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GEBURT MEINER TOCHTER ULRIKE IN SACHSEN-ANHALT

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Eine Woche nach Hannos Arbeitsbeginn war ich mir sicher, das zweite Mal schwanger zu sein. Ich fand es völlig normal, ein zweites Kind zu bekommen. Meine Umwelt aber hatte da andere Vorstellungen.

Rike und Manuel mit ihrem Sohn wohnten jetzt zusammen. Ihr Wohnungsnachbar, ein Laienprediger der Neuapostolischen Kirche, und seine Frau waren mit Manuel befreundet. Sie alle waren der Ansicht, dass ich eine Schwangerschaftsunterbrechung machen lassen solle, weil Hanno Psychopharmaka eingenommen hatte, als ich schwanger wurde. Meine Mutter erzählte mir auch, dass Manuel und der Prediger von Fällen wussten, wo Kinder mit „Schuppen“ zur Welt gekommen wären.

Natürlich ärgerte ich mich über ihre Phantasie und hielt nichts von einer Abtreibung, weil ich das zweite Kind wollte.

Hanno brachte es auch nicht fertig, seiner Mutter zu sagen, dass wir ein weiteres Kind erwarteten. Bei einem Besuch erzählte ich es meiner Schwiegermutter, und ich sehe noch heute ihr entsetztes Gesicht vor mir.

Sie unternahm nun alles, um uns eine Wohnung an ihrem Arbeitsort (in einer Kleinstadt in Sachsen-Anhalt) zu besorgen. Inzwischen war sie in ihrem Betrieb Hauptbuchhalterin geworden und drohte ihrem Fabrikleiter zu kündigen, falls sie keine Wohnung für ihren Sohn erhalten sollte.

Im September 1975 bekamen wir daraufhin eine 2 ½ Zimmerwohnung mit Fernheizung. Da ich auch in meiner zweiten Schwangerschaft gesundheitlich keine Probleme hatte, beschloss ich kurz vor dem Geburtstermin umzuziehen. Der Umzug verlief auch wie geplant. Nur beim Verlegen unserer Auslegeware hatte ich mit meinem dicken Bauch mächtige Schwierigkeiten.

Abends am 9.Oktober 75 setzten nun die Wehen ein. Dieses Mal wollte ich pünktlich im Krankenhaus sein. Den Weg ging ich noch zu Fuß, weil das Krankenhaus nicht weit von unserer Wohnung entfernt war. Als die Personalien von mir aufgenommen waren, konnte ich noch ein Vollbad nehmen und kam dann in den Kreißsaal. Der Muttermund hatte sich schon geöffnet, aber es setzten keine stärkeren Wehen mehr ein. Hatte ich mich beim Umzug zu sehr verausgabt? Die Schwestern brachten mich nun in ein Krankenzimmer und sagten mir, dass ich am nächsten Morgen an den Wehentropf kommen würde. Was dann auch geschah. Es dauerte dann auch nicht mehr allzu lange und ich gebar ein Mädchen. Ich freute mich über Ulrike. Sie war 3020 g schwer und 53 cm groß. Allerdings war ich etwas geschockt von ihren roten Flecken auf der Stirn und im Genick. Der sogenannte „Storchenbiss“ wurde mit der Zeit aber immer blasser. Noch im Kreißsaal hörte ich die Stimme von Hanno, wie er sich mit einer Schwester unterhielt. Sie sagte ihm, dass es ein Mädchen sei. Er war davon gar nicht begeistert, weil er die Vorstellung hatte, dass ein Junge unkomplizierter sei! Das Leben bewies ihm später das Gegenteil. Abends schrieb er mir aber noch einen lieben Brief. Beim Stillen klappte es dieses Mal auch nicht besser als bei Uli, aber die Krankenschwestern hatten Verständnis dafür. Nach 10 Tagen wurde ich mit dem Säugling nach Hause entlassen.

Da Uli weiterhin mit Kindern Kontakt haben sollte, meldeten wir ihn, (weil sonst kein anderer Platz frei war,) in einem katholischen Kindergarten an. Dadurch konnte ich in meiner freien Zeit an meiner Diplomarbeit schreiben. Ich befasste mich darin mit der Multiplikation und Division im Mathematikunterricht einer Lernbehindertenschule. Dazu wertete ich Befragungen von Kollegen aus und erstellte Arbeitsblätter, die im Unterricht eingesetzt werden konnten. Es war natürlich jetzt sehr umständlich für mich, zu unseren Konsultationen nach Erfurt zu kommen. Die Fahrt nach Berlin war jedoch einfacher, da mein neuer Heimatort eine direkte Bahnverbindung dahin hatte.

An meinen Schwangerschaftsurlaub schloss sich mein Studienurlaub an, dennoch fehlten mir einige Wochen zur Überbrückung bis zum neuen Schuljahr. Also fuhr ich mit meinen beiden Kindern zu meinen Eltern und arbeitete während einer Testwoche für Neuaufnahmen bei meiner alten Schule mit, um dann Gutachten über lernbehinderte Schüler zu erstellen. Danach fuhr ich wieder zu meinem neuen Heimatort und wurde dort für die noch verbleibende Zeit des Schuljahres von einem praktischen Arzt krank geschrieben.

Zu dieser Zeit begab sich Hanno wieder in nervenärztliche Behandlung.

Er war deprimiert wegen der Aussichtslosigkeit in seinem Berufsleben und gab seiner Kaderakte die Schuld daran. Sein Betriebsleiter, ein unsympathischer Mensch mit Perücke, liebte es zu dominieren. Wie sich später herausstellte, arbeitete er auch für die Stasi. Er ließ Rivalität unter seinen Mitarbeitern zu und war nicht eingeschritten, als man Hanno als Kollegenstreich den Schreibtisch ausgeräumt hatte. Wegen seiner fraglichen Berufsaussichten hatte Hanno nun die Konfliktkommission seines Betriebes angerufen. An der Sitzung nahm auch ich teil, konnte aber auch keine Lösung zur Klärung seiner Funktion und seines Arbeitsplatzes erkennen.

Er sagte mir nun oft, dass es das Beste wäre, in der BRD einen neuen Anfang zu suchen. Die Äußerungen habe ich nicht ernst genommen, weil er ja auch schon von Selbstmord gesprochen hatte.

Wende mit 40

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