Читать книгу Das Leben der Catharina R. - Catharina Rehberg - Страница 9

Kapitel 6

Оглавление

Na­tür­lich konn­te an ei­nem Tag nicht al­les klap­pen wie man sich das vor­stellt. Der Au­to­händ­ler den ich ge­se­hen hat­te ver­füg­te nur über Neu­wa­gen. Sie wa­ren zwar nicht wirk­lich teu­er, wenn man sie mit den Prei­sen in Bo­chum ver­glich, aber la­gen trotz­dem weit au­ßer­halb mei­nes Bud­gets. Ich konn­te mir kein so teu­res Au­to leis­ten. Al­ler­dings hat­te ich et­was ge­se­hen, was ich ir­gend­wann in mei­nem Le­ben mal mein Ei­gen nen­nen woll­te. In ei­nem ein­ge­zäun­ten Be­reich auf der an­de­ren Stra­ßen­sei­te hat­te er fünf Fahr­zeu­ge aus den USA ste­hen. Was könn­te es schö­ne­res ge­ben, als klei­ne Frau mit ei­nem großen Hum­mer über die In­sel zu fah­ren? Gut, sie wa­ren zwar nicht neu, son­dern ge­braucht, aber das stör­te mich nicht. Aus­ge­schrie­ben wa­ren sie für knapp über 30.000 Dol­lar. Ir­gend­wann wür­de ich mir so et­was leis­ten. Ganz al­lei­ne für mich.

Auf wen soll­te ich auch noch Rück­sicht neh­men müs­sen. Lie­be kam für mich als Les­be eher nicht mehr in­fra­ge. Da­mit war ich in Deutsch­land schon ge­nug be­straft. Da ich das auf kei­nen Fall noch ein­mal er­le­ben woll­te, muss­te ich mich da­mit ab­fin­den al­lei­ne zu blei­ben. Dann kann man auch so ein großes Au­to fah­ren. Vor­ran­gig hat­te ich aber im­mer noch im Kopf ein güns­ti­ges Au­to zu fin­den be­vor ich mei­nen Miet­wa­gen ver­län­gern muss­te. Al­ler­dings wuss­te ich zu der Zeit nicht wo ich jetzt auf die schnel­le einen Wa­gen herzau­bern soll­te. Ich brauch­te Hil­fe und wuss­te auch wo ich sie be­kom­men wür­de. Ich star­te­te zu mei­ner Mak­le­rin. Sie ver­stand ers­tens mei­ne Mut­ter­spra­che und kann­te sich auf der In­sel deut­lich bes­ser aus als ich.

Als ich dort an­kam und in das Bü­ro stol­per­te, fand ich sie aber nicht. Nur ein Kol­le­ge saß am lin­ken Schreib­tisch. Sie war un­ter­wegs und ich müss­te war­ten. Die be­rühm­ten fünf Mi­nu­ten al­so wie­der. Da­mit hat­te ich aber schon Er­fah­rung ge­macht und über­leg­te mir, was ich in der Zwi­schen­zeit tun könn­te. Aber es gab ja noch ei­ni­ge Lä­den ne­ben­an und da schau­en kein Geld kos­te­te und ein tol­ler Zeit­ver­treib für ei­ne Frau ist, ent­schied ich mich, die War­te­zeit da zu ver­brin­gen. Au­ßer­dem gab es ja da noch einen La­den den ich noch nie in Deutsch­land ge­se­hen hat­te. Al­lei­ne das Schau­fens­ter die­ses La­dens war für mich ein Hin­gu­cker. Da la­gen völ­lig un­be­kann­te Gerä­te in ei­ner Grö­ße, die ich noch nie ge­se­hen hat­te. Die ers­ten Han­dys, die es zu mei­ner Zeit in Deutsch­land gab, hat­ten die Aus­ma­ße ei­nes Kof­fers, wa­ren so schwer wie ein Back­stein und kos­te­ten un­ge­fähr so viel wie ein Klein­wa­gen. Sie wa­ren für uns Nor­mal­ver­die­ner un­ge­fähr so er­reich­bar wie die Ei­ger-Nord­wand für einen Asth­ma­ti­ker.

