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Kapitel 4: Von der Krone von den Bäumen

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Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alle Tiere des Feldes und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht. Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau. (Gen 1,26)

Dieses Buch könnte die Evolution behandeln, eine kontroverse Theorie, die einige Wissenschaftler als Erklärung anführen für die Existenz allen Lebens. (…) Niemand war dabei, als das Leben auf der Erde begann. Daher muss jede Aussage über seine Entstehung als Theorie und nicht als Tatsache betrachtet werden.

(Vermerk, der per Gesetz in diversen US-Bundesstaaten in öffentlichen Schulen auf alle Biologiebücher geklebt werden muss[91])

Was ist der Mensch? Ein heruntergekommener Baumbewohner.

(Alexander Eilers)

Wo kein Du, ist kein Ich.

(Feuerbach)

Gott hat einen Dickdarm.

Ob er auch manchmal Durchfall hat, weiß man nicht so genau zu sagen – aber jedenfalls hat er uns, den Menschen, nach seinem Bilde geschaffen, und dann muss er wohl auch einen Dickdarm haben. Und das ist merkwürdig, denn in diesem Fall hat Gott gewisse Ähnlichkeiten mit einem Teil seiner eigenen Schöpfung – dem Affen. Er hat also Tiere geschaffen, die so ausschauen, als wäre er selbst aus ihnen entstanden.

Ob Gott nun auch einen Blinddarm hat, ließe sich fragen, denn wenn der Mensch die Krone der Schöpfung ist und nach seinem Bilde geschaffen, und es gleichsam Tiere gibt, die keinen Blinddarm haben, dann hätte Gott nicht nur Tiere geschaffen, die so ausschauen, als sei er selbst aus ihnen entstanden, sondern sogar solche, die weiterentwickelt sind als er selbst. Jedenfalls bei der Verdauung. Manche von Gottes Taten, vor allem im Alten Testament und im Koran, lassen sich aber auch wirklich nur mit einer schlechten Verdauung erklären. Wer schöpft schon gerne mit Bauchschmerzen[92].

Diese und ähnliche Fragen könnten Gott dazu bewogen haben, die Anweisung zu geben, dass man sich bitteschön kein Bildnis vom Herrn zu machen habe. Ähnlich wie man Voldemorts Namen nicht nennen darf, wird Gott zu einem Du-siehst-schon-wer, denn neben dem Verbot, sich von ihm ein Bild zu machen, hat er ja deutlich gemacht, dass der Mensch nach seinem Bilde geschaffen ist. Also sollte ein recht gläubiger Mensch möglichst nicht in den Spiegel schauen. Oder an sich herunter. Ob Gott das Versteifen seines Penis verhindern kann, wenn er es will? Oder muss er dies in peinlichen Situationen genauso hinnehmen wie alle anderen Männer?

Gott hat also rote, blonde oder schwarze Haare, vielleicht auch eine Halbglatze, und er hat 32 Zähne und zehn Finger, für jedes Gebot einen. Alles in allem ist Gottes Körper nicht gerade das, was man gut in Schuss nennt. Wie er damit länger lebt als ein Mensch, bleibt sein Geheimnis – aber immerhin: Für Wunder ist er ja bekannt.

Nun könnte man einwenden, dass die Gottesähnlichkeit des Menschen, wie sie in der Bibel beschrieben ist, sich nicht auf den Körper beziehe, Gott also keinen Dickdarm, zehn Finger oder eine Mundschleimhaut habe, sondern dass „nach seinem Bilde“ sich lediglich auf das Wesen, den Geist, das innere Sein der Menschen bezieht. Die Menschen sind nicht körperlich, sondern dem Wesen nach Gott von allen Tieren am ähnlichsten. Dies jedenfalls antwortete mir ein junger Christ, bei dessen Marktstand[93] in der Stadt ich stehengeblieben[94] war. Auf den Plakaten hinter ihm prangte ein großes „Jesus ist bei Dir!“ – und ich war hingegangen, um zu fragen, ob Jesus denn noch ganz bei sich sein könne, wenn er schon bei mir wäre. Der junge Glaubensverbreiter hatte die Frage nicht verstanden, aber es ergab sich eine Unterhaltung und nach kurzer Zeit fragte ich nach dem Bildnis-Gebot Gottes. Die Frage mit dem Dickdarm kam mir recht spontan, die Antwort aber blieb mir im Kopf: Des Menschen Gottesähnlichkeit bezöge sich auf das Wesen, nicht den Körper. Ähnlich äußerten sich ja auch einige Scholastiker und Luther, ging es mir durch den Kopf, doch ich entschied mich, den jungen Christen nicht zu überfordern.

Aber –

Aber dann sieht Gott zwar nicht aus wie wir, aber sein Wesen ist wie das unsere.

Er ist also heimtückisch, verlogen, gemein, ungerecht, egoistisch, eifersüchtig und autoritär. Gut, wenn man in die Bibel schaut, kann man feststellen, dass nicht wenige seiner Taten genau dies auch zeigen, und zumindest einige dieser Aspekte – „Ich bin ein eifersüchtiger Gott!“ – sagt er selbst. Schaut man sich die Menschheit an und behauptet dann, sie seien vom Wesen her nach Gottes Bilde, dann wundert uns gar nichts mehr. Gott ist ein Sünder. Eigentlich sogar der Obersünder.

Nun könnte man einwenden, dass ich das Bildnisgebot und die Gottesähnlichkeit bis hierhin ein wenig zu flapsig behandelt hätte. Und das stimmt auch – die moderne Theologie wendet viel Gehirnschmalz und Geschwätz auf die Frage, wie das mit dem Bildnis denn nun gemeint sei[95] und wird mir vorwerfen können, dass ich zu oberflächlich argumentiere. Es geht hier aber um kreationistische Ideen. Entscheidend ist Folgendes: Wenn das Bildnisgebot nicht den Blinddarm oder den Schluckreflex des Menschen betrachtet, dann ist der Mensch von Grund auf neu erschaffen. Designt. Gestaltet. Dann hatte Gott keine Vorlage und keine Sachzwänge.

Das ist also das Bild, das wir vom Bild Gottes haben müssen: Entweder er hat zehn Finger, oder er ist dem Wesen nach menschlich. Was nicht unbedingt etwas Gutes zu sein scheint. Wenn aber der Mensch nach seinem Bilde geschaffen ist, und damit ist nicht das körperliche Design gemeint, sondern das Wesen, dann hat Gott den Körper des Menschen von Grund auf neu konstruiert. Wenn Gott selbst einen Blinddarm hat, und sich entschlossen hatte, den Menschen nach seinem Bilde zu formen, dann kann man die Fehlkonstruktionen im menschlichen Körper durchaus verstehen: Gott ist halt auch nicht perfekt. Die Intelligent-Design-Ideologie aber sagt, so einfach und oberflächlich sei „nach seinem Bilde“ nicht gemeint. Dann aber ist die (Neu-)Konstruktion des menschlichen Körperbaus eine Katastrophe. Viele Tiere können ihr eigenes Vitamin C herstellen. Der Mensch kann das nicht. Er hat die zuständigen Gene sehr wohl in seiner Erbanlage, aber sie sind abgeschaltet. Danke, Herr.

Und damit kommen wir zum Thema dieses Kapitels.

Der menschliche Körper ist für ein designtes Objekt einfach furchtbar gestaltet, egal wie golden die Proportionen sind[96]. Er ist instabil, unpraktisch, gefährlich, fragil und nicht durchdacht. Sozusagen der Fiat unter den Körperbauten. Wenn man unterstellt, dass mit der Aussage, der Mensch sei nach dem Bilde Gottes geschaffen nur das Wesen gemeint sei und nicht der Körper, so muss dieser Körper wohl neu geschaffen sein. Und dann ist er einfach grauenhaft geschaffen. Das fängt schon damit an, dass es Stellen am Rücken gibt, an die man einfach nicht drankommt, und ausgerechnet diese Stellen jucken manchmal furchtbar. Ich will gar nicht erst anfangen mit der Freiheit, intelligent zu designen – wenn man von Grund auf ein Lebewesen neu gestaltet, könnte man sich schon noch ein paar Features ausdenken, die das Leben auf diesem Planeten nicht nur angenehmer, sondern besser gemacht hätten. Ein Sinn für Lügen und Wahrheit zum Beispiel. Die Möglichkeit zu fliegen. Gedankenübertragung. Ein etwas stärker ausgeprägtes Mitleid und eine größere Priese Empathie[97]. Unsichtbar-Werden. Beamen. Im Falle mancher Menschen auch: Im Boden versinken.

