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Seit wann gibt es in Deutschland das Recht auf Asyl?

Im Jahr 1949 beraten die Mitglieder des Parlamentarischen Rates über Artikel 16 des Grundgesetzes, das gesellschaftliche "Wir“ ist noch deutlich enger definiert als heute.

Damals meint man allenfalls Spanier oder Russen, wenn man von "Ausländern" spricht. In der Redaktionsstube der Verfassung denkt man bei politisch Verfolgten sogar zuallererst an Deutsche.

Der erste Entwurf für Artikel 16 lautet: "Jeder Deutsche, der wegen seines Eintretens für Freiheit, Demokratie, soziale Gerechtigkeit oder Weltfrieden verfolgt wird, genießt im Bundesgebiet Asylrecht."

Ein Asylrecht für sämtliche politisch verfolgten Ausländer erscheint dem Redaktionsausschuss "zu weitgehend" – immerhin ist das geteilte Nachkriegsdeutschland ein schwacher Staat mit reichlich eigenen Vertriebenen-problemen.

Als großzügigere Formulierung überlegt der Rat, "Ausländer(n), welche wegen ihres Eintretens für Freiheit, Demokratie, soziale Gerechtigkeit und Weltfrieden politisch verfolgt werden", Asylrecht zu gewähren. Am Ende sind es die Staatsrechtler Carlo Schmid (SPD) und Hermann von Mangoldt (CDU), die die heutige, weite Formulierung durchsetzen. Schließlich, so Schmid, dürfe man die Asylgewährung nicht davon abhängig machen, "ob der Mann uns politisch nahesteht oder sympathisch ist" (07).

Artikel 16a unseres Grundgesetzes sichert politisch Verfolgten ein individuelles Grundrecht auf Asyl in Deutschland zu. Das ist Ausdruck für den Willen Deutschlands, seine historische und humanitäre Verpflichtung zur Aufnahme von Flüchtlingen zu erfüllen.

Das Asylverfahren wird vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), durchgeführt.

Das Anerkennungsverfahren für Asylsuchende ist im Wesentlichen im deutschen Asylgesetz (AsylG) geregelt. Asylsuchende werden zeitnah nach ihrer Einreise - das heißt bereits beim Erstkontakt mit einer zur Registrierung befugten Behörde (Bundespolizei, Landespolizei, Aufnahme-

einrichtung, BAMF oder Ausländerbehörde) - erkennungsdienstlich behandelt. Sofern sie das 14. Lebensjahr vollendet haben werden dabei auch ihre Fingerabdrücke erfasst. Diese Daten werden in dem bundesweit verfügbaren zentralen Kerndatensystem gespeichert.

Für die Unterbringung und soziale Betreuung Asylsuchender sind die Bundesländer zuständig.

Mit Hilfe eines bundesweiten Verteilungssystems werden sie nach einem im Asylgesetz festgelegten Schlüssel auf die einzelnen Bundesländer verteilt. Dort angekommen, erfolgt anhand einer Fast-ID-Überprüfung ein Abgleich mit dem Kerndatensystem und die Zugereisten erhalten einen Ankunftsnachweis, wenn sie sich in die ihnen zugewiesene Aufnahmeeinrichtung begeben haben. Mit dem Ankunftsnachweis können sie ihre Registrierung nachweisen, ab der Ausstellung des Ankunftsnachweises ist der Aufenthalt im Bundesgebiet gestattet (Aufenthaltsgestattung) und es wird ein vorläufiges Bleiberecht in der Bundesrepublik Deutschland zur Durchführung des Asylverfahrens gewährt.

Nach der Ankunft in der zuständigen Aufnahmeeinrichtung stellen die Asylsuchenden einen formellen Asylantrag in der zuständigen Außenstelle des BAMF.

Asylbewerber werden durch Entscheiderinnen und Entscheider des BAMF (unter Hinzuziehung eines Dolmetschers) zu ihrem Reiseweg und Verfolgungsgründen persönlich angehört. Die Anhörung wird in einer Niederschrift protokolliert, rückübersetzt und in Kopie ausgehändigt. Aufgrund der Anhörung und gegebenenfalls weiterer Ermittlungen wird über den Asylantrag entschieden. Die Entscheidung erfolgt in schriftlicher Form, versehen mit einer Rechtsbehelfsbelehrung.

Neben dem Grundrecht auf Asyl gemäß Artikel 16a GG gibt es gemäß den Vorschriften der Qualifikations-Richtlinie, des AsylG und des AufenthG drei weitere Schutzformen.

Zunächst kann Schutz auch als Flüchtling gemäß §3,1 des Asylgesetzes (AsylG) gewährt werden.

Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich - aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe – außerhalb des Herkunfts-

landes befindet,

• dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder

• in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

• ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,

• vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder

• den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat (08).

In der Praxis ist es nicht wichtig, welche der beiden Schutzformen – Art. 16 a GG oder § 3 Abs. 1 AsylG – man erhält. Anerkannte Asylberechtigte erhalten eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 S. 1 AufenthG; anerkannte Flüchtlinge eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs.2 S.1,1. Alt.AufenthG.

Die Folgen für die Dauer der Aufenthaltserlaubnis (sie wird für drei Jahre erteilt – dann erfolgt eine erneute Überprüfung) und die Möglichkeit, Unterstützung vom Staat zu erhalten (Arbeitslosengeld II, Kindergeld, BAföG und anderes) sind dieselben (09).

Kann weder Asyl noch Flüchtlingsschutz gewährt werden, prüft das BAMF im Asylverfahren stets, ob die Voraussetzungen gegeben sind, um subsidiären Schutz im Sinne des § 4 AsylG zu gewähren.

Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt dabei

• die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe

• Folter. unmenschliche, erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens beziehungsweise der Unversehrtheit einer Zivilperson

• willkürliche Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts

Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

• ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausge-arbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen.

• eine schwere Straftat begangen hat

• sich Handlungen zu Schulde kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder

• eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

Diese Ausschlussgründe sind nicht an konkretes Tun gebunden. Sie gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften, diese mitplanen oder -vorbereiten oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

Die Feststellung von 'nationalen' Abschiebungsverboten folgt §60 (Verbot der Abschiebung) des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG), § 5 und 7. Gemäß §5 darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

§7 schreibt vor, dass von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden soll, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.

Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist (10).

Bis es zur Entscheidung über einen Asylantrag kommt, vergehen Monate, manchmal Jahre.

Werden Schutzberechtigte dann gemäß einem der genannten Verfahren anerkannt, erhalten sie zunächst eine befristete Aufenthaltserlaubnis für unser Land. Sie sind damit in vielerlei Hinsicht den Deutschen gleichgestellt, insbesondere haben sie Anspruch auf Sozialhilfe, Kindergeld, Erziehungsgeld, Eingliederungsbeihilfen und Sprachförderung sowie sonstige Integrationshilfen. Doch nicht immer ist der Antrag auf ein Bleiberecht in Deutschland von Erfolg gekrönt.

Wird der Asylantrag abgelehnt, sind die Betroffenen in der Regel zur Ausreise aus Deutschland verpflichtet (11).


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