Die­se Han­dys in dem Schau­fens­ter pass­ten lo­cker in ei­ne Ho­sen­ta­sche und kos­te­ten auch nicht wirk­lich viel. Ei­nes da­von lach­te mich rich­tig­ge­hend an. Da ich so­wie­so Zeit über­brücken muss­te, be­trat ich den La­den. Ich woll­te so ein Gerät schon im­mer mal in der Hand ha­ben und wann wür­de sich die Ge­le­gen­heit mal wie­der er­ge­ben? Das Han­dy, was mich im Schau­fens­ter schon an­lä­chel­te, war ge­ra­de neu. Die Be­zeich­nung wa­ren ein­fach vier Zah­len. Auf dem Auf­stel­ler stand ein­fach nur No­kia 1011. Es lag völ­lig of­fen vor mir und ich nahm es vor­sich­tig in die Hand. Es war noch ganz schön schwer, aber es ge­nüg­te mir schon so ein Gerät mal in der Hand ge­hal­ten zu ha­ben. Die Ge­le­gen­heit hat­te ich bis­her noch nie und da ich so­wie­so nichts zu tun hat­te au­ßer zu war­ten war es ein tol­les Ge­fühl. Da­mit kann man wirk­lich te­le­fo­nie­ren? Gut, der ers­te Com­pu­ter war auch so groß wie ein gan­zes Zim­mer und mitt­ler­wei­le pass­ten sie auf einen Schreib­tisch. Ei­ne äl­te­re Ver­käu­fe­rin kam auf mich zu und be­gann das Gerät an­zu­prei­sen. Kau­fen woll­te ich so et­was nicht, aber sie be­ant­wor­te­te ge­dul­dig mei­ne Fra­gen und da­von hat­te ich ei­ne gan­ze Men­ge.

Ich hielt mich fast ei­ne Stun­de in dem La­den auf. Als ich, oh­ne et­was zu kau­fen, wie­der in die Wär­me kam, sah ich das große Au­to mei­ner Mak­le­rin auf dem Park­platz ste­hen. Al­so ging ich wie­der in ihr Bü­ro. Als sie mich sah, lä­chel­te sie. Ich setz­te mich an ih­ren Schreib­tisch. Oh­ne ab­zu­war­ten, was ich woll­te, be­gann sie, »Ich woll­te dich schon be­su­chen. Der Schlüs­sel für dein Ap­par­te­ment liegt in mei­ner Schub­la­de. Du darfst da jetzt of­fi­zi­ell rein, wenn du willst.«

»Den neh­me ich ger­ne mit. Dann kann ich auch mein Ho­tel vor­zei­tig kün­di­gen und viel­leicht ein biss­chen Geld spa­ren. Aber ich bin we­gen was an­de­rem hier. Ich brau­che ein güns­ti­ges Au­to und ha­be kei­ne Ah­nung wo ich eins her­be­kom­me.«

»Wie güns­tig?«, ver­lang­te sie zu wis­sen.

Ich hat­te mir ja ein Bud­get ge­setzt und sag­te ihr da­her, »Ma­xi­mal 2.500 Dol­lar. Muss nichts Gro­ßes sein. Haupt­sa­che ich kom­me da­mit zur Ar­beit und kann ein biss­chen was ein­kau­fen.«

»Kennst du dich da­mit aus?«

»Si­cher, ich weiß wie ich sie fah­re und dass sie Ben­zin brau­chen.«

»Al­so eher nicht. Dann soll­te ich dich zu ei­nem se­ri­ösen Händ­ler schi­cken der dir nicht ir­gend­ei­nen Mist an­dre­hen kann. Ich schreib dir den Weg auf, da fin­dest du be­stimmt was. Die sind auch in Ord­nung.«