Aber abgesehen von den grundsätzlichen Möglichkeiten und der Frage, was man sich als Designer alles ausdenken könnte, wenn man etwas wirklich von Grund auf neu gestaltet, wollen wir uns hier einmal das Ergebnis anschauen, mit dem dieser Gott hier um die Ecke kommt. Was hat er sich denn so ausgedacht. Jahwe? Jaaahwe? Komm mal her und zeig, was Du bisher so gemacht hast. Nein, lass Luzi in Ruhe und zeig uns mal, wie Dein Projekt bisher – - -- - Oh.

Viele Menschen haben chronische Schmerzen[98], und diese sind in nicht zu seltenen Fällen nicht nur chronisch – und schmerzhaft – sondern auch das Ergebnis eines furchtbaren Designs. Der menschliche Körper ist nicht darauf ausgelegt, aufrecht zu gehen. Der aufrechte Gang ist dem Designer entweder ganz zum Schluss eingefallen und er hat die Körper seiner Design-Betastudien nicht mehr komplett umbauen wollen, sondern einfach nur nach oben gebogen – oder er hat den Menschen von Anfang an dergestalt geschaffen, dass Schmerzen durch eine falsche Körperhaltung zum Konzept gehören. Kaputte Knie, ein nicht auf die Gangart abgestimmtes Rückgrat, krumme Füße und eine furchtbar designte Hüfte machen das Stehen, Gehen, Laufen, Springen, Hüpfen und Hopsen zu einer Tortur, die wir lediglich deswegen nicht als solche wahrnehmen, weil wir es gewohnt sind. Der Designer bevorzugt in seiner Schöpfung offensichtlich eine gebückte Haltung und keine aufrechten Leute. Aber mal Kopf hoch: Die einen behaupten, der Mensch entstamme dem großen Baum aller Lebewesen auf der Welt und ist irgendwann von den Kronen der Bäume heruntergestiegen, die anderen bestreiten den ganzen Baum und halten den Menschen selbst für eine Krone. Fakt aber ist, dass wenn der Mensch nicht von den Tieren abstammt, namentlich von affenartigen Vorfahren, dann hat Gott sich entschieden, falsche Spuren auszulegen. Darüber wird es noch ein eigenes Kapitel geben – aber zunächst einmal zu den Affen selbst:

Der amerikanische Expräsident G. W. Bush wurde zunächst gar nicht für seine schlechte Politik bekannt oder für militärisches Einfallen in Schurkenstaaten, den Krieg gegen den Terror oder seine gestammelten Verlautbarungen[99]; vielmehr bestand eine seiner ersten Amtshandlungen darin, sich zu verschlucken.

Und dabei fast zu sterben.

Dieses Fast-Sterben lag dabei nicht daran, dass ein Krümel in die Luftröhre gelangte, sondern am Vagus-Nerv. Dieser Nerv – vagari bedeutet „herumschweifend“ – kommt, wie der Name es andeutet, viel herum[100]. Er zeichnet für das Herz verantwortlich, kümmert sich aber auch um andere Organe wie die Nieren, Teile des Darms und der Zunge. Bei der Vorstellung, dieser Nerv, der überall herumspukt und in einem unsortierten Chaos den ganzen Oberkörper kreuz und quer durchläuft, sei in irgendeiner Form intelligent konstruiert, schlägt manch ein Medizinstudent die Hände über dem Kopf zusammen. Man kann froh sein, dass es überhaupt funktioniert, und jeder Auszubildende des Elektrikerhandwerks würde fristlos gekündigt, wenn er es wagen würde, die Leitungen in einem Haus derart unkommod zu verlegen – vom Badezimmer in der dritten Etage zur Stube im Erdgeschoss, zurück zum Schlafzimmer oben, und wieder runter zur Küche.

Bei all seinem Herumschweifen kommt der Nerv auch am Hals vorbei und kann dort, von einem ungünstig gelegenen Brotkrumen unverhältnismäßig gereizt werden. Das ist unschön, wo er doch für das Herz verantwortlich ist, welches in so einem Moment gegebenenfalls entscheidet, seine Schlagbewegungen einzustellen, sehr zum Leidwesen des brotschluckenden Menschen. In diesem Fall des Präsidenten[101], der in eine Ohnmacht fiel.

Zum Glück für den Präsidenten starb er nicht. Immerhin. Obwohl sich jedes Jahr einige Tausend an dieser, Bolustod genannten Form des Aus-dem-Leben-Scheidens erfreuen, gehörte er nicht dazu. Es handelt sich dabei nicht um die übliche Form des Verschluckens, die ein Ersticken ist, sondern um eine dem menschlichen Körper innewohnende Form eines Reflexes, der das Herz betrifft und der von einem intelligenten Designer leicht hätte verhindert werden können, wenn er den blöden Nerv doch nur ein wenig professioneller verlegt hätte. Aber offenkundig wollte der Herr seine Schöpfung einfach ein wenig ärgern.

Was das Verschlucken, das Ersticken selbst angeht, so ist dies etwas völlig Anderes, aber es sterben auch daran tausende von Menschen jedes Jahr. Ersticken ist eine wirklich grausame Art, abzutreten. Viel schlimmer geht nicht. Ok, schlimmer ist es, als Schüler bei einer Klassenfahrt von der hübschesten Mitschülerin beim Onanieren erwischt zu werden, vor Schreck sein Schwänzchen im Reißverschluss der Hose einzuklemmen und Trotz Hilfe der herbeigeeilten Lehrerschaft, des Hausmeisters und der Frau des Hausmeisters, die neben der gaffenden Schulklasse stehen und alle Tipps geben wollen, wie man das Blut stoppen kann, die Blutung nicht stillen zu können, dann mit dem Auto des Hausmeisters in ein Krankenhaus gebracht zu werden, wo man die ganze Geschichte einer Krankenschwester erzählen muss, die dabei so sehr lacht, dass ihr die Tränen kommen, bevor sie sagt „folgen Sie mir bitte in das Behandlungszimmer“ – um dann auf ihren Tränen auszurutschen, wegen der halb heruntergelassenen Hose sich nicht abfangen zu können und derart unglücklich halb nackt durch die zerbrechende Fensterscheibe zu fallen, dass man sich neben den Armen und der Halsschlagader auch den Rest des heraushängenden Penis zerschneidet, bevor man die eine Etage auf den Vorplatz des Krankenhauses herunterfällt, wo man vor den Augen heimlich rauchender Herzpatienten verblutet. Das ist in der Tat schlimmer als Ersticken. Aber Ersticken ist schon auch sehr schlimm. Die Speiseröhre und die Luftröhre haben aber auch wirklich keinen Design-Preis verdient, sind sie doch verdreht und von oben nach unten über Kreuz. Was ungünstig ist, wenn man durch das gemeinsame obere Loch essen und atmen möchte. Und er hat den Menschen blöderweise derart konstruiert, dass beides – essen und atmen – tatsächlich im allgemeinen Interesse liegt. Dazu kommt das Trinken, das Sprechen und bei unmoralischen Menschen bestimmte Formen der Sexualität. Bei diesem Durcheinander an zu sortierenden Inhalten der Röhren im Hals ist der Körper eines Menschen halt mitunter konfus, was in vielen Fällen einen höchst schmerzhaften Tod nach sich zieht. Einen Tod, der hätte verhindert werden können, wenn das Design des Menschen ein wenig durchdachter gewesen wäre. Eine eigene Öffnung[102] für das Atmen ist in der Natur ansonsten nicht unbekannt, wenn man sich die Wale anschaut. Dem Menschen verursacht Gott hingegen lieber eine Menge Leid, alleine durch das Ersticken.

