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8. Kapitel

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Die ersten Szenen und Sequenzen des Filmes in schwarz-weiß zeichneten ein erschütterndes Bild. Ein hagerer Mann mit einem hohlwangigen Gesicht, Vollbart und grauem verfilztem Haar, das ihm bis zu den Schultern reichte, erschien auf dem Bildschirm. Seine Haut war erschlafft und seine schmalen Lippen hatten sich zu einem wahnsinnigen Grinsen verzogen. Doch den schlimmsten Anblick boten seine Augen. Tief in den Höhlen liegend, um die herum das Fleisch dunkel und eingesunken war, offenbarten sie den ganzen ungeschminkten Irrsinn dieses Mannes.

»Siehst du seinen seltsam leeren und zugleich wachen Blick, Justine?«

Justine kam einen Schritt näher auf den Monitor zu.

Sein toter Blick war von Bildern traumatisiert worden, welche die Begriffswelt des menschlichen Geistes nicht beinhaltete, Bilder, mit denen der normale Mensch nicht umzugehen versteht. Die Augen dieses Mannes waren Zeugen geheimnisvoller Vorgänge geworden, die ein Normalsterblicher niemals zu Gesicht bekommen sollte. Auf irgendeine Weise, rätselhaft und sonderbar, schienen sie noch immer an dem Ort dieser Geschehnisse zu verweilen, schienen noch immer in diese ferne andere Welt zu blicken. Sie starrten vor sich hin - ausdruckslos, wie gelähmt. Dann wieder, urplötzlich, huschten sie gehetzt durch den Raum, um im nächsten Moment erneut zu erstarren. Dabei wirkte der Vorgang so reflexhaft und ungewollt, als hätten sie sich zu selbstständigen Organen mit eigener Intelligenz entwickelt.

Nun begann der Mann, zu sprechen. Justine riss sich gewaltsam von dem furchtbaren Anblick los. Sie schloss die Augen, konzentrierte sich mit all ihrer Energie auf die gemurmelten Worte.

»Sie ... haben mich fortgebracht ... die Feuerdämonen. Ja, die Feuerdämonen sind hungrig, sie wollen ihre Fleischration ...«

Justine schluckte.

Die Kamera fuhr zurück und mehr von der Umgebung kam ins Bild. Der Mann lag auf einer Bahre, an Händen und Beinen festgeschnallt. Der düstere Raum war leer, nur diese Bahre stand in der Mitte. Die Ledergurte an den Ecken der Bahre, die ihn fixierten, waren abgenutzt und matt gescheuert, als wären sie schon einen langen Zeitraum hinweg in Verwendung.

»Aber ich war schneller als sie ... Ich war schneller ...«

Mit gemischten Gefühlen, hin und her gerissen zwischen Faszination und innerlicher Abscheu, betrachtete Justine die bizarre Szenerie.

»Ich war schneller«, wiederholte der Mann und brach bei diesem Gedanken in ein heiseres Kichern aus. Dann erstarrten seine wild umherirrenden Augen plötzlich und er blickte direkt in die Kamera, fixierte Justine, als wolle er ihr auf diese Weise etwas sagen. »Seht zu, dass sie euch nicht erwischen. Ihr dürft euch nicht von ihnen töten lassen«, hauchte er. Der Bildausschnitt zoomte wieder näher heran, das Gesicht des Mannes füllte jetzt abermals den gesamten Monitor. Justine konnte sich nicht dagegen wehren, aber in diesen Sekunden überkam sie das unheimliche Gefühl, als würde dieser Mann schon all die Jahre hindurch mit ihr sprechen. Sie hing noch an diesem beängstigenden Gedanken, da schwoll die Stimme am Bildschirm zu einem unmenschlichen Schrei an. »Sorgt dafür, dass sie euch nicht töten. Keiner, den sie töten, erlangt das Himmelreich. Hört meine Worte! Ihr werdet niemals in den Himmel auffahren!«

Peter hob die Fernbedienung und betätigte eine Taste. Die DVD stoppte genau in dem Augenblick, als sich das eingefallene Gesicht des Mannes zu einem absonderlichen Ausdruck verzogen hatte, irgendwo zwischen einem spöttischen Grinsen und einer gepeinigten Fratze.

»Er hieß Chester Manson«, erklärte Peter leise. »Am 21. Juni 1985 fuhr er an den Straßenrand, um sich ein paar Minuten auszuruhen. Vier Tage später wurde er gefunden. Irgendetwas hatte ihm so zugesetzt, ihn so aus der Bahn geworfen, dass man ihn einliefern musste.«

Peter schaltete Fernseher und DVD-Player aus. Der Bildschirm flimmerte kurz auf, dann erlosch er zu leblosem Schwarz. Peter wandte sich Justine zu.

»Die Countypolizei hat seinen Wagen gefunden, an der Hyde Park Road, nahe Santa Fe, New Mexico.« Mit einem erwartungsvollen Blick auf Justine fügte er hinzu: »Die Heimat der Ortega-Ranch.«

Justine antwortete erst nach einer Weile des Schweigens. »Es kann sich um reinen Zufall handeln. Mit Sicherheit gibt es eine rationale Erklärung für alles - es gibt immer eine vernünftige Erklärung.«

»Meistens jedenfalls«, erwiderte Peter.

Justine musste sich eingestehen, ihr war nun klar, warum sich Security One für diesen Fall interessierte. Die Ortega-Ranch zählte zu den Big-Playern, wenn es darum ging, das Land mit gutem Essen zu versorgen.

RITUAL

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