»Per­fekt. Wie läuft das mit dem an­mel­den und was kos­tet der Spaß? Au­ßer­dem brau­che ich ja auch noch ei­ne Ver­si­che­rung.«

»Ach, die Steu­er ist lä­cher­lich. Egal was du für ei­ne Kis­te fährst, kos­tet dich das 80 Dol­lar im Jahr. Ver­si­che­rung fin­dest du gleich ne­ben dem Händ­ler und kei­ne Angst, ist auch nicht teu­er. An­mel­den geht da wo du dein Vi­sum ge­holt hast, dann be­kommst auch gleich dei­ne Schil­der. Soll ich bes­ser gleich mit­kom­men?«

»Wä­re mir sehr recht. Falls ich was fin­de, kann ich ja nicht mit zwei Au­tos fah­ren.«

»Stimmt auch wie­der. Dein Miet­wa­gen muss ja dann auch wie­der an den Flug­ha­fen.«

Sie griff in die Schub­la­de und über­reich­te mir die Schlüs­sel zu mei­ner Woh­nung. Dann nahm sie ih­re Ta­sche und be­glei­te­te mich zu mei­nem Miet­wa­gen. Zu­sam­men fuh­ren wir ein­mal quer über die In­sel zu dem Händ­ler den sie mir ge­nannt hat­te. Da stan­den gleich hun­der­te Au­tos zur Aus­wahl. Die Prei­se wa­ren mit ei­nem Filz­schrei­ber auf die Wind­schutz­schei­be ge­schrie­ben. Ich konn­te es kaum glau­ben. Für mein Bud­get be­kam ich deut­lich mehr als ich er­war­tet hat­te. Für mei­ne Aus­wahl brauch­te ich fast zwei Stun­den. Schließ­lich kauf­te ich einen Ford Sier­ra von 1987 für 1750 Dol­lar.

Schräg ge­gen­über konn­te ich auch gleich ei­ne Ver­si­che­rung für mein Fort­be­we­gungs­mit­tel ab­schlie­ßen. Um Geld zu spa­ren, ent­schied ich mich für ei­ne Teil­kas­ko­ver­si­che­rung mit ge­rin­gem Ei­gen­an­teil. Mit den gan­zen Be­schei­ni­gun­gen mach­ten wir uns in den bei­den Au­tos auf den Weg zum Flug­ha­fen, da­mit ich mei­nen Miet­wa­gen ab­ge­ben konn­te. Ich fuhr mit mei­nem neu­en hin­ter der Mak­le­rin in mei­nem Miet­wa­gen hin­ter­her. Sie kann­te na­tür­lich die schnells­ten We­ge. Was ich be­ein­dru­ckend fand, war der Ver­kehr an sich. Stän­dig wa­ren die Stra­ßen ver­stopft, aber wenn man aus ei­ner Parklücke auf die Stra­ße woll­te blie­ben die an­de­ren Ver­kehrs­teil­neh­mer frei­wil­lig ste­hen und ga­ben ei­nem die Chan­ce sich ein­zu­rei­hen. Noch be­ein­dru­cken­der als die frei­wil­li­ge War­te­zeit wa­ren al­ler­dings die Re­ak­tio­nen auf ei­ne na­hen­de Si­re­ne. Was in Deutsch­land nicht ein­mal auf Au­to­bah­nen funk­tio­nier­te, klapp­te hier rei­bungs­los. So­fort fuh­ren al­le so weit auf die Sei­te, dass ein über­brei­ter Last­wa­gen hät­te pas­sie­ren kön­nen.

