagte Johnson, nickte verständnisvoll und zog ein Paar Handschuhe an. „Wasser ist ein ausgezeichneter elektrischer Leiter, genau wie Silber. Der Mörder muss Gummisohlen getragen haben, um sich zu schützen. Ich nehme an, dass der Stromschlag einen Kurzschluss ausgelöst hat.“

Sheriff Dawes nickte.

„Dann ist das ungefährlich zu handhaben“, sagte Johnson, während er vorsichtig das Kabel aufhob und es sorgfältig betrachtete. „Es ist achtspurig und stark genug, um mit einer gewaltigen Spannung fertig zu werden.“

Das andere Ende des schweren Kabels war immer noch in einem großen metallenen Sicherungskasten an der Wand befestigt. Johnson ging hinüber und inspizierte ihn.

Er sagte: „Der Stromkreis ist mit 'Waschküche' beschriftet und hat einen 240-Volt-Schaltkreis mit 30 Ampere. Der arme Kerl hatte vermutlich keine Ahnung, was ihn erwartete.“

Riley war sowohl beeindruckt als auch genervt. Offensichtlich wusste Johnson eine ganze Menge über elektrische Schaltkreise. Aber er lag sehr falsch, wenn er sagte, das Opfer hätte nicht gewusst, was ihn treffen würde. Sie war sich sicher, dass Julian Banfield lange, qualvolle Momente mit dem Wissen, zu sterben, verbracht hatte.

Auf der anderen Seite des Raumes war die Wand mit Wein befleckt, auf dem Boden lagen Stücke von zerbrochenem Glas. Ohne die auf dem Tisch verbliebene Weinflasche zu berühren, las sie das Etikett 'Le Vieux Donjon Châteauneuf-du-Pape'. Der Name sagte ihr nichts.

Sie sagte zum Sheriff: „Ich nehme an, diese Flasche war offen, als Sie die Leiche fanden.“

Der Sheriff grunzte leicht und sagte: „Niemand aus meinem Team hat sie geöffnet, da können Sie sicher sein.“

Johnson trat auf Riley zu und betrachtete die Flasche.

„Ich weiß nicht viel über Wein“, sagte er.

Riley verkniff sich ein Grinse.

Wenigstens gibt es etwas, von dem er nichts weiß, dachte sie.

„Ich auch nicht“, gab sie zu.

Johnson blickte nachdenklich auf die Flasche. Dann zeigte er nach oben und murmelte zu ihr: „Glauben Sie, dass …?“

Er verstummte und für einen Moment verstand Riley seine unausgesprochene Botschaft nicht.

Dann kam es ihr. Johnson fragte sich, ob Sheila Banfield selbst die Flasche geöffnet hatte – entweder vor oder nach dem Tod ihres Mannes.

Er denkt, sie könnte eine Verdächtige sein, begriff Riley.

Irgendwie war Riley die Möglichkeit nicht in den Sinn gekommen, dass Sheila selbst ihren Mann getötet haben könnte. Sie versuchte sich vorzustellen, wie die Frau, mit der sie gerade gesprochen hatte, Schadenfreude über ihren toten oder bald toten Mann empfand, ein Glas Wein mit ausgefallenem Namen genoss und dann das Glas an die Wand warf.

„Ich glaube nicht“, sagte sie.

„Woher wollen Sie das wissen?“

Riley war sich nicht sicher, warum sie dieses Gefühl hatte. Aber ihr Bauch meinte, dass Sheilas Trauer echt war. Sie war keine Mörderin.

„Ich glaube es einfach nicht“, wiederholte sie.

Johnson schüttelte den Kopf und entfernte sich von ihr. Er sprach erneut mit dem Sheriff, zog dann ein Maßband heraus und überprüfte damit die Entfernung zwischen den zwei Stühlen. Er sprach weiter, begann aber, im Zimmer umherzugehen und andere Messungen vorzunehmen, die in Rileys Augen nicht wirklich Sinn ergaben. Alle Zahlen schien er in einem kleinen Notizbuch festzuhalten.

Er wird wahrscheinlich alles in Sichtweite messen, dachte sie.

Und vielleicht war das eine gute Sache, zumindest was sie betraf.

Normalerweise wäre dies der Moment in einer Untersuchung, in dem Jake Crivaro sie dazu überreden würde, zu versuchen, ein Gefühl für die Gedanken des Mörders zu bekommen. Natürlich war Jake nicht hier und Riley nahm nicht an, dass Johnson oder Sheriff verstehen würden, was sie da tat. Aber die beiden Männer unterhielten sich, während Johnson immer wieder wahllos Dinge vermaß. Nun, da sie Riley gründlich ignorierten, glaubte sie, es wenigstens versuchen zu können.

Sie wusste, dass die Polizei bereits nach Fingerabdrücken und anderen Beweisen auf den Stühlen, der Weinflasche und allem anderen, was der Mörder berührt haben könnte, gesucht hatte. Dennoch achtete sie darauf, nichts zu stören, als sie sich auf den großen Stuhl neben dem Tisch setzte, an dem die Weinflasche stand und von dem sie annahm, dass der Mörder dort gesessen hatte. Sie stellte sich dem Stuhl gegenüber, auf dem der Ermordete gefesselt und mit einem Stromschlag getötet worden war, schloss dann die Augen und atmete langsam ein. Dann öffnete Riley die Augen und begann, sich die Dinge aus der Sicht des Mörders vorzustellen. Möglicherweise hatte er hier gesessen, sich ein schönes Glas Wein eingeschenkt und dann darauf gewartet, dass sein mit Chloroform betäubtes Opfer wieder zu Bewusstsein kam.

Dann sah er, wie Julians Augen sich flatternd öffneten.

Und was dann?

Sie vermutete, dass der Täter ihn auf vorgetäuscht freundliche Art und Weise begrüßt und ihm vielleicht sogar zugeprostet hatte, bevor er einen Schluck nahm.

Aber was hat er gesagt?

Und kannten er und das Opfer einander?

Was hier geschehen war, kam ihr sehr persönlich vor. Sie hatte das starke Gefühl, dass der Mörder Julian Banfield zumindest gekannt und einen tödlichen Groll gegen ihn gehegt hatte.

Sie stellte sich vor, wie der Mörder über Kleinigkeiten plauderte – vielleicht über die Qualität des Weins – während er seine Beute auf grausame Weise verspottete und neckte.

Ja, der Mörder kannte sein Opfer definitiv.

Aber hieß das unbedingt, dass Banfield auch seinen Mörder erkannte?

Vielleicht nicht, dachte sie. Vielleicht war das Teil der Neckerei.

Doch die vorgetäuschte Unbeschwertheit des Mörders war nicht von Dauer. Aus irgendeinem Grund war er wütend geworden. Und dann hatte er das Glas an die Wand geworfen …

Und dann?

Riley konnte sich vorstellen, wie das Opfer inzwischen um sein Leben bettelte. Und jedes seiner Worte trug lediglich zur Entschlossenheit des Mörders bei. Schließlich hatte der Mörder nach unten gegriffen, das Kabel aufgehoben und …

„Was tun Sie da, Agent Sweeney?“

Riley erwachte beim Klang von Agent Johnsons Stimme aus ihrer Träumerei.

„Tut mir leid“, sagte sie und stand auf.

Natürlich tat es ihr nicht leid – sie war höchstens verärgert. Musste sie ihrem Partner erklären, dass sie diese Momente intensiver Meditation brauchte

Tötet

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