Der menschliche Körper ist alles andere als perfekt. Im Gegenteil finden sich hier so viele Fallen, Gemeinheiten und Foltervorrichtungen, dass einem ganz übel wird. Unser Körper würde nicht nur keinen Designpreis bekommen, es würde gegebenenfalls nicht einmal für eine Freigabe beim TÜV reichen. Vor allem nicht im Rheinland.

Nehmen wir nur mal den Anus.

Nein, das ist jetzt unglücklich formuliert.

Ich meine: Schauen wir uns nur einmal den Anus genauer an. Gut, das klingt wohl auch nicht besser. Hätte das wirklich sein müssen? Es kommt ständig – ich möchte jetzt nicht sagen: alle Nase lang – zu Problemen. Geplatzte Hämorrhoiden sehen in der Toilette aus wie eine Abtreibung. Es ist nicht nur das ständige Jucken oder das anale Nässen, das so viele Menschen unfroh stimmt – es sind vielmehr diese riesigen Mengen an Blut. Das schmeckt den Betroffenen gar nicht. Alleine in Deutschland gibt es jährlich etwa 3,5 Millionen Fälle[103] – wohlgemerkt: jährlich. Das bedeutet nicht, dass es 3,5 Millionen Leute in Deutschland gibt, die Tag für Tag auf dem Pott vor Schmerzen schreien, und im nächsten Jahr gibt es dann noch immer diese 3,5 Millionen Leute, es bedeutet vielmehr, dass es diese 3,5 Millionen in diesem Jahr gibt, und im nächsten Jahr neue. Das sind nur die Fälle, die statistisch erfasst wurden, weil sie behandelt werden. Wie viele Menschen aus Scham diese Krankheit in Selbstdiagnose und -behandlung nicht mit ihrem Arzt besprechen, ist unbekannt. Die Schätzungen gehen allerdings in die Millionen.

Und das nur in Deutschland. Genaugenommen muss man konstatieren, dass an dieser Stelle das Design alles in allem ganz schön im Arsch ist. Wenn die Muskeln anfangen zu zerfallen – es ist ein „Zerfall“, nicht nur eine „Ermüdung“ – dann kommt es in den Armen zu erhöhten Schmerzen bei Liegestützen, in den Beinen zu Schmerzen beim Treppensteigen und am Popöchen zu einer Verlagerung des Corpus cavernosum recti hin zum Ausgang. Das ist blöd, denn anatomisch ist der Analkanal nicht darauf vorbereitet, dass sich der Schwellkörper darin breitmacht und dort[104] durch Scherkräfte[105] Schaden nimmt. Die Arterien am Gefäßplexus reißen schmerzhaft, vor allem bei hartem Stuhlgang. Immerhin hilft die große Menge Blut nun, den zu harten Kot aufzuweichen, sodass dieser sich als weicher Brei aufmachen kann, den Körper zu verlassen, mit etwas Glück in einem Moment, in dem man sich gerade auf der Toilette befindet.

Aber auch ohne Hämorrhoidalleiden bietet der Anus genug Möglichkeiten, jemandem Kopfzerbrechen zu bereiten. Ekzeme, Fissuren, Karzinome und Abszesse bieten ein reiches Spektrum an Sinnesfreuden, bei denen man einiges durchmachen kann. Oder eigentlich kann man nicht mehr wirklich gut etwas durchmachen: Der menschliche Körper ist wie der Körper aller Tiere dringend darauf angewiesen, dass das Ausscheiden der Abfallstoffe reibungslos funktioniert. Doch vor allem dieses „Reibungslos“ funktioniert in unserem Design nicht reibungslos. Es wird da viel gerieben. Die Probleme, die die halbe Menschheit mit ihrem Ausscheidungsorgan hat, sind nicht zurückzuführen auf Krankheitserreger, Unfälle oder Parasiten (die kommen tatsächlich als Problem noch dazu!), sondern Folge eines unterirdisch schlechten Designs von Anfang an. Es ist der Aufbau selbst, der die Probleme verursacht, nicht eine Störung des Aufbaus. Eine Entwicklungsabteilung jedenfalls, die dem Abteilungsleiter diese Pläne für das Endstück des menschlichen Verdauungstraktes vorlegen würde, würde mit sofortiger Wirkung entlassen. Oder an Ford abgetreten.

Auch die Prostata ist eher ein Konstrukt eines idiotischen, schlampigen oder sadistischen Designers. Die Vorsteherdrüse hat ihren Sitz unter der Harnblase, und Sie können gerne einmal Ihren Großvater fragen, was das bedeutet.

Das Sekret, das in der Prostata gebildet wird, hilft bei der Beweglichkeit der Spermien, ist aber, wenn man andere Tiere anschaut, wohl nicht absolut notwendig[106]. Im Gegenteil macht Gott immer wieder deutlich, dass weniger Beweglichkeit dem einen oder anderen Mann hier moralisch ganz gut zu Gesicht stehen würde. Es ginge also auch ohne.

Aber wenn wir schon mit ihr leben müssen, warum dann an genau dieser Stelle? Ohne ein polsterndes Fettgewebe. Ohne Airbag. Ohne Schutz. Mit 40 fängt das Organ an zu wuchern und zu wachsen, und nicht zu selten auch zu entarten. Prostatakrebs[107] ist eine der häufigsten Todesursachen bei Männern. Und vollkommen unnötig.

Selbst wenn es nicht zu einem Krebs kommt – das Wuchern und Umschlingen der Harnblase ist schmerzhaft und unnötig genug. Der Urin kann nicht mehr ordentlich abfließen, es bilden sich Keime und Bakterien und die stinkende Suppe im Inneren stellt eine enorme Gefahr für die Nieren dar. Das alles ist wirklich unerquicklich. Und es passiert nicht nur ab und an – die meisten Männer sind betroffen, und das auch noch ganz unabhängig davon, ob sie in ihrem Sexualleben vorher durch die Stimulation der Prostata Lust empfunden oder ganz abstinent gelebt haben. Fest steht: Mit einer allzu gewucherten Prostata hören die meisten Männer auf, auf der Straße ein Auge auf den einen oder anderen Minirock zu werfen. Jedenfalls immer dann, wenn sie keine Einlage tragen.

Aber apropos Auge.

Das Auge wird von Vertretern des Intelligent Designs stets gerne als Beispiel bemüht für ein Organ, das ganz offensichtlich gestaltet wurde. So viele aufeinander abgestimmte Einzelkomponenten, die voneinander abhängig sind und nicht eine ohne die andere, aber auch nicht gemeinsam entstanden sein könnten. Die Evolution kann die Entstehung der Augen nicht erklären![108] heißt es dann. Das Auge ist perfekt, die Menschen bekommen ein hervorragendes Bild der Welt, es hat Klappen, die es schützen und eine Drüse, die es befeuchtet und was hat sich wohl zuerst entwickelt? Das Auge, das auf die Flüssigkeit angewiesen ist, um zu funktionieren, oder die Drüse, die ohne das Auge keinen Zweck hat?