Noch et­was an­de­res fiel mir auf. Stän­dig sah man Po­li­zei­au­tos durch die Stra­ßen fah­ren und da gab es große Un­ter­schie­de. Ein­mal wa­ren es die nor­ma­len die man kann­te, in Schwarz und weiß ge­hal­ten, mit den blau­en Lich­tern auf dem Dach. Die Be­am­ten tru­gen auch al­le ei­ne schwarz­wei­ße Uni­form. Dann al­ler­dings gab es aber auch noch ganz schwar­ze Po­li­zei­fahr­zeu­ge mit Be­am­ten in kom­plett schwar­zen Uni­for­men. Er­klä­ren konn­te ich mir die Un­ter­schie­de nicht, aber es wür­de schon einen plau­si­blen Grund da­für ge­ben. Den Weg den mei­ne Mak­le­rin fuhr, führ­te uns über meh­re­re Sei­ten­stra­ßen bis von hin­ten an den Golf­platz, wo auch mein Ap­par­te­ment in der Nä­he war. Der Weg er­schi­en mir deut­lich län­ger, aber die Stra­ßen wa­ren frei. Wir muss­ten uns nicht durch Simp­son Bay quä­len, son­dern er­reich­ten den Flug­ha­fen von der an­de­ren Sei­te.

Der Ver­lei­her nahm mei­nen Miet­wa­gen an­stands­los zu­rück und er­stat­te­te mir so­gar einen An­teil der Kos­ten. Lei­der wa­ren wir aber jetzt schon zu spät um mein Au­to an­zu­mel­den. Das Amt hat­te be­reits ge­schlos­sen. Das muss­te ich al­so di­rekt Mor­gen er­le­di­gen. Mir war nicht wohl da­bei oh­ne Kenn­zei­chen durch die Ge­gend zu fah­ren. Wir star­te­ten zum Bü­ro mei­ner Mak­le­rin und stan­den wie­der ein­mal vor der Brücke im Stau. Aber ich wuss­te jetzt zu­min­dest wel­chen Strand ich un­be­dingt noch be­su­chen woll­te, so­lan­ge ich noch nicht ar­bei­ten muss­te. Mei­ne Mit­fah­re­rin nann­te ihn Ma­ho Be­ach. Was ich dort sah, mach­te mich sprach­los. Der Strand lag di­rekt vor der Lan­de­bahn des Flug­ha­fens und auf der hin­te­ren Sei­te gab es ei­ne Bar mit großem Au­ßen­be­reich. Al­lei­ne das Hin­se­hen mach­te schon Lust auf mehr. Dort wür­de ich mor­gen mein Mit­ta­ges­sen zu mir neh­men.

Auf dem Weg zu­rück in dem zä­hen Stau vor der Brücke hör­te ich plötz­lich einen Si­gnal­ton. Es war kei­ne Si­re­ne, son­dern klang wie ein Te­le­fon. Ich blick­te mich um, ob das viel­leicht durch die of­fe­nen Fens­ter an mein Ohr drang, aber es kam di­rekt vom Bei­fah­rer­sitz. Mei­ne Mit­fah­re­rin öff­ne­te ih­re Ta­sche und zog eins von den Te­le­fo­nen her­aus, die ich mir vor­her erst an­ge­schaut hat­te. Ich fand das furcht­bar span­nend so ein Gerät mal im Ein­satz zu se­hen und ich war ein biss­chen nei­disch. Al­ler­dings er­in­ner­te es mich auch dar­an Kars­ten in Deutsch­land an­zu­ru­fen. Er mach­te sich si­cher schon Sor­gen. Trotz­dem war ich an­ge­fixt von ei­nem Mo­bil­te­le­fon. Aber wer soll­te mich auch schon an­ru­fen?

