Читать книгу Tötet - Блейк Пирс - Страница 7
KAPITEL DREI
ОглавлениеRiley klammerte sich an dem schnurlosen Telefon in ihrer Hand fest, während sie in der kleinen Kellerwohnung auf und ab ging, die sie sich mit ihrem Verlobten, Ryan Paige, teilte. Sie versuchte, Agent Crivaro anzurufen.
Und wieder einmal nahm er den Anruf nicht entgegen. Sein Telefon klingelte und klingelte und klingelte.
Ich erreiche nicht einmal seinen Anrufbeantworter, dachte sie.
Ryan sagte: „Kommst du immer noch nicht durch?"
Sie hatte nicht realisiert, dass Ryan ihr Tun beachtet hatte. Er saß am Küchentisch und las Fallmaterialien durch, die er von Parsons & Rittenhouse nach Hause gebracht hatte, der Anwaltskanzlei, wo er als Einsteiger-Anwalt arbeitete.
„Nein“, sagte Riley. „Ich habe das Gefühl, den Verstand zu verlieren. Vielleicht sollte ich zurück nach Quantico fahren und …“
Ryan unterbrach sie sanft. „Riley, nein. Was würde das bringen?“
Riley seufzte. Ryan hatte recht – natürlich. Nach der Verhandlung und Crivaros Verschwinden hatte sie das FBI-Fahrzeug zurück nach Quantico gebracht und gehofft, ihn im Hauptrevier der Verhaltensanalyseeinheit zu finden. Aber er war nicht dort gewesen. Der federführende Special Agent Erik Lehl war bereits nach Hause gegangen, was vermutlich keinen Unterschied machte. Wenn Crivaro nicht dort aufgetaucht war, würde Riley nicht diejenige sein wollen, die Lehl erzählen musste, dass ihr Partner unentschuldigt fehlte.
„Wie oft hast du schon versucht, Crivaro anzurufen?“, fragte Ryan.
„Ich weiß es nicht“, meinte Riley.
Ryan kicherte mitfühlend.
„Erinnerst du dich an Einsteins Definition von Wahnsinn?“, fragte er.
Riley zuckte mit den Schultern. „Ja – wenn man immer wieder dieselbe Handlung ausführt, aber verschiedene Resultate erwartet.“
Sie ließ sich auf die Couch im Wohnzimmerbereich fallen, wo sie zuvor auf und ab gegangen war.
„Vielleicht verliere ich ja auch irgendwie den Verstand“, sagte sie.
Ryan stand vom Tisch auf, ging zum Küchenschrank und holte eine Flasche Bourbon sowie zwei Gläser heraus.
„Ich würde dich nur ungern in eine Anstalt einweisen lassen“, sagte er. „Vielleicht brauchst du was Hartes, um deine Vernunft wiederherzustellen.“
Riley lachte schicksalserschlagen.
„Kann nicht schaden“, meinte sie.
Ryan schenkte ein, setzte sich dann neben Riley auf die Couch und legte seinen Arm um ihre Schulter.
„Willst du darüber sprechen?“, fragte er.
Riley seufzte. Sie hatten schon viel über den Prozess gesprochen, seitdem sie nach Hause gekommen war und auch beim Abendessen war es ihr einziges Thema gewesen. Ryan wusste, wie sehr sie der Ausgang verärgert hatte. Und natürlich hatten sie auch über Crivaros mysteriöses Verschwinden gesprochen.
„Ich weiß nicht, was es da noch zu sagen gibt“, sagte sie und legte ihren Kopf an Ryans Schulter.
„Vielleicht fällt mir etwas ein“, meinte Ryan. „Vielleicht könntest du ein paar Fragen beantworten.“
Riley kuschelte sich enger an ihn. „Ja, das können wir versuchen.“
Ryan nahm einen Schluck Bourbon und sagte dann: „Warum genau machst du dir Sorgen um Agent Crivaro?“
„Weil er gegangen ist, ohne mir Bescheid zu geben“, sagte sie.
„Denkst du, er befindet sich in einer gefährlichen Situation?“
Riley schnaubte. „Agent Crivaro? Ich glaube nicht. Er ist zäh, der kann schon auf sich aufpassen.“
„Machst du dir Sorgen, dass er sauer auf dich ist?“, fragte Ryan.
Riley kniff überrascht die Augen zusammen. Es war tatsächlich eine richtig gute Frage. Sie hob ihren Kopf von Ryans Schulter und nahm einen Schluck Bourbon. Es fühlte sich tröstend an.
„Ich … kann mir nicht vorstellen, warum“, meinte sie.
„Also, was denkst du, was mit ihm los ist?“, fragte Ryan.
Sie erinnerte sich an seinen wütenden Gesichtsausdruck, als er den Gerichtssaal eilig verlassen hatte.
„Er ist sauer auf sich selbst“, sagte Riley. „Er hat das Gefühl, versagt zu haben.“
„Riley, ich weiß nicht, warum ihr beide so unglücklich mit dem Ausgang seid. Dreißig Jahre ist eine lange Zeit. Und Mullins wird fünfzehn Jahre warten müssen, um überhaupt die Möglichkeit auf Bewährung zu bekommen. Das klingt ziemlich zäh.“
Riley dachte wieder an ihre Konfrontation mit den wütenden Eltern der beiden Opfer.
Sie erinnerte sich an das Versprechen, das sie ihnen gemacht hatte.