Das alles sind überzeugende Argumente und gute Fragen. Jedenfalls dann, wenn man noch nie einen Blick in ein Biologiebuch[109] geworfen hat. Dort ist die Evolution des Auges hervorragend dokumentiert, von einfachen lichtsensorischen Zellen über das Lochauge und diversen anderen Zwischenstufen bis zum menschlichen Auge und darüber hinaus. Schlimmer noch: Anders als bei manchen anderen Fällen sogenannter nichtreduzierbarer Komplexität sind ausgerechnet beim Auge heute noch viele dieser Zwischenformen am Leben, können in der Natur direkt beobachtet werden und sind ausgiebig erforscht und beschrieben. Linsen und Drüsen entwickeln sich parallel, ebenso wie die verarbeitenden Hirnareale. Man muss sogar zugestehen, dass ein Bild von der Umwelt gar nicht der eigentliche Zweck der Augen ist, sondern, wie so oft in der Evolution, nur ein mehr oder weniger missglückter Nebeneffekt. Und es ist für den geneigten Kreationisten nicht einmal notwendig, sich durch die komplizierten Facharbeiten zu quälen, um dies herauszufinden - es gibt spätestens seit Hoimar von Ditfurth hervorragend geschriebene populärwissenschaftliche Veröffentlichungen zu diesem Thema[110]. Und so stellen sich aus evolutionärer Sicht auch nicht die Fragen nach dem Design des Auges. Diese Fragen stellen sich tatsächlich eher andersherum: Wenn das Auge das Ergebnis einer Gestaltung ist – warum ist es dann so grottenschlecht? Mit Blick auf die Evolution – Sie wissen schon: Das, was in der wirklichen Welt passiert und nicht in der Gehirnblase bloggender Pseudokritiker, die glauben, dass es ausreiche, am Computer zu sitzen und sich Fragen auszudenken, die von „der Wissenschaft“ niemals beantwortet werden könnten – ohne ein Buch zu lesen, das diese Fragen vor 30 Jahren beantwortet hat – mit Blick also auf diese Realität, die Entwicklung des Auges, sind diese Konstruktionsmängel nachvollziehbar und sogar zu erwarten. Schaut man aber mit Blick eines Designers auf dieses Auge, also jemanden, der das Organ intelligent von Grund auf gestalten konnte, dann fragt man sich doch, ob er dabei vielleicht einfach besoffen war. Jedenfalls hat er sich hier gehörig verschöpft. Wenn unser Auge Absicht war, dann ist es eine Frechheit. Bei dieser konsequenten, durchgängigen Fehlkonstruktion des Auges kann man es auch nicht mehr zudrücken.

In einem evolutionskritischen Internetblog[111] war zu lesen, es sei höchst erstaunlich, dass unsere Sonne ausgerechnet genau in dem elektromagnetischen Spektrum am intensivsten strahlt, das wir, die Menschen, als sichtbares Licht aufnehmen[112]. Woher soll die Sonne wissen, welche Wellenlängen das menschliche Auge sieht? Wem diese Fragestellung nicht a priori absurd vorkommt, wer bei diesem Gedankenquark nicht – äh – augenblicklich in hysterisches Gelächter ausbricht und sich tatsächlich fragt, was denn wohl die Antwort sein könnte, dem sei hier die Lösung auch nicht verraten. Allerdings darf darauf hingewiesen werden, dass uns Gott offenkundig recht blind erschaffen hat.

Untersucht man tatsächlich das Spektrum in der Natur vorkommender elektromagnetischer Wellen, so stellt man schnell fest, dass der Ausschnitt, der für uns sichtbar ist, mit gering sehr wohlwollend umschrieben ist. Wir sehen fast nichts. Andere Lebewesen auf unserem Planeten sind hier besser ausgestattet, aber der Herr schien es nicht für nötig zu halten, den Menschen mit einem wirklich angemessenen Sehorgan zu gestalten. Und dabei sind es ausgerechnet genau die Wellenlängen, die für uns absurd gefährlich sind, die wir nicht sehen: Röntgenstrahlen, Gammastrahlen, Mikrowellen – Himmel, wir haben nicht einmal einen Sinn für Ultraviolett[113]. Im Vergleich zu dem, was möglich oder auch nur sinnvoll gewesen wäre, ist das Auge eine glatte Fehlkonstruktion. Und das nicht nur im Ergebnis – dem, was wir sehen können – sondern auch in der Konstruktion selbst: Es ist im höchsten Maße erstaunlich, dass wir mit diesen Augen überhaupt etwas sehen können. Die Netzhaut bei uns Menschen ist denkbar idiotisch aufgebaut.

Die lichtempfindlichen Zellen sind, so absurd es klingen mag, unter dem Sehnerv angebracht, zeigen also im Grunde zum Gehirn hin. Und gerade dort hat sich der Mensch in seiner Geschichte nun wirklich nicht als besonders helle erwiesen. Die Nervenbahnen selbst liegen außerhalb, also genau in jene Richtung, aus der das Licht und somit das zu sehende Bild überhaupt erst kommt. Ein großer Teil dieses Lichtes wird von diesen Nervenbahnen abgelenkt, geschluckt und blockiert. Außerdem müssen diese Nervenbahnen aus dem Inneren des Auges irgendwo zum Gehirn durchstoßen – und an dieser Stelle, der Papille, sind dann endgültig gar keine lichtempfindlichen Zellen mehr vorhanden. Mitten im Bild entsteht ein großer, schwarzer Fleck, den das Gehirn erst umständlich verarbeiten und aus unserem Bewusstsein entfernen muss, indem es an diese Stellen ein wahrscheinliches Bild aus den Bildbereichen drum herum konstruiert. Würde Canon seine Fotoapparate derart mies gestalten, würde ich keinen Spaß mehr am Fotografieren haben oder am Ende sogar, noch schlimmer, Nikon benutzen. Der gesamte innere Aufbau des Auges[114] ist auf absurde Weise auf den Kopf gestellt, verdreht und verschlungen, dass man sich wundern kann, dass wir überhaupt noch etwas sehen. Und man soll nicht den Fehler machen zu denken, dass wir, die Menschen, trotz des ganzen Übels in unseren Sehorganen ja schließlich dennoch ein vernünftiges Bild bekommen. Wir bekommen es nicht. Das, was wir „sehen“ nennen, wäre für jeden Adler eine Lachnummer. Unser Bild von der Welt wird an so vielen Stellen konstruiert, interpoliert und interpretiert, dass man von einem objektiven Abbild der Wirklichkeit nicht mehr auch nur annähernd reden kann. Manchmal – selten – ist es möglich, durch optische Täuschungen uns diese Interpretationen ins Bewusstsein zu rufen. Wobei man nicht den Fehler machen darf zu denken, optische Täuschungen wären besondere Ausnahmen einer ansonsten guten Sicht. Tatsächlich machen solche Bilder die Fehler, die wir immer und überall beim Blick in die Welt machen, lediglich sichtbar. Bei allen anderen Gelegenheiten merken wir es nicht einmal. Das, was wir alles nicht sehen können, füllt ganze Kinosäle, und noch viel schlimmer ist all jenes, was wir aus den Konstruktionen heraus nur zu sehen glauben. Manchmal, selten, kann man die Konstruktionsversuche seines Gehirns sogar direkt beobachten, etwa, wenn man in der Ferne etwas zu sehen glaubt und beim Näherkommen feststellt, dass man sich geirrt hat. Hatte die Frau, die man eben am Ende der Straße gesehen hat, gerade noch ein Kopftuch auf, so erkennt man beim Näherkommen plötzlich und unerwartet eine besondere Frisur. Das Bild im Kopf „springt“ mitunter sogar ein paar mal hin und her, bevor man weiß, was man erkennt. Dieses Erkennen ist also Interpretation, denn auch wenn man jetzt „weiß“, was man sieht, so konnte man eben noch etwas gänzlich Anderes sehen – mitunter sogar mit bestimmten Details. Bei dem 2016 viral gegangenen Bild der „wet legs[115]“ ist dies besonders deutlich. Man „sieht“ deutlich und genau, dass die Beine nass und glänzend sind, so als wären sie mit einer dicken Schicht Creme eingerieben oder mit Butter beschmiert. Erst wenn man die Information bekommen hat, was mit diesen Beinen wirklich los ist, erkennt man den Fehler – und ist dann, so sehr man sich auch bemüht, nicht mehr in der Lage, das Glänzen der Beine erneut herbeizurufen[116]. Das Wissen um das, was wir sehen, beeinflusst unser Sehen – nicht andersherum.

Was hat sich Gott eigentlich dabei gedacht, seiner erstklassigen Krone hier ein so drittklassiges Organ aufzubürden? Sollten Sie jemals von den sprichwörtlich blinden Fledermäusen gehört haben und glauben, diese Tiere könnten nicht oder nur schlecht sehen, weil sie durch Ultraschall in der Nacht navigieren, dann liegen sie falsch: Tatsächlich können sogar Fledermäuse besser sehen als wir Menschen. Jedenfalls viele Arten.

