Читать книгу The way to find me: Sophie & Marc - Carolin Emrich - Страница 12
Kapitel 6 - Marc
ОглавлениеObwohl ich nicht gerne ins Freibad ging, da ich die Blicke der Menschen um mich herum nicht mochte, war die Idee heute gar nicht so schlecht. Sophie benahm sich dabei auch so überzeugend, dass ich schließlich zusagte. Mir lief der Schweiß schon den Rücken hinab, als ich meine Kamera einpackte und den Rucksack zu meinen Füßen stellte. Mit krausgezogener Nase und spitzen Fingern griff ich nach meinem T-Shirt, um es mir ein Stück abzuhalten und Luft an die Haut zu lassen.
»Ekelhaft«, kommentierte Sophie, die sich ihrerseits mit ihrem Ausschnitt Luft zufächelte.
»Eindeutig.«
»Da ist Freibad genau das richtige.«
Ich nickte und warf noch einen Blick zur Mühle, die zwischen den schattenspendenden Bäumen stand. Wie gern würde ich mich wieder in die Kühle ihrer Mauern wagen.
»Du bist nicht gerade der Freibad-Typ, wenn ich mir deine Beine so ansehe.«
»Hab ich doch vorhin schon gesagt.«
Sophie griff sich ans Kinn, ehe sie nickte. »Stimmt. Das hatte ich wieder vergessen. Das Wetter … Ich möchte jetzt auch eigentlich gar nicht wissen, wie heiß es da drin ist.« Sie zeigte auf ihren Wagen, der mittlerweile in der Sonne stand.
»Finden wir es raus«, beschloss ich und zog am Türgriff, aber nichts bewegte sich. »Los, mach auf.«
»Ich will nicht.«
Ich bedachte sie mit einem auffordernden Blick.
»Ja, Mann. Schon gut. Eskalier nicht gleich.«
Während ich lachte, zog sie den Schlüssel aus ihrer Tasche. Die Jeans-Shorts waren so kurz, dass das Innenfutter nur gerade so unter dem Stoff verborgen lag.
»Das ist für dich Eskalieren? Pass mal auf, bis ich richtig anfange«, drohte ich spaßeshalber.
»Jaja«, machte sie nur und schloss endlich auf.
»Ach du Scheiße«, sagte ich, als ich die Beifahrertür geöffnet hatte und mir warme, stickige Luft entgegenschlug.
Wahrscheinlich konnte man die Metallschnallen des Gurtes nicht mal berühren, und um das schwarze Lederlenkrad beneidete ich sie keineswegs.
»Willst du fahren?«, hörte ich sie fragen, als ich den Rucksack in den Kofferraum legte.
»Ganz bestimmt nicht.«
»Schade. Hättest auch was gut bei mir.«
»Immer noch Nein«, rief ich lauter, weil ich die Klappe zufallen ließ.
Mit einem Seufzen setzte ich mich auf den dunkelgrauen Stoffsitz und tatsächlich: Er war wie erwartet verdammt kuschelig warm. Leider nicht auf eine positive Art und Weise. Wäre er im Winter so schön warm und im Sommer angenehm kühl, wäre das eine Wohltat.
Gab es dafür nicht eine Erfindung? Eine Matte oder so? Vielleicht entdeckte ich hier gerade eine Marktlücke? Das musste ich unbedingt googeln, wenn ich die Zeit hatte. Es war bestimmt vor mir bereits jemand auf die Idee gekommen, eine Matte auf der einen Seite mit einem Mesh-Stoff oder Ähnlichem zu verkleiden und Teddy auf der anderen. Das musste ich unbedingt prüfen. Ein Wende-Sitzbezug mit den Voraussetzungen könnte mich vielleicht zum Millionär machen.
»Soll ich dich absetzen und auf dem Weg ins Freibad wieder einsammeln?«, erkundigte sich die Fahrerin und warf mir einen schnellen Blick zu, um danach wieder auf die Straße zu sehen.
»Wäre vielleicht das Beste. Und ich sollte mich eincremen. Gründlich.«
Sophie kicherte. Irgendwie passte der Laut nicht zu ihr. Sie war kein kleines Mädchen oder eine Tussi. Ich sah sie eher als Kumpel-Typ. Ihr cooles, selbstbewusstes Auftreten und die Selbstverständlichkeit, mit der sie ihre Hobbys bestritt, Alkohol trank und immer ihre Meinung vortrug, imponierte mir tatsächlich. Dazu sah sie in dem knappen Top und den kurzen Shorts echt heiß aus. Eine heiße, saufende Kumpeline.
