Читать книгу Jake kämpft um sein Glück - Charlotte Paul - Страница 12

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Gedankenversunken ging Jake zu seinem Vollblut, das er unterhalb des Hügels festgemacht hatte. Beschwingt bestieg er sein Pferd und ließ es in einen leichten Galopp fallen. Sein Herz tat einen Sprung, als das Haus, sein Haus am Ende der Allee, in Sicht kam. Bei den Ställen übergab er einem Knecht die Zügel und ging ins Haus, um in der Bibliothek ein Glas Cognac zu genießen. Er wollte jetzt unbedingt noch einen Moment für sich sein. Noch in Reitkleidung setzte er sich vor den Kamin, in dem ein wärmendes Feuer brannte, und machte es sich gemütlich.

Nachdenklich sah er in die tänzelnden Flammen. Wie schnell sich das Leben doch änderte! Noch vor ein paar Wochen wohnte er in London im Haus seiner Eltern, und jetzt saß er hier auf dem Land und war ein vermögender Gutsbesitzer.

Vor drei Monaten hatte ihn die Nachricht über eine Erbschaft erreicht. Ein entfernter Onkel ohne eigene Nachkommen vermachte ihm sein gesamtes Vermögen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er keine Kenntnis von diesem Verwandten gehabt. Auch seine Eltern waren erstaunt. Seit Jahren war der Kontakt zu diesem Cousin seiner Mutter abgebrochen. So waren sie davon ausgegangen, dass er längst verstorben sei. Natürlich freuten sie sich für ihren Sohn und waren dem alten Lord sehr dankbar. Jake verfügte nun über ein großes Anwesen und ein beträchtliches Vermögen und war daher gut versorgt.

Jake schüttelte immer noch erstaunt den Kopf über die Wendung in seinem Leben. Die letzten Tage waren nur so verflogen. So viel Neues war auf ihn zugekommen. Eines hatte er gleich bemerkt: Die Menschen, mit denen er auf dem Gut zu tun hatte, waren alle äußerst freundlich und hatten sehr schnell herausgefunden, dass ihr neuer Dienstherr genauso um ihr Wohl besorgt war wie sein Vorgänger. Manche der Pächter probierten natürlich aus, wie weit sie Jakes Unerfahrenheit ausnutzen konnten. Doch Jake kannte solche Typen noch vom Krieg her, als er als Offizier eine Kompanie zu befehligen hatte. Die Untergebenen versuchten sich gern mal darin, wie weit sie bei ihren Vorgesetzten gehen konnten. Daher machte er ihnen sehr schnell klar, dass er sie sofort durchschaut hatte. Er nahm es ihnen nicht übel, lachte, schlug ihnen auf die Schulter und sagte: »Na, versuchen kann man es ja mal.«

Das imponierte ihnen mächtig und nahm ihn sehr für sie ein. Bei der nächsten Begegnung zogen sie dann höflich ihre Mütze. Jake musste lächeln, wenn er an diese erste Zeit dachte. Jeden Tag hatte er mit seinem Verwalter zusammengesessen. Viel gab es zu lernen. Dabei wurde ihm bewusst, wie langweilig sein Leben bisher gewesen war. Wie sehr ihm eine wirkliche Aufgabe gefehlt hatte.

Gut erinnerte er sich noch an den Tag, als ihn eine Nachricht von einem Rechtanwalt Harris erreichte. Dieser Harris bat ihn schriftlich um einen Besuch in einer sehr wichtigen Angelegenheit. Jake ließ den Brief zunächst in der Annahme liegen, dass es sich nicht um etwas wirklich Wichtiges handeln konnte. Eher aus Langeweile schaute er sich Tage später noch einmal den Absender an und wunderte sich. Was wollte ein fremder Anwalt von ihm? Er öffnete den Brief. Erstaunt las er, dass er die Kanzlei möglichst bald aufsuchen sollte, da es sich um eine unaufschiebbare Angelegenheit handeln würde. Jake nahm sich vor, gleich am nächsten Tag dort vorstellig zu werden.

Am Morgen darauf frühstückte er ausführlich, ließ danach seine Kutsche vorfahren und machte sich auf den Weg zu der genannten Adresse, um zu erfahren, was es denn so Wichtiges geben könnte. Jake betrat das Gebäude. Ein enger dunkler Gang lag vor ihm. An einer Tür konnte er ein Schild mit der Aufschrift »Büro« erkennen. Er öffnete diese und gelangte in ein kleines Zimmer, ausgestattet mit einfachen Regalen ringsherum an den Wänden und einem eher kleinen Schreibtisch, hinter dem ein junger Mann saß. Anscheinend war er schwer mit irgendwelchen Akten beschäftigt. Er machte sich nicht einmal die Mühe, den Kopf zu heben, sondern sagte nur kurz: »Setzen Sie sich! Anwalt Harris ruft sie auf.«

Na, das war ja ein schöner Empfang, dachte sich Jake und bereute schon, hierhergekommen zu sein. In diesem Augenblick öffnete sich eine Tür und ein kleiner dicker Herr trat herein. Er blieb kurz stehen, schaute ihn mit ernstem Blick an und fragte freundlich: »Lord Jake Bennett?«

Der Sekretär sprang plötzlich auf, wobei sein Stuhl krachend nach hinten an die Wand fiel. Mit glutrotem Kopf schaute er Jake an. Irritiert und leicht verblüfft blickte Jake zurück. Doch forderte der ältere Herr nun seine Aufmerksamkeit, indem er fragte, ob Jake nicht zu ihm hereinkommen wolle.

