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8 Matt
ОглавлениеMatt trommelte nervös mit den Fingern auf der Tischplatte. Er hatte sich an den Rand der Terrasse gesetzt, sodass er die Auffahrt im Auge behalten konnte. Zum ungefähr zehnten Mal in den letzten Minuten sah er auf die Uhr. Sandra müsste allmählich kommen.
In einer Stunde würden sie sich mit den anderen treffen. Falls sich Sandra nach der Fahrt noch frischmachen wollte – und er hatte eigentlich gehofft, ihr beim Duschen Gesellschaft leisten zu können – sollte sie alsbald vorfahren. Doch das charakteristische Röhren ihres Porsches ließ auf sich warten.
Frustriert bestellte er sich noch einen Kaffee und sah zum elften Mal auf die Uhr. Inzwischen mischte sich Besorgnis unter seine Unruhe. Ihr würde doch nichts passiert sein? Es hatte ihm von vornherein nicht gefallen, dass sie am Morgen so kurz nach einer Party losfahren wollte. Er kannte Sandras Art zu feiern. Zurückhaltung war ihr fremd, selbst wenn sie am folgenden Tag früh aufstehen musste. Sie lebte im Hier und Jetzt und genoss das Leben. Das war es, was ihn bei ihrem Kennenlernen sofort angesprochen hatte. Leider war es ebenfalls jene Verhaltensweise, die ihm in diesem Augenblick ein unruhiges Grummeln in den Eingeweiden bescherte. Er hätte gestern doch nach Denver fahren sollen. Eine endlose Diskussion am Telefon war der Entscheidung vorausgegangen, es nicht zu tun.
Sandra hatte eine Einladung für diese Party angenommen und ihm kurzfristig mitgeteilt, sie werde in Denver bleiben. Er war sauer geworden, denn dies sollte eines der wenigen gemeinsamen Wochenenden in Plansprings sein. Der Termin für Noels Geburtstagsfeier stand seit Langem fest. Auch wenn er Sandras Abneigungen gegen Wanderungen kannte, hatte er sich darauf gefreut, den Tag mit ihr und seinen Freunden in den Bergen zu verbringen.
Insgeheim hatte er wohl auch gehofft, dass Sandra sich ein wenig in seine Heimat verlieben könnte, wenn sie erst einmal selbst erlebt haben würde, wie schön die Natur hier oben war. Bislang hatte er immer nur ein Naserümpfen geerntet, wenn er es gewagt hatte, eine gemeinsame Wanderung vorzuschlagen. Allmählich fehlte es ihm, am Wochenende durch die Bergwelt zu streifen. Sein Job war stressig und er vermisste diese Stille und die Einsamkeit, die ihn immer wieder erdete. Aber Sandra das erklären zu wollen, war ein Ding der Unmöglichkeit. Sie sah nicht den geringsten Erholungswert in einer solchen Freizeitgestaltung.
Kurz bevor die gestrige Diskussion in einen ernsthaften Streit ausarten konnte, hatten sie sich darauf geeinigt, dass Sandra die Party allein besuchen und am Samstagmorgen nach Plansprings kommen würde. Doch noch immer war der Porsche nicht zu sehen.
Matt zückte sein Mobiltelefon und wählte ihre Nummer. Es läutete und läutete. Er wollte den Ruf schon unterbrechen, da erklang Sandras verschlafene Stimme, krächzend und eindeutig verkatert.
»Oh, Matt, was gibt’s?«
»Was es gibt?« Er atmete durch und zwang sich, ruhig zu bleiben. In diesem Zustand war mit Sandra nicht vernünftig zu reden, und da sie offenbar noch im Bett lag, musste er seinen Wunsch, mit ihr wandern zu gehen, auf unbestimmte Zeit verschieben. »Ich schätze, wir sehen uns an diesem Wochenende nicht mehr«, stellte er sachlich fest und unterdrückte jeden Zorn in der Stimme. Ob absichtlich oder nicht – sie hatte es mal wieder geschafft, ihren Kopf durchzusetzen. Die Enttäuschung schmeckte bitter.