»Bist du irgendwann mal damit fertig, mich abzuchecken?«
Mein Grinsen versuchte ich gar nicht erst zu unterdrücken. Es war für mich völlig in Ordnung, wenn sie dachte, dass ich sie abcheckte. Nichts anderes hatte ich gerade getan.
»Nachher habe ich einen Bikini an, da kannst du noch mehr gucken. Soll ich dir den Gefallen tun und einen knapperen anziehen?«
Ich war mir fast sicher, dass sie nur Witze riss. »Ja, okay. Mach das«, antwortete ich genauso beiläufig.
Unsere Blicke trafen sich und ehe wir wussten, was passierte, begann sich ein Lachen den Weg nach oben zu bahnen. Erst prustete sie los, dann stimmte ich ein. Das war aber auch zu amüsant.
Ja, obwohl sie echt gut aussah, hatte der Kuss damals irgendwie nichts bei mir ausgelöst. Allerdings war ich nicht der Typ, der einer Frau näherkam, wenn ich nicht mehr von ihr wollte als Sex. Das konnte ich einfach nicht. Es musste also nicht einmal verwunderlich sein, dass nichts weiter passiert war.
»Was machst du sonst, wenn du nicht gerne ins Freibad gehst?«, wollte sie wissen.
»Hm.«
»Sag schon«, drängte sie.
»Ich überlege. Nicht so viel. Ich zocke gerne. Ob mit den Jungs oder meinem Bruder. Und ich nutze die Nachmittage zum Lernen. Das darf ich einfach nicht schleifen lassen.«
»Ja, klar, verstehe ich. Und gerade ist es auch blöd, mitten in den Prüfungen. Nimm dir doch etwas zu lesen mit.«
»Was zu rechnen«, korrigierte ich, aber das war keine schlechte Idee.
Sophie setzte mich an der Straße ab. Es war noch nicht einmal Mittag und doch schon über dreißig Grad. Ob wir im Freibad überhaupt noch eine freie Stelle auf der Liegewiese finden würden?
Ich war kurz davor, abzusagen, als ich im Flur stand und die Kühle des einzigen Zimmers ohne Fenster im Haus genoss. Warum zum Teufel hatte ich zugesagt und musste noch einmal raus? Dennis schrieb mir eine Nachricht, dass ich bloß nicht kneifen sollte. Denn natürlich waren die anderen gleich Feuer und Flamme gewesen, als Sophie sie gefragt hatte.
»Hi«, begrüßte mich David, als ich ins Bad schlurfte, um mein T-Shirt zu wechseln und die stärkste Sonnencreme zu suchen, die wir besaßen.
»Hey.«
»Was machst du heute noch so?«, fragte er und folgte mir.
»Etwas Dummes.«
»Das wäre?« Er lehnte sich an den Türrahmen, während ich im Schrank wühlte.
»Hab fürs Freibad zugesagt.«
Mein Bruder lachte mich richtig amüsiert und dreckig aus. Na danke auch. »Seit wann machst du denn so was? Gibt’s da wieder eine Frau zu beeindrucken?«
»Nein. Meine Freunde gehen alle und aufgrund der Temperaturen hab ich mich zu einem Fehler hinreißen lassen.«
»Sei nicht so dramatisch.«
Ich zog mir das T-Shirt über den Kopf, nachdem ich gefunden hatte, wonach ich suchte. »Steh nicht rum, sondern hilf mir lieber. Und wehe, du malst mir einen Penis auf den Rücken.«
David schnaubte abwertend. »Wenn du mich auf solche Ideen bringst, bist du selber schuld. Du weißt ganz genau, was für ein lieber und unschuldiger Kerl ich bin.«
Mit einem Nicken meinerseits würde er sich begnügen müssen. Es war übertrieben und sarkastisch gemeint, was aber auch bei ihm ankam.
»Bin ich wirklich. Frag mal meine Freunde. Oder Kathi.«
»Nein danke. Ich möchte deine Freundin nicht nach deiner Unschuld befragen.«
David griff nach dem Handtuch auf dem Halter und schlug damit nach mir.
»Siehst du? Von wegen unschuldig und lieb. Ein Tyrann bist du. Und jetzt mach!« Ich hielt ihm die Sprühflasche hin.
David nahm sie mir ab und als ich ihm den Rücken zuwandte, tat er das, was ich erwartet hatte. Er sprühte mir das Zeug direkt auf den Rücken. Ich musste nicht extra erwähnen, dass es kalt war und verdammt unangenehm.