Es ist ja schließlich nicht so, dass unser Auge einfach nur mies konstruiert wäre – es geht ja noch dazu auch alle Augenblicke kaputt. Fast die halbe Menschheit[117] benötigt eine Brille, ein guter Teil kann manch eine Farbe nicht von einer anderen unterscheiden, und wer an einem grauen oder grünen Star leidet, sieht am Ende gar nichts mehr. Das Auge ist, bedenkt man seine Wichtigkeit für den Menschen, auch wirklich nur schlecht geschützt. Ein paar dünne Augenlider, buschige Augenbrauen gegen Regentropfen – fertig. Wir sind empfindlich gegen Staub, gegen Flüssigkeit, gegen vielerlei chemischer Substanzen und gegen alles, was spitze oder scharfe Ecken hat, bei einem nur etwas falschen Winkel führt ein Eindringen ins Auge zu sofortiger schmerzhafter Erblindung. Immerhin hat Gott zumindest einen gewissen Humor bewiesen, als er das Schielen erfunden hat. Zusammen mit einer Hasenscharte können hier wirklich abgrundtief absurd aussehende Menschen entstehen.

Überhaupt hat Gott ein Faible für Missbildungen. So perfekt, wie er nach Ansicht der Kreationisten den Menschen grundsätzlich konstruiert hat, so regelmäßig entstehen Verstümmelungen, Fehlkonstrukte und Geburtsfehler. Nicht alle sind lebensfähig, manch ein Baby stirbt Minuten nach der Geburt, weil sein Herz außerhalb des Körpers am Arm klebt, das Gehirn offen ist oder die Atemwege ins Nichts führen. Und es sind nicht nur die Qualen des sterbenden Babys, die hier zu bedenken sind, sondern auch jene der Eltern, die ihr Kind sterben sehen müssen. Auch jene Geburtsfehler, die nicht zum Tode führen, können schlimm genug sein. Da werden Menschen intelligent designt, deren Finger zusammengewachsen sind, denen das Zahnfleisch fehlt oder denen über den Augen eine Hautschicht gewachsen ist. Ich selbst habe eine Nase mit zwei Nasenbeinen und bin damit eigentlich noch vergleichsweise gut weggekommen. In der Schule konnte ich damit angeben, Münzen hochzuwerfen und sie mit der Nase aufzufangen.

Aber nicht alle Leute, die von Geburt an unter einer Missbildung leiden, können diese mit Humor nehmen und nicht alle Leute, die eine Supernase haben, können Filmkomiker werden. Können Sie sich das Leid eines 14-jährigen Mädchens vorstellen, das, wie oben beschrieben, mit ihrer Hasenscharte „absurd“ aussieht, und das in der Schule deswegen geärgert und ausgeschlossen[118] wird? Dieses Mädchen möchte wie alle anderen auch davon träumen, geküsst zu werden, und weiß doch genau – oder glaubt zumindest zu wissen – dass niemals ein Junge zu ihr kommen wird. Dieses Leid eines pubertierenden Kindes ist vielleicht verkraftbar, da solche Äußerlichkeiten, wenn man erwachsen wird, weniger Gewicht haben und sich irgendwie mehr oder weniger ergeben. Ich selbst kenne eine junge Frau, deren Hasenscharte nicht operabel ist und die, wie ich finde, dennoch ein wunderschönes Gesicht hat. Als Kind aber, in der Schule, da habe sie, wie sie sagt, gelitten wie ein Hund. Im Vergleich zu anderen möglichen Leiden – einem Leben ohne funktionieren Magen, mit außen liegenden Gedärmen oder mit Glasknochen – mag ein solches Leid banal erscheinen. Real ist es aber dennoch. Und unnötig – hätte der Herr die Fortpflanzung der Menschen doch nur ein wenig besser konstruiert. Von Perfektion kann nicht die Rede sein, wenn man bedenkt, wie viele Menschen mit mehr oder weniger schlimmen Missbildungen leben müssen. Und welches Leid, verkraftbar oder nicht, dies verursacht.

Überhaupt ist die Fortpflanzung nicht gerade das – ohne hier doppeldeutig sein zu wollen – Steckenpferd unseres Herrn. Man ist zwar geneigt, jemandem, der zum Zwecke der Fortpflanzung als Heiliger Geist in eine Jungfrau fährt, um selbst als eigener Sohn geboren zu werden, zu verzeihen, dass er sich nicht einen so genauen Kopf gemacht hat über die Unannehmlichkeiten, die Befruchtungen[119] und Geburten so mit sich bringen können, aber festzuhalten bleibt, dass die Konstruktion, das Design einer solchen Geburt alles andere als menschenfreundlich ist. Nicht nur dass, wie oben beschrieben, viele Kinder auf bestialische Weise missgebildet und verstümmelt werden und nicht wenige auf die Welt kommen, ohne lebensfähig zu sein. Auch wenn alles klappt, ist eine Geburt für die Mutter im Allgemeinen nicht das, was man eine Party nennt.

Auch wenn die moderne Medizin heute alles tut, um Frauen die Geburt eines Kindes so angenehm wie möglich zu gestalten und es vielerlei Methoden gibt, Gefahren und Komplikationen früh zu erkennen und zu vermeiden, so ist eine Geburt auch heute noch ein schwerer Eingriff in den weiblichen Körper. Genaugenommen geht die Natur mit dem Körper der Frau so um, als würde er danach nicht mehr gebraucht. Und dies ist aus Sicht der Evolution auch gar nicht so erstaunlich.

Auch heute noch verläuft eine Geburt nicht immer völlig reibungslos, und die Risiken bei oder nach einer Geburt sollte einem Designer zu denken geben. Bei einem Uterusprolaps durchdrückt die Gebärmutter ganz oder teilweise den Geburtskanal bis hin zu einem Austritt aus der Vagina, die sich bei einer solchen Gelegenheit gerne mal ausstülpt und schmerzhaft von innen nach außen dreht, was in manchen Fällen eine sofortige Notoperation zur Folge hat. Die Technikerkrankenkasse schreibt: „Experten schätzen die Zahl der betroffenen Frauen als hoch ein. Etwa 30 bis 50 Prozent aller Frauen könnten demnach eine Gebärmuttersenkung oder einen Gebärmuttervorfall haben“[120]. Aber auch weniger dramatische Formen machen das Design des Frauenkörpers im Hinblick auf die Geburt nicht gerade besser. Neben der Gebärmutter können auch die Harnblase und der Darm absinken und sich dann ebenfalls in die Scheide vorwölben.[121] Ein Uterusprolaps ist nur eine der vielen möglichen Komplikationen, aber da dieses Buch kein medizinischer Ratgeber ist und auch eine vollständige Beschreibung jeden Rahmen sprengen würde, führe ich andere für die Frau recht unerquickliche Szenarien nicht weiter aus.

Dabei muss gar nichts schief gehen bei einer Geburt. Auch ein tadelloser, gut verlaufender Standardgebärvorgang würde keinen Designpreis gewinnen und ist alles andere als intelligent durchdacht. Der kreationistische Gott scheint sich voll und ganz auf die moderne Medizin zu verlassen, die seine Fehler zum größten Teil ausbügelt.

Aber sind es „Fehler“ im Design? In der Bibel lesen wir: Und zur Frau sprach er: Ich will die Mühen deiner Schwangerschaft sehr groß machen; mit Schmerzen sollst du Kinder gebären[122]. Demnach liegt die Problematik der Schwangerschaft im Sündenfall, ist also volle Absicht. Weil Eva sich verführen ließ und vom Baum der Erkenntnis aß, müssen bis heute alle Frauen Schmerzen erleiden? Die einen sagen, der Sündenfall sei historische Tatsache, die anderen sagen, es sei eine Metapher, aber die Schmerzen – die Schmerzen sind auf jeden Fall real. Ob als Fehler im Design oder bewusst herbeigeführt. Was für ein Arschloch.

