Читать книгу Eine erfolgreiche Saison. Historischer Roman - Catherine St.John - Страница 5

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Miss Franklin hatte sehr gut gearbeitet, fand Dorothy, die weniger kritisch war als ihre Mutter. Deren Kommentar zu den vier neuen Kleidern und den beiden Ballkleidern, die Miss Franklin umgearbeitet hatte, weil sie von Amelia und Lizzie geerbt waren, beschränkte sich mehr oder weniger auf ein: „Na ja!“

Dorothy, wie gesagt, war zufrieden – die Pastelltöne und das klassische Weiß standen ihr, sie war nicht gezwungen, unziemlich viel von ihren Reizen zu enthüllen und die Kleider waren nicht mit geschmacklos vielen Rüschen, Spitzen, Bändern und Besätzen aufgeputzt. Amelia hatte so etwas geliebt, Dorothy fand es abscheulich.

„Eigentlich brauchen wir in London nur noch ein Paar Tanzschuhe“, sinnierte sie. „Mein kleines weißes Retikül ist doch noch völlig in Ordnung.“

Ihre Mutter starrte sie empört an. „Du willst in der besten Gesellschaft so armselig auftreten? Mit einem abgetragenen Retikül? Womöglich immer mit den gleichen Tanzschuhen? Was ist, wenn dich ein Gentleman einlädt, mit ihm im Hyde Park auszufahren? Du wirst feste, aber zierliche Schuhe und Stiefeletten brauchen – und denkst du gar nicht an Hüte? Eine schicke Pelisse brauchst du auch, nicht zu vergessen Kleinigkeiten, um deine Kleider immer wieder neu und interessant erscheinen zu lassen.“

Dorothy gab ein wenig damenhaftes Geräusch von sich. „Haben die Damen in London nichts Besseres zu tun?“

„Was sollte das denn sein?“ Lady Graythorpe verstand ihre Tochter nicht, aber sie wurde sofort aufgeklärt, denn ihre Jüngste, Cecily, hatte den Salon betreten. „Wahrscheinlich in irgendeiner Ecke sitzen und langweilige Bücher lesen. Dottie ist doch der reinste Blaustrumpf! Mama, ich brauche unbedingt auch neue Kleider!“

„Wozu?“, fragte Dorothy. „Du bist gerade erst sechzehn geworden, wir können dich auf offizielle Veranstaltungen ohnehin nicht mitnehmen.“

„Ungerecht ist das“, maulte Cecily. „Ich könnte viel leichter als du eine gute Partie machen.“

„Mag sein, du bist aber trotzdem noch zu jung“, antwortete Dorothy und angelte nach der Morning Post von vorgestern – früher bekam man sie auf dem Land nicht.

„Cecily, du bist unhöflich zu deiner Schwester“, rügte Lady Graythorpe. „Dorothy ist wirklich hübsch, sie hat eine gute Figur und sie kann sich gewandt unterhalten.“

Cecily gab ein unfeines Geräusch von sich.

„Und so etwas würde sie nie tun! Sie hat völlig Recht – du bist zu jung – und vor allem zu unreif!“

„Mein Haar ist blonder, meine Augen sind größer und meine Taille ist schmäler“, behauptete Cecily trotzig.

„Und dein Kopf ist hohler“, gab Dorothy zurück.

„Dottie!“ Dieser mütterliche Tadel klang etwas mechanisch, denn niemand konnte bestreiten, dass Cecily ein hübscher Hohlkopf war und in ihrem Verhalten reichlich anstrengend. Hier musste sie wohl noch etwas Erziehungsarbeit leisten… Dorothy war wenigstens verträglich, wohlerzogen und willig, aber leider nicht allzu interessiert an der Saison, die man ihr bieten würde.

„Im British Museum kann man jetzt die Elgin Marbles besichtigen“, las Dorothy in diesem Moment aus der Zeitung vor.

„Klingt langweilig“, fand Cecily und lümmelte sich auf eins der Sofas. „Sitz gerade!“ ermahnte ihre Mutter sie mechanisch. „Was bitte sind Elgin Marbles?“

Dorothy versuchte, nicht die Augen zum Himmel zu verdrehen. „Die griechischen Marmorplastiken, die Lord Elgin nach England gebracht hat.“

„Lord Elgin? Oh… vielleicht sollten wir sie uns tatsächlich ansehen, meinst du nicht?“

Dorothy kräuselte einen Mundwinkel. „Er wird dem Publikum den Parthenon-Fries nicht persönlich erläutern, fürchte ich.“

„Hm… Ob er verheiratet ist?“

„Ganz bestimmt. Solltest du nicht außerdem seine Vermögensverhältnisse überprüfen?“

„Das kann dein Vater tun. Oder Cousin Andrew…“, antwortete Lady Graythorpe gedankenverloren.

