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Dirk Pölzner sollte um zehn Uhr im Polizeihauptrevier erscheinen. Um halb elf war von ihm noch immer nichts zu sehen oder zu hören. Sylke machte sich auf den Weg zu dem Büro, in dem Philipp und Lisa arbeiteten. Noch bevor sie den Raum betrat, hörte sie durch die halb geöffnete Tür, wie Philipp sich beschwerte: »… und dann ist sie zu Klüver gerannt und hat ihm erzählt, wie unfähig wir beide sind, damit sie den Job hier übernehmen kann. Vielleicht will sie einfach hierbleiben. Die in Stralsund sind wahrscheinlich froh, so eine Zicke los zu sein.«

Lisas Einwurf klang halbherzig. »Na ja, ganz so schlimm ist es auch nicht.«

»Du verteidigst sie, is’ klar. Bei dir schleimt sie sich auch ein. Merkst du nicht, dass sie einen Keil zwischen uns treiben will? Wenn ich könnte, dann würde ich …«

Sylke wollte sich das nicht länger anhören. Sie tat so, als habe sie von dem Gespräch zwischen den beiden Kollegen nichts mitbekommen, klopfte an die Tür und trat im gleichen Augenblick schwungvoll ein.

»Habt ihr schon versucht, Dirk Pölzner zu erreichen?«

»Klar haben wir das«, gab Philipp übertrieben eilfertig zurück. »Aber er meldet sich nicht. Hat ja vielleicht seine Gründe.«

»Sollen wir hinfahren und ihn holen?«, fragte Lisa, ebenfalls sehr dienstbeflissen.

Sylke schüttelte den Kopf. »Noch nicht. Philipp, du warst doch gestern in der Nachbarschaft unterwegs. Was haben die über Pölzner gesagt? Hat der Mann eigentlich einen Beruf?«

Philipp hatte sich an diesem Tag für eine Banane entschieden. Während er über Pölzner Auskunft gab, machte er sich über das Obststück her. Es fiel Sylke schwer, beim Anblick des bärtigen Jungkommissars nicht an einen Schimpansen zu denken.

»Er hatte mal einen Klempnerbetrieb«, erläuterte Philipp, »der ist aber pleite gegangen. Später hat er für andere Handwerker gearbeitet. Vor zwei Jahren musste er wegen gesundheitlicher Probleme ganz aufhören. Ist schon seit einiger Zeit Vorsitzender im Heimatverein und engagiert sich da wie blöde, neuerdings eben auch für dieses Biberschutzgebiet. Ich würde sagen, dass ihm das Anerkennung bringt, die ihm sonst fehlt. Er ist unverheiratet, hat keine Kinder und lebt bei seiner 80-jährigen Mutter. Knapp zusammengefasst: Norman Bates aus Vorpommern. Ein Sonderling mit starkem Kompensationsbedürfnis.«

Sylke konnte sich eine spitze Bemerkung nicht verkneifen. »Gibt viele Möglichkeiten, Frustration zu kompensieren, oder? Ist jemand schon ein Sonderling, weil er sich um seine gebrechliche Mutter kümmert?«

Philipp zuckte trotzig mit den Schultern. Er blickte Lisa an, aber seine Worte zielten zweifellos auf Sylke. »Jeder sollte wissen, wo sein Platz ist, würde ich sagen.«

Sylke lag eine Erwiderung auf der Zunge, aber sie hielt sich zurück. So durften sie nicht weitermachen, es war nicht der richtige Weg. »Telefonier doch bitte etwas rum. Vielleicht hat jemand Pölzner heute schon gesehen. Auf den Dörfern stehen die gern mal hinter den Gardinen und gucken, was der Nachbar macht; gerade, wenn so etwas passiert ist wie gestern. Und Lisa, du könntest dir jetzt die Wohnung von Dr. Krohnhorst ansehen. Du weißt ja, wonach wir suchen: Wichtige Kontakte, Terminkalender, Hinweise auf den Streit mit Pölzner, aber auch auf Erkrankungen oder sonstige Besonderheiten.«

Sie ging zurück in ihr Büro. Es roch wie das gesamte Gebäude noch neu, Wände und Tische waren unberührt, frei von den Kratzern und Kerben, die das Leben früher oder später in einen Ort schlug. Sie hatte das Gefühl, dass dieses Büro sie abstoßen wollte, als wäre sie ein Fremdkörper. Dass Pölzner nicht zur Vorladung erschien, bestätigte Philipps Misstrauen. Hatte sie ihn zu Unrecht ausgebremst? Wäre es doch besser gewesen, den dicken Naturschützer direkt vor Ort hart anzugehen, in der Hoffnung auf ein schnelles Schuldeingeständnis?

Noch während sie mit aufkommenden Zweifeln kämpfte, steckte Philipp seinen Kopf durch die Türöffnung. »Pölzner wurde gesehen. Er hat vor einer Viertelstunde sein Haus verlassen und ist zusammen mit einem Mann Richtung Prägelbach gegangen.«

»Prägelbach?«

»Dieses Rinnsal, an dem Krohnhorst seinen letzten Atemzug getan hat.«

»Und wer ist dieser Mann?«

»Die Nachbarin hat ihn im Dorf noch nie gesehen.«

»Interessant. Lass uns mal nachsehen, was die beiden da draußen zu tun haben.«

Greifswalder Gespenster

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