»Nein, denn anscheinend handelt es sich um eine Verwechslung. Mein Name ist Jake Auston. Ich habe vor ein paar Tagen einen Brief von Ihnen bekommen, der aber offenbar nicht für mich bestimmt war.«

Der Anwalt strahlte ihn an: »Nein Mylord, es ist keine Verwechslung. Bitte kommen Sie doch hier herein. Und wenn ich das so frei heraus sagen darf: Sie sehen Ihrem Onkel tatsächlich etwas ähnlich.«

Jake folgte dem Anwalt leicht verwirrt in ein weiteres Büro, welches sich aber grundlegend vom Vorzimmer unterschied. Es war sehr geschmackvoll eingerichtet. Der große Schreibtisch war aus edlem Holz gearbeitet. Bücherregale standen an den Wänden, ein jedes überfüllt mit Akten. Ein bequemer Ledersessel befand sich hinter dem Schreibtisch und auf die Besucher warteten zwei gepolsterte Sessel. Alles in diesem Zimmer sah nach viel Arbeit aus.

Der Anwalt gab Jake mit einer Handbewegung zu verstehen, doch bitte Platz zu nehmen. Er entschuldigte sich, dass er gerade noch einmal die Akten auf Vollständigkeit kontrollieren wolle, um auf alle eventuellen Fragen antworten zu können. Jake nahm Platz und war gespannt, was nun folgte. Er hatte nun Muße, sein Gegenüber etwas genauer in Augenschein zu nehmen. Der Anwalt war ein Mann von vielleicht fünfzig Jahren, die Haare am Hinterkopf auf eine sehr altmodische Weise zusammengebunden, seine Kleidung eher streng als elegant. Insgesamt eine gepflegte Erscheinung.

Harris wurde sich wohl des Blickes von Jake bewusst, denn er hob den Kopf und sah nun wiederum seinen Besucher genauer an. Jake hielt der Musterung stand.

»Ich gehe davon aus, dass Sie überrascht waren, als Sie von dieser Erbschaft erfuhren?«, fragte Harris.

»Welcher Erbschaft? Bisher weiß ich noch gar nicht, worum es geht. Und wieso sprachen Sie mich mit diesem Titel und Namen an?«

Harris sah Jake freundlich lächelnd an. »Aha, am besten, wir fangen von vorne an. Erinnern Sie sich noch an ihren Onkel Lord Bennett?«

»Ehrlich gesagt, nein. Unsere Familie ist sehr groß, es ist fast unmöglich, alle Verwandten zu kennen.«

»Gut, dann kläre ich Sie jetzt auf. Lord Bennett ist ein entfernter Onkel von Ihnen, der Sie als Alleinerbe eingesetzt hat, da er keine weiteren Nachfahren hat.«

Jake sah Harris mit großen Augen an: »Mich? Warum gerade mich? Er kannte mich doch nicht.«

Der Anwalt widersprach vehement. »Doch, doch. Er kannte Sie sehr gut!« Lächelnd fügte er hinzu: »Sie waren für Ihren Onkel kein Fremder! Er ließ sich regelmäßig über Sie informieren. Er wusste sehr viel über Sie.«

»Wie bitte? Aber von meinen Eltern hat er sicherlich keine Auskunft bekommen, dies hätten sie mir sofort erzählt.«

Sein Gegenüber schaute etwas schuldbewusst: »Ich hoffe, Sie nehmen es mir nicht übel. Ich handelte schließlich im Auftrag meines Klienten.«

Jake sah Harris gespannt an. »Was soll ich Ihnen nicht übel nehmen?«

Der Anwalt schien eine trockene Kehle zu haben, denn er musste sich erst mehrmals räuspern, um dann noch immer heiser zu flüstern: »Ich musste einen Detektiv beauftragen!«

Jake konnte kaum glauben, was er da hörte. »Einen Detektiv, der mich beobachten sollte?« Fassungslosigkeit stand in sein Gesicht geschrieben. »Aber … Ich habe nichts davon mitbekommen!« Die Vorstellung, dass ihn jemand ständig beobachtet hatte, war einfach unheimlich.

Der Anwalt schüttelte den Kopf und wedelte mit einer Hand in der Luft, als ob er diese Vorstellung verscheuchen wollte. »Nein, so war es nicht! Auf keinen Fall! Nur ganz oberflächlich hat er Erkundigungen über Sie eingezogen. Das müssen Sie mir glauben.«

»Und wer bitteschön hat mich beobachtet?« Jake war jetzt sehr verärgert.

