Читать книгу Ghostfighter & Co. (2). Besuch aus dem Jenseits - Christian Gailus - Страница 12

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SpukNix-Castle, das Hauptquartier von Ghostfighter & Co., ist in einer alten Autowerkstatt untergebracht. Erst vor wenigen Tagen sind Anton, Benno und Charlie in die geräumige Halle eingezogen und haben zwischen alten Autoreifen, Öldosenbergen und einer Hebebühne mit einem verbeulten Citroen ihre Ausrüstung untergebracht. Auf einem Tapeziertisch stehen zwei Computer, ein Werkzeugkasten und zwei GO-CATs für den Geisterfang. Auf einem Metallgerüst davor thront der ganze Stolz der Ghostfighter: das Geistergefängnis Aura Inn mit Platz für zwölf Spukgestalten. Derzeit belegt ist allerdings nur Zelle eins. In ihr hockt ein merkwürdiges Wesen, das wie eine Mischung aus Krake und Eichhörnchen aussieht und einen bekümmerten Ausdruck im Gesicht hat: ein Wandergeist, den die Ghostfighter bei ihrem letzten Auftrag gefangen haben.

»Lass mich raus!«, fleht er einen kleinen Geist mit Turban und goldbestickter Jacke an, der vor dem Aura Inn schwebt und den Wandergeist betrübt betrachtet. Es ist Omar, ein orientalischer Flaschengeist, den die Ghostfighter ebenfalls bei ihrem letzten Fall kennengelernt haben und der nun bei ihnen wohnt. Und obwohl Omar selbst mitgeholfen hat, den Wandergeist einzufangen, tut er ihm nun ein bisschen leid, wie er so in seiner schuhkartongroßen Zelle hockt.


»Ich bin die Freiheit gewöhnt«, ächzt der Wandergeist. »Diese Enge ist Gift für mich. Ich geh hier ein. Siehst du nicht, wie ich leide?«

WAAAUUOOOOHHHH…

Die herzzerreißende Wehklage rührt Omar zutiefst.

»Hab Erbarmen«, bittet der Wandergeist. »Du bist doch auch ein Geist, genau wie ich. Hab Mitleid und lass mich raus.«

Tränen trüben Omars Blick und fast automatisch bewegt sich seine Hand zur Konsole, über die das Aura Inn bedient wird.

»Was tust du da, Omar?«

Der Flaschengeist saust herum. In der offenen Tür stehen Anton, Benno und Charlie und starren ihn entgeistert an.

»Ich, äh ….«, stottert Omar, »wollte nur checken, ob die Tür auch richtig zu ist.«

»Aha«, sagt Charlie und lässt sich erschöpft in seinen Drehstuhl fallen. »Na, dann ist ja gut. Ich muss erst mal 'ne Runde relaxen.«

Benno schaltet die Computer auf dem Tapeziertisch ein.

»Ich habe eine Beschwerde vorzubringen«, meldet sich der Wandergeist. »Und zwar meine Unterbringung in diesem Gefängnis betreffend. Die Zelle ist zu klein, die Wände sind grau und der Äthergehalt schwankt wie ein Korken auf hoher See. Das Licht lässt sich nicht dimmen und Abwechslung gibt es auch keine. Außerdem zieht es und ich neige zu Erkältungen.«

KLICK!

betätigt Charlie einen Schalter auf der Konsole.

»Du schaltest ihn ab?«, fragt Anton.

»Hast du Lust, dir dieses Gejammer anzuhören?«, fragt Charlie zurück und entdeckt ein Päckchen auf seinem Schreibtisch. »Was ’n das?«

»Das hat die Post gebracht, als ihr nicht da wart«, sagt Omar.

Charlie öffnet das Päckchen und seine Miene hellt sich auf. »Die Zaubertricks, die ich im Internet bestellt habe! Cool, jetzt werde ich berühmter als David Hop-ins-Feld!«

»Copperfield«, sagt Benno und zeigt Omar ein paar Fotos, die er mit seinem Smartphone gemacht hat. »Hast du schon mal so einen Geist gesehn?«

Der Flaschengeist nickt. »Das sind Poltergeister. Solche von der üblen Sorte. Sieht man an den tiefen Ringen unter den Augen.«

»Und was bedeutet das?«, fragt Anton und gähnt.

»Bewegungsmangel«, erklärt Omar. »Die sehen aus, als hätten sie ’ne ganze Weile kaum Bewegung gehabt.«

»Zum Beispiel sechzig Jahre?«

»Könnte sein.«

»Zieh ’ne Karte!«, sagt Charlie und hält Benno einen Kartenstapel unter die Nase.

Benno schiebt den Stapel ärgerlich beiseite.

»Woher habt ihr die Bilder?«, fragt Omar.