„Ich werde nicht zulassen, dass er vorzeitig oder auf Bewährung entlassen wird.“
Jetzt konnte sie nicht anders, als sich zu fragen – wäre sie wirklich in der Lage, dieses Versprechen zu halten?
„Wir wollten mehr“, sagte Riley. „Die Familien der Opfer erwarteten mehr. Aber …“
Ihre Stimme versagte.
„Aber was?“, fragte Ryan.
Ryan stupste ihn zärtlich an.
„Du benimmst dich wie eine Art Psychiater“, sagte sie.
„Nein, das tue ich nicht“, sagte Ryan. „Ich benehme mich wie ein Anwalt.“
„Oh, dann befinde ich mich also gerade im Kreuzverhör?“, sagte Riley.
„Genau.“
„Dann muss ich Beschwerde einlegen“, meinte sie. „Das sind ziemlich suggestive Fragestellungen.
„Sag es dem Richter“, sagte Ryan.
„Welchem Richter?“, fragte Riley.
Sie lachten beide und kuschelten sich enger aneinander.
Dann fragte Ryan mit vorsichtigerer Stimme: „Was ist mit dir, Riley? Bist du glücklich?“
Riley fühlte eine Welle der Wärme durch ihren Körper schwappen.
„Oh ja“, sagte sie.
„Nicht nur mit dem Job, meine ich“, erwiderte Ryan.
„Ich weiß“, sagte Riley. „Ich bin wirklich glücklich – mit allem.“
Und das meinte sie mit ganzem Herzen.
Sie und Ryan hatten am Anfang ihrer Beziehung ein paar schwere Zeiten durchgemacht und es hatte Momente gegeben, in denen keiner von beiden geglaubt hatte, dass ihre Beziehung das aushalten könnte. Ryans neuer Job hatte ihn unter extremen Druck gesetzt und Rileys Fälle waren zeitweise ziemlich wild gewesen. Sie hatte viel zu viel Zeit von ihm getrennt verbracht.
Aber Ryan hatte sich nun in seiner Position eingelebt – und das in einer Anwaltskanzlei, die ihm jede Menge Aufstiegsmöglichkeiten bot. Und Rileys Fallbelastung war extrem geschrumpft. Sie und Crivaro hatten schon seit über sechs Wochen keinen Fall mehr bearbeitet, nachdem sie den Serienmörder in Kentucky und Tennessee zu Fall gebracht hatten, der es auf Jungfrauen abgezielt hatte.
Seitdem hatten beide hauptsächlich Recherchearbeiten im Quantico-Büro betrieben und Informationen gesammelt, die Jake den anderen Agenten im Einsatz übermittelte. Riley hatte die Arbeit zeitweise langweilig gefunden. Aber sie musste zugeben, dass es eine Erleichterung war, nicht allzu weit von Zuhause weg zu sein und sich nicht ständig in Gefahr zu begeben.
Das war auch für Ryan eine Erleichterung gewesen. Letztendlich schien er sich an die Idee zu gewöhnen, mit einer Agentin der Verhaltensanalyseeinheit zusammen zu sein. Zumindest versuchte er nicht mehr, sie davon zu überzeugen, zu kündigen. Und sie hatten schon seit Wochen nicht mehr gestritten.
Riley hoffte, ihre Arbeit womöglich in diesem langsameren, angenehmeren und weniger lebensbedrohlichen Tempo fortführen zu können. Sie war sich sicher, dass es zwischen ihr und Ryan immer besser werden würde, je mehr sie zu Hause war.
Und in Zeiten wie diesen schätzte sie es, wie rücksichtsvoll und fürsorglich Ryan sein konnte.
Und attraktiv, dachte sie, während sie ihn ansah.
Dann fragte er: „Willst du weiterreden?“
„Mm-mm“, meinte Riley.
„Was willst du dann tun?“
Riley drehte sein Gesicht zu ihrem und küsste ihn.
„Ich will ins Bett gehen“, sagte sie.
*
Als Riley am nächsten Morgen nach Quantico fuhr, war der Tag so hell und klar wie ihre Laune. Ihre Nacht mit Ryan war leidenschaftlich und perfekt gewesen. Und nun waren sie beide auf dem Weg zu ihren Jobs, die ihnen wirklich wichtig waren.
Könnte das Leben besser sein, fragte sie sich.
Jetzt, wo sie darüber nachdachte, könnte es das vielleicht tatsächlich. Und das würde es auch. Irgendwann bald würden sie und Ryan heiraten und, wenn sie beide bereit waren, eine Familie gründen.
Was Agent Crivaro anging, war Riley sich sicher, dass er sich heute besser fühlte.
Seine Laune gestern war sicherlich nur flüchtig, dachte sie.
Als sie auf ihren Parkplatz der Verhaltensanalyseeinheit fuhr, machte ihr Herz einen Sprung, als sie Crivaro in der Nähe seines Wagens stehen sah, wo er wie so oft auf ihre Ankunft wartete.
Alles ist wieder normal!
Sie parkte ihren Wagen und sprang heraus.
Nicht umarmen, befahl sie sich selbst. Das würde er nicht wollen.
Aber ihre Laune verschlechterte sich, als sie auf ihn zuging. Seine Arme waren verschränkt und er starrte auf den Asphalt, als hätte er ihre Ankunft gar nicht bemerkt.
Definitiv nicht in der Stimmung für Umarmungen, realisierte sie.
Was auch immer er ihr gleich sagen würde – sie war sich sicher, dass es ihr nicht gefallen würde.