„Lord Elgin kann nicht mehr der Jüngste sein“, stellte Dorothy fest, leicht alarmiert davon, dass ihre Mutter ihre Vorschläge nicht als Scherz erkannt hatte. „Er war Botschafter in Konstantinopel, als er all diese Kunstschätze außer Landes geschafft hat – und Botschafter wird man nicht direkt nach der Universität, nicht wahr?“

„Ach, Dottie, schon wieder so schulmeisterhaft?“

„Sag ich doch!“, krähte Cecily, die immer noch auf dem Sofa lümmelte. „Eine Langweilerin, wie sie im Buche steht!“

„Buche?“, höhnte Dorothy. „Weißt du überhaupt, was ein Buch ist? Du kannst doch nicht mal lesen!“

„Was??“ Cecily sprang auf.

„Mädchen! Cecily, geh bitte auf dein Zimmer! Dottie, lass Cecily in Frieden. Ich glaube, ihr seid beide noch zu jung für London, wenn ihr dieses kindische Gezänk nicht lassen könnt.“

Cecily verließ ungern den Salon und Lady Graythorpe wandte sich wieder wichtigen Problemen zu.

„Den ganzen modischen Schnickschnack könnten wir in Grafton House günstig erwerben… Lucy wird sich in London vor allem um dich kümmern.“

„Ich kann mich durchaus alleine anziehen“, widersprach Dorothy sofort.

„Mit tausend Knöpfchen auf dem Rücken? Und kannst du dich auch selbst für einen Ball frisieren? Dottie, hör mit diesen Albernheiten auf.“

Ihre Tochter schwieg bockig.

„Ein Reitkleid mit passendem Hut“, sinnierte Lady Graythorpe weiter.

„Nehmen wir auch noch Pferde nach London mit?“, konnte Dorothy sich nicht bezähmen, obwohl sie sich eigentlich vorgenommen hatte, stumm zu leiden angesichts dieser arg ausschweifenden Pläne.

„Unsinn. Da vertraue ich vollkommen auf Cousin Andrew!“

Na, der würde sich freuen, wenn er merkte, worauf er sich da eingelassen hatte. Vielleicht schickte er sie alle mitten in der Saison wieder zurück aufs Land? Das wäre natürlich ein herrlicher Skandal…

„Warum lächelst du so versonnen?“, fragte Lady Graythorpe argwöhnisch.

„Ach, nichts – soll ich die neue Stickerei nach London mitnehmen?“

Das war der Überlegung wert, denn der letzte Bogenschütze, den ihre Tochter porträtiert hatte, hatte wie ein Trunkenbold gewirkt, auch wenn Dottie mit Unschuldsmiene behauptet hatte, sie habe diesen rosaroten Farbton für Hautfarbe gehalten – und nun sei es ja leider zu spät. Das Mädchen hatte kein Talent für Handarbeiten, war möglicherweise ein wenig farbenblind und hatte eine Neigung zur Subversivität. Was, wenn sie den nächsten Ahnherrn mit einem Holzbein versah? Oder mit einem Kurzbogen? Oder mit einer Landsknechtsausstattung, als sei die Baronie viel jüngeren Datums?

Was hatten die Mallowes denn außer dem uralten Adel aufzuweisen? Dottie war zuzutrauen, diesen ihren einzigen Vorzug in den Augen eines Ehekandidaten mit Absicht zu ruinieren.

„Sicherheitshalber – auch wenn du wohl kaum Zeit für Stickereien haben wirst.“

Dorothy hatte für den aktuellen Ahnherrn schon einen Buckel ins Auge gefasst und lächelte voller Vorfreude. Sie war sich ganz sicher, dass sie unverlobt nach Graythorpe zurückkehren würde und dazu konnten geschickt platzierte peinliche Ahnherren vielleicht etwas beitragen…

Bertram wollte ja auch nach London mitkommen; wenn sonst nichts half, würde er ihre Chancen bestimmt ruinieren, mit seiner lächerlichen Kleidung, seinem albernen Gehabe und seiner Wettleidenschaft. Dazu gab er sich als Pferdekenner – aber wer ihm fünf Minuten zuhörte, wusste natürlich, dass man ihm die letzte Mähre hätte andrehen können, sofern er wenigstens dafür das Geld gehabt hätte. Reiten konnte er natürlich, aber einen Reitstall zusammenstellen: niemals! Sein vierteljährliches Taschengeld war auch zumeist schon ausgegeben, bevor er es bekam – für offene Rechnungen beim Schneider, beim Stiefelmacher oder beim Buchmacher. Und den Rest verlor er beim Kartenspiel oder vertrank ihn.

Dorothy seufzte. Mit diesem unreifen Lümmel, der ebenso kindischen Cecily, und ihrer ehestiftenden Mama im Haus von Verwandten zu leben, die großzügig waren und zum Dank von oben herab behandelt wurden… wie lange dauerte die Saison: von Januar bis August? Schöne Aussichten waren das!

Nun, vielleicht konnte sie tatsächlich ab und zu durchbrennen und sich die Museen anschauen, für die London so berühmt war.

Eine erfolgreiche Saison. Historischer Roman

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