Ich lie­fer­te mei­ne Mak­le­rin an ih­rem Bü­ro ab und mach­te mich auf den Weg zu mei­nem Ap­par­te­ment. Zum einen woll­te ich ge­nau­er wis­sen wie ich da hin­fah­ren kann, zum an­de­ren kann­te ich die Ge­gend nicht wirk­lich und muss­te auch ein biss­chen was da­für be­sor­gen. Den Su­per­markt, der in der Nä­he war, kann­te ich ja schon und ob­wohl er so klein wirk­te, bot er doch ei­ne re­la­tiv große Aus­wahl des täg­li­chen Be­darfs. Mit mei­nen we­ni­gen Be­sor­gun­gen mach­te ich mich auf den Weg. Da­bei fiel mir auf, dass ich im­mer wie­der in der Nä­he ei­nes Ca­si­nos auf die Haupt­stra­ße kam. An der Fassa­de prang­te ein großes Schild und dar­auf stand At­lan­tis Ca­si­no and Re­sort. Jetzt weiß ei­gent­lich je­der, dass man nicht un­be­dingt in ei­nem Ca­si­no spie­len soll­te. Ge­win­nen konn­te man da nichts, da­für aber Haus und Hof ver­lie­ren. Trotz­dem woll­te ich mir den La­den mal et­was ge­nau­er an­se­hen. Au­ßer­dem gab es dort ein nied­li­ches Re­stau­rant im Au­ßen­be­reich mit Sport­fern­se­hen, was mein In­ter­es­se weck­te. Selbst wenn ich dann mal 20 Dol­lar ver­spie­len soll­te wür­de mich das nicht in Pro­ble­me stür­zen.

Als es ge­gen 18 Uhr dun­kel wur­de, kann­te ich die Ge­gend um mein neu­es Ap­par­te­ment gut ge­nug, was ich al­ler­dings noch nicht kann­te war das spe­zi­el­le Wet­ter mei­ner neu­en Hei­mat. Die Wol­ken hat­te ich wäh­rend der letz­ten bei­den Stun­den ge­se­hen. Sie sa­hen nicht wirk­lich nach ei­nem großen Re­gen­guss aus. Wie man sich doch täu­schen konn­te. Der Wind frisch­te auf und mit ei­nem Mal setz­te ei­ne wah­re Sturm­flut ein. Die Schei­ben­wi­scher in mei­nem neu­en Wa­gen ka­men nicht mehr hin­ter­her, die Sicht frei­zuräu­men. Ich muss­te tat­säch­lich, mit den an­de­ren Ver­kehrs­teil­neh­mern auf der Stra­ße ste­hen blei­ben, weil wir nichts mehr se­hen konn­ten. Über ei­ne Stun­de saß ich in mei­nem Au­to am Stra­ßen­rand und ha­be ge­war­tet bis der Re­gen nachließ.

Nach­dem ich dann end­lich wie­der se­hen konn­te, wo ich hin­fuhr und der Re­gen wie ein Was­ser­hahn von ei­ner Se­kun­de auf die Nächs­te auf­ge­hört hat­te, öff­ne­te ich mein Fens­ter und fuhr in Rich­tung mei­nes Ho­tels. Be­zie­hungs­wei­se woll­te ich es ver­su­chen. Der Weg führ­te am Flug­ha­fen vor­bei nach Phi­lips­burg, aber ich war noch weit hin­ter dem Flug­ha­fen und er­leb­te ei­ne Über­ra­schung. Durch den star­ken Re­gen stand die Stra­ße auf hun­der­ten Me­tern tief un­ter Was­ser. Auf dem As­phalt stand das Re­gen­was­ser über 20 cm hoch und lief ein­fach nicht ab. Ich muss­te fast ei­ne wei­te­re Stun­de dar­auf war­ten an den Flug­ha­fen und dann in mein Ho­tel zu kom­men. Gut, dass ich das heu­te schon fest­stell­te. Wenn ich zur Ar­beit muss­te und es vor­her ge­reg­net hat­te, konn­te ich nicht über die­sen Weg zum Ha­fen fah­ren.

