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Kapitel 48: Alles wird gut

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Es ging ruhig hinüber ins Jahr 1993. Ina war bei ihrem Hausarzt in Behandlung. Der schlug ihr vor, eine Mutter-Kind-Kur zu beantragen. Und so bekam sie im Februar ein Schreiben, in dem die Kur genehmigt wurde. Ende April sollte es losgehen.


Mitte März sagte mir Ina eines Abends: »Ich glaube ich bin schwanger. Meine Periode ist längst überfällig.«

»Wie bitte?« Ich war völlig überrascht. »Ich denk Du hast Dir eine Spirale einsetzen lassen.« Ina gestand mir, dass sie die Spirale im Dezember letzten Jahres zwar entfernen, aber nicht hatte erneuern lassen.

Ein zweites Kind passte eigentlich nicht so richtig in meine Lebensplanung. Und bisher hatten wir über Derartiges auch nie ernsthaft nachgedacht.

»Das hat doch nicht unbedingt etwas zu bedeuten. Es wäre nicht das erste Mal, dass Deine Regel nicht punktgenau einsetzt«, beschwichtigte ich.

»Das ist richtig, aber eine Frau fühlt sowas. Ich hab mir bereits einen Termin beim Frauenarzt geben lassen«, erwiderte Ina mit einem wissenden Blick.

Ich muss gestehen, diese Neuigkeit brachte mich etwas durcheinander. Ein Kind zu diesem Zeitpunkt war nicht unbedingt optimal. Wir hatten gerade unsere erste Ehekrise hinter uns, die laufenden Kosten für das Haus drückten und mit Bastian waren wir endlich durch das Gröbste durch. Die Vorstellung auf erneute beschissene Windeln und Babygeschrei entfachten nicht unbedingt Begeisterungsstürme in mir. Doch wenn es denn so sein sollte, würden wir auch das hinkriegen. Und unser Bastian würde endlich sein ersehntes Geschwisterkind bekommen. Ich merkte, während ich so darüber nachdachte, dass mir die ganze Sache irgendwie zu gefallen begann.


Noch in der gleichen Woche ging Ina zur Untersuchung. Der Arzt stellte fest, dass sie in der 14. Woche schwanger war. Nun war es also amtlich.

»Deine Mutter hat tatsächlich recht. Du brauchst nur Deine Schlüpfer in den Wind hängen, … und schon bist Du schwanger«, feixte ich.

Natürlich mussten wir uns beide an den Gedanken gewöhnen, Ende des Jahres vier Personen zu sein. Doch dann gewannen die bekannten Mutter- und Vatergefühle die Oberhand. »Naja, was soll’s«, sagte ich. »Fahr Du erst einmal mit Bastian zur Kur und erhol Dich.«


Ina fuhr mit Bastian zur Mutter-Kind-Kur, und ich war die nächsten vier Wochen allein zu Hause. Wenn ich dann abends im Wohnzimmer saß, merkte ich, wie sehr mir beide fehlten. Manchmal telefonierten wir, aber das war nicht dasselbe.

Wenn ich dann auch mit Bastian sprach, erzählte mir Ina anschließend, dass das garnicht nicht so gut für ihn wäre. Meistens weinte er, nachdem er mit mir gesprochen hatte. Weil er mich sehr vermissen würde. Und wenn wir anschließend den Hörer aufgelegt hatten, musste ich mich auch ziemlich zusammenreißen, um nicht auch loszuheulen.


Am Wochenende baute ich zwei Mikrofone auf, und nahm mir das kleine Kinderbuch mit der Geschichte von den Bibern, die einer kleinen Ente beim Umzug vom Dorfteich in einen See halfen. Das war Bastians aktuelle Lieblingsgeschichte.

Ich las die Geschichte laut vor, während der Recorder lief und alles auf Kassette aufnahm. Im gleichen Tonfall, wie ich es abends immer am Bett von meinem kleinen Sohn tat. Anschließend sprach ich noch etwas Persönliches auf. »Bastian, sei artig und mach das, was Mama Dir sagt. Bald bist Du wieder zuhause. Und jetzt schlaf schön - ... ich hab Dich lieb.«

Dann packte ich die bespielte Kassette und einige Naschies in einen Karton. Zusätzlich hatte ich noch ein paar Dinosaurier-Figuren besorgt. Die Dinger waren damals ziemlich angesagt bei den Kids. Und am nächsten Tag ging ich damit zur Post.


Zwei oder drei Tage später rief mich Ina an und erzählte, wie sehr sich Bastian über das kleine Päckchen gefreut hatte. Die Saurier mussten immer in seinem Bett schlafen, und er hörte vorm Einschlafen immer wieder die von mir besprochene Kassette. Wenn dann die Stelle kam, an der ich sprach: »… und mach immer das, was Mama sagt«, antwortete er mit Blick auf den Kassettenrekorder: »Ja Papa, mach ich. Ich hab Dich auch lieb!«

Ich war zutiefst gerührt, als Ina mir das schilderte. Und ich sehnte den Tag herbei, an dem ich meine beiden vom Bahnhof abholen würde.

