Читать книгу Tötet - Блейк Пирс - Страница 6

KAPITEL ZWEI

Оглавление

Julian Banfield hatte das Gefühl, aus einem furchtbaren Traum aufzuwachen.

Oder überhaupt nicht aufzuwachen, dachte er.

Er war noch immer benommen und kaum bei Bewusstsein. Außerdem hatte er unglaubliche Kopfschmerzen.

Er öffnete die Augen – oder zumindest glaubte er das – und fand sich von völliger Dunkelheit umhüllt. Als er versuchte, sich zu bewegen, begriff er, dass er es nicht konnte. Er wusste, dass diese Art von Immobilisierung ein typisches Symptom seiner sporadischen Albträume war – vermutlich verursacht durch die einengenden Decken, unter denen er lag.

Aber das hier fühlt sich anders an, realisierte er.

Obwohl seine Gliedmaßen außer Fecht gesetzt waren, lag er nicht.

Atme, wies Julian sich selbst an, wie er es schon oft seinen Patienten erklärt hatte. Langsam atmen, ein und aus.

Aber seine Stimmung sank, als ihm die Wirklichkeit der Situation dämmerte. Er saß gefesselt in absoluter Dunkelheit. Selbst nach mehreren tiefen Atemzügen schaffte er es nicht, sich zu beruhigen.

Denk nach, meinte er zu sich selbst. Was ist das letzte, an das du dich erinnerst?

Dann kam alles zurück. Er hatte im Arbeitszimmer nach Sheila gesucht, als jemand ihn von hinten gepackt und dazu gezwungen hatte, durch einen Stofffetzen zu atmen, der mit einer süßen, dicklichen Flüssigkeit durchtränkt worden war.

Chloroform, erinnerte er sich und seine Gedanken rutschten wild in Richtung einer Panikattacke.

Dann hörte Julian eine leise und sanfte Stimme in der Dunkelheit.

„Hallo Dr. Banfield.“

„Wer ist da?“, keuchte Julian.

„Sie erkennen meine Stimme nicht?“, sagte die Stimme. „Nun, ich nehme an, das ist nicht allzu überraschend. Es ist lange her. Ich war noch viel jünger und meine Stimme ganz anders.“

Plötzlich erstrahlte ein Licht und Julian war kurz wie geblendet.

„So“, sagte die Stimme. „Ist das besser?“

Julian kniff die Augen zusammen, um sich an das Licht zu gewöhnen. Ein Gesicht erschien vor ihm – ein lächelnder Mann mit einem langen, schmalen Gesicht.

„Sicherlich erkennen Sie mich jetzt“, sagte er.

Julian starrte ihn lediglich an. Er glaubte, dass die Form des Kinns ihm vage bekannt vorkam, konnte es aber nicht einordnen. Er erkannte ihn nicht und um die Wahrheit zu sagen, war ihm das in dem Moment auch egal. Er begann, die Situation zu verstehen – und es sah sehr, sehr schlecht aus.

Er und der fremde Mann befanden sich in Julians Weinkeller, umgeben von Regalen mit hunderten von Weinflaschen. Julian war irgendwie an einen der schweren und eleganten Holzstühle gebunden worden, die Teil des Weinkellerdekors waren.

Ein Fremder saß auf einem anderen Stuhl, starrte ihn an und lächelte noch immer.

Er hielt ein Glas in der einen und eine frisch geöffnete Flasche Wein in der anderen Hand.

Er schenkte sich ein und sagte dann: „Ich hoffe, es stört Sie nicht – ich habe mir die Freiheit genommen, eine Flasche Le Vieux Donjon Châteauneuf-du-Pape von vor ein paar Jahren zu öffnen. Ich nehme an, das war ziemlich dreist von mir. Vielleicht haben Sie den Tropfen ja für einen besonderen Moment aufbewahrt. Ich habe gehört, der Vintage soll sehr angenehm reifen.“

Er hielt das Glas vors Licht und betrachtete den Wein mit Kennermiene.

Er sagte: „Ich war versucht, einen 1987 Opus One zu öffnen, aber das wäre natürlich absolut unangemessen gewesen. Außerdem macht mich dieser Vintage sehr neugierig.“

Der Fremde nahm einen Schluck und bewegte die Flüssigkeit im Mund herum.

„Er wird seinem Ruf definitiv gerecht“, sagte er. „Spuren von zerstoßener Wacholderbeere, Brombeere, Rosine, gerösteten Maronen. Ein mutiger, reicher Geschmack. Ich bin zwar kein Experte, aber ich würde sagen, dass das eine gute Investition war.“

Julian fühlte sich noch immer konfus und verwirrt.

Nicht schreien, warnte er sich selbst. Niemand würde ihn hören können und es würden den Mann nur aufhetzen. Stattdessen sollte er vermutlich seine Fähigkeiten als Therapeut nutzen. Vor allem war es wichtig, ruhig zu bleiben – oder zumindest, ruhig zu erscheinen.