Wer den Menschen als eine „perfekte Schöpfung“ verstehen will, der muss sich mit der Frage auseinandersetzen, ob Gott hier geschlampt oder mit voller Absicht Leid über die halbe Menschheit gebracht hat. Wenn es Absicht ist – und also eine Strafe für die Sünde – und Evas eigentliches „Design“ war vor dem Sündenfall besser, so muss der Herr nach Evas Sünde die Frau Bauchnabel abwärts extra und absichtlich massiv umgebaut haben. Denn die beschriebenen Schmerzen und Gefahren sind keine kleine Nebenwirkung einer ansonsten perfekten Schöpfung, sie sind systemimmanent im Design des weiblichen Unterleibs. Das Becken ist zu klein, das Köpfchen eines Babys passt einfach nicht ordentlich durch den Geburtskanal. Betrachtet man dies vor dem Hintergrund der Evolution, ist es eine nachvollziehbare Folge der Entwicklungsgeschichte der Menschen von einem gebückten zum aufrechten Gang. Vor dem Hintergrund eines Designs, also einer Neukonstruktion von Grund auf an, kann man es allerdings als nichts Anderes als sadistisch bezeichnen. Bei einer Geburt – einer ganz normalen Geburt, ohne Komplikationen – wird gemeinhin der Damm zwischen Anus und Scheide vor der Geburt mit einem Skalpell aufgeschnitten, weil er in den meisten Fällen bei einer Geburt sonst reißt. Ein intelligenter Designer hätte alle Möglichkeiten gehabt, den Vorgang einer Geburt für die Mutter und das gänzlich unschuldige[123] Kind schmerzfrei und risikoarm zu gestalten – hat er aber nicht. Ein Verschluss mit Druckknöpfen auf der Unterseite von Frauen wäre sicherlich praktisch gewesen, und ein Zeichen für Design: Biologen und Ärzte hätten sich schwer einen abbrechen müssen, um diese Druckknöpfe oder den Klettverschluss durch Evolution zu erklären. Aber daran hat der Schöpfer nicht gedacht, und so müssen alle Frauen auf der Welt heute damit leben, dass bei einer Geburt der Damm mit einem Skalpell aufgeschnitten wird, es sei denn die Frau lebt in einem Gebiet mit schlechter medizinischer Versorgung, dann zerreißt der Damm, also die Haut und das Muskelgewebe dort während der Geburt einfach[124],[125].

Die moderne Medizin kann vieles ausbügeln, ist aber, wie der Name es andeutet, vor allem eines: modern, und damit noch nicht sehr alt. Generationen von Frauen kamen nicht in den Genuss dieser Vorteile, und die Müttersterblichkeit war während eines Großteils der Menschheitsgeschichte absurd hoch. Und zu der Müttersterblichkeit selbst kam natürlich auch zu allen Zeiten die daraus resultierende Angst werdender Mütter vor eben jener Müttersterblichkeit. Ja: Das Schönste, was es auf der Welt gibt, das Schenken eines neuen Lebens, wurde mit dem Schrecklichsten, was es gibt, der Todesangst, in einen engen kausalen Zusammenhang gesetzt. Wäre dies nicht die Realität, sondern nur eine Geschichte, dann würde selbst Kafka sagen: Kommt schon Leute, das ist zu krass, das kann man nicht verstehen, das ist zu bedrohlich und ausweglos. Ich will mit dieser Geschichte nicht in Verbindung gebracht werden, nehmt meinen Namen von der Autorenliste, stampft die Geschichte ein, ich mach jetzt ein neues Testament.

Auch für das Kind birgt die zu enge Hüfte vielerlei Probleme und führt selbst, wenn eine Geburt reibungslos abläuft zumindest dazu, dass Menschenbabys im Gegensatz zu den Neugeborenen der meisten anderen Spezies viele Jahre lang nicht alleine lebensfähig sind, da das Gehirn und damit der Kopf des Kindes bei der Geburt nicht groß genug sein können. Und damit kommen wir zum Gehirn der Menschen.

Was hat sich der Herr eigentlich dabei gedacht, als er dieses pseudointellektuelle Gewurstel im Kopf der Krone konstruiert hat? Es kommt ja nicht nur unfertig zur Welt und muss dann folgerichtig erst noch fertig gemacht[126] werden.

Auch hier gilt: Entwicklungsgeschichtlich[127] sind viele der Konstruktionsfehler im Gehirn eine logische Folge der Evolution, aber als neu geschaffenes, von Grund auf konstruiertes Organ? Wir verfügen zwar über ein Sprachzentrum und die meisten Menschen können einfache Mathematik verstehen, um einen wirklichen Überblick über abstrakte Strukturen zu bekommen scheint unser Gehirn allerdings nicht geschaffen zu sein. Und das ist schade, neigen wir Menschen doch dazu, Systeme zu erschaffen, Geldsysteme, Wirtschaftssysteme, Transportsysteme, Gesellschaftssysteme, die und deren Folgen für uns, für andere, für die Umwelt und für das Gemeinwohl wir nicht mehr überblicken können. Permanent sucht das Gehirn nach Mustern und Erklärungsmöglichkeiten für Beobachtungen[128], rastet dann aber konsequent falsch ein, wenn es keine wirkliche Erklärung für einen Sachverhalt gibt. „Ich weiß es nicht“ scheint für das menschliche Standardgehirn schwer zu ertragen zu sein, und so hält es an gefundenen falschen Strukturen fest, solange es nichts Besseres findet. Manchmal sogar noch dann. Und das führt nicht nur dazu, dass wir Gesichter, Formen und Tiere in Wolken erkennen oder allzu leicht der Meinung sind, in einer Muschel Stimmen zu hören. Es führt zu Erklärungsmustern für gesellschaftliche Phänomene, die mit lausig sehr wohlwollend umschrieben sind. Der Ausländer ist schuld! Es sind immer die Juden! Alle Muslime sind Terroristen! Die Flüchtlinge nehmen uns alles weg und sind gewalttätig! Doch man braucht nicht einmal den Pseudoargumenten von Pegida zuzuhören, der Dummheit in den Aussagen einiger Türken über die Kurden zu lauschen, die idiotischen Kämpfe zwischen Muslimen und Ungläubigen zu betrachten oder Internetseiten wie Webfail aufzurufen, wenn man nach Dummheit sucht:

Wir verpesten die Meere, die Luft und den Boden, weil unser Gehirn es sich nicht vorstellen kann, dass das bisschen Klärschlamm auf die augenscheinlich so riesigen Gewässer oder das bisschen Abgas auf die riesige Menge Luft in der Atmosphäre irgendwelche Auswirkungen haben kann. Rassismus, Antisemitismus, Sexismus und diverse Verschwörungstheorien haben ihr Fundament nachweisbar[129] in Gehirnstrukturen, deren einfache Erklärungsmuster genauso falsch sind, wie sie entwicklungsgeschichtlich einst notwendig waren. Wenn jemand dieses Gehirn konstruiert hat, wenn dies intelligentes Design ist, dann hat er es designt, um es den Menschen möglichst schwer zu machen, auf diesem Planeten ein menschenwürdiges Leben für alle herbeizuführen[130]. Gehen wir abends in einen dunklen Wald, so glauben wir hinter jedem Baum wilde Tiere, Verbrecher oder andere Gefahren zu entdecken, reden wir mit unserem Schatz über die Liebe, so vermuten wir hinter jeder hochgezogenen Augenbraue ein unausgesprochenes Geheimnis, wenn wir eine winzige Spinne entdecken, geraten wir in Panik und fürchten, gefressen zu werden und wenn wir in einem Zug sitzen und sehen einen fahrenden Zug auf dem Nebengleis, könnten wir schwören wir selbst seien in Bewegung: Das Gehirn konstruiert unsere Wirklichkeit und unsere Konstruktion hat nur wenig gemein mit der Realität. Dennoch ist es ausgerechnet dieses Gehirn, dass auch unsere Persönlichkeit konstruiert. Man ist „schwarzhaarig“, man ist „deutsch“ oder man ist „ein Mann“: Gäbe es keine Blondinen, würde sich niemand für schwarzhaarig halten, gäbe es keine Ausländer, so wäre man nicht deutsch und gäbe es keine Frauen, so würde man sich nicht männlich fühlen – es wäre völlig bedeutungslos, ein Mann zu sein, wenn es nur Männer und keine Frauen gäbe. Das Gehirn konstruiert Gegensätze, wo immer es kann, und ohne ein Gegenüber, das anders ist als man selbst, wäre es schwer, sich selbst zu konstituieren. Diese Erkenntnis ist nicht neu; spricht aber doch sehr gegen eine durchdachte Konstruktion unseres Bewusstseins. Wer sind wir schon, wenn wir nur sind, was wir sind, in Abgrenzung zu Anderen. Und abgesehen von dieser Abgrenzung, die das Gehirn all überall benötigt, und die zu einem ständigen „wir gegen die“ führt, zu Konflikten und Kriegen, zu Schubladen, Eigengruppen und Fremdgruppen, Ingroups und Outgroups[131], folgt aus diesem Zwang zu konstruierten Gegensätzen auch die Idee unseres Gehirns, dass die eigene Endlichkeit im Gegensatz stehen müsse zu einer konstruierten Unendlichkeit: Der Designer hat sich hier ins eigene Bein geschossen, als er die Gehirne der Menschen dergestalt geschaffen hat, dass sie Muster erkennen, wo keine Muster sind. Als der Steinzeitmensch die eigene Sterblichkeit erkannte, fand er auf der Suche nach dem Gegensatz, der Unsterblichkeit, sehr viele Götter. Dieses Finden bei der Suche war ein Er-Finden. Unser Gehirn sucht nach Erklärungen für Dinge, die es nicht erklären kann. Und wenn das Wasser fließt oder auf den Winter der Sommer folgt, und der Mensch weiß nicht warum, dann muss ein Gott dafür verantwortlich sein. Der Designer der Welt hat sich hier also Konkurrenz ins Haus geholt, die es ihm im Verlauf der Geschichte schwer machen sollte, sich als den einzigen, den wahren Gott zu zeigen. Unser Gehirn konstruiert Gesichter in Wolken, Stimmen in Rauschen, Bewegungen in Mustern und Götter in Geschehnissen – jeden nach seiner Art.