Ich brauch­te al­so für die Ta­ge einen an­de­ren Ar­beits­weg, der nicht über den Flug­ha­fen, son­dern über Ma­ri­got, die Haupt­stadt der fran­zö­si­schen Sei­te führ­te. Be­deu­te­te für mich, ich muss­te et­wa zehn Mi­nu­ten mehr Ar­beits­weg ein­pla­nen, um nicht zu spät zu kom­men. Zum Glück wür­de ich das auch früh­zei­tig be­mer­ken, denn der über­schwemm­te Ab­schnitt be­gann ziem­lich früh nach dem Ca­si­no. Es wä­re al­so noch mög­lich ein­fach um­zu­keh­ren und den an­de­ren Weg zu neh­men. Ich über­leg­te mir je­den Tag bes­ser zur frü­he­ren Zeit zu star­ten. Die zehn Mi­nu­ten könn­te ich auch noch mit ei­ner ge­müt­li­chen Zi­ga­ret­te am Strand ver­trö­deln. Falls ich doch den an­de­ren Weg fah­ren muss­te, wür­de ich die­se Zi­ga­ret­te ein­fach schon wäh­rend der Fahrt rau­chen.

In mei­nem Ho­tel an­ge­kom­men be­gann ich da­mit mei­ne Sa­chen be­reits wie­der ein­zu­pa­cken. Mor­gen wür­de ich in mein neu­es Ap­par­te­ment ein­zie­hen und das Ho­tel hin­ter mir las­sen. Gar nicht schlecht für we­ni­ger als ei­ne Wo­che, die ich jetzt hier war. Mor­gen soll­te ich mein Au­to an­mel­den, um­zie­hen und mir dann end­lich mal die gan­ze In­sel an­se­hen. Mein klei­ner Teich deck­te bis­her nur ei­ni­ge Stra­ßen ab, aber den größ­ten Teil hat­te ich noch nicht ein­mal zu se­hen be­kom­men. Am Abend saß ich dann wie­der vor dem Fern­se­her in mei­nem Ho­tel­zim­mer und ver­bes­ser­te mei­ne Eng­lisch­kennt­nis­se.

Das Früh­stück am nächs­ten Mor­gen ließ ich aus­fal­len. Die gan­ze Nacht hat­te ich kaum ein Au­ge zu­ge­tan. Erst früh am Mor­gen war ich end­lich ein­ge­schla­fen, nach­dem mich die Hit­ze die gan­ze Nacht wach ge­hal­ten hat­te. Die an­sons­ten ver­läss­li­che Kli­ma­an­la­ge woll­te in der Nacht ein­fach nicht an­stän­dig ar­bei­ten. In mei­nem Zim­mer wur­de es mit der Zeit im­mer wär­mer. Wer schon ein­mal ver­sucht hat im Hoch­som­mer wäh­rend der Nacht für ei­ne Küh­lung zu sor­gen kann wohl nach­füh­len wie es mir da­bei ging. Au­ßer mei­ner Haut hat­te ich schon lan­ge nichts mehr an beim Schla­fen, aber in die­ser Nacht war es wirk­lich brül­lend heiß. Nach knapp zwei Stun­den stell­te ich mich un­ter die kal­te Du­sche und häng­te nas­se Hand­tü­cher in mein Ho­tel­zim­mer. Brach­te nur lei­der kei­ne Ab­küh­lung. Der letz­te Ver­such der mir dann die Er­ho­lung brach­te war mei­ne De­cke, die nur aus ei­nem dün­nen Bett­tuch be­stand, feucht zu ma­chen. Die ent­ste­hen­de Ver­duns­tungs­käl­te ließ mich dann end­lich schla­fen.

Erst am frü­hen Nach­mit­tag konn­te ich mich auf­ma­chen mei­ne Steu­er zu be­zah­len und mein Num­mern­schild zu be­sor­gen. Vor­her kün­dig­te ich noch mein Ho­tel­zim­mer. Das war nicht ganz so ger­ne ge­se­hen und ich be­kam auch kein be­reits be­zahl­tes Geld er­stat­tet, aber ich war das Zim­mer los. Mei­ne Sa­chen, die noch hier wa­ren, lan­de­ten in mei­nem neu­en Au­to und ich mach­te mich auf den Weg zum Amt. Was soll ich sa­gen, die Mak­le­rin hat­te recht. Ich muss­te nur 70 Dol­lar auf den Tisch blät­tern, be­kam mei­ne Num­mern­schil­der und das Gan­ze war er­le­digt. Mit bes­se­rem Ge­wis­sen mach­te ich mich auf den Rück­weg, weil ich end­lich Schil­der an mei­nem Au­to hat­te.

