Читать книгу Jake kämpft um sein Glück - Charlotte Paul - Страница 11
*
ОглавлениеMit jedem neuen Tag und Sophias liebevoller Pflege ging es Beatrice besser. Endlich konnte sie wieder nach unten gehen und es sich an ihrem Lieblingsplatz in der Bibliothek gemütlich machen. Warm zugedeckt und verwöhnt von allen Mitgliedern des Hauses.
Sir Michael schickte ihr fast täglich Nachrichten. Immer wieder fragte er, ob seine Frau schon wieder ganz zu sich gekommen sei und gab dem Personal Anweisungen, was es zu tun und zu lassen hätte. Man glaubte zu merken, wie zuwider es ihm sein musste, nicht alles im Blick zu haben, was in seinem Hause vorging. Sophia antwortete ihm, dass es Beatrice noch sehr schlecht gehe und sie fast nie wach sei. Es machte ihr überhaupt nichts aus, ihn nach Strich und Faden zu belügen. Hauptsache, er sah keinen Grund, hier allzu bald aufzutauchen. So gut wie jetzt ging es ihnen noch nie. Es hatte sich eine so friedliche Stimmung im ganzen Haus ausgebreitet. Heute saßen die beiden Frauen wieder wie schon so oft in der Bibliothek und lasen sich gegenseitig aus ihren Lieblingsbüchern vor. Sie genossen diese Zweisamkeit und spürten die tiefe Zuneigung, die sie verband.
Beatrices Zustand verbesserte sich von Tag zu Tag. Sie freute sich darauf, endlich wieder einen langen Spaziergang machen zu können. Die Bewegung fehlte ihr so sehr nach der langen Zeit der Rekonvaleszenz. Die weitesten Ausflüge bisher führten sie gerade mal bis zum Kräutergarten. Sie hatte das Gefühl, dort bereits mit jeder Pflanze persönlich bekannt zu sein. Daher entschied sie, heute auf den Hügel zu gehen, ihren Hügel! Niemand würde sie zurückhalten können, auch nicht Sophia, die sie für so einen weiten Weg immer noch als zu schwach befand.
Es war einer der seltenen schönen Herbsttage. Die Sonne sendete ihre letzten warmen Strahlen auf die Erde. Langsam und in Gedanken versunken ging Bea den Weg hinauf zu ihrem Lieblingsplatz. Als sie endlich oben angekommen war, noch leicht außer Atem, erschrak sie. Es saß jemand auf ihrem Platz und dieser Jemand war niemand anderer als Lord Jake Auston. Noch hatte er sie anscheinend nicht bemerkt. Was für ein schöner Mann er war mit seinen zu einer wilden Brutusfrisur gekämmten Haaren! Er hatte seine Jacke ausgezogen und saß nun dort auf einem Stein und schaute ins Tal.
Offenbar war ihm ihre Anwesenheit doch nicht entgangen, denn er sagte: »Wollen Sie nicht näherkommen? Ich glaube, das hier ist Ihr Platz!« Langsam drehte er seinen Kopf zu ihr und lächelte sie freundlich an. Bea blieb vor Schreck kurz die Luft weg. »Vor mir brauchen Sie keine Angst zu haben.« Mit einer Handbewegung lud er sie ein, sich neben ihn zu setzen.
Beatrice streckte ihr Kinn vor und entgegnete: »Ich habe keine Angst! Ich hatte nur nicht erwartet, hier jemanden vorzufinden. Lassen Sie sich bitte nicht stören, ich gehe wieder.«
Mit drei schnellen Schritten war er bei ihr. Beatrice fuhr so sehr zusammen, dass sie fast rücklings gefallen wäre. Doch schnell hielt Auston sie an den Armen fest. Diese Berührung traf Beatrice wie ein Blitz. Er trug keine Handschuhe, sodass sie die Wärme seiner Hände auf ihrer Haut spüren konnte. Verunsichert schaute sie ihn an. Anscheinend ging es ihm genauso, da er Beatrice schnell wieder losließ und zu dem Stein zurückging, um seine Jacke zu holen.
