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Aus „Die Fahrt der Beagle“
ОглавлениеAls ich am Rio Negro in Nordpatagonien war, hörte ich die Gauchos wiederholt von einem sehr seltenen Vogel erzählen, den sie Avestruz petise nannten. Sie beschrieben ihn als seltener als den gemeinen Strauß (welcher dort sehr verbreitet ist), doch mit einer sehr großen allgemeinen Ähnlichkeit. Sie sagten, er sei dunkel gefärbt und gesprenkelt und dass seine Beine kürzer seien und das Gefieder tiefer reiche als beim gemeinen Straußen. Er lasse sich mit den bolas leichter einfangen als die andere Art. Die wenigen Einwohner, die beide Arten gesehen hatten, bestätigten, sie aus großer Entfernung unterscheiden zu können. Die Eier der kleinen Art schienen jedoch bekannter, und mit Überraschung wurde angemerkt, dass sie nur sehr wenig kleiner als jene des Rhea seien, aber von etwas anderer Form und hellblau getönt. Diese Art ist auf den Ebenen, die an den Rio Negro grenzen, äußerst selten; eineinhalb Grad weiter südlich jedoch sind sie einigermaßen verbreitet. Als Mr. Martens in Port Desire in Patagonien war (48° S), schoss er einen Straußen; ich betrachtete ihn und vergaß in dem Augenblick auf eine höchst unerklärliche Weise das ganze Thema der Petises und dachte, es sei kein ausgewachsener Vogel von der gewöhnlichen Sorte. Noch bevor meine Erinnerung zurückkehrte, war er gebraten und verzehrt. Glücklicherweise waren Kopf, Hals, Flügel und viele der größeren Federn sowie ein Großteil der Haut aufbewahrt worden; daraus wurde ein nahezu vollkommenes Exemplar zusammengesetzt, das nun im Museum der Zoologischen Gesellschaft ausgestellt ist. Mr. Gould hat mir bei der Beschreibung dieser neuen Art die Ehre erwiesen, sie nach meinem Namen zu benennen.
Der Vorrat von Nahrungsstoff, welcher in den Samen vieler Pflanzen niedergelegt ist, scheint anfänglich keine Art von Beziehung zu anderen Pflanzen zu haben. Aber aus dem lebhaften Wachstum der jungen Pflanzen, welche aus solchen Samen (wie Erbsen, Bohnen usw.) hervorgehen, wenn sie mitten in hohes Gras ausgestreut worden sind, vermute ich, dass jener Nahrungsvorrat hauptsächlich dazu bestimmt ist, das Wachstum des jungen Sämlings zu beschleunigen, welcher mit anderen Pflanzen von kräftigem Gedeihen rund um ihn her zu kämpfen hat.
Warum verdoppelt oder vervierfacht eine Pflanze in der Mitte ihres Verbreitungsbezirkes nicht ihre Zahl? Wir wissen, dass sie recht gut etwas mehr oder weniger Hitze und Kälte, Trockenheit und Feuchtigkeit aushalten kann; denn anderwärts verbreitet sie sich in etwas wärmere oder kältere, feuchtere oder trockenere Bezirke. Wir sehen wohl ein, dass, wenn wir in Gedanken wünschten, der Pflanze das Vermögen noch weiterer Zunahme zu verleihen, wir ihr irgendeinen Vorteil über die anderen mit ihr werbenden Pflanzen oder über die sich von ihr nährenden Tiere gewähren müssten. An den Grenzen ihrer geographischen Verbreitung würde eine Veränderung ihrer Konstitution in Bezug auf das Klima offenbar von wesentlichem Vorteil für unsere Pflanze sein. Wir haben jedoch Grund zu glauben, dass nur wenige Pflanzen- oder Tierarten sich so weit verbreiten, dass sie durch die Strenge des Klimas allein zerstört werden. Nur wo wir die äußersten Grenzen des Lebens überhaupt erreichen, in den arktischen Regionen oder am Rande der dürrsten Wüste, da hört auch die Mitbewerbung auf. Mag das Land noch so kalt oder trocken sein, immer werden sich noch einige Arten oder noch die Individuen derselben Art um das wärmste oder feuchteste Fleckchen streiten.
Daher sehen wir auch, dass, wenn eine Pflanzenoder eine Tierart in eine neue Gegend zwischen neue Mitbewohner versetzt wird, die äußeren Lebensbedingungen meistens wesentlich andere sind, wenn auch das Klima genau dasselbe wie in der alten Heimat bliebe. Wünschten wir das durchschnittliche Zahlenverhältnis dieser Art in ihrer neuen Heimat zu steigern, so müssten wir ihre Natur in einer anderen Weise modifizieren, als es hätte in ihrer alten Heimat geschehen müssen; denn sie bedarf eines Vorteils über eine andere Reihe von Mitbewerbern oder Feinden, als sie dort gehabt hat.
Versuchten wir in unsrer Einbildungskraft, dieser oder jener Form einen Vorteil über eine andere zu verleihen, so wüssten wir wahrscheinlich in keinem einzigen Falle, was zu tun ist, um zu diesem Ziel zu gelangen. Wir würden die Überzeugung von unserer Unwissenheit über die Wechselbeziehungen zwischen allen organischen Wesen gewinnen: eine Überzeugung, welche ebenso notwendig ist, als sie schwer zu erlangen scheint. Alles, was wir tun können, ist: stets im Sinne zu behalten, dass jedes organische Wesen nach Zunahme in einem geometrischen Verhältnis strebt; dass jedes zu irgendeiner Zeit seines Lebens oder zu einer gewissen Jahreszeit, während seiner Fortpflanzung oder nach unregelmäßigen Zwischenräumen große Zerstörung zu erleiden hat. Wenn wir über diesen Kampf ums Dasein nachdenken, so mögen wir uns selbst trösten mit dem vollen Glauben, dass der Krieg der Natur nicht ununterbrochen ist, dass keine Furcht gefühlt wird, dass der Tod im Allgemeinen schnell ist und dass es der Kräftigere, der Gesundere und Geschicktere ist, welcher überlebt und sich vermehrt.
Der Kasuar, ein flugunfähiger Vogel (mit dem Strauß verwandt) ist in Australien und Neuguinea zu finden. Warum schuf Gott Vögel mit fluguntauglichen Flügeln?