Meine kleine Familie war das Wichtigste in meinem Leben geworden - und bald würden wir sogar Vier sein. Wenn Ina mir erzählte, dass ihr Bauch nun auch zu wachsen anfing, hatte ich wieder dieses unbeschreibliche Kribbeln. Wie damals als sie mir im Auto erzählte, dass ich Papa werden würde.


Die vier Wochen kamen mir wie eine Ewigkeit vor. Doch eines Tages fuhr ich zum Bahnhof und holte meine sehnlichst erwarteten »Rückkehrer« ab.

Als sie aus dem Zug stiegen und Basti mich erblickte, riss er sich los und stürmte mit seinen noch kurzen Beinen auf mich zu. Ich hob den Knirps zu mir hoch und schloss ihn in meine Arme. Leider musste ich feststellen, dass sein Kopf ziemlich heiß war und seine kleine Stupsnase triefte. Auch Ina hatte sich erkältet.

»Da schick ich Euch beide gesund los und bekomm Euch krank zurück«, bemerkte ich, als wir endlich gemeinsam zuhause eintrafen.


Es gab viel zu erzählen. Und trotz der Erkältung schien Ina sich doch gut erholt zu haben. Unter ihrer Bluse war jetzt zu erkennen, dass sich dort etwas wölbte.

»Seht zu, dass Ihr beide schnell gesund werdet«, sagte ich, »es ist ein schönes Gefühl, dass Ihr wieder zuhause seid.«


**********


Ende Juli stiegen wir in den Flieger nach Mallorca. Bastian war aufgeregt. Das erste Mal in seinem Leben flog er in einem Flugzeug. Manchmal, wenn ich ihn mir von der Seite ansah, war ich erstaunt, wie er mittlerweile doch gewachsen war. Ein richtiger Bengel war er geworden, voller Energie und immer Blödsinn im Kopf. Er war ein pfiffiges Kerlchen und ich war enorm stolz auf ihn. Und wenn ich alte Kinderfotos von mir sah, entdeckte ich die erstaunliche Ähnlichkeit zwischen uns. Das Gesicht, die Haare, das Grinsen - eine fast perfekte Kopie.


Durch Zufall und wegen des günstigen Preises lag unser Hotel in Cala d`Or. Dem Ort, an dem ich vor vielen Jahren meinen ersten richtigen Urlaub gemacht hatte. Dass ich damals mit meiner Verflossenen hier gewesen war, störte Ina nicht. Das Kapitel war auch für mich abgeschlossen. Außerdem hatte sich hier vieles geändert. Es gab kaum etwas, was mich noch an die vergangene Zeit erinnerte. Ich wusste, ich hatte das gefunden, was ich mir immer wünschte. Glück, Liebe, Zufriedenheit - meine kleine Familie!


Bastian hatte aufblasbare Schwimmärmel bekommen und ich übte mit ihm die ersten Schwimmzüge. Er war nicht aus dem Wasser zu kriegen. Ina hielt sich bei den Tobereien etwas zurück, ihr Bauch war jetzt bereits kugelrund.

Oft saßen wir drei abends in unserem Hotelzimmer und legten die Hände auf die Wölbung. Bastian streichelte dann ganz sanft den nackten Bauch seiner Mama und manchmal legte er sein Ohr darauf oder küsste ihn. »Meinst Du, dass das Baby mich hören kann, Mama?«, fragte er einmal.

»Natürlich«, antwortete Ina, »wahrscheinlich freut es sich schon jetzt auf seinen tollen Bruder.« Und Bastian strahlte.

Das waren für mich Momente des vollkommenen Glücks. Eine Steigerung konnte es nicht geben. Mir ging es unglaublich gut. Bastian war ein gesunder, fröhlicher, aufgeweckter Junge und auch Ina war wieder zufrieden und glücklich.

Doch dann gingen auch diese drei herrlichen Wochen zu Ende. Wir waren knackig braun geworden und auch gut erholt.


Der Rest des Sommers in Deutschland war gut auszuhalten.

Manche lauen Abende saßen wir bis zum Einbruch der Dunkelheit mit meiner Mutter und Inas Eltern auf unserer Terrasse und genossen die Schönheit des Augenblicks.

Die Ankunft unseres zweiten Kindes würde nicht mehr lange auf sich warten lassen. Ina war nun 31 Jahre alt und es ging ihr blendend. Eine Frau im besten Alter - fand ich. »Was ist das bloß, was schwangere Frauen so aufblühen lässt«, fragte ich mich manchmal. Eine Frage, auf die ich bis zum heutigen Tage keine Antwort bekommen habe.


Wenn die Tage ihre Farbe verlieren - Band 2

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