»Oh, Matt, habe ich etwa verschlafen?« Sie kicherte. Von Schuldbewusstsein keine Spur. »Dann war ich wohl unartig, wenn du nächste Woche in Denver bist, musst du mich bestrafen.«
Normalerweise hätte ihn die Vorstellung ihres nackten Hinterns unter seinen Händen erregt. Sie mochten es, softe BDSM Spielereien in ihr Liebesspiel einzubauen. Das Verbinden der Augen, leichte Klapse auf den Po. Nichts Schmerzhaftes, das gefiel beiden nicht, aber er begrüßte es durchaus, den Ton anzugeben. Allerdings ließ ihn der Gedanke an den heißen Sex mit Sandra in diesem Moment seltsam kalt. Zu tief saß die Enttäuschung. Es war ihm wichtig gewesen, Sandra heute dabei zu haben.
»Wir reden später, okay?« Er hatte keine Lust, sich auf ihre Spielchen einzulassen. »Ich muss los.«
»Alles klar, Honey. Wir telefonieren.«
Eine Stunde später stand er vor dem Chalet mit der Nummer fünf, dem vorübergehenden Zuhause von Cadie und Noel. Er blinzelte in den Himmel. Der Tag versprach, das Geburtstagskind mit reichlich Sonne zu verwöhnen. Die Nase in Richtung Licht und Wärme gereckt stand er dort, bis er Schritte hörte und sich umdrehte. Brenda stapfte den Berg herauf, beladen mit einem riesigen Rucksack, der für eine mehrtägige Wanderung gereicht hätte.
Vorsichtig setzte sie ihre Last ab. »Als ich zugesagt habe, den Geburtstagskuchen zu backen, war nie die Rede davon, dass ich alles allein den Berg hochschleppen muss«, schnaufte sie und knuffte Matt zur Begrüßung in die Rippen.
Er lachte. Brenda hatte ihr dickes Haar zu einem französischen Zopf geflochten – perfekt, um daran zu ziehen.
»Hey«, protestierte sie, als er den Gedanken sofort in die Tat umsetzte. Sie stimmte in sein Lachen mit ein und Matt hatte zum ersten Mal seit Sandras Absage das Gefühl, dass der Tag doch noch schön werden könnte.
»Wollt ihr nicht lieber hereinkommen, statt da draußen herumzulärmen?«, ertönte plötzlich Noels Stimme. Er trat gemeinsam mit Cadie aus dem Chalet. »Wieso habt ihr nicht geklopft?«
»Wir sind zu früh und wollten nicht stören. Kann ja sein, dass ihr noch beschäftigt wart.« Er grinste. Die zarte Röte, die Cadies Gesicht überzog, bestätigte, dass er mit seinem Verdacht richtig lag. Die beiden hatten sich bis gerade im Bett vergnügt, so wie er sich das mit Sandra für heute Morgen auch gewünscht hatte. Seine Laune sank sofort und er musste sich zusammenreißen, um Noel mit aller Herzlichkeit zum Geburtstag zu gratulieren.
Brenda schloss sich den Glückwünschen an und kurz darauf schmetterte es mehrstimmig »Happy Birthday« aus Richtung des Wegs, der von Haus Nummer sechs herunterführte. Fünf Personen näherten sich. Noel strahlte wie ein kleiner Junge, als er seine Eltern in die Arme schloss. Er, der in seinen ersten Lebensjahren kein harmonisches Familienleben gekannt hatte, schätzte die Zeit umso mehr, die er jetzt mit seiner Mutter und seinem Adoptivvater verbringen durfte. Danach umarmte er Davonna, Jayden und Samuel, die mit ihm zusammen sein Charity-Projekt betreuten, mit dem er Kindern ein unvergessliches Weihnachtsfest schenkte.
»Danke, dass ihr extra von Denver angereist seid.« Noels Stimme verriet seine Rührung und Matt schmunzelte leicht. Es war ungewohnt für den knallharten Geschäftsmann, Gefühle zu zeigen. Seine Liebe zu Cadie hatte ihn weicher gemacht. Matt freute sich für seinen besten Freund und fühlte zugleich eine seltsame Sehnsucht. Ob er auch jemals eine Frau finden würde, die ihm so tief unter die Haut ging?
»Ja, glaubst du denn, ich ließe mir einen Aufenthalt in diesem Luxusschuppen entgehen?« Davonna lachte und wandte sich dann Matt zu. »Und Matthew habe ich auch viel zu lange nicht gesehen.« Sie reckte sich, um ihm einen Kuss auf die Wange zu drücken.