»Ich möchte Ihnen auf keinen Fall diesen wunderschönen Platz wegnehmen. Verzeihen Sie mir.« Auston machte Anstalten zu gehen, doch Bea hielt ihn zurück. »Ehm …, nein, bleiben Sie doch! Verzeihen Sie mir, ich war wirklich nur überrascht. Ich denke, es ist Platz für zwei vorhanden.«
Er schaute sie lächelnd an und bemerkte nun die leichte Verfärbung ihrer linken Gesichtshälfte. Schnell wandte er den Blick ab. Das konnte nur ihr Ehemann gewesen sein. Endlose Wut stieg in ihm hoch. Dieser Bastard! Er versuchte sich nichts anmerken zu lassen und lud Beatrice freundlich ein, neben ihm Platz zu nehmen. »Ich lege mein Jackett hierher, dann können Sie darauf Platz nehmen.«
»Vielen Dank.« Etwas zögerlich setzte sich Beatrice. Auston tat es ihr nach. Er war ihr so nahe, dass sie seine Körperwärme spüren konnte. Sie wunderte sich, dass es sie weder ängstigte noch abstieß, so dicht neben einem Mann zu sitzen.
Plötzlich kam Beatrice ein Gedanke: »Wieso glauben Sie, dass dies mein Platz ist?« Irritiert schaute sie ihn an. »Mir war nicht bewusst, dass noch jemand diesen Pfad hier herauf kennt.«
»Oh, bis heute kannte ich ihn auch nicht«, sagte er mit einem Augenzwinkern. Ihre Verblüffung schien ihm Spaß zu machen.
»Sie machen sich über mich lustig!« Jetzt wurde Bea langsam wütend.
»Nein, nein, nichts liegt mir ferner«, sagte er lachend. »Ich habe ein Fernglas!«
»Ein Fernglas? Wie meinen Sie das? Haben Sie mich damit etwa beobachtet?« Bea bekam einen roten Kopf. »Haben Sie nichts anderes zu tun, als harmlose Menschen mit einem Fernglas zu beobachten? Und wieso habe ich Sie nicht gesehen?«
»Aha! Wer hat nun wen beobachtet?«
»Das war etwas ganz anderes. Ich habe Ihr Haus angeschaut, ich wusste ja gar nicht, dass Sie da sind.«
»Also bedeutet das doch, wenn Sie gewusst hätten, dass ich da bin, hätten Sie mich beobachtet?«
Bea schaute ihn entrüstet an. Doch dann sah sie den verschmitzten Ausdruck in seinen Augen und musste einfach loslachen. »Sie sind so durchtrieben, Lord Auston. Vor Ihnen muss man sich in acht nehmen.«
»Ich befürchte, meine Erziehung wurde sträflich vernachlässigt.« Er ließ den Blick sinken und schüttelte den Kopf, als ob er am Boden zerstört wäre.
Bea schaute ihn streng an: »Mit diesem Benehmen können Sie mich nicht mehr täuschen! Ich habe Sie durchschaut! Sie sind ein ganz durchtriebener Mensch. Wie mein Mann!«
Jetzt schaute Jake sie fast verärgert an. Sie bemerkte sofort, dass es diesmal ernst war. »Tun Sie mir bitte den Gefallen und vergleichen Sie mich nie mehr mit Ihrem Mann. So wie ich Ihren Mann kennengelernt und was ich über ihn vernommen habe, ist er der letzte Mensch, mit dem ich verglichen werden möchte.«
Beatrice sah Auston erschrocken an und sagte leise: »Ehm, bitte verzeihen Sie. Ich wollte Sie nicht verletzten. Sie haben in keiner Weise Ähnlichkeit mit meinem Mann! So habe ich das nicht gemeint.« Sie beobachtete ihn aus dem Augenwinkel und wunderte sich über seine vehemente Reaktion.