»Danke«, stieß ich hervor, während er in großen Kreisen meinen Rücken gegen die Sonne schützte.
»Wo warst du eigentlich heute? Für deine Joggingrunde kamst du viel zu spät nach Hause und es ist Sonntag, also warst du auch nicht an der Uni.«
»Diese Schlauheit von dir.«
»Schnauze«, brummte er.
»Ich war mit einer Freundin bei einer alten Mühle. Urban Exploring. Wir haben uns das Gebäude angesehen und Fotos gemacht. War echt genial dort.«
»Okay, cool. Welche Freundin? Rieke will doch nie mit, wenn du fragst.«
Ich nahm ihm die Flasche wieder ab und sprühte meine Beine ein. »Kennst du nicht.«
David lehnte sich locker ans Waschbecken. Er verschränkte die Arme vor der Brust, wobei sich der Stoff seines T-Shirts spannte. »Das war nicht meine Frage.«
»Sie heißt Sophie und gehört zu meiner Clique aus der Uni.« Meine Stimme klang etwas verzerrt, weil ich mich gerade zu meinen Knöcheln bückte.
Ob ich die Creme einpacken sollte, damit ich mich später erneut einschmieren konnte? Es wäre bestimmt keine schlechte Idee.
»Und ihr habt ein neues gemeinsames Hobby?« David glaubte mir nicht. Typisch.
Er war einer der wenigen, die mich hin und wieder zu einer Freundin animierten. Tinder war sein letzter Vorschlag gewesen. Eine Katastrophe sondergleichen.
»Nein. Das Hobby hatten wir schon unabhängig voneinander. Wir haben nur festgestellt, dass wir das ja auch gemeinsam ausüben können.«
»Aha«, machte mein Bruder und damit war völlig klar, dass er mir wirklich kein Stück glaubte. Was erwartete ich eigentlich von einem verkappten Romantiker? Ja, ich sollte nicht reden, eigentlich war ich ebenfalls einer. Dazu hatte uns unser Vater nun mal erzogen.
Das Klingeln an der Tür riss uns aus dem Gespräch. Ohne mir ein frisches T-Shirt überzuziehen, lief ich los, um sie zu öffnen.
Sophie kam auf mich zu, nachdem ich den Summer am Tor betätigt hatte. Sie grinste unter einem großen Strohhut hervor, trug ein kurzes Neckholder-Top, das bauchfrei war, und wieder diese knappen Shorts.
»Zieh dir was an«, sagte sie, als sie vor mir zum Stehen kam.
»Hab gedacht, du willst ebenfalls vorab schon mal gucken.«
Ihr Blick über meine Schulter zeigte mir, dass mein Bruder da irgendwo war, doch das sollte unserem kleinen Spiel keinen Abbruch tun.
»Hast du das gedacht?«, fragte sie und sah langsam an mir rauf und runter.
Sie blieb kurz an meinen Waden hängen, was auch immer sie da sah, bevor sie die Hand ausstreckte. Die Spitze ihres Zeigefingers landete genau auf meinem Brustbein.
»Interessant«, murmelte sie und ich vermutete, dass sie die Tatsache meinte, dass ich glatt rasiert war.
Schien eine Sonderheit zu sein, aber ich mochte es so lieber. Hatte sie das vorher an meinen Beinen noch nicht bemerkt? Würde ihren Blick eben erklären.
»Zieh dir was an«, wiederholte sie. Ihr Tonfall klang sehr trocken und gleichgültig.
»Bis gleich«, erwiderte ich und schnippte im Wegdrehen gegen den Anhänger ihres Bauchnabelpiercings, was ihr ein unwirsches Schnauben entlockte.
Im Bad zog ich mir schnell eine Badehose an, packte Wasser, Sonnencreme, Handy und Portemonnaie in meinen Rucksack, aus dem ich nur die Kamera rausnehmen musste. Mit einem T-Shirt locker über der Schulter liegend, kam ich wieder zu ihr.
»Was war an ›Zieh dir was an‹ nicht zu verstehen?«, sagte sie. Diesmal tatsächlich fordernder.
»Irritiert dich seine Babypopo-ähnliche Brust?«, fragte David, der in der Wohnzimmertür lehnte. Dann fielen ihm seine Manieren wieder ein. »Hi. David. Du bist Sophie, richtig? Ich bin Marcs kleiner Bruder.«
»Die bin ich.« Sie warf mir einen leicht irritierten Blick zu, ehe sie David die Hand schüttelte. »Können wir los?«
»Klar.«
»Sonnencreme?«
Ich nickte.
