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Save

the Cat!

«Das geht alles zu schnell», sage ich und lehne mich in meinem Ohrensessel zurück. «Wir brauchen mehr Zeit für die Charakterentwicklung.»

Seit einigen Wochen arbeiten Sammy und ich nun daran, seine Geschichte in einen Roman zu gießen. Er ist begeistert von den ersten Kapiteln, seinem Klopfen bei mir über das misslungene Studium bis zum Sturz in den Bau der Olme. Für meinen Geschmack eilt der Text zu hastig durch Exposition, auslösendes Ereignis und ersten Plot Point.

«Der erste Plot Point hat noch gar nicht stattgefunden», sagt der Kater und fischt sich ein Stück Lachs von der Pizza. Noch liegt kein Buchvertrag auf dem Tisch, aber wir bestellen schon mal optimistisch mit mehr Belag.

«Doch», sage ich. «Der erste Plot Point ist der Sturz in die Höhle.»

«Nein», sagt Sammy, der in der Zwischenzeit alles gelesen hat, was es an Fachliteratur zum Schreiben erfolgreicher Prosa und zum Verfassen von Drehbüchern gibt. Sein Lieblingsband stammt von Blake Snyder und heißt «Save the Cat!». «Den ersten Plot Point bildet das Auftauchen der Puffotter. Sie ist der eigentliche Antagonist.»

Ich seufze und greife nach einem Käseknusper. Für Menschen. Kleine Gebäckstücke in Igelform, mit Sesam und Gouda. Die Krümel landen auf den Blättern.

«Außerdem», fragt Sammy und tippt mit der Pfote auf unser Szenendiagramm, «was ist das überhaupt für ein Genre?»

Jetzt geht das wieder los. In «Save the Cat!» geht es natürlich nicht um Katzen. Es heißt deswegen so, weil eine Technik, auch Bösewichte ein wenig menschlicher zu machen, darin besteht, sie unter hundert schlimmen Taten eine gute ausführen zu lassen. Wie eine Katze zu retten, zum Beispiel. In einem Kapitel behauptet der Autor – angeblich der Guru aller Hollywood-Schreiberlinge –, dass es nur elf Arten von Geschichten gäbe. Keine mehr, keine weniger. Kategorien wie «Komödie», «Liebesgeschichte» oder «Krimi» hält er für Unsinn. Seine elf Gattungen tragen Namen wie «Das goldene Vlies» oder «Monster im Haus». Letzteres ist dadurch definiert, dass die Helden in eine gefährliche Situation geraten, der sie nicht einfach durch Weggehen entkommen können oder die sie für andere lösen müssen. «Der weiße Hai» und «Alien» sind also genauso «Monster im Haus» wie «Der Feind in meinem Bett» oder «Eine verhängnisvolle Affäre».

Sammy sagt: «Ich denke, der Roman gehört zur Gattung ‹Kerl mit Problem›.»

Ich winke ab: «Wie ‹Stirb langsam› und ‹Der Malteser-Falke›? Niemals. Das ist ganz klar die Gattung ‹Geliebter Kumpel›. Eine Buddy-Geschichte zwischen dir und Horst.»

Sammy greift nach dem Sachbuch. Mit einem sanften Kratzen fährt seine Lesekralle über die Zeilen. Eine Stelle bringt ihn dazu, heftig den Katerkopf zu schütteln. «Hier steht, das Geheimnis einer guten Buddy-Story liege darin, dass es sich eigentlich um eine getarnte Liebesgeschichte handelt. So sehr ich Horst auch mag – von Liebe kann zwischen mir und dem Schwanzlurch keine Rede sein!»

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