Zu ihrem großen Erstaunen sagte er: »Ihnen verzeihe ich immer!«, und sah ihr dabei direkt in die Augen. Beatrice fand, er hatte die schönsten Augen, die sie je gesehen hatte. Dieses Braun war so dunkel, dass es manchmal fast schwarz wirkte. Die langen Wimpern verstärkten diesen Eindruck noch. So in ihren Gedanken versunken wurde sie erst wieder durch sein leises Lachen in die Wirklichkeit zurückgerufen. Sie erschrak, da ihr bewusst wurde, dass sie ihn die ganze Zeit angestarrt hatte. Schnell schaute sie weg, ihre Wangen färbten sich dunkelrot. Sie murmelte: »Verzeihung, ich bin noch nicht ganz ich selbst.«
»Wie meinen Sie das? Waren Sie krank?«
Beatrice überlegte kurz: »Ehm … Ja, ich war krank. Dies ist mein erster Spaziergang seit Langem. Und … Ich muss jetzt wirklich gehen, sonst machen sich alle Sorgen.«
»Wer macht sich denn die Sorgen? Ihr Mann?« Jake zog zweifelnd eine Augenbraue nach oben.
»Reden Sie nicht so mit mir. Können Sie sich nicht vorstellen, dass sich jemand um mich Sorgen macht?« Bea schaute ihn entrüstet an.
»Jetzt muss ich mich wohl entschuldigen?«
»Ja, das müssen Sie! Das war sehr unschön von Ihnen.« Bea schniefte laut und wenig damenhaft.
»Ich bin so ein Tölpel! Aber eines kann ich Ihnen sagen. Wenn Sie meine Frau wären, würde ich mir Sorgen machen.«
»Ich bin aber nicht Ihre Frau und deshalb dürfen Sie sich keine Sorgen machen. Wenn wir Freunde wären, ja dann vielleicht.« Jake bedachte Beatrice mit einem Lächeln: »Können wir Freunde werden?«
Sie sah ihn forschend an: »Geht das denn? Wir kennen uns ja kaum.«
»Wir können uns ja kennenlernen. Nur glaube ich, dass Ihr Mann dies nicht gut finden würde.«
»Oh, er ist zurzeit nicht da«, sagte Bea freudig. Doch sogleich wurde ihr bewusst, dass ihre Freude darüber möglicherweise einen befremdlichen Eindruck auf Lord Auston machen könnte und fügte rasch hinzu: »Nun, verstehen Sie mich nicht falsch. Ich freue mich natürlich nicht, dass mein Mann weg ist. Ehm …, sondern dass er sich freut, nicht hier zu sein. Nein, also… Es ist doch schön für ihn, wenn er…«
Jake lächelte: »Oh, ich verstehe Sie sehr gut. Es ist schön für ihn, mal unterwegs zu sein.«
Bea nickte erleichtert: »Ja genau! Das ist es.«
»Lady Michael, ich glaube, Sie sollten jetzt wirklich wieder zurückgehen. So langsam wird es kühl hier oben. Nicht, dass Sie wieder krank werden.«
Bea stand schnell auf. »Sie haben recht, ich muss jetzt wirklich nach Hause. Sophia macht sich sicherlich schon Gedanken um mich.«
»Wer ist Sophia? Ihre Gesellschafterin?«
Bea musste lachen. »Sie ist meine Zofe und gleichzeitig meine beste Freundin. Das kommt Ihnen sicher seltsam vor. Doch so ist es.«
»Es kommt mir nicht seltsam vor. Es ist schön, dass Sie eine Freundin haben.« Er zog seine Jacke wieder an und half Beatrice über die Steine hinweg zurück auf den Weg. Langsam gingen sie auf dem schmalen Pfad hintereinander den Hügel hinunter. Als die Sträucher sich teilten und sie auf der Wiese ankamen, trennten sich ihre Wege. Beide spürten ein leichtes Bedauern.