Dabei ist dieses Gehirn nicht nur strukturell schwach; es ist gleichzeitig auch noch unglaublich ineffizient[132]. Es ist das Windows 8 unter den Organen. Riesige Mengen Sauerstoff und Zucker benötigen wir nur zur Aufrechterhaltung der Basisfunktionen – und können dabei nicht einmal unnötige Teilbereiche auf Stand-by schalten, wie es jede billige Stromsparsteckdose heute kann. Und es wäre für den intelligenten Designer keine große Aufgabe gewesen - der Epaulettenhai kann das. Wenn er durch eine überraschende Ebbe in einer Wasserlache liegenbleibt und in diesem Wasser der Sauerstoff zur Neige geht, schaltet er sein Gehirn ab und fällt in eine Art kurzfristiges Koma. Wenn die nächste Flut kommt und wieder genug Sauerstoff vorhanden ist, wacht er auf, bootet neu und schwimmt davon. Der Mensch aber kann nur wenige Sekunden ohne Sauerstoff überleben. Bereits 10 Sekunden nach einem Herzstillstand werden wir bewusstlos[133], eine Minute später sind Hirnschäden nicht mehr zu reparieren und weitere 30 Sekunden später sind auch alle Basisfunktionen des Hirns soweit zermatscht, dass wir sterben. Eine Möglichkeit zum Herunterfahren der Hirnfunktionen besitzen die Menschen also nicht, auch wenn man bei Gesprächen mit Kreationisten mitunter den Eindruck bekommen könnte, sie hätten ggf. eine solche Möglichkeit gefunden.

Da wir sie nicht haben, verpulvern wir einen Großteil unserer Sauerstoff- und Nahrungsaufnahme direkt für die permanente Aufrechterhaltung der Hirnfunktionen, selbst dann, wenn wir gerade keine mathematischen Aufgaben berechnen müssen oder Denksportaufgaben lösen und nur in den Wolken Gesichter zu erkennen glauben. Wie leicht sich unser Gehirn dabei täuschen lässt und von falschen Annahmen und Konstrukten ausgeht, lässt sich experimentell auf vielerlei Weise zeigen. Berichte von Augenzeugen werden in polizeilichen Untersuchungen jedenfalls nur mit äußerster Vorsicht behandelt, selbst offensichtliche Ungereimtheiten auf Bildern werden von den meisten Menschen nicht direkt erkannt, und wenn wir den Zettel mit der Telefonnummer von gestern Abend aus dem Club verloren haben, können wir uns beim besten Willen nicht an die Nummer von der heißen Blondine erinnern, obwohl wir stundenlang auf den Zettel gestarrt haben. Ineffizient ist für unser Gehirn eigentlich noch eine Untertreibung. Nahezu nutzlos träfe es eher. Also nicht nur Windows 8, sondern fast sogar Vista.

Dabei ist nicht einmal nur das Gehirn so ineffizient – die Lunge, zum Beispiel, ist es auch. Den größten Teil des Sauerstoffs, den wir einatmen, atmen wir auch direkt wieder aus[134]. Über 70%. Wenn ein normaler Designer diesen Durchsatz der Entwicklungsabteilung vorlegen würde, würde allen vor Schreck – sagen wir – die Luft wegbleiben. Das sind schlimmere Werte als bei Teleshop-Staubsaugern.

Der gesamte Aufbau des Menschen ist unter Designgesichtspunkten eine Katastrophe. Unsere Zähne nutzen sich ab, wachsen nicht nach und sind anfällig für Krankheiten und Bakterien. Darüber hinaus können wir trotz guter Zahnpasta und entgegen den Versprechungen aus der Werbung im Vergleich mit anderen Tieren nicht kraftvoll zubeißen. In der Entwicklung ist der Kiefer immer kleiner geworden, als das Gehirn größer wurde, und die Menschen haben Nüsse eher mit Grips als mit dem Mund geknackt. Daraus folgte leider die unangenehme Tatsache, dass einfach nicht mehr alle Zähne in die Mundhöhle passten und wir – wie ich persönlich berichten kann – unter den Weisheitszähnen mehr leiden, als dass sie uns nutzen würden. Aber selbst bei den guten Zähnen kann man nicht davon ausgehen, dass sie unbedingt für ein hohes Alter gemacht sind, und die Dritten bekommen wir höchstens von der Krankenkasse und nicht von der Kirche. Überhaupt scheint „alt werden“ nicht Teil des Designs zu sein. Zu anfällig ist unser Körper für Krankheiten, zu kaputt gehen Knochen, Haut, Zähne, Gewebe und Organe mit der Zeit. Von einem Designer hätte man eigentlich eine etwas robustere Ausführung seiner Krone erwarten können – aber der Anblick eines leidenden Menschen, eines dahinsiechenden Kranken scheint dem sadistischen Herren zu gefallen. Den wenigsten Menschen ist es gegeben, in Würde alt und gesund zu altern und schmerzfrei, zufrieden und vom Leben befriedigt in Ruhe sanft zu entschlafen. Die meisten können sich aus dem reichhaltigen Spektrum schmerzhafter oder sonst wie sadistischer Alterserscheinungen etwas aussuchen und leben dann im Alter mit einer Demenz, mit Herzproblemen, schwachen Augen, wuchernden Geschwüren oder ekligen Ausscheidungen oder einer anderen Form des körperlichen Auseinanderfallens. Krankheiten gehörten bei der göttlichen Gestaltung des Menschen offenkundig zum Konzept – und das nicht nur für die Sünder.

Und warum sind wir eigentlich Warmblüter[135] und damit im Gegensatz zu vielen anderen Tieren ständig gezwungen, nach Nahrung zu suchen? Mir sind die Vorteile einer konstanten Körpertemperatur wohl bewusst; aber der Aufwand und die Energie, die erforderlich sind, um die Temperatur zu halten, ist recht hoch – und alles nur, um auch in kälteren Regionen und in kälteren Zeiten gut funktionieren zu können. Als Designer fragt man sich doch da: Wofür eigentlich diese kälteren Regionen und Zeiten? Wäre es nicht sinnvoller gewesen, die Erde konstanter zu gestalten und den Aufwand der Temperaturregulierung in den Körpern in sinnvollere Maßnahmen zu investieren?

