Читать книгу Tötet - Блейк Пирс - Страница 4
PROLOG
ОглавлениеJulian Banfield stand in seiner Küche und atmete tief ein. Er liebte es, wenn sich die Gerüche seines spätabendlichen Snacks vermischten – frisch gekochter Kaffee und gebratener Speck.
Genieße es noch ein letztes Mal, sagte er zu sich selbst, während er den Bacon umdrehte.
Seine Frau, Sheila, würde bald von ihrer Buchtour zurückkommen, vermutlich sogar noch, bevor er zu Bett ging. Julian musste sicherstellen, keine Beweise zu hinterlassen, Bacon und andere Cholesterinbomben während ihrer Abwesenheit genossen zu haben. Er machte sich eine mentale Notiz, die Küche gründlich mit Lufterfrischer zu besprühen, um den köstlichen, aber lange nachklingenden, Geruch loszuwerden.
So sehr er Sheila auch liebte – sie waren schon immer sehr glücklich miteinander gewesen – musste er zugeben, ihre Abwesenheit während der letzten Woche genossen zu haben. Nach fünfunddreißig Jahren der Ehe konnte er nicht sagen, dass er sie besonders vermisste. Genauso wenig konnte er sich vorstellen, dass sie ihn sonderlich vermisste. Stattdessen war es eine interessante Veränderung gewesen, für beide.
Und es war erfrischend gewesen, nicht ständig ihrem sanften aber hartnäckigen Schimpfen zuhören zu müssen, wenn es um seine kleinen Laster und Schwächen ging. Er war in der Lage gewesen, Donuts und Pizza zu essen, die Trainingseinheit im Fitnessstudio ausfallen zu lassen und nach dem Abendessen ein oder zwei Bourbon zu trinken.
All das würde nun enden, wenn Sheila nach Hause kam.
Nutze die Gunst der Stunde, wies er sich selbst an.
Er holte den Speck aus der Pfanne und schlug ein paar Eier in dem blubbernden Bacon-Fett auf. Dann schob er eine Brotscheibe in den Toaster und schenkte sich etwas Orangensaft ein. Als die Eier fertig aussahen, drehte er sie für ein paar Sekunden um und dann wieder zurück. Mit dem makellosen, durchsichtig weißen Film über dem Eigelb zufrieden, beförderte er die Eier auf einen Teller. Zur selben Zeit war auch der Toast fertig.
Er stellte den Teller mit Bacon, Eiern und Toast auf den Küchentisch, setzte sich und schmierte sündhafte Mengen an Butter aufs Brot – ein weiterer Luxus, den er mit Sheilas Rückkehr aufgeben werden würde. Als er zu essen begann, ertappte er sich dabei, über die Therapiesitzung des nächsten Tages nachzudenken. Sein erster Termin am Morgen war ein junger Mann namens Dennis Jones, dessen Impulskontrollstörung ihm eine Verhaftung wegen Ladendiebstahls eingebracht hatte.
Julian hatte sein Bestes gegeben, den Richter davon zu überzeugen, dass Dennis‘ Kleptomanie eine Krankheit und kein Verbrechen war; eine Zwangsstörung und kein Versagen des Moralverständnisses. Schließlich stahl der Junge gewöhnlich Dinge, die er nicht einmal haben wollte.
Aber der Richter war immer noch unentschlossen, wie er Dennis‘ Fall beurteilen sollte. Um ihn also aus dem Gefängnis fernzuhalten, würde Julian sein Verhalten dauerhaft ändern müssen.
Die morgige Aufgabe beinhaltete, Dennis davon zu überzeugen, Naltrexon zu seinen Medikamenten hinzuzufügen, die derzeit aus Fluoxetin und Bupropion bestanden. Dennis war neurotisch und nicht besonders intelligent. Obwohl er nicht zu Wahnvorstellungen oder Paranoia neigte, hatten gewisse Verschwörungsseiten im Internet ihn davon überzeugt, dass die Regierung psychiatrische Medikamente zur Gedankenkontrolle einsetzte. Julian hoffte, ihm diese schwachsinnige Idee ausreden zu können.
Julian grunzte genervt über dieses Hindernis.
Das Internet hat meinen Job definitiv nicht leichter gemacht, dachte er.
Seiner Meinung nach untergruben soziale Netzwerke und andere Online-Aktivitäten die mentale Gesundheit der Gesellschaft als Ganzes. Sheila hatte sich mit der digitalen Welt gut zurechtgefunden, aber Julian fühlte sich manchmal wie ein Relikt einfacherer und gesünderer Zeiten.
Noch schlimmer war, dass er wusste, von seinen jüngeren Kollegen als alter Kauz betrachtet zu werden, der mit den Veränderungen der Welt nicht Schritt halten konnte. Er freute sich auf die Rente, die mindestens noch zwei oder drei Jahren entfernt war.