Mein ers­ter Weg führ­te mich zu mei­ner Woh­nung. Dort stell­te ich mei­ne rest­li­chen Sa­chen aus dem Ho­tel ab, be­vor ich mich dann auf den Weg zu ei­nem großen La­den an der Uni­on Road mach­te. Der an­geb­li­che Baumarkt war deut­lich mehr als ein ge­wöhn­li­cher La­den für Bret­ter oder Blu­men. Im ACE Me­ga Cen­ter gab es bis auf Le­bens­mit­tel so gut wie al­les. Im­mer­hin brauch­te ich we­nigs­tens ei­ne an­stän­di­ge Ma­trat­ze, denn ein Bett war in mei­ner Woh­nung nicht vor­han­den. Ich hat­te nur einen Schrank, einen Tisch mit Stüh­len und ei­ne Kü­che. So weit, so gut, aber ich konn­te ja schlecht auf dem Tisch näch­ti­gen. Zu­min­dest ei­ne halb­wegs ver­nünf­ti­ge Schla­fun­ter­la­ge brauch­te ich in mei­ner Woh­nung.

Mein Au­to tausch­te ich ge­gen einen Ein­kaufs­wa­gen und mach­te mich auf den Weg in das küh­le­re Ge­schäft. Im Ge­gen­satz zu ges­tern war heu­te wie­der das bes­te Wet­ter. Zu mei­nem Er­stau­nen gab es in dem La­den wirk­lich al­les Er­denk­li­che an Mö­beln zu kau­fen, die man brauch­te. Mit Blick auf mein Bud­get, das nicht wirk­lich groß war, muss­te ich mir ge­nau über­le­gen, wo­für ich mein Geld über­haupt aus­ge­be. Wich­tig war für mich in dem Mo­ment ei­gent­lich nur ein an­stän­di­ges Bett. Zur Not hät­te ich auf dem Bo­den schla­fen kön­nen, aber die Zeit in dem ab­bruch­rei­fen Haus in Bo­chum war vor­bei und ich hat­te mich dar­an ge­wöhnt wie­der be­quem zu schla­fen.

Im obe­ren Stock­werk ent­deck­te ich je­de Men­ge Bet­ten in al­len Far­ben und For­men. Die Hö­her­prei­si­gen Mo­del­le, die ganz vor­ne stan­den, ließ ich links lie­gen und such­te nach den güns­ti­gen. Dann kam auch schon ein äl­te­rer Ver­käu­fer mit prü­fen­dem Blick auf mich zu. An­statt mich zu fra­gen, ob er denn hel­fen könn­te, hat­te er ei­ne bes­se­re An­spra­che auf La­ger.

»Las­sen sie mich ra­ten! Sie su­chen ein Bett!«, sag­te er, als er vor mir stand.

Mit mei­nem Kon­ter war er al­ler­dings et­was über­for­dert, »Nein, ich möch­te mich hier über das Tau­chen in­for­mie­ren, des­we­gen schau ich mir auch Bet­ten an.«

Der Ge­sichts­aus­druck wech­sel­te von blöd grin­send in ver­wirrt und man konn­te fast die Zahn­räd­chen in sei­nem Kopf kla­ckern hö­ren, als er über­leg­te, was er denn dar­auf sa­gen soll­te. Er ent­schied sich für ei­ne an­de­re Va­ri­an­te und frag­te mich, ob er mir ein paar Mo­del­le zei­gen dürf­te. Ich woll­te mich al­lei­ne um­schau­en. Auf einen Ver­käu­fer der nur die Vor­zü­ge des je­wei­li­gen Mo­dells her­vor­hob, konn­te ich gut ver­zich­ten. Ich er­klär­te ihm, dass ich mich lie­ber al­lei­ne um­schau­en wür­de und falls ich et­was fin­de mich dann wie­der bei ihm mel­den wür­de. Be­vor er mich wie­der al­lei­ne ließ setz­te er sein brei­tes­tes Lä­cheln auf und er­klär­te mir das ich ihn in sei­nem Bü­ro fin­den wür­de.