Und wenn wir nicht gerade Nahrung suchen, verbringen wir einen großen Teil unserer Zeit mit Schlafen. Was das nun wieder soll, kann uns auch keiner sagen[136]. 30 bis 50 Prozent unsere Zeit verbringen wir damit, unseren Körper in einer Ecke abzulegen und die Kontrolle zu verlieren, während wir mitunter unnötig sinnlose Dinge träumen und ansonsten nutzlos sind. Das bringt höchstens dann Vorteile, wenn man gezwungen wird, Fifty Shades of Grey zu gucken. Wenn wir lange genug versuchen, nicht zu schlafen, verlieren wir nach und nach den Verstand, so wir denn welchen haben, und unsere Sinnesorgane sind im Schlaf teilweise soweit heruntergefahren, dass sie uns im Schlaf nicht mehr vor etwaigen Gefahren warnen würden – aber wir haben sowieso viele Sinnesorgane nicht, die nötig wären. Wir können CO2 genauso wenig wahrnehmen wie gefährliche Strahlung, uns fehlt ein Gespür für viele Gifte, wir haben eine unnötig große Höhenangst, die uns nicht viel bringt, aber kaum Angst vor dem Rauchen. Unser Körper setzt unnötig viel Fett an, was nicht nur nicht gut aussieht, sondern auch massive Probleme bereiten kann und unsere Muskeln spielen allzu schnell nicht mehr mit, wenn wir dieses Fett wieder loswerden wollen - und unsere Disziplin auch nicht[137].

Alleine die Konstruktion der Zweigeschlechtlichkeit brachte und bringt in der Menschheitsgeschichte so viel mehr Ärger als Nutzen, dass man sich fragen muss, was das denn soll. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich genieße den Anblick von Frauen und bin froh das es sie gibt; aber eine Welt von Zwitterwesen, in der die Fortpflanzung ohne Sex durch ein Bestäuben mit der Hand im Vorbeigehen und ohne, dass man es merkt, funktionierte, hätte im Großen und Ganzen viel weniger Ärger gemacht. Wir geben Millionen für Dessous, Schmuck und Make-up aus, wir trainieren unsere Körper und entwickeln Rasierwässer, wir flirten und fühlen uns beleidigt, gehen in Diskotheken und Bars, um so zu tun, als wollten wir Tanzen, obwohl wir nicht tanzen können, nicht tanzen wollen und in vielen Fällen es besser nicht sollten, nur weil wir auf dringender Brautschau sind – während gleichzeitig nicht genügend Geld zur Verfügung steht, um allen Menschen auf der Welt etwas zu essen zu geben. Oder auch nur Wasser. Kriege sind geführt worden, weil die Königin beleidigt worden ist, und ganze Sonderkommissionen von Polizeibehörden beschäftigen sich mit sexuellen Übergriffen, die weit häufiger vorkommen, als Männer es wahrhaben wollen[138]: Auch wenn wir die Zweigeschlechtlichkeit und den Anblick des anderen Geschlechts genießen, sie ist kein Geschenk. Die Hälfte der Menschheit ist in weiten Teilen der Menschheitsgeschichte benachteiligt worden und noch heute weit häufiger Opfer, als die andere Hälfte der Menschheit, die häufiger Täter ist: Die Ungerechtigkeit der Weltgeschichte ist fast immer eine Ungerechtigkeit gegenüber den Frauen. Sie sind durchschnittlich genauso intelligent wie Männer, verdienen aber fast immer unterdurchschnittlich, sie tragen, wie beschrieben, die Schmerzen und Gefahren der Geburt, und häufig genug die alleinige Verantwortung für die Erziehung, sie sind die ersten Opfer in Kriegen, deren Auslöser häufig genug ein männlicher Herrscher ist, der seine mangelnde Potenz durch Überfälle auf Schurkenstaaten zu kompensieren sucht, und einparken können sie auch nicht: In zwei Geschlechter geteilt zu sein hat der Menschheitsgeschichte nicht gut getan, und ausgerechnet jene Religionen, die sich auf den Designer beziehen, haben stets ihr Bestes getan, um die Hälfte der Menschheit zu unterdrücken. Welche Folgen die Erfindung von Sex hat, wird im nächsten Kapitel noch zu untersuchen sein, aber alleine die Tatsache, dass es überhaupt zwei Geschlechter gibt ist aus Designgesichtspunkten idiotisch und führt zu Trennung, Spaltung und Ungerechtigkeit. Man kann zum Feminismus stehen wie man will, aber die Unterscheidung zwischen Mensch und Frau war nicht die glücklichste Idee des Designers.

Wie viel Energie, wie viele emotionale und materielle Ressourcen hätte die Menschheit in eine Verbesserung der Lebensbedingungen aller Menschen stecken können, wenn diese Energie und Ressourcen nicht bei dem Versuch verbraten worden wären, aufzuschneiden. Schon die schlichte Tatsache, dass über Jahrhunderte Milliarden von Frauen jede Bildung verwehrt worden ist, ist eine nicht wiedergutzumachende Verschwendung von Potenzial: Vielleicht wäre Jahrhunderte früher bereits eine Frau Einstein oder eine Frau Newton in der Weltgeschichte aufgetaucht, wenn man sie gelassen hätte. Henrietta Swan Leavitt zum Beispiel. Sie war ab 1895 als Rechenkraft am Harvard College Observatory beschäftigt – an eine Professur war für eine Frau nicht zu denken. Dennoch entwickelte sie ohne einen Zugang zur Universitätsbibliothek oder ähnlichen Hilfen nur aus den ihr zur Verfügung gestellten Bildern eine Theorie zur Messung der Entfernung im Weltall[139] die bis heute verwendet wird. Aber wenigstens haben sie dicke Titten, die Frauen. Danke, Designer.

Die hübschesten Frauen kommen aus Sachsen, heißt es, „wo die schönsten Mädchen auf den Bäumen wachsen“ – und ich kenne ein paar Sächsinnen, die tatsächlich so wirken, als seien sie erst seit wenigen Generationen von den Bäumen herunter.

Aber natürlich nicht nur Sächsinnen. Nicht einmal nur Kreationisten: Viele Menschen wirken so, als würden sie vom Affen abstammen. Zu groß sind die Ähnlichkeiten, der Körperbau und das Verhalten, als dass man denken könnte, wir wären etwas grundsätzlich Anderes. Warum leben einige Tiere in den Kronen der Bäume, während die Krone der Schöpfung von Grund auf neu designt worden ist, ohne dabei von Grund auf neu zu sein? Warum erschuf der Herr überhaupt Primaten und gab damit Wissenschaftlern die Möglichkeit, die Einzigartigkeit des Menschen zu bestreiten? Es ist ja nicht nur der Körperbau, viele Verhaltensweisen und Instinkte, die der Menschheit innewohnen, lassen sich auch bei Menschenaffen beobachten[140]. Und dabei haben die Menschen sogar nur die Nachteile des äffischen Erscheinungsbildes geerbt, die Vorteile des stabileren Schimpansenkörpers hat die Evolution – äh, Verzeihung, ich meine: der Designer – zugunsten des größeren Gehirnes fallengelassen. Wir haben recht zerbrechliche Gliedmaßen, ineffektive Organe, einen schlechten Energiedurchsatz und wenig Denkleistung, wir haben eine miese Vermehrungskonstruktion und eine fehleranfällige Vererbung, schlechte Zähne, einen schlechten Blick und eine unterdurchschnittliche Riechleistung; zum Ausgleich haben wir zu viel Fantasie und denken uns Monster aus.

Der Mensch ist nicht perfekt. Er ist das Gegenteil von perfekt. Er ist fragil, empfindlich, idiotisch konstruiert und unpraktisch. Wer den Menschen als ein Beispiel für ein perfektes oder auch nur gutes Design ins Felde führt, muss sich auch mit den Konstruktionsfehlern auseinandersetzen. Wer diese Konstruktionsfehler als Folge der Sünde des Menschen abtut, muss damit leben, dass Gott ein Sadist ist - und wenn jemand dies bestreiten möchte, so muss er damit leben, dass dann auch das ursprüngliche Argument – der Mensch als Beispiel für ein gutes Design – ins Leere läuft und sich nicht halten lässt. Wenn der Mensch designt ist, dann ist er designt um zu leiden.

Gott ist ein Arschloch

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