»Wir haben natürlich den besten und diskretesten Detektiv ausgesucht, das ist ja wohl eine Selbstverständlichkeit!« Harris wirkte jetzt fast stolz. »Ihr Onkel war da sehr streng!«

Noch immer fassungslos wiederholte Jake seine Frage: »Wer war es?« Plötzlich traf ihn ein Geistesblitz. »Moment mal, hieß er vielleicht zufällig Sletcher?«

»Ja, genau!« Der Anwalt schaute ihn glücklich an. »Kennen Sie ihn?

»Ja, und er wird mich auch noch besser kennenlernen!«, sagte Jake grimmig.

Ein sehr besorgter Blick traf Jake. »Ich hoffe, ich habe keinen Fehler begangen, indem ich Ihnen von Mr Sletcher erzählt habe.«

»Machen Sie sich bitte darüber keine Sorgen! Lassen Sie uns lieber über das Testament reden.«

Nicht wirklich beruhigt über diese Worte klärte Harris ihn nun über das Erbe auf. »Sie können sich wirklich glücklich schätzen. Das Vermächtnis wird Sie zu einem reichen Mann machen, allerdings auch mit einer großen Verantwortung.«

Jakes Herz schlug ihm bis zum Hals. »Ist es so viel Geld?«

Harris neigte sich über seine Akten. »Nicht nur Geld. Zum Erbe gehört ein Haus in Devon mit großen Ländereien und vielen Pächtern. Dazu kommt auch ein beträchtlicher Betrag Geld, sodass Sie sich keine Gedanken darüber machen müssen, dieses Anwesen auch erhalten zu können.« Der Anwalt sah seine vor ihm liegenden Unterlagen durch: »Ach ja, habe ich schon das Haus in London erwähnt?«

Jake brachte keinen Ton heraus, daher schüttelte er nur den Kopf. Er war jetzt ein sehr reicher Mann? Völlig betäubt von den Informationen und der Größe seines Erbes, bat er den Anwalt, noch einmal alles genau zu kontrollieren, ob wirklich er dieser Erbe sein sollte.

Harris lächelte: »Sie sind wirklich der Erbe. Alles ist bis auf das kleinste Detail geprüft worden. Ich versichere Ihnen, alles hat seine Richtigkeit!«

Nachdem der Anwalt Jake über alle Fakten des Erbes genau unterrichtet hatte, legte er ihm die Dokumente zur Unterschrift vor. Jake unterschrieb zum ersten Mal mit seinem neuen Namen. Es war ein seltsames Gefühl. Bei einem nächsten Treffen wollten sie die Urkunden und Landkarten über seinen neuen Besitz durchgehen. Nach gut zwei Stunden verabschiedeten sie sich voneinander. Jake bedankte sich und versicherte Harris, weiter mit ihm zusammenarbeiten zu wollen. Jake war es schwindlig. Er schickte seinen Kutscher nach Hause, da er dringend Bewegung brauchte. Leicht betäubt von seiner neuen Lebenssituation lief er durch die Straßen Londons. Eine riesige Verantwortung kam da auf ihn zu. Er würde für viele Menschen zuständig sein. Wie sollte er das schaffen, ohne Erfahrung in der Führung von Landgütern? Er war nur froh, dass es laut Harris dort einen hervorragenden und vertrauensvollen Verwalter gab. Trotzdem, er wollte so schnell wie möglich zu seinem Landsitz aufbrechen, um sein Erbe in Augenschein zu nehmen. Doch bevor er seine Reise antrat, musste er unbedingt mit jemanden reden und da kam nur sein bester Freund Philip infrage. Mit ihm hatte er im letzten Jahr viel erlebt.

Dunet, ein Verbrecher und Mörder, wollte sich an der Familie Northland rächen. Er glaubte, Lady Northland, Philips Mutter, sei schuldig am Tod seiner eigenen Mutter. Philip wurde von ihm entführt und auf seine Schwester Emmy wurden zwei Mordanschläge verübt. Doch mit Hilfe von Detektiv Sletcher und ihren Freunden James und Vincent kam schließlich alles zu einem guten Ende. Das Wunderbarste aber war, dass nun sein Freund auch sein Schwager war. Vor gut einem halben Jahr hatten Jakes Schwester Viktoria und Philip geheiratet und erwarteten schon ihr erstes Kind. Jake musste lächeln. Seine kleine Schwester würde Mutter werden. Unglaublich, war sie doch vor Kurzem noch ein kleines Mädchen gewesen.

Das kräftige Ausschreiten tat Jake jetzt gut und sein Freund wohnte nicht weit entfernt. Hoffentlich war Philip zu Hause. Das Stadthaus der Familie Northland war ein altes, recht verwinkeltes Gebäude. Auf der vorderen Seite wuchsen Efeu und Rosen hinauf bis zum ersten Stock. Das verlieh dem Bauwerk etwas Romantisches. Jake mochte das Haus, besonders seit Philip und Vicky es nach ihrem eigenen Geschmack einrichten konnten. Die Dowager Lady Northland, Philips Mutter, zog es vor, auf dem Landsitz der Familie zu wohnen. Nach den vielen Aufregungen im letzten Jahr wollte sie nicht mehr in London leben.

Jake kämpft um sein Glück

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