Während er seinen Snack genoss, ertappte er sich dabei, Sheila zu beneiden. Sie war in der Lage gewesen, ihre eigene Familientherapiepraxis aufzugeben, nachdem sie einen Bestseller über genau die Probleme geschrieben hatte, die Julian Sorge bereiteten. Und nun durfte sie durchs Land reisen, Lesungen halten, Bücher signieren und sich einfach in der Bewunderung der Öffentlichkeit sonnen.
Muss schön sein, dachte Julian.
Aber er war entschlossen, dem Neid nicht nachzugeben. Schließlich machten Sheilas Buchhonorare auch seine Seniorenzeit einfacher. Und er war froh, dass sie ihr neues Leben genoss.
Julian beendete seine Mahlzeit und brachte Teller, Glas und Besteck zum Spülbecken. Während er damit begann, abzuwaschen, glaubte er, neben dem Geräusch von fließendem Wasser etwas anderes gehört zu haben. Er drehte den Wasserhahn ab und lauschte.
War Sheila früher als erwartet nach Hause gekommen?
Falls das der Fall wäre, würde er das Aroma von gebratenem Speck unmöglich vertuschen können.
Erwischt, dachte er.
Er würde ein beschämtes Grinsen aufsetzen und sein abwegiges Verhalten beichten müssen. Sheila würde ihn war ausschimpfen, aber nicht wirklich unangenehm werden. Sie würden beide verträglich lachen, während er Versprechungen für die Zukunft machen würde, die er sicherlich nicht halten konnte.
Er stand einen weiteren Moment lauschend da, hörte aber nichts. Vermutlich war das Geräusch seiner schulderfüllten Imagination entsprungen. Er wusch weiter ab und trocknete sich dann die Hände ab, als ein weiteres Geräusch zu seinem Ohr vordrang.
Dieses Mal war er sich sicher, sich das Geräusch nicht eingebildet zu haben.
„Sheila?“, rief er.
Keine Antwort.
Er ging ins Wohnzimmer und sah sich um. Niemand da. Aber er war sich sicher, etwas gehört zu haben.
Er drehte sich in Richtung des leeren Flures und sah, dass die Tür zu Sheilas Arbeitszimmer nun geschlossen war.
Ein alarmiertes Prickeln überkam ihn.
Vielleicht war Sheila nach Hause gekommen, hatte den Bacon gerochen und war nun – statt gutmütig verdrießlich zu reagieren – aufrichtig böse auf ihn. Böse genug, sich in ihrem Arbeitszimmer einzuschließen. Diese Art von Verhalten passte nicht wirklich zu ihr, aber wenn ihr Trip sich als weniger angenehm entpuppt haben sollte, war sie womöglich mürrischer als sonst.
Er ging zum Arbeitszimmer und klopfte.
„Sheila, bist du da drin?“, fragte er.
Wieder keine Antwort. Für einen Moment stand Julian einfach nur verwirrt da. War überhaupt jemand ins Haus gekommen? Er war sich sicher, sich diese Geräusche nicht eingebildet zu haben. Aber im Flur stand kein Gepäck.
War es möglich, dass Sheila die Taschen in ihr Büro geschleppt und die Tür hinter sich zugezogen hatte und nun nicht einmal mit ihm sprechen wollte?
Das wäre natürlich albern und er wusste, dass es neurotisch war, das überhaupt in Erwägung zu ziehen.
Amüsiert über seine eigenen Spekulationen schüttelte er den Kopf, öffnete die Arbeitszimmertür und ging hinein. Sofort sah er, dass Sheilas typisch makelloser Arbeitsplatz – im Gegensatz zu seinem eigenen Chaos im oberen Stockwerk – unverändert und unbesetzt war.
Vielleicht ist sie nach oben gegangen, dachte er.
Aber diese Art von Aktivität im Haus hätte er doch sicherlich bemerkt. Es war viel wahrscheinlicher, dass seine Einbildung ihm einen Streich spielte.
Plötzlich hörte er ein Geräusch hinter sich im Flur vor dem Arbeitszimmer. Es klang nach schnellen Schritten. Bevor er sich auch nur umdrehen konnte, wurde er von hinten gepackt. Eine starke Hand drückte ein feuchtes Stück Stoff über seinen Mund und seine Nase.
Julian erkannte den penetrant süßen Geschmack und Geruch sofort aus seiner medizinischen Ausbildung.
Chloroform!
Sein Verstand raste bereits, während sein Körper noch nicht von der Panik eingenommen worden war. Er wusste, sich in ernsthafter Gefahr zu befinden, aber er fühlte es nicht.
Er zappelte nur kurz und nahm noch verschwommen wahr, die Schreibtischlampe umzustoßen.
Und innerhalb weniger Augenblicke nahm er überhaupt nichts mehr wahr.