»Hört, hört.« Noel ließ den Kopf hängen und tat so, als sei er tief getroffen. »Nicht einmal an seinem Geburtstag bekommt man hier die gebührende Zuneigung.«
»Armer Junge.« Irving Gardener legte seinen Arm um die Schultern seines Sohnes. »Aber vielleicht bekommst du ja wenigstens einen delikaten Geburtstagskuchen, ich hörte da so etwas.« Er zwinkerte in Brendas Richtung. »Sind wir vollzählig? Können wir los?«
Noel sah Matt an. »Was ist mit Sandra?«
»Kommt nicht«, antwortete Matt knapp und etwas in seiner Stimme musste Noel mitgeteilt haben, besser nicht nachzufragen. Sein Freund nickte nur und sah in die Runde.
»Von mir aus kann es losgehen«, verkündete Noel und zog Cadie zu sich. »Ich habe alles.«
Die Gruppe lachte und alle außer Noel schulterten ihre Rucksäcke. Noel bot den Frauen nacheinander an, ihnen die Last abzunehmen, aber alle lehnten ab.
»Das ist unser Geburtstagsgeschenk an dich«, erklärte Cadie schlicht und alle nickten. Brenda wirkte allerdings nicht ganz überzeugt, als sie den Rucksack schulterte.
»Was ist denn da alles drin?«, erkundigte sich Matt.
»Kuchen für zehn Personen, Kerzen, Sahne, Kaffee. Schwer und unförmig. Das nächste Mal gibt es nur Plätzchen.«
»Gib her.« Matt hielt Brenda am Griff des Rucksacks fest. »Wir tauschen. Meiner ist besser gepackt und leichter.« Ihm war von Cadie die Aufgabe zugeteilt worden, die Salate für das Picknick den Berg hochzuschleppen.
Brenda warf ihm einen störrischen Blick zu. Sie war noch nie gut darin gewesen, Hilfe anzunehmen.
»Keine Widerrede«, kam er ihrem Protest zuvor. »Mach schon, sonst sind die anderen oben, während wir hier noch diskutieren.«
Brenda brummte etwas, das sich nach ›alter Diktator‹ anhörte, ließ aber gehorsam den Rucksack von den Schultern gleiten.
Matt konnte sich ein »braves Mädchen« nicht verkneifen und beeilte sich, ihren Rucksack aufzusetzen, bevor Brenda ihm den schon aus Prinzip wieder entreißen konnte.
Der Weg ging stetig bergauf, erst moderat, dann wurde das Gelände steiler. Die Gespräche der Wandergruppe verstummten, dafür hörte man vereinzeltes Schnaufen. Selbst Cadie und Noel, die regelmäßig wanderten, mussten dem Anstieg irgendwann Tribut zollen. Dichte Baumbestände wechselten sich mit weiten Bergwiesen ab.
Matt sog gierig den würzigen Duft ein, den die bunten Wildkräuter verströmten. Erneut bedauerte er, dass Sandra nicht dabei sein konnte. Dabei sein wollte, korrigierte er sich und spürte die Bitterkeit, die das auslöste.
»Alles in Ordnung bei dir?« Brenda warf ihm von der Seite einen Blick zu.
»Klar, was soll denn sein?«
»Deine fröhliche Miene wirkt schon den ganzen Vormittag über irgendwie gezwungen.«
»Blödsinn«, fertigte er sie kurz ab und bereute seine barsche Reaktion sofort, als er ihren verletzten Gesichtsausdruck sah. »Sandra hat kurzfristig abgesagt, das hat mich verstimmt«, erklärte er etwas milder. Er konnte sich selbst nicht erklären, warum er sich so darüber ärgerte, dass Brenda ihm seine schlechte Laune angesehen hatte.
»Wenn du dir mal etwas von der Seele reden willst …«, begann Brenda, aber er brachte sie sofort mit einem Blick zum Schweigen. Das fehlte noch, dass er seinen Beziehungskummer ausgerechnet bei Brenda ablud. Das war nichts, was ein Abend mit Noel und ein, zwei Drinks nicht wieder geraderücken würde.
»Männer«, kommentierte Brenda mit einem Augenrollen.
»Was heißt hier Männer?«, parierte Matt sofort. »Was ist denn mit dir? Du schleppst doch auch irgendetwas mit dir herum, ohne Cadie oder mir zu verraten, was dich belastet.«
Brenda warf ihm mit zusammengepressten Lippen einen Blick zu, der seinen an Kälte bei Weitem übertraf. Die Grenze, die sie zog, war greifbar. Es widerstrebte ihm, aber er hakte nicht nach. Cadie hatte recht. Die Wanderung war der falsche Zeitpunkt für dieses Gespräch.