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Das letzte Aufgebot: Volkssturm im Einsatz

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Im Herbst 1944 fielen jeden Tag durchschnittlich schon 5000 Soldaten der Wehrmacht. Die NS-Führung wusste, dass die Erstürmung der Reichsgrenzen unmittelbar bevorstand und dass die Lücken, die zur Verteidigung der Grenzen entstanden waren, nicht mit regulären Soldaten aufzufüllen waren. So viele junge Männer konnten gar nicht mehr wehrfähig werden. Im vollen Bewusstsein darüber, dass er Deutschland mit in den Abgrund reißen würde, entschloss sich Hitler, den Untergang durch ein letztes Aufgebot hinauszuzögern. Am 18. Oktober 1944 wurde den Deutschen ein Erlass des Führers verkündet, der aus allen wehrfähigen Männern im Alter zwischen 16 und 60 Jahren den Volkssturm als Hilfstruppe der Wehrmacht bilden sollte. Die Aufstellung und Gliederung in Bataillone und Kompanien wurde den Gauleitern der verschiedenen Gebiete des Reiches übertragen, die nun als Reichsverteidigungskommissare fungieren sollten. Die Gesamtorganisation des Volkssturms wurde NSDAP und SS zu gleichen Teilen anvertraut. Der Sekretär des Führers und Leiter der Reichskanzlei Martin Bormann sollte für die politisch-organisatorischen Angelegenheiten verantwortlich sein, Himmler als neuer Chef der Heeresrüstung war für die militärische Ausrüstung und Bewaffnung zuständig. Einheitliches Aussehen der Kämpfer konnte man nicht mehr organisieren. Neben Restkleidungsbeständen der Wehrmacht trugen Volkssturmmänner in Feldgrau umgefärbte Parteiuniformen, SA- oder HJ-Uniformen. Viele von ihnen kämpften teilweise oder ganz in ihrer Zivilkleidung. Stahlhelme standen nicht zur Verfügung, Hüte in Zivil blieben verboten. Im Anspruch auf eine wenigstens einheitliche Kopfbedeckung nähte die NS-Frauenschaft im Schnellverfahren Tausende Hütchen im Stil einfacher Wehrmachtsfeldmützen. Alle Männer wurden auf den Führer vereidigt und erhielten eine Armbinde mit der Aufschrift Deutscher Volkssturm – Wehrmacht und ein Soldbuch, womit sie rechtlich als Soldaten galten, was von den Alliierten auch so anerkannt wurde. Volkssturmangehörige liefen bei Gefangennahme damit nicht Gefahr, als Partisanen erschossen zu werden. Ihre Dienstgrade und Einheiten gliederten sich wie folgt: Zehn Volkssturm-Männer und ein Gruppenführer bildeten eine Gruppe, drei bis vier Gruppen plus Zugführer einen Zug, drei bis vier Züge plus Kompanieführer eine Kompanie und drei bis vier Kompanien plus Bataillonsführer ein Bataillon.

Die Aufgaben des Volkssturms sind schnell umrissen: Unter Einsatz des eigenen Lebens sollten die Angehörigen neben Schanzarbeiten, Evakuierungsaufgaben, Objektschutz oder Gefangenenbewachung vor allem die Verteidigung ihrer Ortschaften und Städte übernehmen. Als Bewaffnung erhielt die Volkssturmarmee Handfeuerwaffen aus Restbeständen des Ersatzheeres der Wehrmacht, oftmals veraltete Waffen oder französische, italienische sowie tschechische Beutegewehre. Auch SA, NSDAP und alle Unterorganisationen mussten ihre Bestände zur Verfügung stellen, Fabriken und Lager wurden ebenso geräumt. Massenhaft vorhanden waren in jedem Fall Panzernahbekämpfungswaffen wie die Panzerfaust, die noch bis in den April hinein millionenfach produziert und zum Symbol des Volkssturms wurde. Volkssturmangehörige bildeten Panzerwarnstellen, in denen sogenannte Panzermelder, die mit Fahrrädern, Motorrädern oder auf Pferden im umkämpften Gebiet unterwegs waren, gegnerische Panzer meldeten. Über Sirenen wurden dann Panzerjagdkommandos und Panzernahbekämpfungstrupps in Bewegung gesetzt. Die eingesetzten Volkssturmmänner sperrten Straßen, legten Panzersperren an und versteckten sich dann in vorbereiteten Schlupfwinkeln in Kellergeschossen oder Gräben, um mit ihrer Panzerfaust anrollende Fahrzeuge abzuschießen.

Im Herbst 1944 verfügte die NS-Führung die Bildung eines »Volkssturms« aus allen waffenfähigen Männern im Alter von 16 bis 60 Jahren.

Die Rekrutierung des Volkssturms erfolgte nach vier Aufgeboten. Zum ersten zählten alle tauglichen und waffenfähigen Männer der Jahrgänge 1884 bis 1924 – dies waren über 50-jährige ehemalige Frontkämpfer des Ersten Weltkriegs und Angehörige ziviler Organisationen wie Polizei, Feuerwehr oder technischer Notdienst. Das zweite Aufgebot bildeten Männer im Alter von 20 bis 60 Jahren, die während des Verlaufes des bisherigen Krieges aufgrund kriegswichtiger Tätigkeiten zum Beispiel für die Rüstungsindustrie oder für das Nachrichten- und Transportwesen als unabkömmlich gestellt waren. Das dritte Aufgebot umfasste sämtliche Jugendlichen der Jahrgänge 1925 bis 1928, die aus verschiedenen Gründen noch nicht in Wehrmacht oder Waffen-SS rekrutiert worden waren, zum Beispiel weil sie noch ihren Reichsarbeitsdienst oder Dienst als Luftwaffenhelfer ableisteten. Dazu gehörten 600 000 HJ-Angehörige, die auch in ihren Volkssturmeinheiten unter sich bleiben sollten. Nach Erlass des Chefs des Oberkommandos der Wehrmacht Wilhelm Keitel wurden ab dem 5. März 1945 dann auch die 15-Jährigen des Jahrgangs 1929 zum dritten Aufgebot zusammengezogen. Die unzureichende Bewaffnung insgesamt, die miserable Organisation und der ohnehin schlechte Ruf der Volkssturmmänner unter den Soldaten ließ die Kriegsfreiwilligen für Wehrmacht und Waffen-SS noch einmal in die Höhe steigen, denn minderjährigen Jugendlichen stand dies immer noch als Alternative zum Volkssturm zur Verfügung. Zum vierten und letzten Aufgebot schließlich wurden alle nicht wehrfähigen Männer herangezogen, die sich wenigstens für Wach- und Ordnungsaufgaben eigneten. Nicht offiziell für den Krieg eingesetzt waren damit ab diesem Zeitpunkt nur noch Kinder, Greise und aus ideologischen Gründen jüdische Mischlinge ersten Grades.

Die erbittertsten und verlustreichsten Schlachten führten die Volkssturmmänner bei der Verteidigung der Oder-Linie, besonders in Posen und Pommern, beim Kampf um die schlesische Hauptstadt Breslau (Wrocław) und schließlich in der letzten Schlacht um die Reichshauptstadt Berlin. Insgesamt sind vermutlich bei den schweren Kämpfen von 700 aufgestellten Volkssturmbataillonen über 175 000 Angehörige gefallen. Weitere 30 000 gelten als vermisst.

Die verlorene Generation

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