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6. Kapitel

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Konzentriert und mit energischen Schritten ging sie den Flur entlang, erreichte schnell die Tür zu ihrem Büro und betrat den rechteckigen Raum, durch dessen Panoramafenster sich ein beeindruckend weiter Blick über New York bot.

Die Tür zum angrenzenden Büro stand offen. Peter Knight studierte offenbar mit besonderem Interesse den Inhalt eines Aktenordners, der aufgeschlagen auf seinem Schreibtisch lag. Zwischendurch wanderte sein Blick immer wieder zum Bildschirm auf seinem Schreibtisch.

»Schön, dass du es noch vor Mittag geschafft hast«, sagte Peter, ohne aufzublicken.

Justine sah auf die Uhr. Sieben Minuten nach neun. Sie war später dran als üblich, aber nicht wirklich spät. Außerdem war es so gut wie egal, wann sie ins Büro kam, Peter war immer schon vor ihr anwesend. Manchmal glaubte sie, er übernachte im Büro. Was auch immer wieder mal vorkam, wenn er sich in einen Fall verkrallte. Leicht gereizt warf sie ihre Tasche unter den Schreibtisch und atmete einmal tief durch.

Sie konnte ihm seine sarkastische Bemerkung kaum zum Vorwurf machen, schließlich hatte David sie gefragt, ob sie mit ihm zusammenarbeiten wolle. Darüber hinaus gab es bei Security One praktisch keine Hierarchie. Wenn David Ross einen lukrativen Auftrag annahm, dann musste er erstklassig erledigt werden. Absolute Professionalität und Diskretion - das war über die Jahre eben zum weiteren Markenzeichen der Agentur geworden. Egal, wer gerade Kapazitäten freihatte, der Kunde und sein Anliegen bestimmten den Rhythmus von Security und seinen Angestellten. Die Menschen vertrauten David Ross und seinen Leuten ihre Geheimnisse an. Warum, wusste wirklich keiner genau. Es muss an der enormen Erfolgsrate aufgeklärter Fälle liegen - und an David Ross selbst. Seine Agenten bewunderten den Gründer und Besitzer von Security One. David war gleichaltrig und noch getriebener als die meisten seiner Leute. Er war clever und ehrgeizig und legte Wert darauf, sich mit klugen, ebenso ehrgeizigen Menschen zu umgeben, denen es an nichts fehlen durfte. Er sorgte und kümmerte sich um seine Mitarbeiter, lebte die freiheitliche Philosophie der Selbstbestimmtheit. Seine Ermittler verfügten über irgendwie ungewöhnliche Fähigkeiten, eine Art sechster Sinn, Unregelmäßigkeiten wahrzunehmen. Noch während sie einen Tatort betrachteten, konnten sie sagen, was nicht stimmte - eine Delle in der Wand, ein Blutfleck, ein Haar auf einer Bettdecke. Ein klarer Kopf in jeder Lage war ein weiteres Signet der Security-Agenten.

Justine gestand sich jedoch ein, beschlossen zu haben, mit Vorliebe jene Fälle zu bearbeiten, die Peters Interesse fanden, Fälle, die andere nur ungern übernehmen wollten und die David Ross seinem besten Mann - Peter Knight - anvertraute.

»Worum geht’s?«, fragte sie schließlich, als Peter keine Anstalten machte, sie zu informieren.

Gähnend streckte sich Peter, drehte sich in seinem Stuhl um und rieb sich die Augen. »Komische Sache.« Er griff sich den Ordner und reichte ihn Justine.

Peter Knight, ein sportlich drahtiger Kerl, fast an die eins achtzig, mit männlich kantigen Gesichtszügen und bräunlichem Haar, war früher Spezialermittler beim NSA gewesen. Vor nicht ganz drei Jahren war er zu Security One International gewechselt. Als Peter vier Jahre alt gewesen war, war sein Vater, Bryan, bei einem Grubenunglück ums Leben gekommen und hatte der jungen Witwe und seinem Sohn eine spärliche Lebensversicherung hinterlassen. Seine Mutter zerbrach beinahe an dem Verlust, ehe sie eines Tages ihre Energie bündeln und auf eine neue Zukunft richten konnte. Tiere waren schon immer ihre Leidenschaft gewesen, und so hatte sie die Versicherungssumme als Startkapital für eine Tierhandlung investiert. Peter hatte seine Kindheit und Jugend stets als einen langen und zähen Kampf betrachtet. Doch sein kämpferischer Stil hatte letztendlich Erfolg gezeigt. Er hatte sich ständig mit großer Selbstdisziplin zu mehr Leistung angespornt - seine Mutter als Vorbild. Kurz nach seinem Abschluss am Chestnut Hill College in Philadelphia schlug er die Agentenlaufbahn ein. »Mach dir selbst ein Bild, Justine, und sag mir, was du darüber denkst«, sagte Peter.

Justine nahm den Ordner entgegen, blätterte kurz darin und begann zu lesen. Mit jeder Seite, die sie studierte, wuchs ihre Verwunderung.

»Peter, das ist ein einfacher Vermisstenfall.«

Peter sah seine Partnerin fragend an, als warte er auf mehr. Dann sagte er: »Kein Zusammenhang mit Verschwörungstheorien, kein Hauch von korrupten Regierungsmachenschaften und kein noch so kleiner Hinweis, der auf einen brutalen Serienmörder hinweist, stimmt.«

»An diesem Fall gibt es nichts, was dich interessieren könnte, Peter. Warum hältst du diesen Fall für so wichtig, ihm deine wertvolle Zeit zu opfern? Davids Auftragsbücher sind voll.«

»Du meinst, obwohl in unseren Auftragsbüchern eine Menge ungelöster Fälle warten, die weitaus mysteriöser sind?«

Justine musterte Peter und versuchte, in seinem Gesicht zu lesen, doch seine Miene war so ausdruckslos wie immer. Wusste er etwas, das sie nicht wusste? War ihm etwas aufgefallen? »Raus mit der Sprache, Peter. Hab ich was übersehen?«

RITUAL

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