Nach­dem er sich ver­zo­gen hat­te, streif­te ich ziel­los durch die auf­ge­bau­ten Bet­ten. Mein ers­ter Blick fiel im­mer auf die an­ge­schrie­be­nen Prei­se. Das Sys­tem, wie sie auf­ge­stellt wa­ren, wur­de mir aber nicht klar. Al­les war ir­gend­wie völ­lig durch­ein­an­der. Ne­ben ei­nem Bil­lig­bett, das schon zu­sam­men­fiel, wenn man es nur an­schau­te, stand ein Lu­xus­mo­dell für einen hö­he­ren Preis. Da­vor stand wie­der ein hoch­prei­si­ges Mo­dell ge­folgt von ei­nem mit­tel­prei­si­gen. Für mich be­deu­te­te das einen deut­lich län­ge­ren Auf­ent­halt als ich dach­te. Ich muss­te mir sehr vie­le an­schau­en und mich dann für ei­nes ent­schei­den.

Vie­le konn­te ich auf­grund des Prei­ses schon von vor­ne­he­rein aus­sor­tie­ren. Am En­de blie­ben nur noch vier Mo­del­le üb­rig, die für mich in­fra­ge ka­men. Da­von muss­te ich aber aus­ge­rech­net mei­nen Fa­vo­ri­ten wie­der von der Lis­te strei­chen. Bei drei­en war die Ma­trat­ze gleich da­bei, nur bei mei­nem Fa­vo­ri­ten muss­te ich die noch ex­tra be­sor­gen. Am En­de ent­schied ich mich für ein Bett aus dem mitt­le­ren Preis­seg­ment, was ge­ra­de im An­ge­bot war. Es war zwar nicht be­son­ders groß, mach­te aber einen sta­bi­len Ein­druck. Auch die Ma­trat­ze die es da­zu gab, war be­quem. Das Bar­geld was ich bei mir hat­te, reich­te für das Mo­dell aus. Ich war mir nicht si­cher, ob man mei­ne Kar­te von der Bank schon ak­zep­tier­te. Aus Deutsch­land war ich ja ge­wohnt, dass al­les im­mer erst ei­ni­ge Wo­chen dau­er­te und hier wa­ren fünf Mi­nu­ten ja auch ei­ne ge­fühl­te Ewig­keit.

Das Ge­spräch mit dem Ver­käu­fer war ziem­lich schnell er­le­digt und ich be­kam ein­fach nur einen Zet­tel mit Un­ter­schrift und Stem­pel aus­ge­stellt. Den soll­te ich dann an der Kas­se be­zah­len. Es gab so­gar einen Auf­bau­ser­vice, ex­tra für sol­che spe­zi­el­len Kan­di­da­tin­nen wie ich. Hand­werk­lich war ich nicht ge­ra­de be­gabt. Auf mei­ne Fra­ge, ob das heu­te noch funk­tio­nie­ren wür­de mit dem Auf­bau fing der Ver­käu­fer hef­tig an zu la­chen. Er er­klär­te mir, dass al­les was ich be­stel­le und be­zah­le noch am sel­ben Tag ge­lie­fert und auf­ge­stellt wird. Selbst ei­ne kom­plet­te Kü­che wür­de man mir noch am sel­ben Tag auf­stel­len, wenn ich das woll­te.

Das Leben der Catharina R.

Подняться наверх