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Pater Claude lebe seit bald fünfzehn Jahren in Montezuma.

– Heute ist er der einzige Jesuitenpater in der Gegend. Am Anfang waren es zwei, aber schon nach wenigen Jahren verschwand der andere. Damals sind sie beide zur Weiterbildung ins Mutterhaus nach Toulouse zurückberufen worden, aber ob Pater Claudes Entschluß, hierzubleiben, lediglich zur Folge hatte, daß er auf eine kirchliche Laufbahn verzichten mußte, oder ob es bedeutet, daß er an seinem Glauben zu zweifeln begonnen hatte, weiß niemand. Pater Claude antwortet immer dasselbe, wenn man ihn danach fragt, er sagt, er habe keine Wahl gehabt, niemand hätte seinen Unterricht fortsetzen können, wenn er aufgehört hätte.

Leonard drückte seine Zigarette in einer leeren Blechdose aus.

– Und es ist wahr, daß sich Pater Claude mit Hingebung und Begeisterung um seine Schule kümmert.

Das heißt, an den drei Tagen in der Woche, an denen er die Dorfbewohner dazu gebracht hat, ihm ihre Kinder zu überlassen. Was er an den übrigen Tagen tut, weiß man nicht. Oft verläßt er das Dorf: Einige behaupten, daß er im Landesinnern eine Geliebte besuche, eine Schwarze, Mutter von zwei Kindern, die sich in einem Frisiersalon in San José den Lebensunterhalt verdiene, andere meinen, daß er sich insgeheim der politischen Untergrundbewegung angeschlossen habe, aber die meisten zucken die Achseln über diese Vermutungen, sie glauben, daß ihr Pfarrer einzig und allein dem Wort Gottes gehorcht und nach innerer Erleuchtung sucht, nicht nur in der näheren Umgebung des Dorfes, sondern im ganzen Land.

In zwei Dingen sind sich jedoch alle einig: daß Pater Claude oft mehr trinkt, als ihm guttut, und daß er seine Schule und seine Schüler genau so liebt, wie sie ihn lieben.

Für die Kinder, die am Montagmorgen von weit her geritten kommen, allein oder mit dem Oberhaupt der Familie, hat er, da sie unmöglich am selben Tag hin und zurück können, neben der Missionsstation kleine Unterkünfte errichten lassen, in denen sie übernachten können, Bambushütten mit Sandböden und ausgedienten Pferdedecken. Er unterrichtet die Kinder in Lesen, Rechnen, Geschichte und nicht zuletzt Naturkunde – er selbst ist ein beachtlicher Amateur-Botaniker, er singt viel mit ihnen und läßt sie beim Kochen helfen. Er sagt, daß er es mit dem Gehorsam der Kinder sehr genau nehme, und ich weiß, daß er äußerst streng sein kann und viel verlangt, aber ich weiß auch, daß er mit Belohnungen großzügig umgeht. Auf seinen geheimnisvollen Ausflügen vom Dorf kauft er ihnen Bücher und Süßigkeiten, und man sieht ihn in seinem schwarzen, im Wind flatternden Gewand oft unten am Strand, wo er mit den Kindern spielt.

Leonard lachte.

– Ich bin davon überzeugt, daß sich die Kinder, während sie im Dorf ihr alltägliches Leben führen, während sie ihre kleinen Geschwister hüten, Besorgungen erledigen, Mais und Bataten ernten, die ganze Zeit über auf die Stunden freuen, die sie mit Pater Claude im weißen Missionshaus verbringen werden. Ihre Zuneigung ist nicht zu übersehen: Nicht nur wenn er fort ist, sondern auch wenn er da ist, bewässern sie seinen kleinen Gemüsegarten, füttern seine Puter und weiden das weiße Kalb, das er kürzlich von den Eltern im Dorf geschenkt bekommen hat.

Aber sie bewachen ihn auch. Eifersüchtig und ängstlich, wie ein Puma sein neugeborenes Kätzchen. Sie bemerken jeden Schritt, den er tut. Denn nicht nur lieben sie ihn, sie leben auch in ständiger Sorge, daß er eines Tages von seinen geheimnisvollen Ausflügen nicht zurückkehren und für immer fort sein könnte.

Der Schatten des Leoparden

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