»Du wolltest was für die Uni machen. Eingepackt?«
Grummelnd zog ich mir das T-Shirt über. »Du bist nicht meine Mutti, also hör auf, dich wie sie zu benehmen.«
»Mir ist nur aufgefallen, dass du manchmal Dinge vergisst, wenn man dich nicht dran erinnert.«
»Das stimmt überhaupt nicht. Ich hatte mich nur noch nicht entschieden«, behauptete ich und lief noch einmal zurück in mein Zimmer, um mir ein paar meiner Unterlagen einzustecken.
Sophie grinste mich den ganzen Weg zum Auto an, als hätte ich etwas verbrochen, von dem nur sie wüsste. Schadenfroh war Madame also auch.
»Wer kommt denn alles mit? Dennis hat mir schon gedroht, sollte ich absagen.«
Obwohl ihr Wagen nicht lange gestanden hatte, war es schon wieder viel zu warm und stickig darin. Mir wollte echt nicht in den Kopf, dass Menschen selbst bei den Temperaturen Tiere und Kinder allein im Auto ließen.
»Dennis und Rieke haben zugesagt, Sina will nachfragen, ob Aaron mitkommt, ansonsten kommt sie nur mit Michelle.«
»Bringt Rieke Fee mit?«
Fiona, von allen nur Fee genannt, war die kleine Schwester meiner besten Freundin und im Alter von Sinas Tochter. Es war entgegen allen Erwartungen einfacher, die Kinder zu hüten, wenn sie zu zweit waren. Michelle war nämlich zu ruhig und zurückhaltend, um sich von Fee zu sämtlichem Blödsinn anstecken zu lassen, den sie allein verübte. Fee hielt sich in Michelles Gegenwart also eher zurück.
»Weiß ich gar nicht. Frag sie mal.« Sophie zuckte mit den Schultern, warf ihren Hut auf die Rückbank und startete den Wagen.
»Scheint voll zu sein«, murmelte ich, als wir über die Brücke liefen.
Sie hatte am Dultplatz geparkt, weswegen wir ein Stück laufen mussten, aber ansonsten war es pures Glück, irgendwo einen näheren Parkplatz zu finden.
»Siehst du das von hier aus? Ich sehe nur grün.« Sie meinte die Bäume, die an der Uferböschung standen und die Sicht aufs Freibad gänzlich verdeckten.
»Du hast gerade ewig nach einem Parkplatz gesucht, meinst du, die Leute sind alle zum Shoppen hier?« Ich deutete hinter uns, wo der Dultplatz quasi zugeparkt war.
»Okay«, gab sie nach.
Unter uns plätscherte die Donau dahin und sorgte einen kurzen Moment für Abkühlung, weil die Luft durch das Wasser nicht so sehr aufheizte wie überall anders.
»Die anderen müssten schon da sein«, murmelte sie, als wir am Zaun entlangliefen, um zum Eingang zu gelangen.
Das Freibad war echt brechend voll und kurz überlegte ich, ob ich das wirklich wollte. Man sah Leute fast nackt, die man vielleicht nie so gesehen hätte, und das Gefühl, von jedem angestarrt zu werden, weil ich weiß wie eine Wand aussah, machte es nicht besser.
Allerdings wurde ich vom Verstecken nicht brauner. Vielleicht sollte ich ab und zu mal in den Garten gehen und mich zum Lernen raussetzen.
Rieke hatte mir nicht zurückgeschrieben, aber sie stand zusammen mit ihrer Schwester und ihrem Freund am Eingang und wartete auf uns. Fee winkte aufgeregt. Sie trug ein zitronengelbes Sommerkleid und sah aus wie ein kleiner gelber Ball, als sie auf uns zusprang.
»Rieke hat gesagt, Michelle kommt auch«, rief sie und hängte sich an meinen Arm, damit wir uns schneller bewegten.
»Sag wenigstens erst mal Hallo«, ermahnte Rieke ihre Schwester, ehe sie uns zur Begrüßung umarmte. Fee tat es ihr nach und klammerte sich kurz an unsere Beine.
»Mich irritiert, dass ihr zusammen gekommen seid«, bemerkte Rieke, als wir uns anstellten, um Eintritt zu bezahlen.
»Wir waren heute Morgen zusammen unterwegs und wollen nachher noch die Bilder sichern. Wenn du magst, komm doch auch«, bot ich an, was sie aber ausschlug.
»Nee, nee, macht ihr mal«, sagte sie und dann begann die Suche nach einer geeigneten Liegestelle, damit wir den Nachmittag gut und entspannt rumbringen konnten.