»Vom Flughafen«, sagt Charlie. »Die Geister waren in Flug 1-3-7. Mindestens fünfzig von denen. Du ’ne Karte, Anton?«

»Die kommen aus einem Flugzeug?« Omar schlägt die Hände vors Gesicht. »Der fliegende Wollhändler!«

Charlie lässt die Karten sinken. »Der fliegende … was?«

»Der fliegende Wollhändler«, flüstert Omar und sein Blick verfinstert sich. »Ein hinterhältiger und gemeiner Kerl, der Geister fängt und sie versklavt. Dann müssen sie nachts durch die Lüfte schweben, hinter Bildern und in Ritzen lauern und kleine Kinder zu Tode erschrecken.« Omar stockt der Atem. »Der fliegende Wollhändler ist der Grund, warum Geister einen so schlechten Ruf haben. Er hat uns zu dem gemacht, was wir sind.«

»Und hat der Kerl auch einen Namen?«, fragt Charlie.

»Wollhändler«, sagt Omar achselzuckend.

»Das ist doch kein Name. Das ist …«

»Eine Sage«, nimmt Anton den Faden auf. »Oder gibt es gesicherte Beweise für die Existenz des Wollhändlers?«

»Gesicherte Beweise?« Omar runzelt die Stirn. »Viele haben ihn schon gesehn. Hunderte. Vielleicht Tausende!«

»Und keiner von denen hat ein Foto gemacht?«

»Nicht dass ich wüsste.«

Anton verschränkt die Hände im Nacken. »Wie sieht er denn aus, dieser Wollhändler?«

»Groß und klein«, sagt Omar. »Dick und dünn. Hässlich und hübsch. Er ist alles und nichts, hier und dort, da und weg.«

Anton wirft Benno und Charlie einen vielsagenden Blick zu. »Klingt für mich nach einhundert Prozent Sage.«

»Du meinst, es ist nichts dran?«, fragt Benno.

»Doch, aber die Frage ist, was. Erinnert euch an die Gorrum: Da gab es auch mehrere Sagen. Und die Wahrheit lag in der Schnittmenge all dieser Geschichten.«

»Und war viel schlimmer als alle Sagen zusammen«, ergänzt Benno.

»Genau wie beim fliegenden Wollhändler«, fügt Omar hinzu. »Denn die Sage sagt auch: Sobald er seine Fäden gesponnen hat, vollendet er sein Werk und zerstört die Welt mit geballter Energie!«

»Er zerstört die Welt?«, fragt Anton. »Warum?«

Omar zuckt mit den Achseln.


KRKRKRKRKRKR

»… Wagen 13 für Zentrale, bitte kommen«, scheppert eine Stimme über den Lautsprecherturm, der neben Bennos Bildschirm thront.

»Hier Zentrale für Wagen 13. Kommen.«

»Wir haben hier eine sehr merkwürdige Erscheinung. Kommen.«

»Bitte präzisieren.«

»Nun, sie ist wirklich sehr, sehr merkwürdig. Äh, kommen.«

»Benno? Was ist das?«

»Polizeifunk.«

»Du hörst den Polizeifunk ab? Ist das nicht verboten?«

»Schon. Aber auf die Art erfahren wir am ehesten, wo die Geister aus dem Flugzeug hingedüst sind. Außerdem habe ich eine Tarnung eingebaut, sodass sie mich nicht zurückverfolgen können. Darf halt immer nicht so lange drinbleiben.«

KRKRKRKRKRKR

»Es sieht so aus, als würde eine Schlange mit einem Drachenkopf durch die Elbe schwimmen. Und dabei Feuer speien.«

Stille.

»Äh, Zentrale?«

»Hast du was getrunken, Dieter?«

»Hier Wagen 20«, geht eine aufgeregte Stimme dazwischen. »Wir sind am Rathausmarkt und hier rennen zehn, zwölf wild gewordene Büffel über den Platz. Immer hin und her. Scheinen was zu jagen. Was kleines Rotes.«

»Büffel?«

»Nein, Pandabären. Sie haben gerade ihr Aussehen verändert. Zumindest die Hälfte von ihnen. Und jetzt seh ich auch, was sie jagen: Es ist ein Ball. Ein kleiner roter Ball. Sie scheinen mit ihm zu spielen. Fussball oder so. Und jetzt gibt es ein Tor! Hurra! Es steht 1:0 für die Bären!«

»Hier Wagen 31: Wir brauchen dringend Hilfe! Wir werden von einem gewaltigen Paar Schuhe angegriffen!«

»Am Jungfernstieg saugt ein gigantischer Strohhalm die Binnenalster leer!«

»Über der neuen Kaugummifabrik am Heinrich-Hertz-Turm schwebt ein riesiges Flughörnchen!«

»Auf dem Dom fahren drei Affen Kettenkarussell!«

Charlie schaltet den Lautsprecher ab. »Auf geht’s, Leute. Schnappt euch an Ausrüstung, was da ist, und dann nichts wie los. Wir werden da draußen gebraucht.«

Ghostfighter & Co. (2). Besuch aus dem Jenseits

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