Читать книгу Das Leben der Catharina R. - Catharina Rehberg - Страница 3
Vorwort
ОглавлениеDas vorliegende Buch entspricht den Tatsachen, wie sie sich wirklich abgespielt haben. Die Protagonistin Catharina Rehberg stellt dabei mich selbst dar und erzählt aus ihrer Perspektive die Geschichte meines Lebens. Im Buch selbst werden sie immer wieder den Begriff einer Krankheit antreffen, unter der ich wirklich leide. Damit sie bereits vorher etwas genauer informiert sind, um was es sich dabei handelt, möchte ich sie hier so weit beschreiben:
Ich leide unter einer Form der Alexithymie, eine seltene Krankheit, die man umgangssprachlich auch als Gefühlsblindheit beschreibt. Diese Menschen registrieren zwar bestimmte Vorgänge in ihrem Inneren, können sie aber nicht beschreiben oder erklären. Bei mir ist das ein bisschen anders, fällt aber in die gleiche Kategorie. Ich kann meine Gefühle bis zu einem gewissen Punkt fühlen und auch beschreiben, allerdings nicht nach außen hin zeigen. Das bedeutet, ich fühle zum Beispiel Freude, wenn man einen Scherz macht oder man mir einen Witz erzählt, beginne allerdings nicht zu lachen. Auch wenn man mich mit einer Waffe bedroht, wie es auch schon vorkam, wie sie später lesen werden, fühle ich zwar Angst, mein Körper allerdings zeigt keine Reaktion. Er reagiert weder mit einem beschleunigten Herzschlag und erhöhter Schweißproduktion oder zeigt auf meinem Gesicht Sorgen. Meine Mimik, Gestik, die Sprache und Bewegungen sind immer gleich.
Um das etwas genauer zu beschreiben, nenne ich ihnen ein Beispiel. Wir kennen alle die Situation von einem Vorgesetzten, seien es Lehrer, Chefs oder auch nur ein einfacher Arbeiter in einen Streit verwickelt zu werden. Die Stimmung wird gereizter, man schreit sich an und es fallen einige Wörter, die man besser nicht öffentlich laut von sich gibt. In meinem Fall würde das ungefähr so aussehen, dass mir gegenüber beispielsweise mein Chef steht, hat vor Aufregung ein tiefrotes Gesicht und die Adern treten sichtbar hervor. Er kann schreien, toben und sie nach allen Regeln der Kunst zusammenfalten. Ich allerdings besitze diese Fähigkeit nicht. Meine Antworten könnte man vielleicht, mit der eines Roboters vergleichen, der völlig emotionslos die Zeit ansagt oder einen Text vorliest. Auch im größten Trubel bleibe ich immer ruhig und gelassen. In meinem inneren tobt ein Sturm aus tausenden Gefühlen, Empfindungen und Erinnerungen, aber es ist unmöglich für mich etwas davon nach draußen zu transportieren. Im Laufe der Jahre habe ich vor dem Spiegel einige Gefühlsregungen trainiert. Es gelingt mir beispielsweise seit einigen Jahren ein freundliches Lächeln aufzusetzen oder auch die Augen zusammenzukneifen um Wut und andere Gefühle wenigstens ein bisschen zeigen zu können.
Das macht es schwer für meine Mitmenschen zu erkennen, was ich fühle. Die Empfindungen habe ich allerdings trotzdem. Vielleicht können sie sich ein bisschen in meine Lage versetzen. Besonders die ersten Jahre war es sehr schwer für mich. Durch meine Homosexualität wurde ich angefeindet und musste jahrelang unter meinen Mitschülern, später Arbeitskollegen und Menschen aus meinem näheren Umfeld leiden. Das alles entwickelte sich bis zu einem Punkt, an dem ich weder leben konnte, noch überhaupt wollte. In meinen jungen Jahren und den noch folgenden in Deutschland war es beinahe ein Verbrechen sich als Homosexuell zu outen. Es war eine regelrechte Hexenjagd. Weder Frauen noch Männer durften sich auch nur auf jemanden des gleichen Geschlechts einlassen. Besonders ein Verein stand dabei an der Spitze und machte allen von uns das Leben schwer, obwohl sie in ihrer Geschichte noch weit schlimmeres zu verantworten hatten und haben. Die katholische Kirche, bzw. auch das Gegenstück die evangelische Kirche brandmarkten uns als krank. Es gab zum Beispiel auch tausende Versuche uns betroffene zu heilen! Homosexuellen Männern zum Beispiel zeigte man Bilder von Unbekleideten des gleichen Geschlechts, und sobald sich Anzeichen einer Erektion zeigten, traktierte man ihre Genitalien mit Stromstößen. Man wollte sie damit konditionieren. Auch heute gibt es zum Teil noch sehr große Vorbehalte gegen Homosexualität z. B. in der Katholischen Kirche, in evangelikalen Gemeinden, in muslimischen Vereinen und orthodoxen jüdischen Gemeinden.
Zu meinem Glück hatte ich einen guten Freund an meiner Seite, der mich aufgefangen hat und mir einen Weg aus dem Loch geebnet in dem ich steckte. Im Buch heißt er Karsten und er steckt bis heute noch weit mehr in Problemen als ich mir das überhaupt vorstellen mag. Seine Geschichte wird im Buch auch ein wenig angeschnitten, allerdings muss ich sie doch ein bisschen besser ausführen. (M. Wenn du das liest, sei bitte nicht noch böser auf mich, aber es gehört einfach dazu)
Karsten hat sich im zarten Alter von fast 14 Jahren in eine Mitschülerin verliebt, die ihn, nachdem er ihr seine Liebe gestanden hatte, mit einer Backpfeife und Flüchen auf dem Schulhof stehen ließ. Nach diesem Tag beachtete sie ihn auch nicht mehr. Er allerdings konnte diese junge Dame 30 Jahre lang weder vergessen, noch aufhören zu lieben. Er hatte keinen Kontakt zu ihr, konnte nicht mit ihr vernünftig reden und musste mit ansehen wie sie ihr Leben verbrachte. Das war für Karsten eine einzige Folter und er hat mehrfach versucht sich das Leben zu nehmen. Da diese Versuche erfolglos blieben, ergriff er verschiedene Berufe, immer mit der Absicht daran zu sterben. Unter anderem arbeitete er als Bodyguard, weil er hoffte wenigstens erschossen zu werden. Die Liste an Ärzten, die er deswegen aufsuchte, würden ein eigenes Buch füllen. Erst im Jahr 2019 wurde es langsam besser und er konnte die junge Dame vergessen, aber sein Schicksal hatte eine weitere Überraschung parat. Er verliebte sich in eine andere Frau, der er auf drängen, seine Gefühle auch gestanden hat. (Unter anderen hatte auch ich meine Finger im Spiel) leider war diese Frau bereits in einer Beziehung und hat im weiteren Verlauf dafür gesorgt das er neben seinem Job auch jeglichen Kontakt zu ihr unterlassen musste. Er ist daran furchtbar zerbrochen und saß aufgrund eines erneuten Suizidversuchs lange Zeit in der Psychiatrie. Seitdem ist aus dem quirligen Jungen von damals ein psychisches Wrack entstanden, dass keinerlei Lebensmut oder Wille mehr aufbringt.
Doch genug davon. Dieses Buch soll meinen Weg durch mein Leben bis heute zeigen. Es hat sich für mich zum besten gewendet, aber ich kenne leider auch die Kehrseite, denn in meinem Bekanntenkreis finden sich viele Homosexuelle, die bis heute nicht so viel Glück haben.