„Nun“, sagte er. „Jetzt, wo wir hier sind, möchten Sie mir vielleicht ein bisschen über sich selbst erzählen.“

Der Fremde kicherte. „Was würden Sie gerne wissen, Doktor?“, fragte er.

„Sicherlich möchten Sie mir etwas darüber erzählen, warum … ähm, was uns in diese besondere Situation gebracht hat“, antwortete Julian.

Der Fremde machte ein kratzendes Geräusch, was nicht wirklich als Lachen zu interpretieren war. „Ich fürchte, dass ist eine eher lange und komplizierte Geschichte“, sagte er. Dann stand er plötzlich auf und warf das delikate Weinglas gegen die Wand, wo es zerbrach. Die Weinflasche stellte er auf einen kleinen, dekorativen Tisch.

Julian begriff, dass seine professionellen Taktiken ihm hier nicht weiterhelfen würden. Also versuchte er sich an einer anderen Herangehensweise.

„Meine Frau wird bald zu Hause sein“, platzte er heraus.

Der Fremde klang unbeeindruckt.

„Wird sie das? Nun, dann sollten wir wohl zum Geschäftlichen kommen.“

„Wer zum Teufel sind Sie?“, forderte Julian.

Ein verletzter Blick überrollte das Gesicht des Fremden.

„Ach du meine Güte. Ich hatte gehofft, mittlerweile erkannt worden zu sein. Nun, da habe ich wohl zu viel erwartet. Aber ich bin mir sicher, dass Sie mich bald erkennen werden. Ich kenne eine todsichere Methode, Ihr Gehirn zu stimulieren.“

Wieder glaubte Julian, etwas Vertrautes am Kinn des Mannes wahrzunehmen. Aber er erkannte ihn definitiv nicht. Die einzige Wirklichkeit, auf die er sich konzentrieren konnte, war die Tatsache, dass er Gefangener in seinem eignen Weinkeller war – einem Mann ausgeliefert, der ziemlich verrückt zu sein schien.

Er wusste nur nicht, wie er an dem Stuhl festgemacht worden war, aber es fühlte sich mehr als unangenehm an. Etwas Enges drückte gegen seine Brust, was das Atmen erschwerte. Nun begriff er auch, dass seine Füße nackt, kalt und feucht waren.

Er sah zu Boden. Obwohl seine Knie zusammengebunden waren, konnte er einen seiner großen Silberteller auf dem Boden sehen. Als er seine Füße ein wenig bewegte, merkte er, in seichtem Wasser zu stehen.

„Ja“, kommentierte der Fremde. „Ich habe einen Silberteller aus Ihrem reizenden Geschirrschrank mitgebracht. Perfekt für die bevorstehende Tätigkeit. Darin befindet sich etwa ein halber Zentimeter Wasser und sowohl Wasser als auch Silber sind exzellente Leiter.“

Exzellente Leiter, fragte sich Julian.

Seine Augen wanderten durch den Raum und versuchten, so viel wie möglich von den Geschehnissen um ihn herum aufzunehmen. Er konnte sehen, dass der Fremde ein Paar Stiefel mit Gummisohlen zu tragen schien.

Dann begann er, ein Paar dicker Gummihandschuhe anzuziehen.

Was um Himmels Willen …? Wieder warnte sich Julian davor, zu schreien.

Der Fremde verschwand für einen Moment aus Julians Blickfeld. Nach einem Klappern aus der Richtung des Stromverteilerkastens des Kellers, kam der Fremde mit einem Stück hochleistungsfähigem Isolierkabel zurück. Das Kabel war abgetrennt worden und die Drähte darin freigelegt.

Julian fühlte, wie sein Körper begann, die schreckliche Angst zu begreifen.

Der Fremde kam auf Julian zu und sah ihm in die Augen.

„Sind Sie sicher, dass Sie mich nicht erkennen, Dr. Banfield?“, fragte er mit diesem unvergänglichen Lächeln.

Julian starrte in das Gesicht des Fremden, wieder stach ihm die Form seines Kinns ins Auge. Er dachte angestrengt nach und versuchte, das Gesicht einzuordnen, während ein Schwall von Gedanken durch seinen Kopf raste.

Elektrizität … Elektroden … Stromleiter …

Dann begriff er es plötzlich. Obwohl er keinen Namen parat hatte, war das Gesicht selbst nach so vielen Jahren noch unverkennbar.

„Ja!“, murmelte er überrascht. „Ja, ich weiß, wer Sie sind!“

„Oh, gut!“, meinte der Fremde. „Ich wusste, ich könnte Ihre Erinnerung anregen.“

Julians Herz klopfte schmerzhaft.

„Meine Frau wird bald zu Hause sein“, sagte er erneut.

„Ja, da bin ich mir sicher“, meinte der Fremde. „Und wie überrascht sie sein wird!“

Der Fremde ließ die nackten Drähte vorsichtig auf den Silberteller fallen. Julian schrie, als sein Bewusstsein in einem Blitz aus glühendem Weiß explodierte.

Tötet

Подняться наверх